Medizinrecht

Endgültiges Nichtbestehen der Bachelorprüfung, Überschreiten der durch die PStO festgelegten maximalen Frist zur Ablegung einer einzelnen Modulteilprüfung, Studier- und Prüfungsunfähigkeit als nicht selbst zu vertretender Grund, Anforderungen an den Inhalt eines Attests zum Nachweis der Prüfungsunfähigkeit

Aktenzeichen  M 3 K 18.2324

Datum:
21.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49637
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Prüfungs- und Studienordnung der Ludwig-Maximilians-Universität München für den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (PStO) § 18
PStO § 11

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Streitgegenständlich sind
1. die Aufhebung des Bescheids vom 28. März 2018 über die Ablehnung der beantragten Fristverlängerung in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2018, sowie
2. die Aufhebung des Bescheids vom 16. April 2018 über das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung der Klägerin im Studiengang Betriebswirtschaftslehre im Wintersemester 2017/2018 und
3. der Anspruch auf die von der Klägerin beantragte Verlängerung der Studienhöchstdauer für die Ablegung der erforderlichen Modulteilprüfung „Risk Management“ um 1 Semester.
II. Die Klage mit diesen Streitgegenständen ist insgesamt zulässig.
Die vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage gegen den Bescheid des endgültigen Nichtbestehens vom 16. April 2018 wurde während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 75 VwGO zulässig.
Die am 15. Mai 2018 erhobene Klage gegen den Nichtbestehensbescheid vom 16. April 2018 war zunächst unzulässig (sog. verfrühte (vorzeitige) Untätigkeitsklage). Die Klägerin entschied sich zunächst für das fakultativ durchzuführende Widerspruchsverfahren indem sie am 9. Mai 2018 Widerspruch gegen den Nichtbestehensbescheid erhob. Bereits wenige Tage später, also vor Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhob sie Klage, obwohl über den Widerspruch noch nicht entschieden wurde, sodass sie gleichzeitig von beiden Rechtsmitteln Gebrauch machte.
Der erhobene Widerspruch war auch zulässig. Zum einen stellte ihn die Rechtsbehelfsbelehrung:des Bescheids vom 16. April 2018 als Option zur direkten Klageerhebung vor. Zum anderen handelt es sich nach der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs bei der getroffenen Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen der Beklagten um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO, so dass der von der Klägerin gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch statthaft war (dazu BayVGH, B.v. 4.12.19 – 7 B 18.1945; BayVGH, U.v. 8.10.2018 – 7 B 17.2437).
Die Klägerin hat ihren Widerspruch zwar nicht zurückgenommen – durch eine wirksame Rücknahme des Widerspruchs hätte sie ihre klare Entscheidung für eine Klage zum Ausdruck gebracht. Die vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist aber nach § 75 VwGO zulässig geworden. Da die Hochschule nicht nach drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs über ihn entschieden hat, ist die für die Untätigkeitsklage erforderliche Prozessvoraussetzung eingetreten. Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist kein Widerspruchsbescheid ergangen, sodass auch keine Einbeziehung eines etwaig ablehnenden Widerspruchsbescheids in die bestehende Klage erforderlich war.
III. Die Klage ist aber unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 16. April 2018 über das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung und die Bescheide vom 28. März 2018 und vom 13. April 2018 über die Ablehnung von Fristverlängerungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Fristverlängerung oder eines Rücktritts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Beklagte hat zu Recht das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung festgestellt (nachfolgend unter 1.) und ein Überschreiten der Studienfrist aufgrund nicht selbst zu vertretender Gründe abgelehnt (nachfolgend unter 2.), womit – mangels weiterer Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf Verlängerung – auch die Ablehnung der Gewährung einer weiteren Fristverlängerung einhergeht (nachfolgend unter 3.).
1. Die für den Studiengang der Klägerin maßgeblichen rechtlichen Vorgaben zum Nichtbestehen der Modulprüfungen, Modulteilprüfungen sowie der Bachelorprüfung finden sich in der Prüfungs- und Studienordnung der Beklagten für den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (PStO) vom 2. Dezember 2008 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 3. Dezember 2012.
