Kosten- und Gebührenrecht

Makler als Kostenschuldner des Notars

Aktenzeichen  12 T 4966/19

Datum:
13.8.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30956
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GNotK § 125, § 127
BGB § 164

 

Leitsatz

Im Grundsatz ist der Makler nicht Kostenschuldner des Notars, da idR erkennbar ist, dass er nur als Vertreter handelt. Etwas anderes gilt aber dann, wenn er erkennbar ein eigenes Interesse an den Vertragsentwürfen hat und erkennbar wird, dass er diese für sich selbst verlangt, um sie in den weiteren Verhandlungen zu nutzen. (Rn. 23 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag vom 07.08.2019, die Kostenberechnung vom 7.12.2018 aufzuheben, wird zurückgewiesen.
2. Ihre Verfahrenskosten haben die Beteiligten jeweils selbst zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
3. Der Gegenstandswert wird auf 4.339,93 € festgesetzt.

Gründe

1. Die Notarin fertigte im Rahmen eines beantragten Beurkundungsverfahren den Entwurf eines Kaufvertrages mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus den Herren Bernhard Fumy, Friedolin Reuther, Johannes Potschka und Peter Horcher als Verkäuferin und der Firma Bauhaus Ullrich Liebe Bauträger und Immobiliengesellschaft mbH als der vorgesehenen Käuferin, welche den Auftrag hierzu per E-Mail vom 08.06.2017 erteilt hatte.
2. Mit E-Mail vom 12.06.2019 teilte die Antragstellerin der Notarin unter Vorlage einer Auftragsbestätigung/Vollmacht mit, dass sie vermittelnd tätig sei und auch für die Eigentümerin tätig sei und bat um möglichst kurzfristige Versendung des Kaufvertragsentwurfs an die Beteiligten. Die der E-Mail angehängte Vollmacht der Verkäuferin zu Gunsten der Antragstellerin enthielt unter anderem folgende Passage:
„Damit verbunden ist die Vertretung unserer Eigentümergemeinschaft gegenüber Kaufinteressenten sowie die Vollmacht zur Einsichtnahme in das Grundbuch, Bestandsverzeichnis, Abteilung I und Abteilung II sowie zur Einsicht in öffentlich-rechtliche Verzeichnisse und Register …. Die Vollmachtgeber dürfen weder dinglich noch persönlich verpflichtet werden. Ggf. anfallende Kostenbescheide und Gebühren werden gegen Nachweis erstattet. Die Vereinbarung endgültiger Kaufvertragsinhalte bleibt dem notariellen Kaufvertrag vorbehalten.“
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage AG 2 Bezug genommen.
Der Entwurf des Kaufvertrages wurde am 30.06.2019 durch die Notarin an die Eigentümer versandt.
3. Mit E-Mail vom 28 August 2017 teilte die Antragstellerin der Notarin mit, dass die Firma B Bauträger und Immobiliengesellschaft mbH vom Ankauf des Anwesens endgültig Abstand genommen habe. Von Seiten der Antragstellerin gehe man davon aus, dass die Notarin weiterhin Interesse an der Beurkundung habe und man würde für einen anderen Interessenten gerne auf dem bisherigen Vertrag aufbauen. Wegen im Einzelnen ausgeführter Änderungswünsche am bisherigen Vertragsentwurf sei die Antragstellerin für eine kurzfristige Besprechung sehr dankbar
Unter anderem führte die Antragstellerin wie folgt aus:
„Die exakte Firmierung und ladungsfähige Anschrift werden wir Ihnen noch mitteilen. Bis dahin gehen wir auch davon aus, dass weder uns noch den Verkäufern Entwurfs- o.ä. Kosten entstehen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage AG 6 Bezug genommen.
4. Mit E-Mail vom 01.09.2017 teilte die Antragstellerin dann eine neue Kaufinteressentin, die Vilicus 141 GmbH, durch Übersendung des entsprechenden Handelsregisterauszugs mit und bat um kurzfristigen Versand des auf die neue Käuferin angepassten Entwurfs an die bekannten E-Mail-Adressen der Verkäuferseite. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage AG 7 Bezug genommen.
