Medizinrecht

Beschränkungen für Versammlung

Aktenzeichen  10 ZB 15.1803

Datum:
24.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105359
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 2, Art. 8
BayVersG Art. 15

 

Leitsatz

1. Ein Verwaltungsakt, der nur verbindlich festlegt, welches Ziel der Adressat erreichen muss, wobei ihm die Wahl zwischen mehreren möglichen Mitteln überlassen wird, leidet nicht an einem Bestimmtheitsmangel. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Versorgung der Versammlungsteilnehmer mit warmen Mahlzeiten fällt grundsätzlich nicht unter den Schutzbereich des Art. 8 GG. (redaktioneller Leitsatz)
3. Gegenstände oder Hilfsmittel, die in eine Versammlung eingebracht werden sollen, nehmen an der durch die Versammlungsfreiheit bewirkten Privilegierung in Bezug auf die Erlaubnisfreiheit nur dann teil, wenn sie funktionale Bedeutung für die Durchführung der Veranstaltung haben oder sie zur Verwirklichung des Versammlungszwecks wesensnotwendig sind. (redaktioneller Leitsatz)
4. Ob bestimmte Gegenstände, die von den Veranstaltern der Versammlung zur Durchführung der Versammlung als notwendig erachtet werden und damit funktional-spezifisch versammlungsbezogen sind und einen Bezug zur gewählten Form der Versammlung haben, ist von der Behörde nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen, wobei Grundlage für diese Beurteilung das Vorbringen der Veranstalter ist. (redaktioneller Leitsatz)
5. Soweit öffentlicher Straßengrund für die Durchführung einer Versammlung gem. Art. 8 Abs. 1 GG genutzt wird, ist dessen Gebrauch grundsätzlich erlaubnisfrei, wenn die konkrete Nutzung für die Durchführung der Versammlung auch funktional notwendig ist. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 5 K 15.197 2015-07-16 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschränkungen in Nr. 3.8 und 3.13 des versammlungsrechtlichen Bescheids der Beklagten vom 8. August 2013 weiter. Damit war dem Kläger aufgegeben worden, während der Veranstaltung beim Auftritt von Bands mit Livemusik und beim Abspielen von Musikbeiträgen mittels technischer Einrichtungen die Lautstärke zu begrenzen und dies durch die vorherige Einpegelung der Anlage durch einen Sachverständigen oder durch einen Pegelbegrenzer sicherzustellen. Zudem wurde nur die Abgabe von Kaltverpflegung gestattet.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die diesbezügliche Fortsetzungsfeststellungsklage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. Juli 2015 ist zulässig, aber unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; 2.) zuzulassen. Daher ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren abzulehnen (3.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist hier weder bezüglich der Anordnung, zur Sicherstellung der Begrenzung der Lautstärke die technische Einrichtung durch einen Sachverständigen einpegeln zu lassen oder einen Pegelbegrenzer zu installieren (1.1), noch bezüglich der Beschränkung der Verpflegung auf kalte Speisen (1.2) der Fall.
1.1 Zur Beschränkung in Nr. 3.8 des Bescheids vom 8. August 2013, die nur insoweit streitgegenständlich ist als zur Sicherstellung der Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte die Einpegelung der technischen Geräte durch einen Sachverständigen oder die Verwendung eines eingepegelten Pegelbegrenzers angeordnet wird, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Anordnung sei verhältnismäßig, insbesondere erforderlich und angemessen gewesen. Zwar habe, weil der Kläger der Anordnung nicht nachgekommen sei, letztendlich die Polizei vor Ort die Lautstärkebegrenzung der Anlage überwacht. Grundsätzlich fehlten der Polizei hierzu aber die erforderliche Sachkunde und das erforderliche Material. Die Kosten für die Anschaffung eines Pegelbegrenzers führten nicht zu einer erdrosselnden Wirkung. Die zu erwartenden Ausmaße der Geräuschentwicklung der Versammlung mit Live-Musik über einen Zeitraum von zehn Stunden in einem Wohngebiet hätten die finanzielle Belastung der Klägers, die mit dem Erwerb eines Pegelbegrenzers verbunden gewesen sei, gerechtfertigt.