Das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung der Klägerin im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre zum Ende des Wintersemesters 2017/2018 begründet sich vorliegend aufgrund des Nichtbestehens der Pflichtmodulteilprüfung „Risk Management“, für die keine Wiederholungsmöglichkeit mehr besteht, gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 PStO i.V.m. § 11 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PStO.
Gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 PStO ist die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden, wenn die Modulprüfung oder eine Modulteilprüfung eines der in der Anlage 2 vorgesehenen Pflichtmodule oder erforderlichen Wahlpflichtmodule abgelegt, aber nicht bestanden wurde und keine Wiederholungsmöglichkeit mehr besteht. § 11 Abs. 5 Satz 2 PStO besagt: „Enthält die Anlage 2/Spalte 1 für eine Modulprüfung oder Modulteilprüfung eine Angabe in Klammern, gilt diese Modulprüfung oder Modulteilprüfung vorbehaltlich des § 30 als endgültig nicht bestanden, wenn sie aus selbst zu vertretenden Gründen am Ende des achten Fachsemesters nicht erfolgreich abgelegt ist.“
Die streitgegenständlichen Modulteilprüfung „Risk Management“ ist innerhalb des Moduls BWL VII, P 13/1 (Allgemeine Betriebswirtschaftslehre), der Lehrveranstaltung P 13.0.2 „Finanzierung“ und somit einem erforderlichen Wahlpflichtmodul zugeordnet. Anlage 2 der PStO 2008 empfiehlt diese, in Form einer Klausur abzulegende Modulteilprüfung, für das 4. Fachsemester und ordnet ihr 3 zu erreichende ECTSPunkte zu.
Die Klägerin hat die in Rede stehende Modulteilprüfung „Risk Management“ am Ende des achten Fachsemesters nicht erfolgreich abgelegt und sie somit nicht innerhalb der für sie maßgeblichen Maximaldauer bestanden. Sie nahm an der streitgegenständlichen Prüfung zwar nur einmal, zum Prüfungstermin am 12. Februar 2018 teil. Eine weitere Wiederholungsmöglichkeit stand ihr jedoch nicht zu. Sie befand sich im Zeitpunkt des Prüfungsversuchs am 12. Februar 2018 bereits in ihrem 8. Fachsemester. Eine Wiederholungsmöglichkeit der streitgegenständlichen Klausur innerhalb des Wintersemesters 2017/2018 existierte nicht.
2. Ein Überschreiten der Studien(fortschritts) frist ist für die Klägerin auch nicht aufgrund des Vorliegens „nicht selbst zu vertretender Gründe“ zu rechtfertigen.
Die Voraussetzungen für Gründe, die das Überschreiten der Fristen rechtfertigen sollen, richten sich nach § 11 Abs. 5 Sätze 3 bis 7 PStO. Gründe, die das Überschreiten der Fristen des § 11 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PStO rechtfertigen sollen, müssen unverzüglich nach ihrem Auftreten beim Prüfungsamt schriftlich geltend und glaubhaft gemacht werden. Bei Krankheit muss ein ärztliches Attest vorgelegt werden (§ 11 Abs. 5 Sätze 3 und 4 PStO).
2.1 Vorliegend fehlt es bereits an der Unverzüglichkeit der Geltend- und Glaubhaftmachung einer etwa am streitgegenständlichen Prüfungstag (12. Februar 2018) bestandenen Prüfungsunfähigkeit.
Der streitgegenständliche Prüfungstermin war am 12. Februar 2018. Eine krankheitsbedingte Leistungsbeeinträchtigung hat die Klägerin gegenüber der Beklagten jedoch erstmals am 19. März 2018, also 5 Wochen später geltend gemacht. Gemäß 32 Abs. 2 Satz 1 PStO muss eine Prüfungsunfähigkeit spätestens vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses geltend gemacht werden. Selbst nach diesem weit verstandenen Zeitpunkt der „Unverzüglichkeit“, hat die Klägerin ihre Prüfungsunfähigkeit verspätet vorgebracht, nämlich erst am 19. März 2018, also 13 Tage nach der erfolgten Notenbekanntgabe am 6. März 2018.
