Medizinrecht

Anderweitige Unterbringung eines Pferdes

Aktenzeichen  W 8 S 20.1350

Datum:
1.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26040
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14, Art. 20a
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1 u 3
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Anordnung zur Duldung der durchgeführten Wegnahme sowie der anderweitigen Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung des vom Beigeladenen gehaltenen Pferdes, eines Hengstes namens „N.“. Die Antragstellerin gibt an, Eigentümerin des Pferdes zu sein.
1. Der Antragsgegner, vertreten durch das Landratsamt S., Veterinäramt, kontrollierte die Haltung des streitgegenständlichen Pferdes beim Beigeladenen ab Februar 2016 (bis Mai 2020) und monierte in der Folgezeit die Einzelhaltung, die ungeeignete Koppel, die Anmeldung der Pferdehaltung, die Hufpflege, die Einzäunung, den Witterungsschutz und den Ernährungszustand. Trotz entsprechender Ansprachen und Anschreiben an den Beigeladenen als Halter sowie mehrerer Auflagenbescheide stellte sich keine grundlegende Verbesserung der Haltungsverhältnisse ein. Zwangsgelder wurden wiederholt angedroht und fällig. Im Jahr 2019 erging ein Bußgeldbescheid wegen der Hufpflege.
Schließlich erließ der Antragsgegner gegen den beigeladenen Halter mit Datum vom 13. Mai 2020 einen Bescheid zur Wegnahme des Pferdes sowie ein Haltungsverbot. Am 25. Mai 2020 erfolgten die Wegnahme und die anderweitige Unterbringung des Pferdes.
Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2020 ließ der Beigeladene Klage gegen den Bescheid vom 13. Mai 2020 erheben, über die noch nicht entschieden ist (vgl. W 8 K 20.784). Die Antragstellerin wurde zu diesem Verfahren mit Beschluss vom 24. Juli 2020 beigeladen.
Die Antragstellerin verschaffte sich mit einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts vom 14. August 2020 Zugang zu dem Pferd.
Mit Bescheid vom 15. September 2020 verpflichtete das Landratsamt S., Veterinäramt, nach kurzfristiger Anhörung die Antragstellerin, die durch Bescheid vom 13. Mai 2020 angeordnete und am 25. Mai 2020 durchgeführte Wegnahme, anderweitige Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung des durch den Beigeladenen gehaltenen Pferdes „N.“ zu dulden (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 2). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage auch für eine Duldungsanordnung sei § 16a TierSchG. Die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG seien gegeben. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses gegenüber dem Beigeladenen sowie zum Zeitpunkt der Wegnahme des Pferdes sei das Veterinäramt davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beigeladenen um den Eigentümer des Pferdes handele. Für die Beurteilung von Pferdehaltungen seien neben den Vorgaben des § 2 TierSchG die durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz veröffentlichten Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten heranzuziehen, die in ihrer Funktion als Obergutachten Gesetzescharakter hätten und damit verbindliche Vorgaben enthielten. Die zahlreichen vor Ort vorgefundenen Mängel hätten zum Bescheid vom 13. Mai 2020 gegen den Beigeladenen geführt. Im Rahmen der Duldungsverfügung sei aufgrund des Sinn und Zwecks zu prüfen, ob der Eigentümer im Fall der Rückgabe der Tiere an ihn in der Lage wäre, eine tierschutzgerechte Haltung des Tieres zu gewährleisten. Nach fachlicher Beurteilung der zuständigen Amtstierärzte beim Veterinäramt S. sei die Antragstellerin nicht in der Lage, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung des Hengstes „N.“ sicherzustellen. Weder eigneten sich die von der Antragstellerin vorgetragenen Unterbringungsmöglichkeiten zur Unterbringung des Pferdes, noch sei die Antragstellerin selbst in der Lage, eine dem § 2 TierSchG entsprechende Haltung und Betreuung des Pferdes sicherzustellen. Die Antragstellerin habe vor ca. zwei Jahren die Pferdehaltung aufgegeben. Die Stallungen befänden sich an ihrer Wohnadresse. Die Koppeln seien knapp 1 km vom Wohnanwesen mit den Stallungen entfernt. Während des Sommerhalbjahres wäre dort eine dauerhafte Haltung des Pferdes (mit dem erforderlichen Beistell-Pferd) zwar grundsätzlich möglich. Für eine Haltung während des Winterhalbjahres, wo in jedem Fall ein Witterungsschutz gegen Niederschläge und auskühlende Winde in Form eines Stalles oder eines Unterstandes erforderlich sei, eigneten sich die Koppeln allerdings keinesfalls. Da an den Stallungen keinerlei Koppel und Auslauf vorhanden sei, komme dieser Standort für eine Dauerhaltung nicht in Frage. Bereits früher gehaltene Pferde hätten im Winterhalbjahr ausschließlich im Stall gestanden. Wegen des schwierigen Charakters könne „N.