Medizinrecht

Coronavirus, SARS-CoV-2, Unterkunft, Berichterstattung, Rechtsschutzinteresse, Betreuung, Rechtsschutzverfahren, Wohnung, Inanspruchnahme, Medien, Kostenentscheidung, Rundfunk, Festsetzung, Aufenthalt, Infektionsschutzgesetz, Schwellenwert, Vorwegnahme der Hauptsache

Aktenzeichen  20 NE 21.1107

Datum:
28.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10018
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag ist bereits unzulässig. Dem Antrag des Antragstellers fehlt das notwendige Rechtsschutzinteresse. Dem Antrag einer natürlichen Person fehlt das Rechtsschutzinteresse immer dann, wenn sie durch die Unwirksamkeitserklärung entsprechend dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch die Außervollzugssetzung der Norm ihre Rechtsstellung nicht verbessern können und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für sie nutzlos ist (BVerwG, B.v. 9.2.1989 – 4 NB 1.89 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 37). So liegt der Fall hier. Durch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021 wurde § 28b IfSG in das Infektionsschutzgesetz eingefügt, der auszugsweise folgendermaßen lautet:
„§ 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung
(1) Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen:
1. private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum sind nur gestattet, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen; Zusammenkünfte, die ausschließlich zwischen den Angehörigen desselben Haushalts, ausschließlich zwischen Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partnern, oder ausschließlich in Wahrnehmung eines Sorge- oder Umgangsrechts oder im Rahmen von Veranstaltungen bis 30 Personen bei Todesfällen stattfinden, bleiben unberührt;
2. der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft und dem jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztum ist von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags untersagt; dies gilt nicht für Aufenthalte, die folgenden Zwecken dienen:
a) der Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum, insbesondere eines medizinischen oder veterinärmedizinischen Notfalls oder anderer medizinisch unaufschiebbarer Behandlungen,
b) der Berufsausübung im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist, der Ausübung des Dienstes oder des Mandats, der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien,
c) der Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts,
d) der unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger oder der Begleitung Sterbender,
e) der Versorgung von Tieren,
f) aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken oder
g) zwischen 22 und 24 Uhr der im Freien stattfindenden allein ausgeübten körperlichen Bewegung, nicht jedoch in Sportanlagen; …“.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf Außervollzugsetzung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 26 Satz 1 der 12. BayIfSMV gegen im Wesentlichen inhaltsgleiche Normen im Range einer Landesverordnung, die aufgrund der unmittelbar geltenden bundesrechtlichen Regelungen – der Landkreis Ansbach verzeichnet aktuell eine 7-Tages-Inzidenz von 173,9 – überwiegend keine selbstständige Rechtswirkung mehr entfalten. Jedenfalls hat der Antragsteller keine über die Regelungswirkungen des § 28b Abs. 1 Nr. 1 und 2 IfSG hinausgehende Beschwer durch die Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 26 Satz 1 der 12. BayIfSMV geltend gemacht. Damit ist ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers nicht ersichtlich.
Darüber hinaus ging der Senat in seiner Rechtsprechung (BayVGH, B. v. 23.3.2021 – 20 NE 21.841 – juris; zuletzt B. v. 31.3.2021 – 20 NE 21.924) vor Inkrafttreten des § 28a IfSG davon aus, dass die Regelungen zur Kontaktbeschränkung und zur Ausgangssperre voraussichtlich rechtmäßig waren. Tragfähige Einwendungen hiergegen hat der Antragsteller nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von den Antragstellerinnen angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 9. Mai 2021 außer Kraft tritt (§ 30 12. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht erscheint.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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