Die Frage, ob für den Zeitpunkt des Geltendmachens der Nichtvertretensgründe der Antrag der Klägerin vom 19. März 2018 auf Fristverlängerung wegen krankheitsbedingter Leistungsbeeinträchtigung oder erst das Schreiben vom 6. April 2018 entscheidend ist, an dem die Klägerin den Rücktritt in ihrem Widerspruchsschreiben gegen den ablehnenden Bescheid der Fristverlängerung explizit als solchen benannt hat, kann aufgrund der offensichtlich fehlenden Unverzüglichkeit im Sinne der §§ 28 Abs. 2, 32 Abs. 2 Satz 1 PStO bei Annahme des früheren Zeitpunkts (19. März 2018) dahinstehen. Der Fristverlängerungsantrag ging der Hochschule am 19. März 2018 zu, also weit einen Monat nach dem Prüfungstermin. Das Attest der Dipl. Psychologin P. ging darüber hinaus nicht einmal zeitgleich mit dem Antrag der Klägerin ein, sondern erst am 26. März 2018. Ebenso wurde das Attest von Frau Dr. L. erst am 27. März 2018 bei der Beklagten eingereicht. Die Klägerin hat ihre Gründe somit nicht unverzüglich geltend gemacht.
2.2 Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Prüfungsrechts ist ein Rücktritt von der Prüfung zwar auch nach Abschluss der Prüfung möglich, sofern der Prüfling seine Prüfungsunfähigkeit erst nach Ablegung der Prüfung erkennen konnte. Denn durch die Prüfung soll die wirkliche Befähigung des Studierenden festgestellt werden. Es widerspräche daher dem – das Prüfungsrecht beherrschenden und verfassungsrechtlich gewährleisteten – Grundsatz der Chancengleichheit, einen Teilnehmer an einem Prüfungsergebnis festzuhalten, das durch eine von ihm zunächst nicht erkannte erhebliche Störung seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wurde (vgl. BayVGH, U.v. 16.4.2002 – 7 B 01.1889 – juris Rn. 17). Der nach Abschluss der Prüfung erfolgte, auf Prüfungsunfähigkeit gestützte Rücktritt von einer Prüfung kann jedoch besonders leicht die Chancengleichheit gegenüber anderen Prüflingen verletzen, weil ein Rücktritt nach abgeschlossener Prüfung einem Prüfling eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschaffen kann. Dieser Gefahr für die Chancengleichheit wird dadurch begegnet, dass bei der nachträglichen Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit an die Unverzüglichkeit des Rücktritts ein strenger Maßstab anzulegen ist. Denn es ist Sache des Prüflings, sich grundsätzlich vor Beginn der Prüfung Klarheit darüber zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch die Krankheit erheblich beeinträchtigt ist und ggf. hieraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen; dies gilt auch für die krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit (BVerwG, U.v. 07.10.1988 – 7 C 8/88 – juris Rn. 12). Nur dadurch kann ein Missbrauch des Rücktrittsrechts verhindert werden. Die Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit nach Kenntnis des Teilnehmers vom Ergebnis, insbesondere wenn die Prüfung nicht bestanden wurde, birgt diese Missbrauchsgefahr in ganz besonderem Maße; die Rücktrittserklärung muss daher zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben werden, zu dem sie vom Prüfling zumutbarer Weise hätte erwartet werden können (BVerwG, U.v. 07.10.1988, a.a.O. Rn. 12 f).
Vorliegend hat die Klägerin ihre Prüfungsunfähigkeit erstmals am 19. März 2018 vorgetragen und die dazu am 17. März 2018 ausgestellte Bestätigung der Diplompsychologin Frau. P. am 26. März 2018 vorgelegt. Dieser Rücktritt ist bereits deshalb nicht anzuerkennen, weil die Klägerin bereits nicht unverzüglich ab dem Moment des medizinisch festgestellten Erkennens, der Untersuchung am 17. März 2018, ihr Attest vorlegte.