“ nicht den langen Weg entlang der Straße geführt werden, insbesondere auch aufgrund der durch den intensiven Fahrzeugverkehr bestehenden erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Ein tägliches Verbringen sei im Übrigen auch bei der früheren Pferdehaltung nicht realisiert worden. Ein täglicher An- und Abtransport des Pferdes (sowie des erforderlichen Beistell-Pferdes) im Transportanhänger sei wegen der damit verbundenen Transportbelastungen aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht akzeptabel und aus praktischen Erwägungen ohnehin nicht glaubhaft. Aufgrund dessen, dass die Antragstellerin die Pferdehaltung vor zwei Jahren aufgegeben habe, sei ihr auch eine Vergesellschaftung des Hengstes nicht möglich. Weiterhin habe die Antragstellerin während eines Kontrolltermins in der Katzenarche den Kontrolleuren vor Ort mitgeteilt, dass sie mit einer weiteren Tierhaltung überfordert wäre. Sie habe bereits bei Kontrollen am 9. August 2019 und am 21. Juli 2020 gegenüber den zuständigen Amtstierärzten angegeben, dass sie aus gesundheitlichen und körperlichen Gründen kaum in der Lage sei, die Katzen der Katzenarche zu versorgen. Bei „N.“ handele es sich jedoch um einen Hengst, mit dem nur sehr erfahrene Pferdehalter umgehen könnten. Das Pferd sei sehr sensibel und ängstlich. Dies führe zu aggressivem Verhalten. Die von der Antragstellerin betriebene Pferdehaltung habe bereits seit dem Jahr 2010 Mängel aufgewiesen. Darüber hinaus habe sich die Antragstellerin – trotz des behaupteten Eigentums – in den vergangenen Jahren offensichtlich nicht um das Pferd gekümmert und bestehende tierschutzrelevante Sachverhalte nicht erkannt und auch nicht die Notwendigkeit für ein Einschreiten gesehen. Sie habe kein Interesse an der Haltung und Unterbringung und Pflege des Pferdes „N.“ gehabt. Zudem sei bei einer Herausgabe an die Antragstellerin zu befürchten, dass sie das Pferd wieder an den Beigeladenen zurückgebe. Von der Möglichkeit, einen anderen geeigneten Tierhalter zu benennen, habe die Antragstellerin keinen Gebrauch gemacht. Die Duldungsanordnung sei auch verhältnismäßig, um langfristig eine den Anforderungen des § 2 TierSchG tierschutzgerechte Haltung des Pferdes zu gewährleisten. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Rechtsposition der Antragstellerin stehe nicht außer Verhältnis zum Zweck der Wegnahme, pfleglichen Unterbringung und Veräußerung des Hengstes „N.“. Im vorliegenden Fall überwiege das öffentliche Interesse an der Vollziehung das Interesse der Antragstellerin. Die zeitnahe Wegnahme und anderweitige Unterbringung des Pferdes sei aufgrund des festgestellten erheblichen Vernachlässigungszustandes dringend erforderlich gewesen, um schnellstmöglich artgerechte Zustände herzustellen. Dies gelte gleichermaßen für die geplante Veräußerung des Pferdes, da bei der Fortdauer der Unterbringung erhebliche Kosten anfallen würden. Dies gerade auch vor dem Gesichtspunkt, dass es sich bei dem Pferd um einen 28-jährigen Hengst handele, für den kein Erlös bzw. nur ein sehr geringer Erlös zu erwarten sei und der die Unterbringungs- bzw. Pflegekosten unterschreiten würde. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens müsse daher das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage zurücktreten. Würde nämlich die sofortige Vollziehung nicht angeordnet, so würde zudem die Gefahr bestehen, dass das Pferd wiederholt unter einer nicht artgerechten Haltung leide. Zudem diene die Beseitigung der rechtswidrigen Zustände auch der präventiven Vorsorge.
2. Am 18. September 2020 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 20.1349 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und gleichzeitig im vorliegenden Verfahren beantragen:
1a. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 16. September 2020 wird entgegen Ziffer 2 des Bescheides des Landratsamts S. – Veterinäramt – vom 15. September 2020, Az.: …, wiederhergestellt.
2a. Die bereits vollzogene Anordnung auf Duldung der Wegnahme, anderweitigen Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung des Pferdes N., Lebens-Nr.: … … …, aus Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides des Landratsamtes S. – Veterinäramt – vom 15. September 2020, Az.: …, wird aufgehoben (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO).
Zur Antragsbegründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragstellerin sei ausweislich einer Eigentumsurkunde sowie eines Sicherungsvertrages Eigentümerin des Pferdes „N.“, Geburtsdatum 1992. Der Bescheid sei formell rechtswidrig, weil keine ausreichende Anhörungsfrist gewährt worden sei. Das Anhörungsschreiben sei am 26. August 2020 eingegangen. Frist sei bis 31. August 2020, 12:00 Uhr, gewesen. Das Veterinäramt S. habe in der Vergangenheit Verstöße der Antragstellerin gegenüber nicht bescheidmäßig festgestellt. Die Antragstellerin sei langjährige Pferdehalterin mit mehr als 20-jähriger Erfahrung. Mängel in der Pferdehaltung der Antragstellerin seien nicht nachgewiesen, sondern Behauptungen ins Blaue hinein. Weiter werde bestritten, dass die Antragstellerin gegenüber den Amtstierärzten behauptet habe, sie könne die Pferdehaltung aufgrund körperlicher Defizite nicht weiterführen. Selbst wenn, hätte die Antragstellerin jederzeit die Möglichkeit, auf ein großes Portfolio von Helfern zurückzugreifen, die sich jederzeit aufopferungsvoll um das Pferd und seine Bedürfnisse kümmern könnte. Hierbei handele es sich um Personen, die stets bei der Betreuung der Tiere, die sich in der Obhut der Antragstellerin befänden, unterstützend zur Seite gestanden hätten und zum größten Teil auch selbst Pferdehalter seien oder gewesen seien. Durch die jetzige Wegnahme des Pferdes und der Unterstellung sei dem Pferd die Weidesaison nahezu vollständig genommen worden. Das Pferd hätte bei der Antragstellerin nunmehr die Chance, die restlichen Monate in einer unbedenklichen Haltung im Freien die restliche Weidesaison zu Ende zu bringen und sich den nötigen Winterspeck anzufressen. Ein Beistell-Pferd sei vorrätig. Soweit das Veterinäramt das Haltungsverbot bei der Antragstellerin auf deren gesundheitlichen Zustand stütze, sei dies ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine Pferdehaltung könne nicht untersagt werden, wenn die Behörde einerseits die behaupteten Grunderkrankungen nicht genau benennen könne, andererseits die betroffene Person in der Lage sei, eine artgerechte Haltung des Tieres durch die Zuhilfenahme Dritter sicherzustellen. Das Veterinäramt habe weiter keine Alternativen gegenübergestellt. Das Veterinäramt gehe allein davon aus, dass es zu dem Transport des Tieres auf einen Gnadenhof in Polen und einer vorherigen Kastration keine Alternativen gebe. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht ersichtlich. Der Hengst sei schon gesprungen. Das bedeute, dass auch eine Kastration keine Gewähr dafür gebe, dass sich das Verhalten des Pferdes danach soweit angleichen würde, als dass es vergesellschaftet werden könnte. Das Veterinäramt halte es für erforderlich, einen 28-jährigen Hengst in Vollnarkose zu legen und zu kastrieren, wobei der Eintritt der erhofften Wirkung fraglich sei, nur um ihn dann sicherlich mehr als 900 km weit durch Deutschland nach Polen zu fahren, um ihn auf einen Gnadenhof zu stellen und somit der Antragstellerin jeden Zugang zu dem Pferd zu nehmen. Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit dies in Abwägung dazu, dass die Unterstellung bei der Antragstellerin zunächst probehalber möglich wäre, im Rahmen des Tierschutzrechts verhältnismäßig sein solle. Auch die Behauptung, die Antragstellerin könne keine artgerechte Haltung gewährleisten, sei eine Behauptung ins Blaue hinein. Genauso sei es mit der Behauptung, sie würde das Pferd an den Beigeladenen zurückgeben. Die Antragstellerin sei hinsichtlich der Handlungsfreiheit, dem Besitzrecht und ihrem Eigentum schutzwürdig und schutzbedürftig. Dieses Interesse überwiege das öffentliche Interesse daran, die Kosten der Unterbringung der Allgemeinheit aufzuerlegen. Das Veterinäramt habe nicht vorgetragen, inwieweit die Diskrepanz zwischen dem Wert des Pferdes und den bereits entstandenen Unterstellkosten bestehe. Zudem könnten die Kosten auch dem Beigeladenen auferlegt werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits aus formellen Gründen aufzuheben, da sie nicht ausreichend begründet sei. Nach § 80 Abs. 3 VwGO sei das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung darzulegen, da es sich grundsätzlich nicht schon aus den in der erlassenen Verfügung selbst reflektierenden Gründen ergeben könne. Der Antragsgegner habe lediglich pauschal auf die Begründung der angefochtenen Verfügung Bezug genommen und dies in einem einzigen Satz ausgeführt. Hieraus lasse sich aber nicht ableiten, warum gerade im konkreten Fall die sofortige Vollziehung besonders dringlich sein sollte. Die Angelegenheit sei dringlich. Auch der Antrag unter Ziffer 2a nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO sei begründet, da zu besorgen sei, dass der Antragsgegner bis zur Entscheidung im Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz das Pferd an einen anderen für die Antragstellerin erneut unbekannten Ort verbringe und dieses sogar veräußere. Damit würde die Antragstellerin gleichsam enteignet. Der Antragsgegner könnte bereits vollendete Tatsachen schaffen. Eine zwischenzeitlich erfolgte Vollziehung der Duldungsanordnung sei rückgängig zu machen.
3. Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 28. September 2020:
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Antragserwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anhörungsmangel liege nicht vor, er sei jedenfalls geheilt. Die Tatbestandsmerkmale nach § 16a TierSchG seien gegenüber der Antragstellerin erfüllt. Die Behörde brauche nicht abzuwarten, bis ein Verstoß gegen das Tierschutzrecht stattgefunden habe. Nach fachlicher Beurteilung der zuständigen Amtstierärzte sei die Antragstellerin nicht in der Lage, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung des Hengstes „N.“ sicherzustellen. Den erforderlichen Voraussetzungen könne die Antragstellerin – wie im Bescheid vom 15. September 2020 bereits ausführlich dargelegt – nicht Rechnung tragen. Die Antragstellerin habe sich in den vergangenen Jahren offensichtlich nicht um das Pferd gekümmert. In der Antragsbegründung sei nicht aufgezeigt worden, dass die Antragstellerin im Vorfeld der Tierwegnahme die Haltung und Betreuung des Pferdes „N.“ überprüft und nach ihren Möglichkeiten eine artgerechte Haltung angestrebt hätte. Seit 2016 seien immer wieder tierschutzrelevante Sachverhalte beim Beigeladenen festgestellt worden, eine Herausgabe des Pferdes an die Antragstellerin sei aber nicht erfolgt. Dass die Antragstellerin erst später von tierschutzrelevanten Verstößen beim Beigeladenen erfahren habe, bestätige wiederum das fehlende Interesse am Pferd „N.“. Offensichtlich gehe die Antragstellerin weiter davon aus, dass der Beigeladene ausreichend sachkundig und zuverlässig sei. Zudem werde daran festgehalten, dass die Antragstellerin während des Kontrolltermins am 21. Juli 2020 in der Katzenarche den Kontrolleuren vor Ort mitgeteilt habe, dass sie mit einer weiteren Tierhaltung überfordert wäre. Es seien keine konkreten Angaben über mögliche andere sachkundige Halter und Betreuer gemacht worden. Wie die Mithilfe durch andere Halter und Betreuer erfolgen könne, sei nicht konkret vorgetragen worden. Zudem sei von der Antragstellerin ausschließlich die Unterbringung von „N.“ im Anwesen der Antragstellerin in Aussicht gestellt worden. Es sei bereits ausführlich dargestellt worden, warum diese Haltungseinheit unzureichend und nicht geeignet für die Unterbringung des Hengstes „N.“ sei. Bis heute hätte die Antragstellerin keine weiteren geeigneten alternativen Unterbringungsmöglichkeiten aufgezeigt. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass keine Alternativen vorhanden seien. Die jetzige Unterbringung sei nur als kurzfristige Unterbringungsmöglichkeit gedacht gewesen. Das Landratsamt habe die in Betracht kommenden Alternativen gegeneinander abgewogen. Die Duldungsanordnung gegenüber der Antragstellerin sei geeignet und erforderlich, um dauerhaft eine tierschutzgerechte Haltung und Betreuung des Pferdes „N.“ sicherzustellen. Die Antragstellerin habe von der Möglichkeit, alternativ einen anderen Tierhalter zu benennen, nicht Gebrauch gemacht. Die Unterbringung bei der Tierschutzorganisation „Pro Animale“ sei aktuell alternativlos. Das Veterinäramt habe bei mehreren möglichen Tierhaltern nachgefragt, ob Unterbringungsmöglichkeiten bestünden. Die Tierschutzorganisation „Pro Animale“ habe als einzige eine Unterbringung auf einem geeigneten Gnadenhof angeboten. Am 16. September 2020 sei zudem ohne Erfolg eine Anfrage an die Regierung von Unterfranken gesandt worden mit der Bitte, bayernweit eine Unterbringungsmöglichkeit für den Hengst zu ermitteln. Das besondere Interesse einer sofortigen Vollziehung für den konkreten Einzelfall sei schriftlich begründet worden. Bei dem Pferd „N.“ handele es sich um einen 28-jährigen Hengst ohne Zuchtnachweis. Für diesen bestehe kein wirtschaftlicher Wert mehr. Durch jedes weitere Zuwarten bezüglich der Abgabe von „N.“ entstehe der Allgemeinheit aufgrund der anfallenden Unterbringungs- und Behandlungskosten ein wirtschaftlicher Schaden.
4. Mit Beschluss vom 21. September 2020 wurde der Halter des Hengstes zum Verfahren beigeladen. Er hat sich im Verfahren nicht geäußert Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten des Hauptsacheverfahrens W 8 K 20.1349 und des Verfahrens gegen den Beigeladenen W 8 K 20.784) sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheides vom 15. September 2020 ist zulässig. Des Weiteren kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im vorliegenden Fall im ausreichenden Maße schriftlich begründet. Maßgebend ist, dass der Antragsgegner mit seiner Begründung in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar hält. Im Tierschutzrecht ist in Bezug auf eine Veräußerungsanordnung als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend, wenn bei einem Zuwarten bis zur Bestandskraft die Unterbringungs- und Pflegekosten den zu erwartenden Erlös deutlich übersteigen würden (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 30, 35; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Auflage 2019, § 16a Rn. 23 m.w.N.). Der Antragsgegner hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass die Kosten der gegenwärtigen Unterbringung des Pferdes und die Kosten bei einer Fortdauer der jetzigen Unterbringung erheblich sein würden, zumal für den Hengst nur ein sehr geringer Erlös zu erwarten sei. Zudem sei die zeitnahe Wegnahme und anderweitige Unterbringung des Pferdes aufgrund des festgestellten erheblichen Vernachlässigungszustandes dringend erforderlich gewesen. Ohne die jetzige sofortige Vollziehung könnte dem Vollzug der Wegnahme und der Veräußerung ein rechtliches Hindernis entgegengesetzt werden. Des Weiteren ist in dem streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass die mit der Duldungsanordnung verbundenen Beeinträchtigungen der Rechtsposition der Antragstellerin nicht außer Verhältnis zum Zweck der Wegnahme stehe, der pfleglichen Unterbringung und Veräußerung des Hengstes. Damit hat der Antragsgegner auch die Interessen der Antragstellerin, einschließlich ihrer Eigentümerposition, hinreichend in seine Abwägung mit einbezogen. Infolgedessen ist der Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris; NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – RdL 2018, 80; OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – LKV 2018, 80).
Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung der Vorwegnahme der Hauptsache – voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die getroffene Regelung ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen.
Dass die Voraussetzungen der auf die Wegnahme, anderweitige Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung des streitgegenständlichen Pferdes „N.“ bezogenen Duldungsanordnung im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Antragsgegner im Bescheid vom 15. September 2020, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), zutreffend begründet und in seiner Antragserwiderung vom 28. September 2020 nachvollziehbar vertieft.
Rechtsgrundlage für die Duldungsverfügung ist § 16a TierSchG. Gemäß § 16a Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG kann die zuständige Behörde ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen. Ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern. Die Anordnungen können auch gegen den Eigentümer gerichtet sein, wenn sie zur Durchsetzung einer gegen den Halter erlassenen tierschutzrechtlichen Anordnung nötig sind, um die tierschutzwidrigen Bedingungen zu beseitigen. § 16a TierSchG bietet somit auch die Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer, soweit diese erforderlich ist, um bei der Vollstreckung von Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz etwa entgegenstehende private Rechte Dritter auszuräumen (VG Würzburg, B. v. 11.2.2019 – W 8 K 18.1040 – juris; VG München, B.v. 11.7.2000 – M 22 S 00.2921 – juris Rn. 27).
Die mit Bescheid des Landratsamtes S. vom 13. Mai 2020 gegenüber dem Beigeladenen erlassenen Anordnungen bezüglich des streitgegenständlichen Pferdes „N.“ sind infolge des behördlicherseits angeordneten Sofortvollzugs sofort vollziehbar. Die betreffende Klage W 8 K 20.784 hat keine aufschiebende Wirkung. Aufgrund der vom Veterinäramt festgestellten tierschutzwidrigen Verhältnisse in der Zeit von Februar 2016 bis 2020 ist dieser Bescheid bei summarischer Prüfung auch nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern im Gegenteil rechtlich voraussichtlich nicht zu beanstanden. Denn in den vorgelegten Behördenakten einschließlich der Unterlagen des Veterinäramts finden sich zahlreiche Gutachten, Stellungnahmen und Aktenvermerke sowie Lichtbilder, die die Feststellung der beamteten Tierärzte und deren Schlussfolgerungen dokumentieren und die in den Bescheid vom 13. Mai 2020 an den Beigeladenen eingeflossen sind. Dabei handelt es sich nicht um punktuelle Momentaufnahmen. Vielmehr reichen die zahlreichen, auf Vor-Ort-Kontrollen basierenden Feststellungen von Februar 2016 bis Mai 2020. Die Missstände sind über viele Monate und Jahre hindurch dokumentiert, ohne dass sich trotz wiederholter Auflagenbescheide, Zwangsgeldandrohungen und Fälligstellungen sowie auch eines Bußgeldbescheides grundlegende Verbesserung in der Pferdehaltung beim Beigeladenen eingestellt hat.
