Medizinrecht

Amtsärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit

Aktenzeichen  3 CE 17.64

Datum:
1.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123
BayBG BayBG Art. 65, Art. 128

 

Leitsatz

1. Der Untersuchungsanordnung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die (Polizei-) Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Außerdem muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten (BVerwG BeckRS 2013, 53573). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Behörde ist nicht gehalten, wegen der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Facharztes für Psychiatrie auch eine psychiatrische Untersuchung anzuordnen. Ausreichend ist vielmehr zunächst eine allgemeinärztliche Untersuchung zur weiteren Abklärung. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 16.5181 2016-12-27 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 123 VwGO, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß Art. 128 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG aufgrund der Untersuchungsanordnungen des … Landeskriminalamts (LKA) vom 14. Oktober 2016 und 11. November 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens freizustellen, zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller, der seit 2012 als Sachbearbeiter für die Waffenverwaltung im Amt eines Polizeioberkommissars (BesGr A 10) im LKA tätig ist und seit 29. März 2016 dienstunfähig erkrankt ist, hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Untersuchungsanordnung ist bei summarischer Prüfung formell und inhaltlich rechtmäßig. Daher kann offen bleiben, ob ein Anordnungsgrund besteht.
1. Die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss bestimmten formellen sowie inhaltlichen Anforderungen genügen. Die Behörde ist zum Erlass einer Untersuchungsanordnung berechtigt, wenn Zweifel über die (Polizei-) Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Der Untersuchungsanordnung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die (Polizei-) Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie Zweifel an der (Polizei-) Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Außerdem muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten (BVerwGU.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11- juris Rn. 18-23). Diesen rechtlichen Anforderungen wird die Untersuchungsanordnung vom 14. Oktober 2016, präzisiert mit Schreiben vom 11. November 2016, gerecht.
Mit Anordnung vom 14. Oktober 2016 wurde der Antragsteller zur Klärung seiner Dienstfähigkeit zur Teilnahme an einer – mit dem beigefügten Untersuchungsauftrag vom 13. September 2016 an den polizeiärztlichen Dienst im Einzelnen festgelegten – allgemeinärztlichen Untersuchung durch den Polizeiarzt am 17. November 2016 um 8:45 Uhr aufgefordert und die Anordnung mit Schreiben vom 11. November 2016 konkretisiert. Die darin angegebene Begründung, aufgrund der seit 29. März 2016 andauernden, krankheitsbedingten Abwesenheit und der telefonischen Mitteilung an seinen Vorgesetzten, dass bei ihm ein Erschöpfungssyndrom mit Schlafstörungen vorliege, sowie seiner Angaben im Dienstunfallantrag vom 11. Juli 2016, dass bei ihm erhöhte Antimonwerte im Blut festgestellt worden seien, bestünden konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers, rechtfertigt die Anordnung einer allgemeinärztlichen Untersuchung zur Klärung der Dienstfähigkeit. Die Untersuchungsanordnung ist auch nach Art und Umfang der vorzunehmenden körperlichen Untersuchung hinreichend bestimmt.
Der Antragsgegner war nicht gehalten, (auch) eine psychiatrische Untersuchung des Antragstellers anzuordnen, da zwar die vorgelegten AU-Bescheinigungen von einem Facharzt für Psychiatrie ausgestellt wurden, darüber hinaus aber keine konkreten Erkenntnisse zu den Hintergründen der Erkrankung des Antragstellers bestehen. Auch aus dem Persönlichkeitsbild vom 11. Juli 2016, in dem der Sachbearbeiter M. mutmaßt, die derzeitige Erkrankung des Antragstellers stehe im Zusammenhang mit der Situation in seinem Team, ergibt sich keine medizinisch fundierte Einschätzung der Erkrankung des Antragstellers. Demgemäß ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner zunächst eine allgemeinärztliche Untersuchung zur Erhebung des Krankheitsbilds angeordnet hat, die auch eine Befragung nach dem Anlass der Krankschreibung durch den Facharzt für Psychiatrie umfasst, um eine (mögliche) Diagnose zu erhalten, bevor auf dieser Grundlage ggf. noch weitere (fach-) ärztliche Untersuchungen wie insbesondere eine psychiatrische Untersuchung angeordnet werden. Da der Antragsteller keine näheren Angaben zu seiner Erkrankung gemacht hat und auch keine (fach-) ärztlichen Atteste vorgelegt hat, die eine psychiatrische Untersuchung nahelegen und dadurch eine allgemeinärztliche Untersuchung ggf. entbehrlich machen würden, war es dem Antragsgegner ohne nähere Kenntnis von der Erkrankung nicht möglich, die ggf. erforderlichen ärztlichen Untersuchungen zu konkretisieren und weiter einzugrenzen (BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 31).
2. Die hiergegen vom Antragsteller innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Antragsteller wiederholt insoweit nur sein bisheriges Vorbringen, ohne sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
2.1 Entgegen der Behauptung des Antragstellers ist in der Untersuchungsanordnung hinreichend konkret bestimmt, dass sich die allgemeinärztliche Untersuchung auch auf eine Befragung nach dem Anlass der Krankschreibung durch den Facharzt für Psychiatrie beziehen soll, um abzuklären, ob die Erkrankung des Antragstellers u.U. (auch) psychische Ursachen hat, und ggf. eine fachpsychiatrische Untersuchung anordnen zu können. Damit hat sich der Antragsgegner entgegen der Behauptung des Antragstellers auch mit den von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und mit der Fachrichtung des ausstellenden Arztes auseinandergesetzt, bevor er eine allgemeinärztliche Untersuchung des Antragstellers angeordnet hat. Auch wenn im Rahmen des Anamnesegesprächs durch den Polizeiarzt ggf. psychische Befunde erhoben werden sollten, wird die allgemeinärztliche Untersuchung dadurch aber nicht zu einer fachpsychiatrischen Untersuchung.
Die Anordnung der allgemeinärztlichen Untersuchung dient entgegen der unbelegten Annahme des Antragstellers auch nicht in erster Linie dazu, in einem zweiten Schritt eine weitergehende psychiatrische Untersuchung des Antragstellers anzuordnen, sondern der amtsärztlichen Abklärung der Dienstfähigkeit. Gegenteiliges kann der Antragsteller auch nicht aus dem stattgebenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. September 2016 (Az. M 5 E 16.3982) herleiten, in dem die Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung als rechtswidrig angesehen wurde. Ob eine solche ggf. erforderlich ist, wird sich nach Durchführung der angeordneten Untersuchung zeigen. Die Vergabe einer fachpsychiatrischen Untersuchung bedürfte jedenfalls der Ergänzung der Untersuchungsanordnung (BayVGH, B.v. 18.2.2016 a.a.O. Rn. 35).
Im Übrigen liegt es auch allein am Antragsteller, hier für Klarheit zu sorgen und ein ärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich die Ursache für seine Erkrankung ergibt, um so die angeordnete Untersuchung ggf. entbehrlich zu machen. Solange er dies nicht getan hat, ist ihm die Berufung auf die angeblich fehlende Bestimmtheit der Untersuchungsanordnung verwehrt (BayVGH, B.v. 18.2.2016 a.a.O. Rn. 29).
2.2 Wenn der Antragsteller rügt, dass die Feststellung erhöhter Antimonwerte im Blut nicht der Zuständigkeit des LKA, sondern im Rahmen der Dienstunfallfürsorge dem Landesamt für Finanzen obliege, liegt dies neben der Sache. Das für die Klärung der Dienstunfähigkeit zuständige LKA hat die vom Antragsteller im Rahmen seines Dienstunfallantrags vom 11. Juli 2016 geltend gemachten erhöhten Antimonwerte vielmehr zu Recht zum Anlass genommen, sie insoweit als mögliche Ursache für die langdauernde Erkrankung des Antragstellers überprüfen zu lassen, nachdem diese mangels Angaben des Antragstellers unklar ist.
3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei im Eilverfahren nur die Hälfte des Auffangstreitwerts festzusetzen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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