2.3 Ungeachtet dessen, genügen die vorgelegten Bestätigungen auch inhaltlich nicht den zu stellenden Anforderungen.
Die vorgelegten Bescheinigungen entsprechen in keiner Weise den von der obergerichtlichen Rechtsprechung für den Fall der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit konkretisierten inhaltlichen Anforderungen an ein ärztliches Attest. Das ärztliche Attest hat die Funktion, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Prüflings zu beschreiben und anzugeben, welche Auswirkungen sich daraus für das Leistungsvermögen in der konkreten Prüfung ergeben, um eine sachgerechte Beurteilung der Prüfungsbehörde über die Prüfungsfähigkeit zu ermöglichen (vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 25.11.2016 – 9 S 75/16 – juris Rn. 32; BVerwG, B.v. 06.08.1996 – 6 B 17.96 – juris). Wird eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit geltend gemacht, muss das Attest auch diesbezügliche Aussagen enthalten. Diesen Anforderungen genügen die vorgelegten Bestätigungen nicht.
Weder das Attest der Diplompsychologin P. vom 17. März 2018, noch das Attest der Fachärztin L. vom 20. März 2018 genügen den Anforderungen an eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit. Sie treffen keine hinreichenden Aussagen zur Schwere der Symptome und deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin, deren Dauer und der deren Nichterkennbarkeit für die Klägerin. In beiden Attesten fehlt bereits ein Bezug zur konkreten Prüfung am 12. Februar 2018 und die Aussage, dass sie an diesem Tag oder in diesem Zeitraum prüfungsunfähig war. Das Attest der Diplompsychologin P. enthält weder eine Aussage, in welcher Zeitspanne die Erkrankung gegeben war, noch eine Aussage zu Auswirkungen der Symptome auf das Leistungsvermögen der Klägerin. Das Attest diagnostiziert zwar schlagwortartig eine depressive Episode, Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine rezidivierende depressive Störung, trifft aber keine Aussagen zu den konkreten Auswirkungen der Krankheit auf das Leistungsvermögen der Klägerin. In dem Attest heißt es vielmehr, dass die Fähigkeiten zu einer differenzierten, realistischen Objektwahrnehmung eingeschränkt sind, wie sich dies auf die Prüfungsfähigkeit der Klägerin auswirkt, bleibt jedoch offen.
Das Attest der Fachärztin L. geht zwar von einer Erkrankung seit September 2017 aus, diese habe jedoch allein zu einer erkrankungsbedingten Minderung der Prüfungsfähigkeit geführt. So heißt es im Attest: „Im Rahmen dieser Erkrankung „können“ sich kognitives Leistungsvermögen und physische Belastbarkeit signifikant mindern, so dass eine adäquate Leistungserbringung im Studium nicht möglich ist.“ Es ist bereits nicht eindeutig, ob und inwieweit das Leistungsvermögen der Klägerin im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Prüfung gemindert war, sodass den Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Prüfungsunfähigkeit nicht genügt wurde.
Tritt ein Studierender im Übrigen, in einem die Prüfungsfähigkeit beeinträchtigten Zustand die Prüfung dennoch an, erklärt er sich damit explizit für prüfungsfähig. Er müsste eine vor oder während der Modulprüfung eingetretene Prüfungsunfähigkeit unverzüglich, spätestens jedoch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses geltend und glaubhaft machen (§ 32 Abs. 2 PStO). Dies ist wie bereits dargestellt nicht geschehen. Die Klägerin hat vielmehr in dem von der Krankheit betroffenen Zeitraum an sechs weiteren Prüfungen teilgenommen und diese auch erfolgreich abgelegt. Der Vortrag der Klägerseite, die bestandenen Klausuren könnten nicht als Argument gegen eine fehlende Prüfungsunfähigkeit herangezogen werden ist insofern zutreffend, als auch im Zustand einer Prüfungsunfähigkeit Klausuren mitgeschrieben und bestanden werden können. Das Bestehen der Prüfungen begründet aber im Gegenteil keineswegs eine Prüfungsunfähigkeit; hierfür bedürfte es klarer ärztlicher Aussagen, die vorliegend fehlen.
