Aktenzeichen 21 CS 17.490
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 118 Abs. 1 S. 5, § 124 Abs. 4
Leitsatz
1 Eine E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht, solange eine nach § 55a VwGO erforderliche Verordnung nicht erlassen wurde. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für die Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist wegen einer Erkrankung (hier: Herzerkrankung) muss glaubhaft gemacht werden, dass der Kläger krankheitsbedingt außerstande war, seine Interessen selbst zu vertreten oder durch andere wahrnehmen zu lassen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3 Während der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde (hier gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes) gerichtsgebührenfrei ist und jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 K 16.3830, M 7 S 16.3831 2017-02-01 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Verfahren 21 CS 17.490 und 21 C 17.491 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
II. Im Verfahren 21 CS 17.490 wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Versagung von vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt.
III. Im Verfahren 21 C 17.491 wird die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Klageverfahren und das (erstinstanzliche) Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen.
IV. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (21 C 17.491) zu tragen.
Gründe
I.
Der anwaltlich nicht vertretene Antragsteller wendet sich gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte mit einem Eil- und Klageverfahren.
Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 1. April 2016 die Waffenbesitzkarte des Antragstellers und verfügte entsprechende Nebenentscheidungen.
Der Antragsteller hat Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen bzw. anzuordnen, mit Beschluss vom 1. Februar 2017 abgelehnt (Nr. I. des Beschlusses), ebenso den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren (Nr. IV. des Beschlusses).
Gegen den ihm am 14. Februar 2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit E-Mail vom 28. Februar 2017 Beschwerde „gegen den Beschluss insgesamt“ eingelegt.
II.
1. Die Verbindung der beiden Streitsachen zu gemeinsamer Entscheidung beruht auf § 93 Satz 1 VwGO. Sie ist wegen des beiden Verfahren zugrunde liegenden einheitlichen Sachverhalts zweckmäßig.
2. Der Senat betrachtet das in der E-Mail des Antragstellers vom 28. Februar 2017 als Beschwerde „gegen den Beschluss insgesamt“ bezeichnete Rechtsschutzbegehren zugunsten des Antragstellers zur Vermeidung ansonsten fehlender Postulationsfähigkeit als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage (Verfahren 21 CS 17.490). Des Weiteren wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde dagegen, dass das Verwaltungsgericht seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren abgelehnt hat (Verfahren 21 C 17.491).
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für eine noch einzulegende Beschwerde (21 CS 17.490) gegen den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts München ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Abgesehen davon, dass die vom Verwaltungsgericht ausgedruckte E-Mail des Antragstellers vom 28. Februar 2017 das Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht erfüllt, weil für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern eine nach § 55a VwGO erforderliche Verordnung nicht erlassen wurde, hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag des Antragstellers jedenfalls zu Recht abgelehnt. Es hat zutreffend ausgeführt, dass die Klage des Antragstellers gegen den Widerrufsbescheid vom 1. April 2016 wegen Nichteinhaltung der Klagefrist unzulässig ist und dem Antragsteller wegen der Klagefristversäumnis auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO gewährt werden könne (UA S. 8 f.). Er habe nicht glaubhaft gemacht, aufgrund seiner Herzkrankheit außerstande gewesen zu sein, seine Interessen selbst vertreten zu können oder durch andere wahrnehmen zu lassen. Es ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass den Antragsteller die geltend gemachte Krankheit davon hätte abhalten können, innerhalb der Klagefrist von einem Monat Klage zu erheben oder erheben zu lassen. Hiergegen spricht schon der von ihm in dieser Zeit geführte Schriftverkehr mit dem Landratsamt. Anderes lässt sich auch der Beschwerde, die der Antragsteller nicht begründet hat, nicht entnehmen. Wegen der Versäumung der Klagefrist ist der Widerrufsbescheid vom 1. April 2016 bestandskräftig geworden (vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der erhobene Eilantrag war daher offensichtlich unzulässig (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 13) und die beabsichtigte Beschwerde wäre deshalb unbegründet.
Kommt nach allem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde nicht in Betracht, scheidet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts aus (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO).
4. Die weiter erhobene Beschwerde (21 C 17.491) gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Klageverfahren und das (erstinstanzliche) Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist jedenfalls unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsverfolgung in beiden Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf das unter Nr. 3. Dargelegte wird verwiesen.
5. Eine Kostenentscheidung ist bezüglich des Antrags auf Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes (21 CS 17.490) nicht erforderlich. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist gerichtsgebührenfrei und Auslagen im Sinn des § 118 Abs. 1 Satz 5 ZPO sind nicht entstanden; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren (21 C 17.491) beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen im Fall der Zurückweisung der Beschwerde kostenpflichtig; Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren (21 C 17.491) muss nicht festgesetzt werden, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).