Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis bei Alkoholabhängigkeit

Aktenzeichen  B 1 S 16.526

Datum:
1.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1
FeV FeV § 11 Abs. 7, Abs. 8, § 46 Abs. 1
StVG StVG § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

Allein aus dem Umstand, dass eine Klinik nach einer Alkoholbehandlung keine Medikation zur Suchtbekämpfung verordnet hat, kann in dem Fall, dass gleichwohl eine “weiterführende Therapie im Sinne einer Entwöhnungsbehandlung” dringend empfohlen worden ist, nicht geschlossen werden, dass eine Alkoholabhängigkeit beim Antragsteller nicht vorliegt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Nach einer Mitteilung der Polizeiinspektion … vom 09.12.2015 sei am selben Tag durch die Ehefrau des Antragstellers gegen 22.30 Uhr mitgeteilt worden, dass sich ihr Ehemann in einer sehr depressiven Phase befinde, diesbezüglich in ärztlicher Behandlung sei und ihr gegenüber suizidale Absichten geäußert habe. Beim Eintreffen der Polizei sei der Antragsteller in seiner Wohnung angetroffen worden. Auch hier habe er gegenüber den Polizeibeamten suizidale Absichten geäußert. Ein freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest habe einen Wert von 1,54 mg/l ergeben. Aufgrund der geschilderten Situation sei anzunehmen, dass der Antragsteller psychisch krank sei und einer psychiatrischen Behandlung bzw. Betreuung zugeführt werden müsse. Sowohl das Erscheinungsbild des Antragstellers als auch sein gezeigtes Verhalten sprächen dafür, dass der Antragsteller infolge einer psychischen Krankheit, psychischen Störung in erheblichem Maße die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde. Die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt sei daher unaufschiebbar, zumal der Antragsteller nicht willens sei, von den Selbsttötungsabsichten abzulassen und diese gegenüber den Polizeibeamten wiederholt habe.
Der Antragsteller wurde nach dem Unterbringungsgesetz in das Bezirksklinikum …, …, eingewiesen.
Auf eine entsprechende Anfrage des Antragsgegners teilte das Bezirksklinikum … mit, dass bezüglich eines etwaigen noch andauernden Aufenthalts des Antragstellers im Bezirksklinikum keine Angaben gemacht werden könnten, da derzeit keine Schweigepflichtentbindung vorliege.
Mit Schreiben vom 07.01.2016 bat der Antragsgegner den Antragsteller um Vorlage eines ausgefüllten Gesundheitsfragebogens. Dieser ging am 26.01.2016 beim Antragsgegner ein. Danach sei der Antragsteller aufgrund von Alkoholproblemen vom 01.12.2015 – 20.12.2015 in der Psychiatrie in … gewesen, vom 20.12.2015 – 23.12.2015 habe der Antragsteller eine Magenblutung/Magengeschwüre erlitten. Darüber hinaus wurde angegeben, dass der Antragsteller unter epileptischen Anfällen (August 2013) gelitten habe. Weiter wurde angekreuzt, dass sich der Antragsteller aufgrund von Alkoholabhängigkeit bzw. -missbrauch in ärztlicher Behandlung bzw. in einer Entziehungs-/Entwöhnungstherapie befunden habe. Der behandelnde Hausarzt gab an, dass aus ärztlicher Sicht unter Berücksichtigung der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung keine Bedenken bezüglich der Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr bestünden, da sich der Antragsteller in ständiger hausärztlicher Überwachung befinde. Weiter ist unter dem Punkt Nachuntersuchungen/Auflagen/Beschränkungen vermerkt, dass eine Kontrolle der Leberwerte erforderlich sei; der Antragsteller sei seit der stationären Behandlung in … trocken. Über die Wirkung der verordneten Medikamente habe der Hausarzt den Antragsteller ausreichend aufgeklärt.
Am 04.02.2016 zeigte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Antragsgegner an, übermittelte am 12.02.2016 den Entlassungsbericht des Bezirksklinikums … vom 21.12.2015 und machte darüber hinaus Ausführungen zur Sache.