Jedenfalls aber enthalten die vorgenannten Atteste keinerlei Aussagen zum Vorliegen einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit der Klägerin. Auch dieser Anforderung muss bereits das der Hochschule vorgelegte Attest selbst genügen, damit zeitnah über den Rücktritt entschieden werden kann. Darüber hinaus enthält das Attest der Diplompsychologin Frau. P. vom 17. März 2018 die Aussage, dass die Klägerin selbst in der Untersuchung vorgetragen habe, schon länger den Verdacht zu haben, depressiv zu sein und sich jedenfalls seit dem Übergriff im Dezember 2017 eingeschränkt gefühlt zu haben. Von einem Nichterkennen der Prüfungsunfähigkeit kann somit nicht mehr ausgegangen werden.
Auch die weiteren vorgelegten Atteste der Allgemeinärztin Dr. D. vom 11. April 2018 und des Allgemeinmediziners Dr. P. vom 13. März 2018 begründen keine Prüfungsunfähigkeit der Klägerin am 12. Februar 2018. Während das Attest der Allgemeinärztin Dr. D., der Klägerin physische und psychische Gesundheit attestiert, kann das Attest über die am 5. Januar 2018 bestandene Atemwegsinfektion allenfalls zu einer Prüfungsunfähigkeit am 5. Januar 2018 führen, der allerdings nicht als Prüfungstag im Raum steht. Die Klägerin trägt im Übrigen selbst vor, diese Atteste allein deshalb vorgelegt zu haben, um zu zeigen, dass sie bis zum Zeitpunkt der Untersuchung bei einer Psychologin im März 2018, keine Kenntnis über ihre psychische Erkrankung gehabt habe. Den Anforderungen an eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit kann damit nicht Rechnung getragen werden.
Letztendlich liegt es grundsätzlich in der Verantwortung des Studierenden, darüber zu entscheiden, ob er trotz krankheitsbedingter eingeschränkter Leistungsfähigkeit an einer Prüfung teilnimmt oder sich für diese eine Prüfungsunfähigkeit bescheinigen lässt (vgl. sinngemäß bezgl. Langzeiterkrankungen, BayVGH, B.v.19.4.2006 – 7 ZB 05.1856 -, juris, Rn. 7). Nachdem die vorgelegten Atteste nicht von einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit ausgehen, kann sich die Klägerin ihre gesundheitlich bedingte Verminderung der Leistungsfähigkeit, auch wenn sie sie objektiv benachteiligt haben mag, nicht als Fristüberschreitensgrund anerkennen lassen, da sie die Prüfungen bewusst angetreten hat und damit das Risiko eines Misserfolgs auf sich genommen hat (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 265).
Schließlich ist es auch mit dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Studierenden nicht vereinbar, allein aufgrund der geringen Anzahl an fehlenden Punkten (hier: 3 ECTSPunkte), beispielsweise im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, der Klägerin einen weiteren Prüfungsversuch zu ermöglichen.
3. Ein Anspruch der Klägerin auf eine Fristverlängerung ihres Studiums besteht somit nicht. Weitere Rechtsgrundlagen, die eine Verlängerung der Studiengesamtdauer für die Klägerin begründen könnten, wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.
Eine Beurlaubung im Sinne der §§ 13 f. Immatrikulation-, Rückmelde- und Exmatrikulationssatzung der Beklagten vom 28. Juni 2016 (ImmExmS), wurde nicht von der Klägerin beantragt und wäre wohl auch nicht in deren Sinne. Zwar hat eine Beurlaubung zur Folge, dass das Beurlaubungssemester nicht als Fachsemester gezählt wird (§ 13 Abs. 3 Satz 4 ImmExmS), damit verbunden ist zwangsläufig aber auch der Ausschluss des Studierenden von der Erbringung von Studien- oder Prüfungsleistungen während des Beurlaubungssemesters (§ 13 Abs. 3 Satz 2 ImmExmS); diese Folge wollte die Klägerin, die allein eine punktuelle Prüfungsunfähigkeiten geltend machen will, jedoch gerade ausschließen (ausführlich zum Verhältnis eines – hier nicht streitgegenständlichen – Urlaubssemesters zur Studienfortschrittskontrolle, VG München, U.v. 4.12.18 – M 3 K 16.510).
IV. Aus den dargestellten Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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