Der Kläger bringt demgegenüber im Zulassungsverfahren vor, die Einhaltung der Immissionsrichtwerte sei auch ohne Pegelbegrenzer in Übereinstimmung mit der Polizei gewährleistet gewesen. Die Anordnung sei nicht bestimmt genug gewesen, weil sich daraus nicht ergeben habe, ob der Veranstalter einen aktiven oder passiven Pegelbegrenzer hätte verwenden müssen. Die Lautstärke hätte durch den Einsatz eines simplen Lautstärkemessgeräts ebenso wirksam überwacht werden können. Der Pegelbegrenzer sei auch nicht geeignet gewesen, weil eine Plombierung nicht möglich gewesen sei, denn die Lautstärkebegrenzung sei nur für die Musikdarbietungen verfügt worden. Ohne Plombierung hätte eine justierte Einstellung jederzeit vom Versammlungsleiter geändert werden können. Auch sei die Anordnung nicht verhältnismäßig im engeren Sinn gewesen. Es sei nicht mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit vereinbar, dem prozesskostenhilfeberechtigten Kläger den faktisch wirkungslosen, mehrere hundert Euro teuren Einsatz eines Pegelbegrenzers vorzugeben.
Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger jedoch die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht ernsthaft im Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschränkung in Nr. 3.8 des Bescheids hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) gewesen ist. Regelungsgegenstand der Beschränkung war die Festsetzung eines bestimmten Immissionsrichtwerts an genau festgelegten Immissionsorten. Die vom Kläger angegriffene Anordnung in Satz 2 der Beschränkung überlässt ihm die Wahl, mit welchen Mitteln er sicherstellt, dass die Immissionsrichtwerte auch tatsächlich eingehalten werden. Ein Verwaltungsakt, der nur verbindlich festlegt, welches Ziel der Adressat erreichen muss, wobei ihm die Wahl zwischen mehreren möglichen Mitteln überlassen wird, leidet nicht an einem Bestimmtheitsmangel (Tiedemann in Beck´scher Online-Kommentar, VwVfG, Stand: 1.1.2017, § 37 Rn. 23). Zudem entspricht es dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem Betroffenen die Wahl zu überlassen, welches von mehreren möglichen Mittel ihn am wenigsten beeinträchtigt. Die Anordnung, durch Einpegelung oder Verwendung eines Pegelbegrenzers sicherzustellen, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte eingehalten werden, ist auch zur Erreichung dieses Ziels geeignet gewesen. Die Verwendung eines Limiters ist eine technische Maßnahme zur Begrenzung des Schalldruckpegels einer Lautsprecheranlage auf einen bestimmten – einstellbaren – Wert und dient daher dazu, am jeweiligen Immissionsort den zulässigen Immissionsrichtwert einzuhalten. Zwar kann ohne Verplombung nachträglich die Lautstärke an der Lautsprecheranlage verändert werden, indem der am Limiter eingestellte Pegel verändert wird. Eine Verplombung hat folglich den Zweck, Manipulationen an der Lautstärkeregelung zu verhindern. Das Fehlen der Verplombung hebt aber die genannte Funktion des Pegelbegrenzers nicht auf. Auch ohne Verplombung ist sichergestellt, dass dann, wenn der Schalldruckpegel durch den Pegelbegrenzer auf einen bestimmten Wert begrenzt ist, die festgesetzten Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Die Anordnung belastet den Kläger auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die Überwachung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte mittels Schallmessgerät durch die Polizei ein milderes Mittel gemessen wäre. Die Pflicht zur Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte trifft den Kläger als Veranstalter