Der Entlassungsbericht der Bezirksklinik vom 21.12.2015 gibt darüber Auskunft, dass der Antragsteller sich vom 09.12.2015 – 21.12.2015 in dortiger stationärer Behandlung befunden hat. Als Diagnosen werden genannt:
– Alkoholintoxikation F10.0 bei Alkoholabhängigkeit F10.2
– Z.n. viermaligen generalisierten epileptischen Anfall im Alkoholentzug
– V.a. obere gastrointestinale Blutung am ehesten aus Varizen im Cardiabereich
– Hypercholesterinämie
– Z.n. akuter Pakreatitis
– Vb. Deckplatteneinsenkung BWK 8 und 11
Der Antragsteller sei bei der Aufnahme ruhig und weitgehend orientiert gewesen. Er habe nicht gewusst, warum er in die Klinik solle, er habe sich nicht suizidal geäußert, die Einweisung habe wohl seine Frau veranlasst. Er habe sich nicht mit ihr gestritten, er habe drei Bier getrunken, sonst nichts. Er nehme keine Medikamente ein und sei auch nicht krank. Er wolle keine weitere Auskunft geben, sondern nur schlafen. Unter dem Punkt „Beurteilung, Therapie und Verlauf“ wurde ausgeführt, die stationäre Aufnahme des Antragstellers sei nach polizeilicher Einweisung auf die beschützende Station im Rahmen einer Alkoholintoxikation mit suizidaler Äußerung erfolgt. Bei fehlender Freiwilligkeit sei die richterliche Unterbringung des Antragstellers erfolgt. Es sei bei eigenanamnestisch bekannten epileptischen Anfällen eine Entzugsbehandlung unter antikonvulsiver Prophylaxe mit Oxcarbazepin eine Entzugsbehandlung begonnen worden. Darüber hinaus habe der Antragsteller Diazepam in absteigender Dosierung erhalten, insgesamt habe sich der Antragsteller in einem deutlichen reduzierten Allgemeinzustand mit auch erheblichen kognitiven Defiziten gezeigt. Bezüglich der Alkoholabhängigkeit habe er sich initial deutlich bagatellisierend geäußert, wenig krankheitseinsichtig und ablehnend. Es seien mehrere psychotherapeutische Gespräche erfolgt, auch habe der Antragsteller an den Gruppentherapien der suchtspezifischen Station teilgenommen. Eine weiterführende Therapie im Sinne einer Entwöhnungsbehandlung erscheine medizinisch dringend indiziert, werde jedoch vom Antragsteller strikt abgelehnt (…). Bezüglich der antikolvusiven Therapie könne im Verlauf eine Reduktion erfolgen. Vorstehend sei durch den Hausarzt eine Therapie mit Lamotrigin bei mehrfachen epileptischen Anfällen immer im Alkoholentzug begonnen worden, die der Antragsteller jedoch nicht regelmäßig eingenommen hätte.
Nach einem hausärztlichen Attest vom 12.02.2016 sei der Antragsteller aktuell nach stationärer Behandlung Feb. 2015 in hausärztlicher Betreuung, zeige hervorragende Compliance, er sei alkoholabstinent. Entsprechend seien die Labor- und Leberwerte. CTD-Transferrin als Alkoholmarker sei im absoluten Normbereich. Aus hausärztlicher Sicht sei festzustellen, dass der Antragsteller seit dem letzten stationären Aufenthalt absolut abstinent gewesen sei, die ärztlichen Anweisungen befolge und „ernsthaft in kleinen psychotherapeutischen Gespräch die Gestaltung des privaten Geschäftslebens in realer Reflexion zu seiner persönlichen Situation bestrebt ist langfristig zu stabilisieren.“ Im Rahmen der vereinbarten engmaschigen psychosomatischen und klinischen Betreuung hausärztlicherseits sei von einer sehr günstigen Prognose auszugehen.
