Kosten- und Gebührenrecht

Mangels hinreichender Erfolgsaussichten keine Gewährung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  W 8 K 18.1386

Datum:
14.11.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 29734
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 114
VwGO § 166
VwZVG Art. 17 Abs. 1, Art. 19, Art. 21, Art. 22, Art. 23 Abs. 2, Art. 24 Abs. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes wird im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen die (angekündigte) Vollstreckung von Grundsteuer.
Mit Änderungsbescheid Grundsteuer vom 15. Januar 2018, zur Post gegeben am 22. Januar 2018, setzte die beklagte Stadt die Beiträge für das betreffende Objekt des Klägers auf 80,92 EUR fest mit vierteljährlicher Fälligkeit in Höhe von je 20,23 EUR, fällig zum 15. Februar, 15. Mai und 15. August und 15. November 2018. Für die Fälligkeitstermine am 15. Februar und 15. August 2018 kam der Kläger seiner Zahlungspflicht nicht nach. Nach Erinnerung und Mahnung erging am 10. April 2018 sowie am 18. Oktober 2018 jeweils ein Schreiben mit Ankündigung der Vollstreckung. Letztere betreffend die Fälligkeit 15. Februar 2018 und 15. August 2018, einschließlich Mahngebühren (je 6,10 EUR) in Höhe von insgesamt 58,76 EUR.
Am 24. Oktober 2018 erhob der Kläger Klage, mit der er sich sinngemäß gegen die mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 angekündigte Vollstreckung wendet. Er habe immer noch keine Erläuterung von der Beklagtenseite erhalten. Die Antwort müsste auch unterschrieben werden. Des Weiteren beantragte der Kläger sinngemäß, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte entgegnete mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2018, dass der Kläger seiner Zahlungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen sei. Nach der ersten Erinnerung und Mahnung sei jeweils die Vollstreckung angekündigt worden. Aktueller Stand sei, dass sie zwar die Vollstreckung angekündigt hätten, aber noch von einer tatsächlichen Vollstreckung absähen und im Falle des Klägers eine gütliche Lösung erhofften und die aufgelaufene Steuerschuld nicht in der Höhe sei, die sie veranlasse, den Gerichtsvollzieher zu bemühen oder weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu veranlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die erhobene Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.
Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Im vorliegenden Fall bietet die Rechtsverfolgung nach summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zunächst ist schon fraglich, ob die Klage noch zulässig ist, nachdem die Beklagte im Schreiben vom 30. Oktober 2018 mitgeteilt hat, dass sie aktuell von einer tatsächlichen Vollstreckung absehen werde, da sie auf eine gütliche Lösung hoffe und auch die aufgelaufene Steuerschuld in einer Höhe sei, die keine weitere Vollstreckungsmaßnahmen veranlasse. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ankündigung der Vollstreckung kein Verwaltungsakt ist und deshalb nicht mit einer Anfechtungsklage angefochten werden kann. Der Grundsteuerbescheid selbst ist bestandskräftig geworden.
Zugunsten des Klägers legt das Gericht sein Vorbringen dahingehend aus, dass er die Einstellung der Vollstreckung anstrebt (Art. 22 VwZVG). Eine dahingehende Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Denn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung nach Art. 22 Nr. 1 VwZVG und das Absehen von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen ist nicht gegeben, weil die angekündigte Vollstreckung rechtmäßig ist.
Die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor.
Die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwZVG sind gegeben, weil der Grundsteuerbescheid vom 15. Januar 2018 gemäß Art. 17 Abs. 1 VwZVG durch Zusendung eines einfachen verschlossenen Briefes, welcher am 22. Januar 2018 zur Post aufgegeben wurde, und damit ordnungsgemäß zugestellt wurde. Innerhalb der Monatsfrist erhob der Kläger keine Klage dagegen. Der Grundsteuerbescheid ist bestandskräftig. Die noch offenen Steuerforderungen belaufen sich auf 58,76 EUR (2 x 20,23 Grundsteuer + 2 x 6,10 EUR Mahngebühren).
