Medizinrecht

Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes in der Rentenanpassungsmitteilung

Aktenzeichen  L 19 R 272/20

Datum:
26.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40575
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14 Abs. 1
SGB IV § 18a Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 18b Abs. 5 S. 1 Nr. 8
SGB VI § 97

 

Leitsatz

Die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Rentenanpassungsmitteilung beschränkt sich inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung  bereits zuerkannter Rentenrechte und enthält keine erneute Regelung des Rentenanspruches dem Grunde nach. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 16 R 559/19 2020-05-11 GeB SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2020 ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die gegen die Rentenanpassungsmitteilung des Postrentendienstes zum 01.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2019 gerichtete Klage abgewiesen.
Die Klägerin begehrt mit ihrer gegen die Rentenanpassung gerichteten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht nur die Auszahlung eines höheren Hinterbliebenenrentenbetrages – eine unrichtige Rentenanpassung macht sie nicht geltend -, sondern vielmehr die Zuerkennung eines ohne Einkommensanrechnung berechneten Werts der Hinterbliebenenrente.
Dieses Klagebegehren ist bereits unzulässig, soweit die Klägerin eine rückwirkende Abänderung des Rentenbewilligungsbescheides vom 19.10.2017 begehrt. Dieser Bescheid ist bindend geworden und damit unanfechtbar. Denkbar wäre die Anfechtung einer ablehnenden Entscheidung der Beklagten, den Bewilligungsbescheid vom 19.10.2017 im Rahmen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abzuändern. Eine solche Entscheidung hat die Beklagte aber erkennbar nicht getroffen, so dass hierüber der Klageweg auch nicht eröffnet ist.
Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist darüber hinaus auch insgesamt unzulässig. Der gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2019 gerichteten Klage fehlt es an der notwendigen Beschwer der Klägerin. Die Klägerin verkennt den Regelungsgehalt der angefochtenen Anpassungsmitteilung. Bei dieser durch den Postrentendienst im Auftrag der Beklagten ergangenen „Mitteilung“ handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt, doch beschränkt sich dieser inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 4 RA 41/98 R – juris; BSG, Beschluss vom 17.10.2017- B 13 R 11/15 BH – juris). Insoweit hat dieser Verwaltungsakt nur einen begrenzten Regelungsgehalt (Änderung der wertmäßigen Bestimmung des Rentenrechts nach Änderung der Bemessungsgrundlage bzw. des aktuellen Rentenwerts). Eine erneute Regelung des Rentenanspruchs dem Grunde nach enthält er nicht: weder wiederholt er inhaltlich die bisherige Regelung noch begründet er das anzupassende Recht neu (BSG Urteil vom 23.03.1999 a.a.O.). Eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren kann somit allein in Hinblick auf den tatsächlichen Regelungsgehalt, der zukunftsgerichteten wertmäßigen Neubestimmung des Rentenwerts, in Betracht kommen. Diesen Inhalt greift die Klägerin jedoch nicht an.
Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die Berufung auch in der Sache ohne Erfolg geblieben wäre. Die Anrechnung der Erwerbminderungsrente als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von §§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist nach Abzug eines Freibetrages in dem von § 97 SGB VI vorgeschriebenen Umfang auf die Witwenrente rechnerisch richtig erfolgt.
Die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden (vgl. bereits Beschlüsse des BVerfG vom 10.06.1998 – 1 BvR 1485/86 und vom 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86, jew. juris). Die Rechtfertigung für die Anrechnung von Einkommen ist die Unterhaltsersatzfunktion dieser Renten. Es ist demnach stets zu berücksichtigen, ob und inwieweit eigenes Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen des leistungsberechtigten Hinterbliebenen vorliegt. Eine Verletzung des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist hierin nicht zu sehen. Bei dem Anspruch auf Hinterbliebenenrente handelt es nicht um ein eigenständig erworbenes Recht des Hinterbliebenen aus seiner eigenen Versicherung, sondern um einen aus der Versicherung des Verstorbenen abgeleiteten Anspruch. Grundsätzlich unterfallen nur solche Rentenanwartschaften dem Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG, die auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 – 1 BvL 9/00 – juris). Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat zwar eigene Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, daraus folgt aber kein geschütztes Eigentumsrecht für die Witwe im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. hierzu auch Urteile des Senats vom 28.05.2020 – L 19 R 121/19 und vom 15.07.2020 – L 19 728/18).
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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