Mit Beibringungsanordnung und einem entsprechenden Begleitschreiben, jeweils vom 04.03.2016, wurde dem Antragsteller aufgegeben, bis zum 04.05.2016 ein ärztliches Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Die Fragestellung wurde wie folgt gefasst:
„Liegt bei dem Untersuchten eine Erkrankung nach Anlage 4 Nr. 6.6, 7 und 8 FeV, die die Fahreignung in Frage stellt, vor? Ist o.g. Person (wieder) in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1/2 gerecht zu werden? Sind Nachuntersuchungen/Auflagen/Beschränkungen erforderlich?.“
Am 18.03.2016 teilte der Antragsteller mit, dass die Begutachtung durch die DEKRA … durchgeführt werden solle. Nachdem der Antragsgegner den Vorgang an die DEKRA weitergeleitet hatte, meldete sich der Bevollmächtigte des Antragstellers am 04.05.2016 beim Antragsgegner und bat um Fristverlängerung bis 31.05.2016, da das Gutachten, wie eine Nachfrage ergeben habe, krankheitsbedingt noch nicht habe fertiggestellt werden können. Sollte das Gutachten vorher fertiggestellt sein, werde es unverzüglich vorgelegt. Die DEKRA … gab die Unterlagen dem Antragsgegner mit Anschreiben vom 11.05.2016 zurück und wies darauf hin, dass Auskünfte nicht gegeben werden könnten, da eine Entbindung von Schweigepflicht nicht erfolgt sei. Mit Telefax vom 31.05.2016 ließ der Antragsteller um Fristverlängerung für die Vorlage des Gutachtens bis 14.06.2016 bitten. Der Antragsgegner verlängerte die Frist zur Vorlage des Gutachtens daraufhin bis zum 08.06.2016 und hörte den Antragsteller, nachdem das Gutachten nicht vorgelegt worden war, am 09.06.2016 zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Dem ließ der Antragsteller durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23.06.2016 entgegentreten.
Nachdem der Antragsgegner am 13.07.2016 weitere Erläuterungen zur Sache gegeben hatte, entzog dieser dem Antragsteller mit Bescheid vom 22.07.2016 die Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, C1 und C1E. Ferner wurde angeordnet, dass der Antragsteller seinen Führerschein bis spätestens fünf Tage nach Zustellung des Bescheides abzugeben habe. Für den Fall der Nichterfüllung der Abgabeverpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht und es wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 11 Abs. 8 FeV schließe, nachdem dieser das geforderte ärztliche Gutachten nicht vorgelegt habe. Die Entziehung der Fahrerlaubnis beruhe auf § 3 Abs. 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 FeV. Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde halte es in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens für geboten, nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anzuordnen. Der sofortige Vollzug des Bescheides sei notwendig, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, dass der Antragsteller nicht mehr am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen könne und somit eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstelle. Die allgemeine Sicherheit habe Vorrang vor den etwaigen Interessen des Betroffenen an der weiteren Teilnahme als Kraftfahrer am Straßenverkehr. Die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins beruhe auf § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
Am 26.07.2016 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.07.2016 erheben, über den – soweit ersichtlich – bisher nicht entschieden wurde. Der Führerschein des Antragstellers ging am 29.07.2016 beim Antragsgegner ein.
Am 26.07.2016 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten um vorläufigen Rechtschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis nachsuchen.
Zur Begründung beziehe sich der Antragsteller auf den bisher geführten Schriftverkehr, u. a. das Widerspruchsschreiben. Gerügt werde ferner die zu pauschale Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (wird näher ausgeführt). Die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens sei ermessensfehlerhaft und unbegründet gewesen. Es sei keine hinreichende Tatsachenaufklärung erfolgt. Fehlerhaft sei auch die Abwägung der Interessenlage des Antragstellers mit den Interessen der Allgemeinheit.