5. Mit weiterer E-Mail vom 04.09.2017 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin einen weiteren möglichen Kaufinteressenten, die Firma I GmbH mit und bat, ein telefonisches Angebots des Notars, bei mehreren Interessenten den Entwurf zusätzlich zuzusenden, darum, diesen Entwurf mit den geänderten Käuferdaten und einem Kaufpreis in Höhe von 1,2 Millionen € ebenfalls zu versenden. Im Übrigen führte die Antragstellerin in dieser E-Mail aus, dass sie auch hierbei davon ausgehe, dass hier keine Kosten entstünden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage AG 8 Bezug genommen.
6. Mit E-Mail vom 04.09.2017 antwortete eine Mitarbeiterin des Notariats unter Übersendung eines Kaufvertragsentwurf, weitere Kosten würden für die Antragstellerin hierdurch nicht entstehen. Dieser Entwurf wurde auch an die Verkäuferseite versandt.
7. Auf Nachfrage des Notariats teilte die Antragstellerin mit E-Mail vom 30.11.2018 mit, dass der Vertrag an anderer Stelle beurkundet worden sei.
8. Mit Schreiben vom 07.12.2018 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die streitgegenständliche Kostenrechnung wegen einer vorzeitigen Beendigung eines Beurkundungsverfahrens betreffend Kaufvertragsentwurf der Eigentümergemeinschaft mit der Vilicius 141 GmbH über einen Gesamtbetrag in Höhe von 4.339,93 €. Hinsichtlich der Einzelheiten der gegenständlichen Kostenberechnung S 2303/1/1 – 2018 wird auf Anlage AG 14 Bezug genommen.
9. Zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beantragte die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung betreffend die genannte Kostenrechnung und beantragte, diese Kostenrechnung vollständig aufzuheben. Zur Begründung nahm sie auf ein Schreiben vom 07.08.2019 Bezug.
10. Die Antragstellerin führt im wesentlichen an, ihre Inanspruchnahme sei nicht gerechtfertigt, weil der ursprüngliche Kaufvertragsentwurf von der Firma B Bauträger und Immobiliengesellschaft mbH in Auftrag gegeben worden sei. Zudem sei sie nur als Vermittlerin aufgetreten und habe nicht im eigenen Namen gehandelt. Darüber hinaus sei ihr von einer Mitarbeiterin der Notarin mitgeteilt worden, dass keine Kosten auf sie zukommen würden.
11. Das Gericht hat die Notarkasse Bayern um Stellungnahme gebeten. Diese hat unter dem 25. Juni 2020 zum Verfahren Stellung genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 27-30 der Akte Bezug genommen.
12. Zur Ergänzung wird auf sämtliche wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten und ihrer Vertreter Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der zulässige Antrag der Antragstellerin ist als unbegründet zurückzuweisen, weil die geltend gemachten Einwendungen gegen die Inanspruchnahme aus der streitgegenständlichen Kostenberechnung nicht durchgreifen.
1. Der Antrag ist statthaft nach § 127 Abs. 1 GNotKG und insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Frist des § 127 Abs. 2 GNotKG eingereicht. Der Antrag ist daher zulässig.
2. In der Sache hat der Antrag allerdings keinen Erfolg.
2.1 Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, ihr sei bekannt, es stünde in dem Ermessen des Notars, ob er Entwurfsgebühren abrechne oder nicht, so stimmen diese behaupteten eigenen Erfahrungswerte jedenfalls nicht mit der geltenden Gesetzeslage überein. Das notarielle Kostenrecht wird vom Gesetzmäßigkeitsprinzip beherrscht. Die Erhebung von Gebühren und Auslagen ist zwingend, § 17 Abs. 1 BNotO. Vereinbarungen über die Höhe der Kosten sind grundsätzlich unwirksam, § 125 GNotKG.
