Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertbeschwerde hinsichtlich des Streitwerts für vorläufigen Rechtsschutz bei Nachbarklage

Aktenzeichen  9 C 18.649

Datum:
27.4.2018
Fundstelle:
NVwZ-RR – 2018, 912
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 152 Abs. 1
GKG § 52

 

Leitsatz

Für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setzt der Senat auch bei baurechtlichen Nachbarklagen gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts fest, weil mit dem Eilverfahren die Hauptsache noch nicht ganz oder zum Teil vorweggenommen wird. Eine abschließende Entscheidung über den rechtlichen Bestand der angefochtenen Baugenehmigung ist im Eilverfahren ausgeschlossen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 S 17.776 2017-10-09 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. In Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 9. Oktober 2017 wird der Streitwert auf 5.000 Euro festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

Die von den Bevollmächtigten der Kläger in eigenem Namen eingelegte Beschwerde, mit der sie eine Heraufsetzung des Streitwerts auf mindestens 10.000 Euro begehren, ist gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 GKG zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert mit 3.750 Euro zu niedrig festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat legt hierbei regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, nunmehr in der letzten Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog 2013).
In baurechtlichen Nachbarklagen geht der Senat üblicherweise vom unteren Wert des in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 vorgeschlagenen Streitwertrahmens aus und setzt regelmäßig einen Streitwert in Höhe von 7.500 Euro fest (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2015 – 9 C 15.2337 – juris Rn. 3). Allerdings hat der Senat bereits bisher den Streitwertrahmen des Streitwertkatalogs in entsprechend gelagerten Fällen auch nach oben hin ausgeschöpft und zum Beispiel in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei einer Nachbarklage gegen eine Wohnanlage mit 87 Wohneinheiten und 129 Tiefgaragenplätzen einen Streitwert von 7.500 Euro festgesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2017 – 9 CS 14.2441 – juris), was einem Hauptsachestreitwert von 15.000 Euro entspricht (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
Im Hinblick darauf, dass der Streitwertkatalog 2013 für die Klage eines drittbetroffenen Nachbarn einen Rahmen für den festzusetzenden Streitwert enthält, während der Streitwertkatalog 2004 insoweit lediglich einen Richtwert von 7.500 Euro enthielt, hält der Senat jedenfalls bei der hier vorliegenden Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit 5 Wohneinheiten und Tiefgarage einen Streitwert von 10.000 Euro für angemessen (vgl. auch ThürOVG, B.v. 20.7.2016 – 1 VO 376/16 – juris Rn. 4; SächsOVG, B.v. 28.11.2016 – 1 B 257/16 – juris Rn. 7; VGH BW, B.v. 13.8.2014 – 8 S 949/14 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 13.8.2015 – 15 C 15.1674 – juris Rn. 12). Die von den Bevollmächtigten der Kläger begehrte Festsetzung eines noch höheren Streitwerts an der oberen Grenze des Streitwertrahmens oder gar darüber hinaus, kann dagegen nur in Betracht kommen, wenn sich die Nachbarklage gegen ein Vorhaben mit deutlich größeren Auswirkungen auf die Nachbarschaft richtet (vgl. ThürOVG, a.a.O. Rn. 4).
Für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setzt der Senat auch bei baurechtlichen Nachbarklagen gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts fest, weil mit dem Eilverfahren die Hauptsache noch nicht ganz oder zum Teil vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 9 C 10.1087 – juris Rn. 13; siehe auch SächsOVG, B.v. 28.11.2016 – 1 B 257/16 – juris Rn. 8; ThürOVG, B.v. 20.7.2016 –1 VO 376/16 – juris Rn. 5; HessVGH, B.v. 30.6.2015 – 3 E 595/15 – juris Rn. 5; a.A. VGH BW, B.v. 27.1.2016 –3 S 2660/15 – juris Rn. 11). Eine abschließende Entscheidung über den rechtlichen Bestand der angefochtenen Baugenehmigung ist im Eilverfahren ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2012 – 15 C 12.870 – juris Rn. 6).
Eine an der Grundstückswertminderung orientierte Erhöhung des Streitwerts ist hier nicht angebracht. Das erstmalige Vorbringen im Beschwerdeverfahren einer von den Klägern befürchteten Wertminderung ihres Hauses in Höhe von 80.000 Euro bis 100.000 Euro wird weder belegt noch ist es anhand der objektiven örtlichen Situation im Ansatz nachvollziehbar. Im Übrigen ist für ein Nachschieben streitwertrelevanter Erklärungen nach unanfechtbarem Abschluss des Verfahrens kein Raum mehr (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 9 C 10.1087 – juris Rn. 11 m.w.N.).
Soweit sich die Bevollmächtigten der Kläger schließlich auf ihren Arbeitsaufwand zur Bearbeitung der Angelegenheit berufen, ist dieser bei der Bestimmung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen, da es hierfür nach § 52 Abs. 1 GKG allein auf das objektiv zu beurteilende Interesse des Klägers ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2015 – 9 KSt 2/15 u.a. – juris Rn. 3 m.w.N.).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben