Medizinrecht

Anordnung einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit

Aktenzeichen  2 M 162/21

Datum:
21.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0121.2M162.21.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Die Ausländerbehörde hat vor Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG (juris: AufenthG 2004) stets sorgfältig zu prüfen, ob dies zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen nach ausländerrechtlichen Regelungen verhältnismäßig, das heißt geeignet, erforderlich und angemessen ist. Ist dies zu bejahen, hat die Ausländerbehörde darüber hinaus das ihr eingeräumte Ermessen auszuüben und dabei insbesondere Fragen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen.(Rn.1)
2. Die Vorschrift des § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG (juris: AufenthG 2004) verlangt nicht, dass eine ärztliche Untersuchung in der Ausländerbehörde stattzufinden hat.(Rn.1)

Verfahrensgang

vorgehend VG Magdeburg 3. Kammer, 2. Dezember 2021, 3 B 356/21 MD, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg – 3. Kammer – vom 2. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Anordnung des persönlichen Erscheinens in der Ausländerbehörde zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung.Die Antragstellerin ist armenische Staatsangehörige und betrieb mit ihrem Ehemann und den im Bundesgebiet geborenen Sohn als vorgeblich irakische Staatsangehörige ein Asylverfahren. Die Asylanträge der Antragstellerin und ihres Ehemannes lehnte das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 27. August 2010 ab. Das Asylverfahren des Kindes wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 2. Februar 2011 wegen Nichtmitwirkung eingestellt. Nachdem dem Bundesamt die armenische Staatsangehörigkeit der Familie bekannt geworden war, stellte es in einem Wiederaufgreifensverfahren von Amts wegen mit Bescheid vom 17. September 2020 fest, dass im Hinblick auf die Antragstellerin und ihren Ehemann Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen. Die mit Bescheid vom 27. August 2010 erlassene Abschiebungsandrohung wurde dahingehend konkretisiert, dass ihnen die Abschiebung nach Armenien angedroht wird. In der Begründung führte das Bundesamt u.a. aus, zwar sei zu unterstellen, dass die Antragstellerin an einer paranoiden Schizophrenie leide, auch wenn die vorgelegten Atteste nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG entsprächen. Diese Erkrankung könne aber in Armenien behandelt werden, und die Behandlung sei dort kostenlos. Über die hiergegen am 12. Oktober 2020 erhobene Klage der Antragstellerin und ihres Ehemannes (3 A 232/20 MD) ist noch nicht entschieden. In diesem Verfahren legte die Antragstellerin ein fachärztliches Attest der Fachärztin für Psychiatrie/Suchtmedizin Dr. J. vom 29. Oktober 2020 vor. Hiernach leide die Antragstellerin an einer paranoiden Schizophrenie mit deutlicher Chronifizierung. Sie sei mit mehreren antipsychotisch wirkenden Medikamenten in hoher Dosis und einem angstlösenden Antidepressivum in hoher Dosis gut eingestellt. Ein Austausch der Präparate sei keinesfalls möglich und auch nicht ratsam, da dies zu einer akuten Exacerbation der Psychose führen würde. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei zu keinem Zeitpunkt diagnostiziert worden, auch ergebe sich hierfür keinerlei Anhalt. Sollte die Antragstellerin in ihr Heimatland zurückkehren, müsse in jedem Fall zwingend geprüft werden, inwiefern eine Behandlung mittels der benannten Medikamente in ausreichender Dosierung gegeben sei. Auch eine regelmäßige fachspezifische Begleitung sollte sichergestellt sein. Sollte die Behandlung nicht unverändert fortgeführt werden, sei mit einer massiven psychotischen Exacerbation zu rechnen; bei der Symptomatik der Antragstellerin sei dann ein Suizidversuch nicht auszuschließen.Am 31. März 2021 wurden die Antragstellerin, ihr Ehemann und ihr Sohn um 2 Uhr nachts von der Polizei zu Hause abgeholt, um sie nach Armenien abzuschieben. Die Abschiebung der Antragstellerin wurde wegen akuter Suizidalität abgebrochen. In einem Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin L. vom 20. Mai 2021 über den psychischen Befund der Antragstellerin am 31. März 2021 wurde der Abschiebeversuch dahingehend beschrieben, dass mindestens 10 SEK-Angehörige in “voller Kampfausrüstung” anwesend gewesen seien. Da die Antragstellerin im Rahmen der versuchten Abschiebung suizidal geworden sei und sich deshalb zwei Küchenmesser an den Hals gehalten und mit einem Brotmesser herumgefuchtelt habe, habe – nach Angaben der Antragstellerin – ein SEK-Beamter eine Schusswaffe auf sie gerichtet. Sie – die Psychologin – sei von der Schwester der Antragstellerin zu der Abschiebung hinzugeholt worden, und es sei ihr gelungen, die Antragstellerin durch deeskalierende Maßnahmen dazu zu bewegen, die Messer abzulegen und den Balkon zu verlassen. Die Antragstellerin sei daraufhin in der Akutpsychiatrie der S-GmbH in A-Stadt untergebracht worden. Der Ehemann und der Sohn der Antragstellerin wurden (gleichwohl) abgeschoben.Einen von der Antragstellerin, ihrem Ehemann und ihrem Sohn gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die bereits in Gang gesetzte aufenthaltsbeendende Maßnahme unverzüglich zu beenden und ihm für die Zukunft aufzugeben, solche zu unterlassen, jedenfalls bis über die Klage im Verfahren 3 A 232/20 MD abschließend entschieden worden ist, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. März 2021 (3 B 85/21 MD) ab. Auf die Beschwerde u.a. der Antragstellerin verpflichtete der Senat den Antragsgegner mit Beschluss vom 15. Juni 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung, die Abschiebung der Antragstellerin vorläufig zu unterlassen, solange er kein (fach-)ärztliches Gutachten darüber eingeholt hat, ob aufgrund der Abschiebung der Antragstellerin die Gefahr besteht, dass sich ihr Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert oder suizidale Handlungen drohen, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann. Zur Begründung führte der Senat u.a. aus, es bestünden erhebliche Zweifel an der Reisefähigkeit der Antragstellerin, so dass insoweit weiterer Aufklärungsbedarf bestehe. Diese Zweifel ergäben sich zunächst daraus, dass die Antragstellerin bei dem Abschiebeversuch am 31. März 2021 tatsächlich suizidal geworden sei und deshalb in der Psychiatrie habe untergebracht werden müssen. Ergänzend ergebe sich aus dem fachärztlichen Attest der Fachärztin für Psychiatrie/Suchtmedizin Dr. J. vom 29. Oktober 2020 für den Fall einer Rückführung der Antragstellerin nach Armenien die Erforderlichkeit der Prüfung, inwiefern die Fortführung der Behandlung mittels der benannten Medikamente in ausreichender Dosierung und eine regelmäßige fachspezifische Begleitung sichergestellt seien. Hierzu bedürfe es aufgrund der Suizidalität der Antragstellerin der Übergabe an hinreichend qualifiziertes Personal im Zielstaat der Abschiebung. Darüber hinaus sei eine individuelle und hinreichende Zusicherung des Zielstaats notwendig, dass eine hinreichende medizinische Versorgung im Zielstaat der Abschiebung sichergestellt sei.Daraufhin beauftragte der Antragsgegner den Diplompsychologen, Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychiatrie, Betriebsmedizin, Reise- und Tropenmedizin, Flugmedizin, Verkehrsmedizin und Sozialmedizin A. Sch., der bei dem Polizeieinsatz am 31. März 2021 (zeitweise) anwesend war, mit der Begutachtung der Reisefähigkeit der Antragstellerin. Das am zweiten Untersuchungstermin am 13. Juli 2021 in der Ausländerbehörde begonnene Gespräch musste der Gutachter aufgrund gesundheitlicher Probleme der Antragstellerin abbrechen. In seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2021 kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie (F 20.0 ICD-10) leide, jedoch nach seiner Einschätzung reisefähig und transportfähig vom Aufenthaltsort bis an den Zielort sei. Angesichts des langjährigen und chronifizierten Krankheitsbildes sei kein erhöhtes Risiko dafür erkennbar, dass sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin wesentlich verschlechtern werde, sondern sich entweder auf dem seit 10 Jahren beschriebenen Weg fortentwickeln oder auch zu einem nicht vorhersehbaren Zeitpunkt zum Stillstand kommen könne. Es sei sicherzustellen, dass eine medikamentöse Behandlung im Heimatland gewährleistet sei. Es sei auch zu überprüfen, ob das armenische Gesundheitssystem fachspezifische Behandlungsmöglichkeiten für diese Erkrankung vorhalte, die der Antragstellerin dann auch zugänglich seien. Auch wenn sich die Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und chronisch paranoiden Schizophrenie partiell überschneiden könnten, kämen drei fachärztliche Diagnostiker zu einem gleichen diagnostischen Ergebnis. Die Suizidalität von schizophrenen Patienten sei gegenüber der “Durchschnittsbevölkerung” um das 8 bis 12-fache erhöht. Frühere Suizidversuche in der Biografie der Betreffenden erhöhten die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung. Suizidversuche würden von der Statistik nicht systematisch erfasst. Dies erlaube jedoch keine Prognose im Einzelfall. Es fänden sich in den Unterlagen keine Hinweise auf suizidale oder parasuizidale Handlungen der Antragstellerin, was nicht bedeute, dass ein derartiges Risiko nicht grundsätzlich für sie bestehe. Unter der Abwägung der möglichen Risiken komme der Gutachter zu dem Schluss, dass mehr für eine erweiterte Reisefähigkeit spreche als dagegen.Unter Datum vom 1. September 2021 erstellte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Z. nach Durchführung eines Gesprächs mit der Antragstellerin am 26. August 2021 eine weitere fachärztliche Stellungnahme. Die Ärztin diagnostizierte eine paranoide Schizophrenie sowie eine PTBS. Sie kam ferner zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin derzeit nicht reisefähig sei. Im schlimmsten Fall könne sie einen Suizidversuch machen und auf einer geschlossenen Station landen. Sie habe sich in einem Gespräch dahingehend geäußert, ihr sei es lieber, nicht mehr zu leben, wenn sie nach Armenien zurückkehren solle. Falls die Antragstellerin nach Armenien zurückkehre, brauche sie ständige Kontrolle bei einem Facharzt für Psychiatrie. Auf den Hinweis des Antragsgegners, dass die Stellungnahme nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG erfülle und einige Punkte unbeantwortet lasse, ergänzte die Fachärztin ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 24. September 2021 u.a. wie folgt: Die bei der Antragstellerin zu beobachtende Symptomatik spreche für eine schwere Form von schizophrener Erkrankung. Die Antragstellerin sei zurzeit nicht reisefähig, weil ihr psychischer Zustand nicht stabil sei. Einerseits äußere sie ganz deutlich Suizidgedanken, andererseits sei das Risiko von katonem Stupur der Schizophrenie bei Stress sehr groß. Wenn sie einen katonen Stupur (lebensbedrohlicher Zustand mit sehr hohem Fieber) im Flugzeug bekomme, benötige sie Reanimation (Minimum zwei Vene-Kanülen und Tropf) und schnell möglichst elektrokonvulsive Therapie; andernfalls sei das Risiko zu sterben, sehr groß. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung könne die Antragstellerin die Abschiebung nach Armenien psychotisch interpretieren. Es könne sein, dass sie Eigen- und Fremdgefährdung entwickle, provoziert von psychotischen, paranoiden Gedanken. Im Falle einer Eigengefährdung werde sie versuchen sich umzubringen. Im Falle von Fremdgefährdung werde sie verbal und körperlich aggressiv gegen über Menschen in ihrer Umgebung.Im einem weiteren beim Verwaltungsgericht geführten Verfahren (3 A 105/21 MD), mit dem die Antragstellerin und ihr Ehemann den Antragsgegner verpflichten wollen, dem Ehemann und dem Sohn der Antragstellerin eine konkrete Wiedereinreisemöglichkeit auf Kosten des Antragsgegners zu ermöglichen, legte die Antragstellerin dem Verwaltungsgericht am 16. November 2021 ein psychologisch-psychotraumatologisches Gutachten des Zentrums für Trauma- und Konfliktmanagement in K-Stadt (ZTK) vom 27. Oktober 2021 vor, das von dem Diplompsychologen T. in eigenem Namen und zugleich “in Vertretung” für den Diplompsychologen S. und den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. unterschrieben ist und das dem Antragsgegner am 19. November 2021 mit der Bitte um zeitnahe Stellungnahme bis zum 20. Dezember 2021 übersandt wurde. Darin wurde als Gesamtbefund eine kontinuierliche paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Weiter sei von einer posttraumatischen Teilsymptomatik auszugehen. Zur Diagnosevergabe einer PTBS im Vollbild sei das Ereigniskriterium nicht mit genügender Sicherheit nachzuweisen, ein strukturiertes Vorbringen biografischer Situationen sei der Antragstellerin nicht möglich gewesen. Die Rückführung in ihr Herkunftsland würde die Antragstellerin erheblich destabilisieren. Sie würde den Verlust der gegenwärtigen familiären Beziehungen, der Behandlungskontakte sowie des gewohnten Lebensumfelds bedeuten. Um diesen äußeren Ressourcen- und Strukturverlust zu kompensieren verfüge die Antragstellerin nicht über ausreichende eigene Bewältigungsmöglichkeiten. Es käme unter Berücksichtigung des aktuell geringen Grades der Stabilisierung sehr wahrscheinlich zu einer krisenhaften Zuspitzung der psychotischen Symptomatik. In diesem Rahmen wäre auch das Risiko unkontrollierter Reaktionen auf die halluzinatorische Symptomatik, einschließlich selbstgefährdender Handlungen, deutlich erhöht. Die Auswirkungen auf die posttraumatische Symptomatik könnten aufgrund der dargelegten Kenntnislücken nicht anhand spezifischer Triggerreize prognostiziert werden. Das schlichte Vorliegen dieser Begleitsymptomatik könne indes als weiterer destabilisierender Faktor gewertet werden. Der im Fall einer Rückkehr wieder mögliche Kontakt zu Mann und Sohn hätte angesichts der Vielzahl und Intensität von Belastungsfaktoren nur einen geringfügigen positiven Effekt. Die insgesamt erwartbare Verschlimmerung müsste zeitnah und in erheblichem Ausmaß erwartet werden und könnte aufgrund fehlender Behandlungsvoraussetzungen nicht mit genügender Sicherheit von einem örtlichen Behandlungsangebot (sofern ein solches vorhanden und für die Antragstellerin erreichbar) aufgefangen werden. Selbst im Fall einer gelingenden Verhinderung von Eigengefährdungen, etwa durch Zwangsmaßnahmen, müsste aufgrund der massiven Stresseinwirkung eine substanzielle Verschlechterung im Vergleich zur aktuell bereits deutlich suizidalen Tendenz nochmals höherem Suizidrisiko erwartet werden.Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 26. November 2021 ordnete der Antragsgegner gemäß § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das persönliche Erscheinen der Antragstellerin und Dulden der Durchführung einer ärztlichen Untersuchung/Begutachtung zum Zwecke der Prüfung ihrer Reisefähigkeit an, die am 4. Dezember 2021 in der Ausländerbehörde des Antragsgegners erfolgen sollte, und drohte der Antragstellerin für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung die zwangsweise Vorführung ohne nochmalige Vorladung an. Zur Begründung führte er u.a. aus, nach der Begutachtung durch den Psychologen und Facharzt Sch., der die Reisefähigkeit der Antragstellerin festgestellt habe, habe diese sich am 12. Juli 2021 absichtlich oberflächliche Schnittverletzungen zugefügt und sei daraufhin im S-Fachklinikum in A-Stadt stationär behandelt worden. Aufgrund dieses Vorfalls habe er eine erneute (fach-)ärztliche Begutachtung der Antragstellerin veranlasst, um ihre Reisefähigkeit zu überprüfen. Das am 1. September 2021 von der Fachärztin B. angefertigte Gutachten habe Lücken aufgewiesen, und auch die abgeforderte Ergänzung sei inhaltlich mangelhaft. So sei etwa ein Teil der ursprünglichen Diagnose weggefallen. Ferner seien mehrfach Zeiträume und Behandlungsmethoden angeführt, die nicht hätten belegt werden können bzw. offensichtlich falsch seien. Aufgrund der gehäuften inhaltlichen Widersprüche sei das Gutachten nicht abschließend zur Feststellung der aktuellen Reise- und Transportfähigkeit der Antragstellerin geeignet. Daher sei eine erneute fachärztliche Untersuchung organisiert worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete der Antragsgegner im Wesentlichen damit, dass die Anordnung der Reisefähigkeitsuntersuchung ihres wesentlichen Ziels (zeitnahe Aufenthaltsbeendigung bei Reisefähigkeit) beraubt würde, wenn trotz Ausreiseverpflichtung und fehlender Mitwirkung bei der erforderlichen Untersuchung für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens ein Bleiberecht konstruiert würde. Weiterhin sei im Interesse der Allgemeinheit ein sparsamer Einsatz öffentlicher Mittel angezeigt. Im Hinblick auf die am 31. März 2021 durchgeführte Familientrennung und die jetzt schon über 7-monatige Trennung von Ehemann und Kind würde ein Zuwarten bis zur Bestandskraft und Rechtskraft dieser Verfügung die zeitnahe Familienzusammenführung erschweren. Die fachärztliche Untersuchung und alsbaldige Familienzusammenführung seien auch im Interesse der Antragstellerin.Gegen die Anordnung vom 26. November 2021 erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2021 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.Mit dem angegriffenen Beschluss vom 2. Dezember 2021 hat das Verwaltungsgericht auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs wiederhergestellt und zur Begründung u.a. ausgeführt:Eine erneute Begutachtung der Antragstellerin zum Zweck der Überprüfung der Reisefähigkeit auf Grundlage des § 82 Abs. 4 S. 1 AufenthG sei nicht erforderlich, da jedenfalls mit dem psychologisch-psychotraumatologischen Gutachten des ZTK vom 27. Oktober 2021 in Verbindung mit den anderen vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen eine hinreichende Grundlage zur Feststellung der Reisefähigkeit der Antragstellerin im Falle einer Abschiebung vorliege. Die (zwangsweise) Anordnung einer weiteren ärztlichen Untersuchung sei nicht verhältnismäßig und der Antragstellerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht zuzumuten. Da der Antragsgegner in seiner Verfügung dieses neue Gutachten nicht berücksichtigt habe und aus nicht nachvollziehbaren Gründen keinerlei Erwähnung finde, bestünden bereits Zweifel daran, ob der Antragsgegner sein Ermessen überhaupt ordnungsgemäß ausgeübt habe. Das an den Antragsgegner am 19. November 2021 absandte Gutachten dürfte bei Annahme normaler Postlaufzeiten zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides am 26. November 2021 dort vorgelegen haben. Gegenteiliges sei nicht bekannt.Soweit der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung auf das Gutachten eingehe und insoweit die Ermessenserwägungen nachschiebe, folge das Gericht dem nicht. Nicht überzeugend sei der Einwand des Antragsgegners, es handele sich nicht um ein ärztliches Gutachten im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG, da sich auf Seite 65 des Gutachtens ausschließlich die Unterschriften des Dipl.-Psych. T. befänden, welcher für die übrigen Beteiligten, den Diplom-Psychologen S. und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R., in Vertretung unterzeichnet habe. So spreche gerade der Umstand, dass in Vertretung für den Facharzt unterzeichnet worden sei, dafür, dass dieser an der Erstellung des Gutachtens beteiligt gewesen seien. Anderenfalls wäre eine Ableistung von drei Unterschriften, zwei hiervon in Vertretung, gänzlich entbehrlich gewesen, und die Unterzeichnung hätte ausschließlich durch den Diplom-Psychologen T. ohne Nennung weiterer Personen erfolgen können. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten manipulativ zustande gekommen sei, bestünden nicht. Im Übrigen würde es der Berücksichtigung dieses Gutachtens nicht entgegenstehen, wenn es nur von dem unterzeichnenden Diplom-Psychologen, nicht aber von einem (Fach-)Arzt erstellt worden wäre. Auch wenn die fachliche Qualifikation eines Psychologen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Substantiierung einer PTBS nicht ausreichen solle, sei das Gericht – wie auch die Ausländerbehörde – nicht gehindert, das ausführliche und den Kriterien des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG entsprechende Gutachten zu berücksichtigen. Im Gegenteil dränge sich seine Berücksichtigung geradezu auf. Das 66 Seiten umfassende aktuelle Gutachten setze sich ausführlich und widerspruchsfrei mit dem Untersuchungsergebnis der am 30. September 2021 von 11.00 bis 17.00 Uhr stattgefundenen Begutachtung auseinander. Es nenne die angewandten wissenschaftlichen Methoden und Quellen und setze sich auch mit den anderen vorliegenden ärztlichen und sonstigen Unterlagen auseinander und erfülle damit die Kriterien nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Auch das Bundesverwaltungsgericht gehe nur für den Regelfall vom Erfordernis einer (fach-)ärztlichen Stellungnahme aus, und § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG verpflichte die Ausländerbehörden dazu, anderweitige tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, zu berücksichtigen. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Stellungnahme des Psychologen – ergänzend – zu bereits bestehenden ärztlichen Stellungnahmen heranzuziehen sei, stehe ihrer Berücksichtigung nichts im Wege. Auch sei die Entscheidung des Senats vom 15. Juni 2021 im Verfahren 2 M 43/21 MD nicht so zu verstehen, dass ein ärztliches Gutachten ausschließlich durch den Antragsgegner zu veranlassen sei. Es seien keine Gründe dafür ersichtlich, warum ein eigeninitiativ eingeholtes Gutachten zum Zweck der Überprüfung der Reisefähigkeit nicht genügen sollte. Vielmehr obliege es gemäß dem Wortlaut des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG dem Ausländer vorrangig selbst, eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen könne, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft zu machen, um die nach §§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG bestehende Vermutung, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, zu widerlegen. Auf diese gesetzliche Regelung habe auch die im Beschluss vom 15. Juni 2021 gewählte Formulierung keine Auswirkung. Inhaltliche Zweifel hinsichtlich des Gutachtens ergäben sich entgegen der Annahme des Antragsgegners auch nicht daraus, dass die Begutachtung durch eine männliche Person erfolgt sei und die Antragstellerin bei der Begutachtung durch den Facharzt Sch. gerade diesen Umstand monierte habe. Die beiden Begutachtungen unterschieden sich gerade dadurch, dass die Begutachtung in K-Stadt am 30. September 2021 freiwillig und auf eigene Veranlassung der Antragstellerin erfolgt sei und damit unter anderen Bedingungen stattgefunden habe. Ebenso verhalte es sich mit dem Umstand, dass es der Antragstellerin möglich gewesen sei, trotz attestierter Reiseunfähigkeit einen Begutachtungstermin in K-Stadt wahrzunehmen. Diese Reise habe die Antragstellerin aus freien Stücken und offensichtlich insbesondere in Begleitung ihrer Schwester und deren Mannes auf sich genommen, sodass von keiner erzwungenen und aus der Sicht der Antragstellerin unerwünschten Situation auszugehen sei.II.Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen im Ergebnis keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.Der Antragsgegner macht geltend, die Anordnung der ärztlichen Untersuchung sei erforderlich, weil er aufzuklären habe, ob im Fall einer Abschiebung der Antragstellerin die konkrete Gefahr der Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit bestehe. Die beiden hierfür bereits erstellten Gutachten der Fachärzte Sch. und B. widersprächen sich im Ergebnis, so dass nach wie vor Zweifel an der Reisefähigkeit der Antragstellerin bzw. hinsichtlich der konkreten Gefahren für ihre Gesundheit im Fall ihrer Abschiebung bestünden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die zwangsweise Anordnung der weiteren ärztlichen Untersuchung nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG sei nicht erforderlich, weil sie nicht verhältnismäßig und der Antragstellerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht zumutbar sei, sei zirkulär, weil es damit die – letztlich hinsichtlich ihrer Ausprägung erst in der Untersuchung bzw. dem Gutachten zu bewertende – Krankheit zur Grundlage der Entscheidung über die Untersuchung mache. Wie er bereits erstinstanzlich ausführlich vorgetragen habe, lasse das (nachgebesserte) Gutachten der Fachärztin B. zahlreiche Fragen offen und enthalte Widersprüche, sodass es insbesondere für die Beurteilung der Reisefähigkeit der Antragstellerin ungeeignet sei. Das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten des ZTK vom 27. Oktober 2021 habe er bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen können, weil es nach Posteingang am 26. November 2021 der Ausländerbehörde erst am 30. November 2021 vorgelegen habe. Unabhängig davon stehe seiner Verwertung entgegen, dass es sich nicht um ein (fach-)ärztliches Gutachten handele. Es sei vom Diplom-Psychologen T. unterzeichnet. Dass dieser nicht ausschließlich Diplom-Psychologe, sondern auch noch Arzt oder gar Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sei, lasse sich weder aus den Unterschriften noch sonst aus dem Gutachten schließen. Die eigenhändige Unterschrift eines (Fach-)Arztes enthalte das Gutachten nicht, denn der Psychologe habe für zwei weitere Personen „in Vertretung“ unterschrieben. Aus dem Gutachten ergebe sich nur, dass von den im Unterschriftsfeld bezeichneten Personen der Diplom-Psychologe T. während der Untersuchung anwesend gewesen sei, nicht dagegen, ob die beiden anderen, mit Unterschrift vertretenen Personen ebenfalls zugegen gewesen seien. Damit sei offen, worauf sich die Vertretung der Unterschriftsleistung beziehe. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts genüge ein Gutachten, dass ausschließlich von einem Diplom-Psychologen erstellt worden sei, nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG zum Nachweis eines Abschiebungshindernisses. Auch könne das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten nicht ergänzend herangezogen werden. Hierzu müsste ein zu unterstützendes Gutachten vorliegen, das die Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zum Ergebnis habe oder zu dem Schluss komme, dass die Abschiebung eine erhebliche konkrete Gefahr der Verschlechterung ihrer Gesundheit zur Folge habe. Damit scheide das Gutachten von Dr. Sch. aus, weil dieser zum entgegenstehenden Ergebnis komme. Daran anknüpfend könne auch die Stellungnahme der Frau Dr. J. nicht herangezogen werden, weil sie eine Grundlage des Gutachtens von Dr. Sch. darstelle. Zwar komme Frau B. in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis der Reiseunfähigkeit der Antragstellerin; dieses Gutachten sei jedoch – trotz Nachfragen – mit den bereits erstinstanzlich dargestellten erheblichen Mängeln behaftet, so dass es als Entscheidungsgrundlage nicht in Betracht komme. Hinzu komme, dass es sich bei den eingeholten, sich widersprechenden Gutachten um (fach-)ärztliche Gutachten handele, so dass ein drittes Gutachten, das die Widersprüche klären solle, nur von einem Gutachter gleicher, mithin fachärztlicher Qualifikation erfolgen könne. Darüber hinaus sei er durch den Beschluss des Senats vom 15. Juni 2021 ausdrücklich dazu verpflichtet worden, ein (fach-)ärztliches Gutachten über die Reisefähigkeit erstellen zu lassen. Selbst wenn Vorlage eines Gutachtens auch durch die Antragstellerin erfolgen könne, müsse auch sie die Vorgaben beachten, die ihm gemacht worden seien. Würde die Ansicht des Verwaltungsgerichts zutreffen, dass die Antragstellerin auch nicht (fach-)ärztliche Gutachten vorlegen könne, würde dies dazu führen, dass eine weitere – dann aber (fach-)ärztliche – Begutachtung durch den Antragsgegner nicht mehr möglich wäre und es allein die Antragstellerin in den Händen hätte, durch für sie günstige Gutachten eine Abschiebung zu verhindern. Er könnte der ihm obliegenden Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nicht mehr nachkommen, weil er eine Begutachtung der Antragstellerin gar nicht mehr veranlassen könnte. Die Antragstellerin hingegen könnte jeweils – spätestens nach einer Anordnung einer Untersuchung – Gutachten erstellen lassen und sie ausschließlich im Fall eines für sie günstigen Ergebnisses vorlegen. Denn für sie bestünde nicht die Pflicht, beauftragte Gutachten unabhängig vom Ergebnis zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Dies würde zu einer „Schieflage“ bei der Sachverhaltsermittlung führen, für die keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich seien. Zudem enthalte das Gutachten zur Reisefähigkeit der Antragstellerin keine Angaben, sondern lediglich zu den Folgen der Rückführung. Nicht nachvollziehbar sei auch, wie der Gutachter zu dem Ergebnis komme, dass es an Behandlungsvoraussetzungen fehle. Pauschal bleibe ferner die Aussage, dass suizidale Gefahren „durch vorbereitende und absichernde Maßnahmen während des Transportvorganges“ nicht zu verhindern wären. Es fehle an einer Darstellung, welche Maßnahmen der Gutachter konkret meine und weshalb sie nicht zur Abwehr der Gefahr und damit zur Herstellung der Reisefähigkeit geeignet seien. Gleiches gelte für eine örtliche Behandlung, die, ohne weiter darauf einzugehen, als unwirksam beurteilt werde. Daher werde auch nicht klar, weshalb eine an paranoider Schizophrenie erkrankte Person nicht reisen können solle. Wenn der Gutachter der Auffassung sei, dass eine Behandlung in Armenien nicht möglich sei, bedürfte es einer Darstellung, wie sich eine erfolgversprechende Behandlung darstelle und – unter Angabe entsprechender Quellen – weshalb dies in Armenien nicht möglich sein solle. Falls der Gutachter zu Letzterem keine Aussage treffe, müssten wenigstens Vorgaben gemacht werden, welche Behandlung zu gewährleisten sei. Es sei dann Aufgabe des Antragsgegners zu prüfen und ggf. sicherzustellen, dass dies nach der Ankunft in Armenien erfolge. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass nach § 60a Abs. 2d Satz 1 und 2 AufenthG der Ausländer verpflichtet sei, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c AufenthG unverzüglich vorzulegen. Verletze er diese Pflicht, dürfe die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer sei unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert gewesen oder es lägen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte vor für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Die Antragstellerin habe ihm das Gutachten vom 27. Oktober 2021 hingegen nicht vorgelegt, sondern mit Schriftsatz vom 16. November 2021 dem Verwaltungsgericht in dem Verfahren 3 A 105/21 übersandt, das ihren Ehemann und ihren Sohn betreffe. Erst das Verwaltungsgericht habe das Gutachten an ihm weitergeleitet. Sofern darin überhaupt ein Vorlegen im Sinne des § 60a Abs. 2d AufenthG gesehen werden könne, sei dies jedenfalls nicht unverzüglich erfolgt.Mit diesem Vortrag vermag der Antragsgegner die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis nicht in Frage zu stellen.Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die streitige Anordnung ist § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Danach kann, soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Nach der Gesetzesbegründung gehört es auch zu den Mitwirkungspflichten des Ausländers, zu der Untersuchung zu erscheinen und die Untersuchung zu dulden; die Untersuchung kann insbesondere erforderlich sein, um die gesundheitlichen Voraussetzungen einer Rückführung auf dem Luftweg zu klären (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 96 f.). Die Ausländerbehörde hat vor Anordnung des persönlichen Erscheinens stets sorgfältig zu prüfen, ob dies zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen nach ausländerrechtlichen Regelungen verhältnismäßig, das heißt geeignet, erforderlich und angemessen ist. Ist dies zu bejahen, hat die Ausländerbehörde darüber hinaus das ihr eingeräumte Ermessen auszuüben und dabei insbesondere Fragen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen (Kluth, in: BeckOK AuslR, 31. Ed., AufenthG § 82 Rn. 44, m.w.N.).Gemessen daran erweist sich die angefochtene Anordnung als voraussichtlich rechtswidrig. Der Senat teilt letztlich die Auffassung der Vorinstanz, dass die angeordnete ärztliche Untersuchung in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörde des Antragsgegners zur Feststellung der Reisefähigkeit der Antragstellerin nicht erforderlich und der Antragstellerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht zumutbar sein dürfte. Es spricht Überwiegendes dafür, dass für diese Feststellung ein milderes, die Antragstellerin weniger belastendes Mittel zur Verfügung steht.Dem Antragsgegner mag darin beizupflichten sein, dass die Reisefähigkeit der Antragstellerin im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Anordnung offen war, weil die beiden vom Antragsgegner im Anschluss an den Beschluss des Senats vom 15. Juni 2021 im Verfahren 2 M 43/21 eingeholten fachärztlichen Gutachten des Diplompsychologen und Facharztes u.a. für Psychiatrie A. Sch. vom 23. Juli 2021 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B. vom 1./24. September 2021 hinsichtlich der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu gegenteiligen Einschätzungen gelangt sind. Auch mag das Gutachten der Fachärztin B. an Mängeln leiden, die ihre Eignung als qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG in Frage stellen. Zu Recht verweist der Antragsgegner ferner darauf, dass Atteste von Psychotherapeuten oder Psychologen gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG bei der Beurteilung der Reisefähigkeit grundsätzlich nicht genügen, sondern allenfalls im Wege einer Gesamtschau ergänzend zu anderen Erkenntnissen, die nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG erfüllen, zu anderweitigen tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Erkrankung im Sinne des § 60a Abs. 2d Satz 2 AufenthG beitragen können (vgl. Beschluss des Senats vom 30. August 2016 – 2 O 31/16 – juris Rn. 9, m.w.N.). Auch ist zweifelhaft, ob das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten vom 27. Oktober 2021 ein ärztliches Gutachten darstellt. Es enthält zwar auch die Unterschriftsleiste des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie R., dort findet sich aber nur die Unterschrift des Diplom-Psychologen T. mit dem Zusatz “i.V.”