Kosten- und Gebührenrecht

Prozesskostenhilfe bei Entziehung der Fahrerlaubnis nach erstmaligem Cannabiskonsum

Aktenzeichen  Au 7 K 16.1401

Datum:
15.5.2017
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 114 S. 1, § 117
FeV FeV § 11 Abs. 7, § 14 Abs. 1 S. 3
VwGO VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 166
StVG StVG § 24a Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

Da der BayVGH (BeckRS 2017, 108147) entschieden hat, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen könne, sondern § 14 Abs. 1 S. 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vorsehe, bestehen für eine Klage jedenfalls offene Erfolgsaussichten, so dass Prozesskostenhilfe zu gewähren ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Dem Kläger wird unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt * Prozesskostenhilfe bewilligt.

Gründe

I.
Dem Kläger wurde mit sofort vollziehbarem Bescheid der Beklagten vom 20. September 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen entzogen und er wurde unter Zwangsgeldandrohung zur Ablieferung seines Führerscheins verpflichtet, da er am 29. Januar 2016 ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss geführt hat (THC: 1,2 ng/ml, THC-COOH: 21,5 ng/ml).
Am 4. Oktober 2016 wurde Klage gegen diesen Bescheid erhoben. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wurde mit (mittlerweile rechtskräftigem) Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. November 2016 (Az.: Au 7 S. 16.1402) abgelehnt.
Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 10. Mai 2017 wurden weitere Ausführungen dazu gemacht, dass es sich bei dem Cannabiskonsum vom 29. Januar 2016 um einen einmaligen Konsum gehandelt habe und wie es dazu gekommen sei.
Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, 
dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Klägerbevollmächtigten ist zulässig und begründet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1, § 117 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ausreichend ist hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs, ansonsten wäre die verfassungsrechtlich garantierte Chancengleichheit von Bemittelten und Unbemittelten bei der Rechtsverfolgung nicht hergestellt (vgl. BayVGH vom 21.11.2007, Az 24 C 07. 2525).
Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens als offen anzusehen.
Das Gericht geht zwar entsprechend seinen Ausführungen im o.g. Beschluss vom 28. November 2016 (Az.: Au 7 S. 16.1402) weiterhin davon aus, dass der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der Fahrt unter Cannabiseinfluss vom 29. Januar 2016 ein gelegentlicher Konsument von Cannabis war. Die Ausführungen im Schriftsatz der Klägerseite vom 10. Mai 2017 konnten das Gericht nicht vom Gegenteil überzeugen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat aber mit Urteil vom 25. April 2017 (Az.: 11 BV 17.33) entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen könne. Vielmehr sehe § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat gegen dieses Urteil die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Es sei klärungsbedürftig, ob einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten schon nach der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG unter Cannabiseinfluss ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse.
Nachdem es sich bei der Fahrt des Klägers vom 29. Januar 2016 unter Cannabiseinfluss um eine erstmalige, als Ordnungswidrigkeit geahndete derartige Fahrt gehandelt hat, erscheinen die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens offen, so dass dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.


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