Kosten- und Gebührenrecht

Melderegisterauskunft bei Wohnsitz in einer Justizvollzugsanstalt

Aktenzeichen  5 ZB 17.2581

Datum:
23.4.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8644
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 2
EMRK Art. 6 Abs. 2
VwGO § 166
BMG § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 51, § 52 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Der bloße Wohnsitz einer Person in einer Justizvollzugsanstalt steht einer Melderegisterauskunft über die derzeitige Anschrift nicht entgegen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 13 K 17.2571 2017-11-13 GeB VGMUENCHEN VG München

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2017 war schon deshalb ablehnen, weil die Klägerin entgegen § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO bis zum Ablauf der (Monats-) Frist für einen Antrag auf Zulassung der Berufung (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) keine ausreichende Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat. Im Einzelnen wird hierzu auf dem Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Verfahren Az. 5 C 18.20 verwiesen. Das Verwaltungsgericht hatte die Klägerin in seinem dem Beschluss vom 13. November 2017 über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorausgehenden Schreiben vom 5. Juli 2017 auf die ungenügende Erklärung und das Fehlen von Belegen hingewiesen. Jedoch hat die Klägerin diese Mängel auch im Zulassungsverfahren nicht behoben.
Im Übrigen fehlt es für die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung auch an der erforderlichen Erfolgsaussicht (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BMG darf die Meldebehörde Auskunft über die derzeitige Anschrift einer Person erteilen, wenn eine andere Person Auskunft verlangt. Zwar hat die Meldebehörde gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 BMG einen bedingten Sperrvermerk für derzeitige Anschriften der Personen einzurichten, die – wie die Klägerin – nach Kenntnis der Meldebehörde in einer Justizvollzugsanstalt wohnhaft gemeldet sind. In diesen Fällen darf gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BMG, soweit nicht die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 BMG vorliegen, eine Melderegisterauskunft nur erteilt werden, wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann. Die betroffene Person ist vor Erteilung einer Melderegisterauskunft zu hören (§ 51 Abs. 2 Satz 2 BMG). Aus der Systematik der gesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass allein der bloße Wohnsitz einer Person in einer Justizvollzugsanstalt einer Auskunft über die derzeitige Anschrift nicht entgegensteht. Vielmehr darf auch dann eine Melderegisterauskunft erteilt werden, wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen – über die Tatsache, dass die Person sich in einer Justizvollzugsanstalt befindet, hinaus – ausgeschlossen werden kann. Der Systematik des Gesetzes ist ebenfalls zu entnehmen, dass auch eine Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt der Erteilung einer Auskunft nicht entgegensteht, da das Gesetz insoweit nicht zwischen Untersuchungshaft und Strafhaft differenziert. Die Unschuldsvermutung (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK), die Personen, die sich in Untersuchungshaft befinden, zukommt, kann entgegen der Ansicht der Klägerin daher allein noch keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen begründen. Sonstige Gründe für eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen hat die ja Klägerin in ihrer Anhörung nicht vorgebracht. Solche sind auch nicht ersichtlich. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 BMG sind ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil das Prozesskostenhilfeverfahren gerichtsgebührenfrei ist. Auslagen im Sinn des § 118 Abs. 1 Satz 5 ZPO sind nicht entstanden; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, weil ein fristgerechter Antrag auf Zulassung der Berufung nicht mehr gestellt werden kann, da wegen der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen solchen Antrag eine Wiedereinsetzung gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ausscheidet.


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