Im Rahmen der streitgegenständlichen Duldungsanordnung ist zu prüfen, ob die Eigentümerin nachweisen kann, dass sie sowohl willens als auch in der Lage ist, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere sicherzustellen (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 34; vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 21.7.2020 – W 8 S 20.877 – juris). Nach dem aktuellen Sachstand ist die Antragstellerin nicht in der Lage, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung des Pferdes sicherzustellen. Dabei muss die Tierschutzbehörde nicht sehenden Auges warten, bis dem Tier weitere erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden. Auch eine Abgabe bzw. Wegnahme bis hin zur Veräußerung ist hinzunehmen, wenn dies im Interesse des Tieres geboten ist (vgl. Metzger in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 231. EL Juli 2020, § 16a TierSchG Rn. 18 ff.; SächsOVG, B.v. 14.11.2017 – 3 B 290/17 – juris; vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 21.7.2020 – W 8 S 20.877 – juris).
Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 16. September 2020 und in seiner Antragserwiderung vom 28. September 2020 im Ergebnis überzeugend dargelegt, dass die Antragstellerin nach dem aktuellen Sachstand nicht in der Lage ist, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung des Pferdes sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere der auf amtstierärztlichen Annahmen beruhenden Stellungnahme der Antragsgegnerseite sowohl im streitgegenständlichen Bescheid als auch in der Antragserwiderung ist das Gericht nicht überzeugt, dass die Unterbringung des Hengstes „N.“ bei der von der Antragstellerin allein vorgeschlagenen Unterbringung bei sich zu Hause eine geeignete Alternative wäre. Die Antragstellerin hat insofern betreffend diese Unterbringungsmöglichkeit kein in sich stimmiges Konzept vorgelegt, geschweige denn substantiiert. Sie hat nur pauschal ohne weitere Konkretisierung darauf hingewiesen, dass ihr gegebenenfalls auch andere Leute helfen könnten. Jedoch fehlt es an belastbaren und konkreten Angaben über das Vorhandensein geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten gerade angesichts der Entfernung der Koppel von den Stallungen und der Verbindung über eine stark befahrene Straße, so dass dem Gericht nicht plausibel ist, wie bei einer Übergabe des Pferdes an die Antragstellerin eine dauerhafte artgerechte Unterbringung und Versorgung auf Dauer gewährleistet werden könnte (vgl. auch BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 9 CS 16.1539 – juris). Eine hinreichend verfestigte Stabilisierung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen müsste gewährleistet sein (vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2009 – 20 B 1748/08 – juris). Wäre aber bei einer Herausgabe zu befürchten, dass das Pferd erneut unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten würde, scheidet eine Herausgabe des Pferdes an die antragstellende Eigentümerin aus (vgl. VG Bayreuth, B.v. 11.12.2013 – B 1 E 13.384 – juris; vgl. auch VG Aachen, B.v. 9.3.2009 – 6 L 14/09 – juris sowie VG Würzburg, B. v. 11.2.2019 – W 8 K 18.1040 – juris; B.v. 12.11.2018 – W 8 K 18.1040 – juris B.v. 26.7.2018 – W 8 E 18.927 – juris). Unter diesen Vorzeichen scheidet auch eine probeweise Herausgabe an die Antragstellerin aus.
Dass eine Unterbringung bei der Antragstellerin insbesondere aufgrund der örtlichen und räumlichen Gegebenheiten nicht geeignet erscheint und dem Tierwohl nicht gerecht wird, haben der Antragsgegner und gerade seine beamteten Tierärzte plausibel dargelegt. Aufgrund der vorrangigen Beurteilungskompetenz der beamteten Tierärzte ist zu beachten, dass deren fachliche Beurteilung jedenfalls nicht durch schlichtes Bestreiten und auch nicht durch pauschale und unsubstantiierte gegenteilige Behauptungen entkräftet werden kann (Hirth/Maisack/Moritz, TierSchG 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 24 und 26).