Nachdem das Gericht mit Schreiben vom 08.08.2016 auf eine erste vorläufige Einschätzung der Rechtslage hingewiesen hatte, ließ der Antragsteller seine Ausführungen vertiefen. Die im Entlassungsbericht enthaltenen „Diagnosen“ könnten von der Behörde oder einem anderen medizinischen Laien keinesfalls unhinterfragt übernommen werden, impliziere doch die im Bericht ausdrücklich zu Papier gebrachte Feststellung, dass eben diese „Diagnosen“ ärztlicherseits gestellt worden seien. Eine Diagnose setze jedoch eine eigene, eingehende Untersuchung und Beobachtung des Arztes voraus. Eine solche habe in der vorliegenden Sache nicht vorgelegen (wird näher ausgeführt). Die von dem betreffenden Arzt getätigten Behauptungen seien quasi ins Blaue hinein erfolgt und verstießen gegen jegliche ärztliche Regeln. Dies gelte für die Behauptung eines angeblichen viermaligen generalisierten epileptischen Anfalles – zudem – im Alkoholentzug, wie auch für die angeblich diagnostizierte Alkoholabhängigkeit, die nicht im Mindesten durch eine eigene Anamnese oder gar sonstige Erhebung belegt oder gestützt worden sei. Hierfür fehle im Entlassungsbericht jeglicher Anhaltspunkt. Einzig bleibe im Raum stehen die Alkoholintoxikation bei einer Atemalkoholkonzentration von 1,54 mg/l, die selbstverständlich gar nicht schön geredet werden solle. Diese sei aber offenbar auf eine völlige Überarbeitung des Antragstellers zurückzuführen gewesen, die in Verbindung mit hinzugetretenen (letztlich unbegründeten) Existenzängsten zu den da-mals von ihm geäußerten Suizidabsichten geführt hätten. Der Entlassungsbericht des Klinikums … sei erkennbar unvollständig und zum Teil schlicht unrichtig, so dass er nicht als Grundlage für die vom Antragsgegner formulierten Eignungszweifel herangezogen werden könne, zumal der Hausarzt keine Bedenken gegen eine Teilnahme am Straßenverkehr erhoben habe und nach einer weiteren hausärztlichen Bescheinigung von einer sehr günstigen Prognose auszugehen sei sowie die vorgelegten Blutwerte (Stand: 02.02.2016 und 05.02.2016) eine ganz eigene deutliche Sprache sprächen, wonach beim Antragsteller gar keine alkoholbedingten Beeinträchtigung nachgewiesen werden könnten. Entsprechendes ergebe sich aus einem aktuellen Attest des Hausarztes vom 11.08.2016 mit einem zum 12.08.2016 erstellten Laborblatt für verschiedene zurückliegende Zeitpunkte.
Zum 21.12.2015 möge sicherlich ein deutlicher Alkoholkonsum des Antragstellers festzustellen gewesen sein. Dies stelle lediglich eine einmalige Alkoholintoxikation dar, nicht etwa einen längerfristigen Alkoholmissbrauch mit einem damit etwa gar erforderlich gewordenen Alkoholentzug. Festzustellen sei weiter, dass der Antragsteller niemals im Straßenverkehr auffällig geworden sei, schon gar nicht im Zusammenhang mit Alkohol. Es erschließe sich nicht, wie angesichts eines einmaligen, laienhaft als „Burnout“ zu bezeichnenden Zustandes am 21.12.2015 von einem Dauerzustand der fehlenden Fahreignung im öffentlichen Straßenverkehr geschlussfolgert werden könne. Aus der von den Ärzten des Bezirksklinikums empfohlenen Medikation lasse sich nicht auf eine Alkoholabhängigkeit und die hieraus wohl konsequenterweise für erforderlich zu erachtende Entzugsbehandlung des Antragstellers in irgendeiner medikamentösen Form schließen (wird näher ausgeführt). Damit sei die dem Antragsteller „zur Last gelegte“ Alkoholabhängigkeit nach den eigenen Ausführungen des Bezirksklinikums und der von dort selbst verschriebenen Entlassmedikation als zumindest nicht zu therapieren dokumentiert. Wenn beim Antragsteller eine ernstzunehmende „Verhaltensauffälligkeit“ wie z. B. eine Alkoholabhängigkeit festgestellt worden wäre, dann wäre es sicherlich ohne Zweifel die Verpflichtung der sorgfältigen Ärzte in … gewesen, v. a. auch medikamentös auf den Antragsteller einzuwirken. Dies sei unstreitig nicht erfolgt.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26.07.2016 gegen den Bescheid des Landratsamts … (gemeint: … …*) vom 22.07.2016, Az.: 143-342, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit anzuordnen bzw. wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der angegriffene Verwaltungsakt sei rechtmäßig ergangen und verletzte den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Darüber hinaus erweise sich die Anordnung des Sofortvollzugs ebenfalls als rechtmäßig, da unter Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen des Antragstellers, auch unter Berücksichtigung der in der Antragsschrift vorgetragenen Argumente, das öffentliche Interesse jedenfalls schwerer wiege. Die