Aktenzeichen 10 ZB 18.354
Leitsatz
Zwar ist grundsätzlich ein Rechtsmittelführer im Falle seiner Mittellosigkeit ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels verhindert, dieses Hindernis entfällt jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
10 ZB 18.354 2018-03-15 Bes VGHMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014, mit dem der Verlust seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt und seine Einreise und sein Aufenthalt für (zuletzt) fünf Jahre untersagt wurde.
Seine gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2018 mit Schreiben vom 1. Februar 2018 bzw. vom 5. Februar 2018 eingelegte „sofortige Berufung“ ist nach § 88 VwGO als Antrag auf Zulassung der Berufung zu behandeln, weil dieser hier das grundsätzlich statthafte Rechtsmittel darstellt (vgl. § 124a Abs. 4 VwGO). Eine Berufung ohne vorherige Zulassung durch das Verwaltungsgericht oder durch den Verwaltungsgerichtshof ist nicht statthaft (§ 124 Abs. 1 VwGO).
Der so auszulegende Antrag ist abzulehnen, weil die Zulassung der Berufung nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) durch einen Rechtsanwalt oder eine andere als Bevollmächtigte zugelassene Person oder Organisation beantragt worden ist (§ 67 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO).
Das vollständige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2018 ist dem Kläger ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 2. Februar 2018 zugestellt worden. Die Monatsfrist für die Einreichung des Antrags auf Zulassung der Berufung endete daher nach § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO sowie § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit dem Ablauf des 2. März 2018.
Die Schreiben des Klägers vom 1. Februar 2018 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und vom 5. Februar 2018 an das Bayerische Verwaltungsgericht München wahren diese Frist nicht. Denn sie entsprechen nicht der gesetzlichen Form des § 67 Abs. 4 Satz 1, 2 VwGO. Danach müssen sich die Beteiligten vor dem Oberverwaltungsgericht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Die „sofortige Berufung“ des Klägers wurde entgegen dieser Vorschrift nicht durch einen Rechtsanwalt, einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder andere als Prozessbevollmächtigte zugelassene Personen oder Organisationen eingelegt, sondern vom Kläger persönlich.
Dem Kläger kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) gewährt werden, weil er innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt hat. Zwar ist grundsätzlich ein Rechtsmittelführer im Falle seiner Mittellosigkeit ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels verhindert, dieses Hindernis entfällt jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe. Es braucht hier nicht entscheiden zu werden, ob es an einem Verschulden nur dann fehlt, wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2011 – 1 B 23/11 – juris Rn. 6), oder auch dann, wenn Prozesskostenhilfe abgelehnt wird (so BVerwG, B.v. 23.5.1985 – 7 C 4/85 – juris; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 60 Rn. 81; Brink in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2018, § 60 Rn. 13). Denn der Kläger hat jedenfalls die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt.
Der Beschluss des Senats vom 15. März 2018, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wurde, wurde dem Kläger am 22. März 2018 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO lief somit am Montag, dem 23. April 2018 ab. In dieser Zeit wurde (durch einen Prozessbevollmächtigten i.S.d. § 67 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 VwGO) weder ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt noch der Antrag auf Zulassung der Berufung nachgeholt (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).