Des Weiteren sind die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Vollstreckung von Verwaltungsakten, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, nach Art. 23 ff. VwZVG gegeben. Dem Kläger wurde der Steuerbescheid – wie bereits ausgeführt – ordnungsgemäß zugestellt. Art. 23 Abs. 2 VwZVG bestimmt ausdrücklich, dass bei Verwaltungsakten, die bei der Festsetzung und Erhebung von Realsteuern (wie die Grundsteuer, § 3 Abs. 2 AO) ergehen, anstelle der Zustellung die Zusendung gemäß Art. 17 VwZVG reicht. Die Grundsteuerforderung ist in ihren Teilbeträgen vierteljährlich auch fällig geworden. Der Kläger wurde des Weiteren ordnungsgemäß gemahnt.
Ergänzend ist anzumerken, dass die fehlende Unterschrift unschädlich ist. Der Gesetzgeber hat in Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG ausdrücklich bestimmt, dass bei einem schriftlichen Verwaltungsakt der mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erlassen wird, Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen können. Dies trifft auf den hier maschinell erstellten Grundsteuerbescheid zu. Gleichermaßen hat der Gesetzgeber in Art. 24 Abs. 3 VwZVG ausdrücklich geregelt, dass selbst bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtung erlassen wird, Unterschrift und Dienstsiegel fehlen können.
Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die allgemeinen bzw. besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden. Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes wird im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nur nach Maßgabe des Art. 21 VwZVG hat der Schuldner im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit, materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch geltend zu machen. Gemäß Art. 21 Satz 2 VwZVG sind derartige Einwendungen jedoch nur zulässig, soweit die geltend gemachte Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind (z.B. Erfüllung, Verzicht, Erlass oder Stundung der Forderung) und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können. Solche Einwände, die die Voraussetzungen des Art. 21 VwZVG erfüllen, hat der Kläger indes nicht vorgebracht.
Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Grundsteuererhebung findet auf der Stufe der Vollstreckung – abgesehen von Ausnahmen (wie etwa Nichtigkeit), die hier nicht vorliegen, – nicht mehr statt. Es reicht, wenn der Grundverwaltungsakt rechtswirksam ist. Der Kläger hatte die Möglichkeit, Einwendungen mit Rechtsbehelfen gegen den Grundsteuerbescheid selbst geltend zu machen.
Ergänzend wird noch angefügt, dass gegen die jeweilige Mahngebühr in Höhe von 6,10 EUR keine Bedenken bestehen. Die Mahngebühr entspricht der laufenden Nummer 1.I.7 des Kostenverzeichnisses. Sie bewegt sich am untersten Rand der Rahmengebühr von 5,00 EUR bis 150,00 EUR. Die Mahnkosten sind Nebenkosten zur Hauptsache. Die Mahnung ist eine gebührenpflichtige Amtshandlung. Ein eigener zusätzlicher Leistungstitel ist für die Mahngebühr nicht erforderlich. Mahnkosten werden ohne besonderen Vollstreckungstitel zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben.
Soweit der Kläger Ratenzahlung oder Stundung begehren sollte (das Begehren des Klägers ist aus seinen handschriftlichen Schreiben nicht immer deutlich und gut verständlich zu entnehmen), hätte sich der Kläger zunächst an die Beklagte zu wenden und dies dieser gegenüber hinreichend deutlich zu machen. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 30. Oktober 2018 ausdrücklich betont, dass sie eine gütliche Lösung mit dem Kläger erhoffe. Abgesehen davon kann das Gericht keinen durchgreifenden Anhaltspunkt erkennen, dass dem Kläger zurzeit ein verpflichtender Anspruch auf Stundung etwa wegen einer persönlichen oder wirtschaftlichen Härte zustände. Eine gütliche Einigung im gegenseitigen Einvernehmen der Beteiligten bleibt davon unbenommen.


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