Kosten- und Gebührenrecht

Unzulässiger Antrag, Bisher kein Gebührenbescheid erlassen, PKH (abgelehnt)

Aktenzeichen  M 10 S 20.3966

Datum:
5.5.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 12222
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123
VwGO § 166  i.V.m. §§ 114 ff. ZPO
GVG § 21

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens zu I. hat der Antragsteller zu tragen. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen gegen die Erhöhung von Gebühren für die Nutzung einer Obdachlosenunterkunft.
Der Antragsgegner betreibt auf Grundlage seiner Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft des … vom 28. April 2020 eine Obdachlosenunterkunft als öffentliche Einrichtung. Auf Grundlage seiner Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Obdachlosenunterkunft des … vom 28. April 2020 erhebt er von den Benutzern Gebühren (Obdachlosenunterkunftsgebührensatzung – ObUGebS), wobei der Gebührensatz nach Angaben des Antragstellers im Vergleich zur Vorgängerfassung erhöht wurde. Nach § 5 Abs. 1 ObUGebS wird die Benutzungsgebühr durch Gebührenbescheid festgesetzt.
Mit Bescheid vom 1. Juli 2020 wies der Antragsgegner den Antragsteller ab 1. Juli 2020 bis einschließlich 31. Juli 2020 in die Räume der Obdachlosenunterkunft in den … 17 ein (Nrn. 1 und 2 des Bescheids). Nach Nr. 3 des Bescheids erhebt der Antragsgegner für die Unterbringung nach Nr. 1 ein Nutzungsentgelt. In Nr. 4 wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 angeordnet. In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass der Antragsgegner für die Unterbringung in der Obdachlosennotunterkunft ein Nutzungsentgelt gemäß der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft und der Obdachlosenunterkunftsgebührensatzung erhebt. Die Benutzungsgebühr sei mittels beiliegender Rechnung monatlich auf das Konto des Antragsgegners zu überweisen oder in bar bei der Gemeindekasse einzuzahlen. Mit Rechnung vom 1. Juli 2020 wurde dem Antragsteller ein Nutzungsentgelt für die Nutzung der Obdachlosenunterkunft im Juli 2020 i.H.v. 300 EUR, fällig am 10. Juli 2020, in Rechnung gestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2020 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 1. Juli 2020 und beantragt zuletzt im Wesentlichen, den Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzungsgebühr für Langzeitbewohner von 10 EUR pro Tag auf 8 EUR pro Tag herabzusetzen.
Mit Schriftsatz vom 10. August 2020, konkretisiert mit Schriftsatz vom 26. August 2020, beantragt der Antragsteller zudem,
gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Zudem beantragt er mit Schriftsatz vom 10. August 2020 sinngemäß,
ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2020 führte der Antragsgegner aus, dass er, sobald der Antragsteller einen Antrag auf Sozialhilfe nachweise, bis zur Entscheidung im Eilverfahren auf den Erlass eines rechtsmittelfähigen Gebührenbescheids verzichte. Bis zur Schaffung der Vollstreckungsvoraussetzungen komme dann eine Vollstreckung der anfallenden Benutzungsgebühren nicht in Betracht. Ein Antrag wurde nicht gestellt.
Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte, auch im Verfahren M 10 K 20.3536, Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
a) Der Antrag ist unzulässig.
Soweit der Antragsteller wörtlich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt hat, ist der Antrag nicht statthaft.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfordert grundsätzlich das Vorliegen eines nicht bestandskräftigen Verwaltungsakts (Schenke in Kopp/ders., Verwaltungsgerichtsordnung, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 130). An einem solchen fehlt es vorliegend. Der Antragsteller wendet sich erkennbar gegen die Gebührenerhöhung, nicht gegen die Einweisung in die Unterkunft. Einen Gebührenbescheid, mit dem gegenüber dem Antragsteller Gebühren für die Nutzung der Obdachlosenunterkunft festgesetzt würden, hat der Antragsgegner nach Aktenlage jedenfalls für den vorliegend in Streit stehenden Zeitraum ab Juli 2020 nicht erlassen. Der Einweisungsbescheid vom 1. Juli 2020 enthält keine Gebührenfestsetzung. Soweit in Nr. 3 des Bescheidstenors ausgeführt wird, dass für die Unterbringung nach Nr. 1 ein Nutzungsentgelt erhoben werde, ist dies als Hinweis auf die durch die Begründung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses aus §§ 1 ff. ObUGebS folgende Gebührenschuld zu verstehen. Um einen Verwaltungsakt handelt es sich dabei schon deshalb nicht, weil eine Festsetzung der Gebührenhöhe und damit eine Regelung i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) Kommunalabgabengesetz (KAG) i.V.m. § 118 Satz 1 Abgabenordnung (AO) fehlt. Auch die Rechnung, die der Antragsgegner dem Einweisungsbescheid beigefügt hat, ist mangels Regelungswirkung kein Verwaltungsakt i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG i.V.m. § 118 Satz 1 AO.
Eine Auslegung des Antrags nach §§ 122, 88 VwGO als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, etwa gerichtet auf Feststellung, dass gegenüber dem Antragsteller bisher keine fällige Gebührenschuld für die Nutzung der Obdachlosenunterkunft im Juli 2020 bestehe oder auf die Feststellung, dass die Gebührenerhöhung rechtswidrig sei, scheidet ebenfalls aus. Unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen fehlt es jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung. Eine Beitreibung der in Rechnung gestellten Forderung findet nach Aktenlage bisher nicht statt. Der Antragsgegner hat bisher weder die geltend gemachte Forderung angemahnt noch Maßnahmen zu ihrer Vollstreckung getroffen. Der Umstand, dass dem Antragsteller eine Rechnung gestellt wurde, begründet noch kein Erfordernis für eine Regelung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. hierzu Kuhla in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 56. Edition, Stand: 1.7.2020, § 123 Rn. 120 ff.). Eine Rechtswirkung oder Beschwer für den Antragsteller folgt aus ihr nicht.
b) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird nach § 21 Abs. 1 GKG abgesehen.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Dem Antrag fehlt bereits das nötige Rechtsschutzbedürfnis. Gerichtskosten fallen aufgrund der Entscheidung nach § 21 GKG für den Antragsteller nicht an. Mangels Hinzuziehung eines Rechtsbeistands fallen auch insofern für den Antragsteller keine Kosten an, sodass er nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist (siehe hierzu BayVGH, B.v. 13.7.2004 – 12 C 04.1160 – BeckRS 2004, 33733).
Zudem hat der Antrag – wie unter 1. ausgeführt – keinen Erfolg. Gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist unter anderem Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist vorliegend nicht der Fall, sodass der Antrag auch deshalb unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des Antragstellers abzulehnen ist.
Die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeht kostenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.


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