2.2 Verboten sind insbesondere Absprachen über den Nichtansatz einer konkreten Gebühr oder Auslage (Bormann/Dien/Sommerfeldt, GNotKG, § 125, Rn 3). Schon aus diesem Grund kann aus der Erklärung einer Mitarbeiterin des Notariats vom 04.09.2017 (Anlage AG 9) nicht der Schluss gezogen werden, auf eine Erhebung jeglicher Gebühren für eine Entwurfserstellung werde verzichtet.
2.3 Der Inanspruchnahme der Antragstellerin als Kostenschuldnerin steht ihre Einwendung, sie habe den Auftrag im fremden Namen erteilt, nicht entgegen.
Zwar beurteilt sich die Frage, ob der Makler als Auftraggeber nach § 29 Nummer 1 GNotKG Kostenschuldner ist, nach den Grundsätzen der §§ 164 ff BGB, also den Vertretungsregeln des bürgerlichen Rechts (OLG Düsseldorf, RNotZ 2017, 265). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin bei ihrer ersten Kontaktaufnahme zu der Notarin (Anlage AG 2) bereits ausdrücklich offengelegt, vermittelnd tätig zu sein. Damit hat sie zu erkennen gegeben, in fremden Namen handeln zu wollen und zwar konkret für die Verkäuferseite. Zudem will aus Sicht einer verständig denkenden Notarin ein Makler die einen Vertragsschluss vorbereitenden Tätigkeiten ohnehin nicht im eigenen Namen veranlassen. Eine Notarin, die weiß, dass der Makler den beabsichtigten Vertrag nur vermitteln soll, kann grundsätzlich nicht erwarten, dass er für die Notarkosten haften will. Denn grundsätzlich haftet für die Kosten der Notarin gemäß § 30 Abs. 1 GNotKG nur der, dessen Erklärung beurkundet werden soll. Damit trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass in der Regel nur die Vertragsparteien ein Interesse am Vertragsschluss und damit an der Beurkundung haben (OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.N.).
Von diesem Grundsatz ist jedoch im zur Entscheidung stehenden Fall deshalb eine Ausnahme zu machen, weil das Verhalten der Antragstellerin als Maklerin für die Notarin als Empfängerin der Erklärungen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Schluss zuließ, sie verlange ausnahmsweise den Entwurf der Vertragsurkunde für sich selbst, um diesen selbst in weiteren Verhandlungen für sich nutzbar zu machen OLG FFM, Beschluss vom 4.7.2013, 20 W 273/12). Einen solchen Schluss durfte die Notarin nach der vorgelegten wechselseitigen Kommunikation mit der Antragstellerin ziehen. Denn von der üblichen Fallgestaltung weicht das Verhalten der Antragstellerin insoweit ab, als sie mit ihrer E-Mail vom 28. August 2017 zu erkennen gibt, dass sie trotz des Scheiterns der Vertragsverhandlungen mit der ursprünglich als Käuferin vorgesehenen B Bauträger und Immobiliengesellschaft mbH an der weiteren Ausarbeitung und Konkretisierung des bestehenden Vertragsentwurfs ein eigenes Interesse hat. Es verbleibt also nicht bei einem einmaligen Tätigwerden für die Verkäuferin, sondern es soll für die Zukunft ein möglichst vollständig ausgearbeiteter Vertragsentwurf zur Verfügung stehen, um weitere Verkaufsverhandlungen möglichst zeitnah zu einem Abschluss zu bringen und damit das eigene Provisionsinteresse zu befriedigen.
Diese Zielsetzung der Antragstellerin wird aus Sicht der Notarin bestätigt durch die E-Mail der Antragstellerin vom 01.09.2017, mit der um Erstellung eines Entwurfs und Übersendung gebeten wird, der lediglich eine Einfügung der neuen als Käuferin in Betracht kommenden Vilicius 141 GmbH enthält. Gerade in diesem Sinne ist auch die nachfolgende E-Mail vom 04.09.2017 zu verstehen, wobei ein weiterer Entwurf für eine weitere Interessenten in Auftrag gegeben wird. Wenn in dieser E-Mail (Anlage AG 8) auf das „Entsetzen“ über die Anforderungen an die 14 – Tagesfrist durch die