der Versammlung (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2015 – 10 C 13.2280 – juris Rn. 6). Er hat deshalb selbst durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die in Nr. 8.3 des Bescheids festgesetzten Immissionsrichtwerte an den jeweiligen Immissionsorten auch eingehalten werden. Die Polizei nimmt Lärmmessungen allenfalls vor, um zu überwachen, ob der Veranstalter die Lärmschutzauflagen der jeweiligen Anordnung einhält. Auch lässt, worauf in der fachtechnischen Stellungnahme vom 15. April 2015 hingewiesen wurde, eine Prüfung der Lärmimmissionen erst während der Veranstaltung aufgrund der zusätzlichen Geräusche durch die Veranstaltungsteilnehmer keine zuverlässige Beurteilung des durch die Beschallungsanlage verursachten Beurteilungspegels mehr zu. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers ist für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Lautstärkebegrenzungsmaßnahmen grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Schutzwürdigkeit der von den Musikdarbietungen betroffenen Nachbarn war nicht geringer, nur weil die Anschaffung eines passiven Pegelbegrenzers oder die Einpegelung der Anlage für den Kläger mit einem – objektiv betrachtet – geringfügigen finanziellen Aufwand verbunden gewesen wäre. Insbesondere stand der mit der Anordnung verfolgte Zweck, die Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner über zehn Stunden hinweg im Rahmen der für seltene Ereignisse geltenden Immissionsrichtwerte zu halten, nicht außer Verhältnis zu den Kosten für einen passiven Pegelbegrenzer oder die Einpegelung der Anlage durch einen Sachverständigen. Auf die Einmaligkeit der Veranstaltung kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, da er sein Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage damit begründet hat, dass er auch im nächsten Jahr wieder eine Versammlung mit Live-Musik zu veranstalten beabsichtige.
1.2 Die Klageabweisung bezüglich der Begrenzung der Speisenabgabe auf Kaltverpflegung (die Abgabe warmer Getränke ist gestattet) in Nr. 3.13 Satz 1 des Bescheids hat das Verwaltungsgericht damit begründet, dass die Versorgung der Teilnehmer einer Versammlung unter freiem Himmel mit warmen Mahlzeiten nicht vom Schutzbereich des Art. 8 GG umfasst sei, weil das Reichen von warmen Speisen nicht erforderlich gewesen sei, um die physische Präsenz der Versammlungsteilnehmer sicherzustellen.
Insoweit führt der Kläger im Zulassungsverfahren aus, dass es grundsätzlich dem Versammlungsleiter frei stehe, wie er seine Veranstaltung konkret gestalten wolle. Es bleibe völlig unklar, aus welchen Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nur eine Verköstigung in Form der Kaltverpflegung zugelassen worden sei. Die Stromversorgung sei wegen der musikalischen Darbietungen sowieso vorhanden gewesen. In jeden Fall sei seine allgemeine Handlungsfreiheit verletzt. Darauf sei das Verwaltungsgericht überhaupt nicht eingegangen. Die Versammlungsfläche, auf der auch die Versorgung mit Bockwürsten zum Selbstkostenpreis hätte stattfinden sollen, sei sowieso durch die Veranstaltung belegt gewesen, so dass auch keine zusätzliche Verkehrsbeeinträchtigung entstanden wäre. Die bestandskräftige Beschränkung in Nr. 3.15 des Bescheids vom 8. August 2013 (Verbot der Aufstellung und des Betriebs von Verkaufsständen) sei einer Abgabe von Verpflegung zum Selbstkostenpreis nicht entgegengestanden. Der Kläger hätte im Übrigen Anspruch auf Erteilung einer straßenverkehrsrechtlichen Sondernutzungserlaubnis gehabt.
Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens erweist sich das Urteil des Verwaltungsgerichts betreffend die Beschränkung in Nr. 3.13 Satz 1 des Bescheids (Beschränkung auf die Abgabe von Kaltverpflegung) im Ergebnis als richtig. Zunächst ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Versorgung der Versammlungsteilnehmer mit warmen Mahlzeiten grundsätzlich nicht unter den Schutzbereich des Art. 8 GG fällt. Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 22. September 2015 (10 B 14.2246) bereits grundlegend zur „Infrastruktur“ von Versammlungen geäußert (Rn. 59 ff.):
Nach der Rechtsprechung des BVerfG fallen in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit und der dadurch bewirkten Erlaubnisfreiheit des Versammlungsgeschehens nur Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinsame Kommunikation geprägt sind und auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen (BVerfG, U.v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90 – juris Rn. 40, B.v. 20. 12. 2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 16, U.v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06 – juris Rn. 63). In diesem Rahmen gewährleistet die Versammlungsfreiheit auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll, und damit ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (BVerfG, B.v. 20.12.2012 a.a.O. Rn. 16; U.v. 22.2.2011 a.a.O. Rn. 64; B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81 – juris Rn. 61). Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters ist aber beschränkt, soweit durch die geplante Veranstaltung Rechtsgüter beeinträchtigt zu werden drohen. Hinsichtlich der Modalitäten der Durchführung einer Versammlung ergeben sich die Grenzen der Versammlungsfreiheit aus Art. 15 BayVersG. Gefährdet die Durchführung der Versammlung andere Rechtsgüter, so ist es Aufgabe der Behörde, die wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Ausgleich zu bringen. Die Bewertung der gegenläufigen Interessen und ihre Abwägung mit dem Versammlungsinteresse liegt bei der Behörde (BVerfG, B.v 5.9.2003 – 1 BvQ 32/03 – juris Rn. 22; B.v. 26.1.2001 – 1 BvQ 8/01 – juris Rn. 15).
Bezogen auf Gegenstände oder Hilfsmittel, die in eine Versammlung eingebracht werden sollen, besteht in Literatur und Rechtsprechung jedenfalls weitgehend Einigkeit darüber, dass sie an der durch die Versammlungsfreiheit bewirkten Privilegierung in Bezug auf die Erlaubnisfreiheit teilnehmen, wenn sie funktionale Bedeutung für die Durchführung der Veranstaltung haben (Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, a.a.O., § 1 Rn. 60) oder sie zur Verwirklichung des Versammlungszweck wesensnotwendig sind (Schneider in BeckOK, GG, Stand 1.6.2015, Art. 8 Rn. 179). Art. 8 GG schützt auch „infrastrukturelle“ Ergänzungen der Veranstaltung in Form von Informationsständen, Sitzgelegenheiten, Imbissständen oder auch Zelten, sofern sie funktional versammlungsspezifisch eingesetzt werden (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl. 2013, Art. 8 Rn. 34). Nicht in den Schutzbereich von Art. 8 GG fallen infrastrukturelle Begleitaktivitäten, wenn sie über die eigene Versammlungsaktivität hinausgehen, ohne für diese notwendig zu sein (Depenheuer in Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Stand 2014, Art. 8 Rn. 72). Die Rechtsprechung ordnet die Begleiterscheinungen einer Versammlung nur dann dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit zu, wenn die jeweils in Rede stehenden Gegenstände und Hilfsmittel zur Verwirklichung des Versammlungszwecks funktional oder symbolisch für die kollektive Meinungskundgabe wesensnotwendig sind (OVG Berlin-Bbg, B.v. 16.8.2012 – OVG 1 S. 108.12 – juris 8), wenn es sich dabei um notwendige Bestandteile der Versammlung handelt, ohne die eine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht möglich ist (VG Frankfurt, B.v. 6.8.2012 – 5 L 2558/12.F – juris Rn. 43), wenn sie inhaltlich in hinreichendem Zusammenhang mit der Durchführung der Versammlung stehen und einen spezifischen Bezug zum Versammlungsthema aufweisen (BVerfG, B.v. 26.6.2014 – 1 BvR 2135/09 – NVwZ 2014, 1453), ihnen eine funktionale oder symbolische Bedeutung für das Versammlungsthema zukommt und sie einen erkennbaren inhaltlichen Bezug zur Meinungskundgabe aufweisen (BayVGH, B.v. 12.4.2012 – 10 CS 12.767 – juris Rn. 10; B.v.20.4.2012 – 10 CS 12.845 – juris Rn. 845) oder wenn nur unter ihrer Verwendung die Versammlung zweckentsprechend durchgeführt werden kann (BayVGH, B.v. 1.7.1995 – 21 CS 95.2131 – BeckRS 1995, 15373).