. Durch die Hinzufügung des Zusatzes “i.V.” gibt der Unterzeichnende regelmäßig zu erkennen, dass er als Bevollmächtigter die Verantwortung für den Inhalt des Schriftstücks übernimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2019 – VI ZB 51/18 – juris Rn. 14). Die Unterzeichnung eines Gutachtens durch eine Person als Vertreter eines Arztes bedeutet, dass diese Person – aufgrund der ihm übertragenen Vertretungsbefugnis – selbst die Verantwortung für das Gutachten übernimmt; anders als bei einer Unterzeichnung mit dem Zusatz „im Auftrag”, bei welchem der Unterzeichner erkennbar zum Ausdruck bringt, gemäß einer Weisung zu handeln, gibt der Vertreter eine eigene Erklärung ab und übernimmt für den Inhalt der Erklärung entsprechende Verantwortung (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 25. Januar 2007 – 8 Sa 1561/06 – juris Rn. 46). Im Übrigen dürfte sich aus dem Gutachten selbst ergeben, dass die Untersuchung der Antragstellerin nur von einer Person durchgeführt wurde. An mehreren Stellen des Gutachtens (Seiten 6, 26 und 27) ist lediglich von “dem Gutachter” die Rede, so dass nicht ersichtlich ist, inwieweit der Facharzt R. überhaupt an Erarbeitung des Gutachtens beteiligt war.Aber auch wenn danach eine nochmalige Untersuchung der Antragstellerin erforderlich sein sollte, um die Reisefähigkeit der Antragstellerin festzustellen (die chronifizierte paranoide Schizophrenie wurde in allen bereits vorliegenden Gutachten diagnostiziert), spricht Vieles dafür, dass die Anordnung, die Untersuchung in den Räumen der Ausländerbehörde durchführen zu lassen, für diesen Zweck nicht oder weniger geeignet ist als etwa eine Anordnung, die Untersuchung in den Räumen eines Facharztes durchführen zu lassen; zudem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass eine Untersuchung in dieser Form der Antragstellerin (erneut) zuzumuten ist. Die Vorschrift des § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG verlangt nicht, dass die angeordnete Untersuchung in der Ausländerbehörde stattzufinden hat. Die Regelung unterscheidet zwischen der Anordnung zu einem persönlichen Erscheinen bei der zuständigen Behörde, der Anordnung zu einem persönlichen Erscheinen bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer vermutlich besitzt, und der Anordnung zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit. Davon war offenbar auch der Antragsgegner ausgegangen, als er eine Untersuchung durch die Fachärztin B. veranlasste, die nach der fachärztlichen Stellungnahme vom 1. September 2021 (Beiakte A, Bl. 56) in deren Praxis stattfand. Gegen eine Untersuchung in den Räumen der Ausländerbehörde spricht der Verlauf der Begutachtung durch den Facharzt Sch. im zweiten Termin am 13. Juli 2021 in den Räumen der Ausländerbehörde. In dem von diesem Facharzt erstellten Gutachten (S. 8 f.) wird das Ende der Untersuchung der Antragstellerin wie folgt beschrieben:
“… Das Gespräch wird von Frau A. dann unterbrochen, indem sie beginnt sich an den Haaren zu ziehen und diese teilweise auch auszureißen. Begleitet wird dies durch Äußerungen: ‘geht weg, ich bin nicht rein’. Um 16.25 Uhr erhebt sie sich von ihrem Stuhl, um sich an eine ca. 2 m entfernte Wand zu lehnen. Dabei beginnt sie in einem Ausmaß anhaltend zu urinieren, dass angenommen werden kann, dass sie längere Zeit keine Toilette mehr aufgesucht hat. Ob die ‘Ignoranz’ propriozeptiver Reize Ausdruck von Angst war oder Teil einer krankheitsbedingten Abflachung der Körperwahrnehmung darstellt, bleibt unklar. Die entleerte Urinmenge zeigt jedoch, dass zu erwartenden Impulsen eines Harndrangs nicht nachgekommen wurde. In dieser Situation war auch keine schambedingte Verzögerung des Harnflusses zu beobachten. Anschließend beginnt sie die Wand hinabzugleiten und sich in den eigenen Urin zu legen, wobei sie sich mit dem Rücken zur Wand lehnte, während sie den Kopf in der Raumecke abstützte. Begleitet wird dieses Geschehen durch Äußerungen: ‘mir ist nicht gut, nehmt den schwarzen Mann weg – er zieht meine Haare, öffnet die Tür, damit der Mann den Raum verlässt, was habt ihr mir angetan, Hilfe, weg. nein (nein), will meinen Arzt…’. Wie heißt er? ‘Weiß ich nicht, ich habe Brennen in der Brust, ich nicht springen, lasst mich, ich habe Kinder – weg’. Frau A. hält sich zwischenzeitlich die Ohren zu. ‘Ich nicht kommen’ sie beginnt dann zu lachen und formuliert: ‘nein, nein, nein’. Annäherungen bzw. angebotene Unterstützung durch den Unterzeichner und von weiblichem Personal der Behörde werden zunächst abgewiesen, dann geduldet. In dieser Situation erbricht sich Frau A. mehrfach, psycho-vegetativ indiziert. Es gelingt, Frau A. dazu zu bewegen, sich vom Boden zu erheben und sich auf einen Stuhl zu setzen. Der Unterzeichner nimmt mit der diensthabenden Ärztin des Fachklinikums A-Stadt Kontakt auf, um Frau A. zur Krisenintervention dort vorzustellen. Frau A. verlässt den Untersuchungsraum gegen 17.30 Uhr selbständig laufend, begleitet von Frau W. und einer Mitarbeiterin der Behörde, sowie dem Personal (Sanitäter/Sanitäterin) des RTW, der zum Zwecke des Transports gerufen wurde, um im Fachklinikum vorgestellt zu werden.”
Dem gegenüber verliefen die Untersuchungen bei der Fachärztin B. und im ZTK ohne Zwischenfälle dieser Art. Es spricht daher Vieles dafür, dass eine Begutachtung der Antragstellerin, die eine belastbare Aussage über ihre Reisfähigkeit erbringen und die Antragstellerin nicht mehr als nötig belasten soll, voraussichtlich mit Erfolg nur in einer Facharztpraxis durchgeführt werden kann. Es bleibt dem Antragsgegner unbenommen, eine solche ärztliche Untersuchung anzuordnen.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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