Antragstellerin eingegangen wird, kann dies aus Sicht der Antragsgegnerin nur so verstanden werden, dass die Antragstellerin zum Nachweis eines möglichst zeitnahen Abschluss des Vertrages an der Erstellung und Versendung der Vertragsentwürfe ein eigenes besonderes Interesse hatte. Denn daran, dass das Vorliegen eines Vertragsentwurfes in aller Regel geeignet ist, die Verkaufsverhandlungen zu beschleunigen, kann auch objektiv kein Zweifel bestehen, denn dann besteht für die zwischen den Vertragsparteien zu führenden Vertragsverhandlungen bereits eine konkrete Grundlage, die den Gegenstand der Gespräche begrenzen kann.
Dass die Antragstellerin selbst erkannt hat, dass die von ihr erteilten Aufträge für die Notarin einen Schluss auf ein erhebliches eigenes Interesse der Antragstellerin und damit auch auf eine eigene Verpflichtung gegenüber der Notarin zuließen, wird daraus deutlich dass die Antragstellerin mit E-Mail vom 28. August 2017 ausdrücklich vorbeugend zumindest auch aus einer eigenen Kostenlast freigestellt werden wollte.
2.4 Soweit die Antragstellerin gerade auf diese Hinweise abstellt, nach denen keine Kosten entstehen sollten, ergibt sich daraus nichts anderes. Einerseits schränkt die Antragstellerin ihre eigene Erwartung, dass weder ihr noch den Verkäufern Kosten entstehen würden, in ihrer E-Mail vom 28. August 2017 dahingehend ein, dass dies (nur) bis zu der Mitteilung der exakten Firmierung und ladungsfähige Anschrift der Käuferin zu gelten habe. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nach der genauen Benennung der Käuferin auch seitens der Antragstellerin von einer Kostenpflichtigkeit des Tätigwerdens der Notarin ausgegangen wurde. Auch der Hinweis auf eine gewünschte Kostenfreiheit in der E-Mail vom 04.11.2017 ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass sich nach den vorhergehenden Ausführungen in dieser E-Mail der Notar bereit erklärt hatte, bei mehreren Interessenten den Entwurf zusätzlich zu versenden. Der Wunsch nach Kostenfreiheit kann also schon objektiv so verstanden werden, dass sich diese auf die zusätzliche Versendung eines weiteren Entwurfs beziehen soll. Genau in diesem Sinne hat diese E-Mail auch die Mitarbeiterin des Notariat verstanden, wenn sie mit E-Mail vom 04.09.2017 (Anlage AG 9) mitteilt, weitere Kosten würden hierdurch nicht entstehen. Von vollständiger Kostenfreiheit ist also erkennbar nicht die Rede.
2.5 Schließlich hat die Antragstellerin auch durch Übersendung der Auftragsbestätigung/Vollmacht vom 02.05.2017 durch E-Mail vom 12.06.2017 gegenüber der Beschwerdegegnerin zum Ausdruck gebracht, dass eine eigene Verpflichtung für Notarkosten jedenfalls nach der Absprache mit der Eigentümergemeinschaft nicht ausgeschlossen war. Denn in diesem Schriftstück ist auch eine Erstattungsfähigkeit hinsichtlich gegebenenfalls anfallender Kostenbescheide und Gebühren vorgesehen.
Im Ergebnis lassen sich jedenfalls keine anderweitigen Schlüsse aus den Erklärungen der Antragstellerin als diejenigen ziehen, die das Gericht gezogen hat, nämlich dass die Antragstellerin ein eigenes Interesse an der Entwurfserstellung zum Ausdruck gebracht hat.
3. Für die Kostenentscheidung ist § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 81 FamFG maßgeblich. Ein Ausnahmefall des § 81 Abs. 2 FamFG ist nicht ersichtlich, sodass klarstellen anzuordnen war, dass beide Beteiligten ihre eigenen Auslagen selbst zu tragen haben. Das Beschwerdeverfahren selbst ist gerichtskostenfrei.
4. Der Geschäftswert bestimmt sich nach der Höhe der gegenständlichen Kostenberechnung.


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