3.1.4 Ob bestimmte Gegenstände, die von den Veranstaltern der Versammlung zur Durchführung der Versammlung als notwendig erachtet werden und damit funktional-spezifisch versammlungsbezogen sind und einen Bezug zur gewählten Form der Versammlung haben, ist von der Behörde nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Grundlage für diese Beurteilung ist das Vorbringen der Veranstalter. Sie legen gegenüber der Versammlungsbehörde dar, welche Gegenstände sie zur Durchführung der Versammlung in der geplanten Form benötigen. Für die Zugrundelegung eines am Durchschnittsbetrachter orientierten Maßstabs spricht folgendes: Auch bei der Entscheidung darüber, ob überhaupt eine Versammlung vorliegt, richtet sich die rechtliche Beurteilung danach, ob sich die Veranstaltung aus der Sicht des durchschnittlichen Betrachters als Versammlung darstellt, und ob der Veranstalter sein Konzept schlüssig dargelegt hat (BVerwG, U.v. 22.8.2007 – 6 C 22.06 – juris Rn. 14, 17). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90 – juris Rn. 45) spricht ebenfalls davon, dass es bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Blockadeaktion noch um eine Kundgebung handelt, die unter den Schutz des Art. 8 GG fällt, oder um eine selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen, darauf ankommt, dass der Veranstalter der Versammlung substantiiert darlegt, dass die Aktion auch einen an die Öffentlichkeit gerichteten Kommunikationszweck verfolgt habe. Wenn somit schon bei der Einordnung eines Geschehens als Versammlung eine Überprüfung des vom Veranstalter vorgelegten Konzepts anhand objektiver Kriterien erfolgt, ist es nur konsequent, dass die Versammlungsbehörde auch überprüft, ob bestimmte Gegenstände, die in die Versammlung eingebracht werden sollen, für die Durchführung der Versammlung in der gewählten Form funktional oder symbolisch eingesetzt werden. Denn schließlich wird das durch Art. 1 Abs. 1 BayVersG geschützte Versammlungsgeschehen insoweit privilegiert, als sämtliche mit dem Versammlungsgeschehen in Zusammenhang stehenden „Bestandteile“ keiner etwaigen nach spezialgesetzlichen Regelungen erforderlichen Erlaubnis bedürfen. Ein Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Ort, Zeitpunkt sowie Art und Inhalt bzw. die Form der Versammlung liegt darin nicht, weil die Behörde insoweit lediglich prüft, ob die vom Veranstalter angezeigten Hilfsmittel (hier: Pavillons und Betten) die für die Durchführung der geplanten Form der Versammlung (Dauerversammlung) erforderliche funktionale oder symbolische Bedeutung haben, dem Veranstalter aber nicht die Form seiner Versammlung vorgibt.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze fällt die Abgabe von warmer Verpflegung für die zehnstündige Versammlung des Klägers an einem Samstag im Sommer nicht in den Schutzbereich von Art. 8 GG. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Versammlung nur dann – wie geplant – hätte durchgeführt werden können, wenn auch die Abgabe von warmen Speisen möglich gewesen wäre, eine besondere funktionale oder gar symbolische Bedeutung dieser Verpflegungsart ist auch nicht ansatzweise erkennbar. Auch etwaige gesundheitliche Einschränkungen mancher Versammlungsteilnehmer hätten nicht die Abgabe warmer Speisen erfordert.
Aber auch die insoweit geltend gemachte Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch die Beschränkung in Nr. 3.13 Satz 1 des Bescheids vom 8. August 2013 liegt nicht vor. Die allgemeine Handlungsfreiheit, soweit sie hier als Auffanggrundrecht überhaupt greift, ist nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Bei der hier streitgegenständlichen Abgabe von warmen Speisen, selbst wenn sie aus dem Kofferraum eines PKWs erfolgt wäre, hätte es sich um eine straßenrechtliche Sondernutzung i.S.d. Art. 18 BayStrWG gehandelt. Darunter ist jeder Gebrauch der öffentlichen Straßen zu verstehen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht. Soweit öffentlicher Straßengrund für die Durchführung einer Versammlung gemäß Art. 8 Abs. 1 GG genutzt wird, ist dessen Gebrauch grundsätzlich erlaubnisfrei. Dies gilt bei Veranstaltungen wie der vorliegenden jedoch nur, soweit die konkrete Nutzung für die Durchführung der Versammlung auch funktional notwendig ist; dies ist – wie dargelegt – aber nicht der Fall. Weil die Abgabe von warmen Speisen auf öffentlichem Verkehrsgrund nicht unmittelbar versammlungsbezogene Betätigungen betrifft, sind daher die außerversammlungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalte nicht suspendiert (vgl. BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris Rn. 58 m.w.N.). Die Erteilung der somit erforderlichen Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG steht im pflichtgemäßen Ermessen der Straßenbaubehörde (BayVGH, B. v. 3.11.2011 – 8 ZB 11.1457 – juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.4.2012 – 8 ZB 11.2785 – juris Rn.10; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 18 Rn. 26 m.w.N.). Eine solche Sondernutzungserlaubnis für die Abgabe von warmer Verpflegung auf öffentlichem Verkehrsgrund ist dem Kläger nicht erteilt worden. Die Tatsache, dass diese Sondernutzung anlässlich einer Versammlung beabsichtigt war, führt nicht etwa zu einer Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass dem Kläger zwingend eine solche Erlaubnis zu erteilen gewesen wäre.
2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Die Darlegung eines Verfahrensmangels im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO setzt zunächst voraus, dass der Verfahrensmangel in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht konkret bezeichnet ist (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 74). An der konkreten Bezeichnung des Verfahrensmangels in rechtlicher Hinsicht fehlt es vorliegend bereits. Soweit der Kläger die mangelnde Vernehmung des im Schriftsatz vom 3. Juli 2015 genannten Zeugen rügt, ist eine Verletzung der insoweit in Betracht kommenden Verfahrensvorschrift des § 86 Abs. 2 VwGO schon deshalb nicht ersichtlich, weil der Kläger einen ausdrücklichen formgerechten Beweisantrag mit einem konkreten Beweisthema und einem klar zuzuordnenden Beweismittel nicht gestellt hat. Auch in der mündlichen Verhandlung hat er einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt. Eine Verletzung des § 86 Abs. 2 VwGO würde aber einen förmlich gestellten Beweisantrag voraussetzen. Eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 86 Abs. 1 VwGO wegen unzureichender Sachaufklärung hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Die Geltendmachung der Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung im Zulassungsverfahren setzt voraus, dass die unterlassene Aufklärung vor dem Verwaltungsgericht gerügt worden ist oder sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20/12 – juris Rn. 7 m.w.N.). Denn eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegt regelmäßig dann nicht vor, wenn das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt für aufgeklärt gehalten hat und die sachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten Beweiserhebungen nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt haben (BayVGH, B.v. 22.11.2013 – 10 ZB 13.1535 – juris Rn.4 m.w.N.). Dem Gericht hätte sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag die weitere Sachverhaltsermittlung hier nicht aufdrängen müssen. Ein schlüssiger Vortrag, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen, liegt im Zulassungsverfahren nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die Auffassung vertreten, dass die polizeiliche Lärmmessung während der Veranstaltung kein ebenso geeignetes Mittel wie die Einpegelung der Lautsprecheranlage vor der Veranstaltung ist und sich hierbei auch auf die fachtechnische Stellungnahme vom 15. April 2015 gestützt.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren war abzulehnen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungs- und Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2016 – 10 C 15.849 – juris Rn. 3) aus den dargestellten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostenentscheidung für das Prozesskostenhilfeverfahren ist entbehr-lich. Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung für das Prozesskostenhilfeverfahren bedarf es nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des An-trags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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