Die Einschätzung der beamteten Tierärzte, denen vom Gesetzgeber ausdrücklich eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt ist, ist im Regelfall als maßgeblich anzusehen. Denn Amtstierärzte sollen als Sachverständige bei der Durchführung des Tierschutzgesetzes beteiligt werden (§ 15 Abs. 2 TierSchG). In dem einem exakten Nachweis nur begrenzt zugängigen Bereich einzelfallbezogener Wertungen kommt ihrer fachlichen Beurteilung besonderes Gewicht zu. Angesichts der hier von amtstierärztlicher Seite konkret dargelegten Hinderungsgründe genügen die schlichten gegenteiligen Einlassungen der Antragstellerseite nicht zur Rechtfertigung einer anderen Beurteilung. An die Äußerungen der Amtstierärzte sind dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sie müssen Tatsachen angeben und bewerten, die einzelfallbezogen den Schluss auf tierschutzwidrige Gegebenheiten tragen. Es geht um die verlässliche Absicherung der tierschutzrelevanten Beurteilung des Sachverhalts durch die Beteiligung eines beamteten Tierarztes bzw. einer beamteten Tierärztin, weil diese(r) hierzu besonders fachlich befähigt ist. Auch die Form eines Aktenvermerks sowie Lichtbilder können genügen. Von den amtstierärztlichen Feststellungen wäre – anders als hier – nur dann nicht auszugehen, wenn die Gutachten bzw. Feststellungen Mängel aufwiesen, die diese zur Sachverhaltsfeststellung ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend erscheinen lassen. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Gutachten unvollständig, widersprüchlich wäre oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausginge oder sich erhebliche Zweifel an der Sachkunde des Gutachters ergäben (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2020 – 23 ZB 20.1254 – juris; B.v. 14.7.2020 – 23 CS 20.1087 – juris; B.v. 6.7.2020 – 23 CS 20.383 – juris; B.v. 12.3.2020 – 23 CS 19.2486 – juris; SächsOVG, B.v. 11.6.2020 – 3 B 124/20 – juris sowie VG Würzburg, B.v. 29.1.2020 – W 8 S 20.160 – juris, jeweils m.w.N.).
Die vorliegend dargestellt vorrangige Beurteilungskompetenz bezieht sich auch auf die Beurteilung einer möglichen Alternative, wie sie von der Antragstellerseite für die Unterbringung des Pferdes „N.“ genannt ist.
Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Soweit die Antragstellerseite einen Anhörungsmangel geltend macht, ist festzuhalten, dass eine Anhörung gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und damit bis zum Abschluss des gegenwärtig noch anhängigen Hauptsachverfahrens nachgeholt werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 23 CS 20.383 – juris). Abgesehen davon hat die Antragstellerseite trotz der kurz gesetzten Frist schon im Behördenverfahren Stellung genommen und hatte dazu weiterhin die Möglichkeit, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ihre Ansicht zu vertiefen. Die Antragsgegnerseite hat zum Vorbringen der Antragstellerin sowohl in dem streitgegenständlichen Bescheid als auch in der Antragserwiderung jeweils ausführlich Stellung genommen.
Soweit die Antragstellerseite darauf verweist, dass die Antragstellerin gegebenenfalls mit Hilfe von weiteren Helfern eine tierschutzgerechte Unterbringung und Versorgung des Pferdes „N.“ gewährleisten könnte, sind diese Angaben zu vage und zu unbestimmt, gerade angesichts der von der Antragsgegnerseite vorwiegend monierten örtlichen und räumlichen Gegebenheiten. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
Darauf, ob die Antragstellerin womöglich aus gesundheitlichen oder anderen persönlichen Gründen nicht gewillt oder befähigt ist, eine tierschutzgerechte Haltung des Pferdes „N.“ sicherzustellen, kommt es für das Sofortverfahren nicht mehr entscheidungserheblich an.
Der Erlass der Duldungsanordnung war zweckdienlich und auch das verhältnismäßige Mittel, um dauerhaft und rechtlich einwandfrei die Veräußerung des Pferdes „N.“ ohne rechtliche Hindernisse an einen geeigneten Dritten zu ermöglichen und dessen dortigen Verbleib sicherzustellen.
Der vom Antragsgegner gewährte Vorrang des in Art. 20a GG verfassungsrechtlich verbürgten und in § 1 TierSchG sowie den übrigen Regelungen des TierSchG einfachgesetzlich niedergelegten öffentlichen Interesses des Tierschutzes ist gegenüber den privaten, sich insbesondere aus Art. 14 GG ergebenden grundrechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin nicht als unverhältnismäßig gewichtet anzusehen. Dabei konnten auch die derzeitigen Kosten der Unterbringung sowie die bei einer Fortdauer der Unterbringung bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens noch anfallenden Kosten berücksichtigt werden.
Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich, weil wie auch schon erwähnt eine probeweise Überlassung des Pferdes an die Antragstellerin nach den plausiblen Ausführungen des Antragsgegners unter Bezugnahme auf die Aussagen der Amtstierärzte nicht dem Tierwohl gerecht wird. Des Weiteren hat die Antragstellerin auch keine alternativen Unterbringungsmöglichkeiten konkret vorgebracht. Vielmehr hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung plausibel ausgeführt, dass er nach weiteren Alternativen gesucht, aber nur die einzige Alternative des Gnadenhofs in Polen gefunden hat. Auch der gegenwärtige – nur übergangsweise gedachte – Verbleib des Pferdes an der jetzigen Stelle entspricht auf Dauer nicht dem Tierwohl. Der Antragsgegner hat sich vorliegend ernsthaft mit milderen und weniger schwer in das Eigentum (Art. 14 GG) eingreifenden Alternativen befasst und diese ermessensfehlerfrei ausgeschlossen. So bleibt es bei der Feststellung, dass es an überzeugenden konkreten Angaben über eine geeignete und realistischer Weise auch kurzfristig umzusetzende anderweitigen Unterbringungsmöglichkeit fehlt, um auf Dauer eine artgerechte Unterbringung und Versorgung des Pferdes gewährleisten zu können. Auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Antragstellerin, insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 GG, sind keine geeigneteren milderen Mittel ersichtlich. Damit ist dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung tierschutzgerechter Zustände (§ 1 TierSchG, Art. 20a GG) der Vorrang vor dem privaten auch grundrechtlich geschützten Interesse der Antragstellerin einzuräumen.
