Medizinrecht

Abgrenzung zwischen Reparatur und Instandhaltung eines Eigenheims zur Erstaustattung der Wohnungseinrichtung

Aktenzeichen  L 11 AS 24/16

Datum:
16.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 107412
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 22 Abs. 2, § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Kein Anspruch auf komplette Erneuerung eines Badezimmers.
2 Sind Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur (§ 22 Abs. 2 SGB II) noch nicht konkret angefallen, kann eine Zuordnung zu einem Monat, für den Alg II bereits bewilligt wurde, nicht erfolgen, so dass auch kein bereits erlassener Bewilligungsbescheid auf einen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung überprüft werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Kostenübernahme für den Austausch der Badeinrichtung und Sanitärinstallationen kann unter den Begriff der Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II fallen, da hierzu im Ausnahmefall auch Ersatzbeschaffungen zählen können. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 18 AS 187/15 2015-12-21 GeB SGWUERZBURG SG Würzburg

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 21.12.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist die Kostenübernahme für die Badeinrichtung und Sanitärinstallationen, die der Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2015 abgelehnt hat. Da sich das Begehren des Klägers gerade nicht auf Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten beschränkt, stehen vorliegend Leistungen für eine Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II im Vordergrund, zu denen auch Ersatzbeschaffungen zählen können (Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 24 Rn 92 unter Verweis auf die legislative Konzeption). Dabei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl BSG, Urteil vom 23.05.2013 – B 4 AS 79/12 R – SozR 4-4200 § 24 Nr. 5; Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 64/07 R – BSGE 101, 268). Im Übrigen sind Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur (§ 22 Abs. 2 SGB II) in Bezug auf die sanitären Anlagen beim Kläger noch nicht konkret angefallen, da Leistungen für eine noch einzubauende Badeinrichtung und sanitäre Anlagen begehrt werden. Eine Zuordnung zu einem Monat, für den Alg II bereits bewilligt wurde kann daher nicht erfolgen, so dass auch kein bereits erlassener Bewilligungsbescheid im Erfolgsfalle abzuändern bzw zumindest der Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung insgesamt zu überprüfen wäre (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 61/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 44 – wo Aufwendungen für einen einmaligen Bedarf im Zusammenhang mit der Unterkunft bereits in Rechnung gestellt und fällig waren). Da der Kläger – wie noch ausgeführt wird – keinen Anspruch auf die von ihm begehrten Leistungen hat, kann es dahinstehen, ob er solche mangels bislang getätigter Aufwendungen als Zusicherung einer Kostenübernahme oder im Rahmen eines Vorschusses verlangen könnte. Im Übrigen ist insofern nicht ersichtlich, dass die Lieferung und Montage nur gegen Barzahlung oder Vorkasse erfolgen würde (vgl dazu im Einzelnen aus BSG, Beschluss vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.09.2010 – L 29 AS 328/10).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme von Kosten für die Anschaffung einer neuen Badeinrichtung einschließlich der notwendigen Installationen. Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind vom Regelbedarf nach § 20 SGB II Bedarfe für die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht umfasst. Dementsprechend können solche einmaligen Bedarfe zusätzlich beansprucht werden. Da der Kläger aber bereits im Besitz von Badeinrichtungsgegenständen war – unabhängig davon, ob hierzu auch bspw. Waschbecken oder Toilette zählen – handelt es sich bei der geplanten Neueinrichtung nicht um eine Erstbeschaffung. Zwar sind Ausnahmen für Fallgestaltungen denkbar, in denen eine Vergleichbarkeit mit einer erstmaligen Anschaffung gegeben ist (zB Anschaffungen nach einem Wohnungsbrand oder bei einer Erstanmietung nach einer Haft – vgl dazu: Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 24 Rn 92 und BT-Drs 15/1514 S. 60). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Einrichtungsgegenstände noch vorhanden sind. Dies ergibt sich auch aus den angefertigten Lichtbildern zur Ortseinsicht am 27.10.2014 und wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Reparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen werden von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht erfasst.
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Danach werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Grundsätzlich besteht insofern ein Anspruch auf Übernahme der Kosten, die für die Reparatur des Druckspülers – sofern dieser tatsächlich wie vom Kläger behauptet undicht sein soll – anfallen. Ein solcher Anspruch wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, da er ausgeführt hat, solche Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Angebot und den früheren Kostenvoranschlägen gehen aber die notwendigen Kosten hierfür nicht hervor. Weder hat er einer weiteren, uneingeschränkten Begutachtung zur Ermittlung des entsprechenden Bedarfs zugestimmt noch einen alternativ geforderten Kostenvoranschlag vorgelegt, so dass – wie dem Kläger bereits im Klage- und im Berufungsverfahren mehrfach erläutert – der entsprechende Anspruch nicht feststellbar ist. Da er den Anspruch geltend macht, trifft ihn insofern die Feststellungslast für die Nichterweislichkeit des Bedarfs. Weitere Möglichkeiten zur Ermittlung hat der Senat nicht gesehen. Im Hinblick auf die Zusage des Beklagten, dem Grunde nach Kosten für eine notwendige Reparatur zu übernehmen, besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Übernahme entsprechender Aufwendungen. Dem Kläger ist es möglich und zumutbar, entweder einen entsprechenden Kostenvoranschlag zum Nachweis des Bedarfs dem Beklagten vorzulegen oder einer Begutachtung zur weiteren Feststellung zuzustimmen.
Letztlich will der Kläger jedoch nach seinem Vorbringen gerade keine Reparatur der nach seinem Vortrag defekten Druckspülung bzw des defekten WCs, sondern die sich aus den Kostenvoranschlägen ergebende umfassende Neueinrichtung und Neuinstallation der Bad- und Sanitäreinrichtungen. Die Kosten für die komplette Erneuerung des Bades stellen aber keine unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung oder Reparatur dar. Wie sich aus den Lichtbildern zur Ortseinsicht am 27.10.2014 ergibt, sind die Einrichtungsgegenstände des Bades im Erdgeschoss einfach und primitiv, jedoch ansonsten nach außen hin unbeschädigt. Die notwendigen einfachen und grundlegenden Bedürfnisse des Wohnens (zur Maßgeblichkeit eines solchen Standards im Rahmen der Ermittlung der Höhe angemessener Unterkunftskosten: BSG, Urteil vom 16.06.2015 – B 4 AS 44/14 R) können damit befriedigt werden. Somit liegt bezüglich des Austauschs des WC und des Waschtischs sowie der übrigen Badeinrichtung keine Instandhaltung oder Reparatur iSv § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II vor. Zudem stellt die komplette Neueinrichtung des Bades keinen unabweisbaren Bedarf dar.
Der Kläger hat demnach keinen Anspruch auf Leistungen für die von ihm begehrte Neueinrichtung bzw Neuinstallation seines Bades. Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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