Gesamtbetrachtet erscheint die streitgegenständliche Duldungsanordnung das einzige zweckdienliche und verhältnismäßige Mittel, um dauerhaft und rechtlich einwandfrei eine tierschutzgerechte Haltung und Betreuung des Pferdes „N.“ sicherzustellen.
Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung der im streitgegenständlichen Bescheid angeordneten Duldung ist im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Ermöglichung der Veräußerung des streitgegenständlichen Tieres geboten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffene Anordnung der Antragstellerin als Eigentümerin – auch unter Vorwegnahme der Hauptsache – auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Die Antragstellerin hat schon nicht dargetan, ob und welches Interesse sie an dem Hengst „N.“ hat, welches über die formelle Eigentümerstellung hinausgehen würde. Der materielle Wert des 28 Jahre alten Hengstes, der kein Zuchthengst ist, ist gering. Irgendwelche ideellen Interessen an dem Hengst „N.“ hat die Antragstellerin nicht vorgebracht. Insoweit ist auch anzumerken, dass sich die Antragstellerin jedenfalls ab Februar 2016 – dem Zeitpunkt, als das Veterinäramt die Haltungsmängel feststellte – bis zur Wegnahme des Hengstes im Mai 2020 beim Beigeladenen offenbar nicht um das Pferd „N.“ und dessen Wohlergehen gekümmert hat. Insgesamt besteht der Eindruck, dass sich die Antragstellerin primär auf die formelle zivilrechtliche Eigentümerposition beruft, ohne eine tierschutzgerechte Haltung des Pferdes gewährleisten zu können. Die Antragstellerin hat kein triftiges vorrangiges Eigeninteresse genannt, wobei selbst emotionale Bindungen kein Verstoß gegen tierschutzrechtliche Vorschriften rechtfertigen könnten. Unter diesen Vorzeichen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Sicherstellung einer den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Tierhaltung durch die Antragstellerin ist wie ausgeführt – nach ihrem bisherigen Vorbringen – nicht zu erwarten. Durch die anderweitige pflegliche Unterbringung des Pferdes durch das Veterinäramt sind Unterbringungskosten entstanden, die einen zu erwartenden Verkaufserlös zu Lasten der Allgemeinheit übersteigen, erst recht, wenn die Unterbringung noch deutlich länger fortdauert. Nicht zuletzt liegt es im Interesse des Tierwohls des Pferdes „N.“, möglichst dauerhaft an eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit abgegeben zu werden. Für die vom Antragsgegner vorgeschlagene Lösung sprechen die eindeutigen amtstierärztlichen Feststellungen, nachdem in der Vergangenheit zahlreiche mildere Maßnahmen und Ansprachen gegenüber dem Beigeladenen nicht gefruchtet haben und alternative Möglichkeiten nicht gegeben sind, insbesondere – wie ausgeführt – eine Abgabe des Pferdes an die Antragstellerin keine dauerhafte tierschutzgerechte Lösung beinhaltet. Gerade angesichts des mit Verfassungsrang ausgestatteten Tierwohls gemäß Art. 20a GG überwiegt das Interesse an einer dauerhaften tierschutzgerechten Unterbringung ohne weitere deutliche Verzögerungen. Der durch Art. 20a GG im Verfassungsrang stehende Tierschutz ist ein gewichtiges Gemeinschaftsgut im öffentlichen Interesse. Den Grundrechten der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 1 und 14 GG steht das Tierwohl, das ebenfalls durch das Grundgesetz geschützt ist, entgegen.
Nach alledem war auch keine weitere gerichtliche Anordnung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten mangels Antragsstellung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG. Das Gericht hält einen Streitwert von 1.000,00 EUR für sachgerecht. Zwar hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren keine weiteren konkreten Anhaltspunkte zu der für sie ergebenden Bedeutung der Sache gemacht. Der Antragsgegner hat jedoch wiederholt auf den geringen Wert des Pferdes „N.“ hingewiesen. Indes hat der Beigeladene im Verfahren W 8 K 20.784 bezüglich des Streitwerts den Betrag von 1.000,00 EUR genannt. Das Gericht legt diesen Streitwert von 1.000,00 EUR in voller Höhe zugrunde, weil die Entscheidung in der Sache die Hauptsache vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).


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