Eignungszweifel der Fahrerlaubnisbehörde seien nach dem Entlassungsbericht sehr wohl begründet (wird näher ausgeführt). Es sei dem Antragsgegner bis dato nicht bekannt, aus welchem Grund das Gutachten der DEKRA … nicht vorgelegt worden sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nach den Akten in Verbindung mit der Nichtvorlage des angeordneten ärztlichen Gutachtens auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen müssen. Ein Platz für Ermessensspielraum sei hier nicht gegeben gewesen. Die seitens des Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragenen Gründe bzw. Behauptungen lägen ausschließlich im medizinischen Bereich. Eine wertende Diagnose oder Stellungnahme seitens der Fahrerlaubnisbehörde sei hier nicht möglich. Die Fahrerlaubnisbehörde könne sich in derart gelagerten Fällen nur mit der Anordnung eines ärztlichen Gutachtens behelfen. Dieses sei nicht fristgerecht vorgelegt worden. Die vorgetragenen Eignungszweifel hätten somit auch nicht ausgeräumt werden können, die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen gewesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten und das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Gegenstand des vorliegenden Eilantrags ist die Entziehung der Fahrerlaubnis derjenigen Klassen, die im Bescheid des Antragsgegners vom 22.07.2016 ausdrücklich genannt wurden. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis sämtlicher Klassen, über die der Antragsteller verfügt, hat der Antragsgegner nicht angeordnet. Vielmehr wurde die Entziehung auf im Einzelnen bezeichnete Fahrerlaubnisklassen bezogen, einschließlich der jeweiligen Einschlussklassen. Eine Inaugenscheinnahme des in der Behördenakte enthaltenen Führerscheins des Antragstellers ergeben hat, dass dieser auch über eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse A verfügt. Diese wurde nach dem klaren Tenor des Bescheids vom 22.07.2016 nicht entzogen. Aus Gründen der Rechtssicherheit kommt -auch unter Berücksichtigung der Gründe des streitgegenständlichen Bescheids – eine Auslegung der angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis auf die nicht genannte Klasse A nicht in Betracht. Diese stellt auch keine Einschlussklasse einer der ausdrücklich aufgeführten Klassen dar, so dass der Antragsteller derzeit über die entsprechende Fahrerlaubnis (noch) verfügt, wobei der Antragsgegner rechtlich freilich nicht gehindert ist, sein Versehen zu korrigieren.
2. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da der Widerspruch des Antragstellers nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.
Erweist sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, so muss ihm die Verwaltungsbehörde gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis entziehen. Im Hinblick auf den sicherheitsrechtlichen Charakter des Straßenverkehrsrechts ist bei der Beurteilung der Fahreignung die Vermeidung künftiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Teilnahme der zu beurteilenden Person am Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung. Dementsprechend sind nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Vorbemerkung 3 und Ziffer 8.3 der Anlage 4 zur FeV im Regelfall Personen bei Alkoholabhängigkeit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.
In der vorliegenden Sache hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der im Bescheid vom 22.07.2016 genannten Klassen im Ergebnis zu Recht entzogen, da dieser nach den vorliegenden Erkenntnissen wegen Alkoholabhängigkeit die Fahreignung verloren hat.
Nach Lage der Dinge ist – auch ohne gutachterliche Würdigung – von einer hinreichend gesicherten Diagnose der Alkoholabhängigkeit auszugehen, die die Fahreignung (derzeit) ausschließt (vgl. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV). Demnach kommt es für das hiesige Verfahren nicht darauf an, ob die Begutachtungsaufforderung des Antragsgegners vom 04.03.2016 auch in Bezug auf die Erstreckung der Begutachtung auf die in Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV genannten Krankheiten bzw. Mängel den gesetzlichen Anforderungen entspricht, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Begründung.
Für das Gericht stellt sich die Situation unter Berücksichtigung der im Entlassungsbericht des Bezirksklinikums … vom 21.12.2015 enthaltenen Ausführungen so dar, dass der Antragsteller im Dezember 2015 in einen Zustand der Alkoholabhängigkeit geraten ist und von einer zwischenzeitlichen Wiedergewinnung der Fahreignung aktuell (noch) nicht ausgegangen werden kann (vgl. VG Bayreuth, B.v. 14.5.2013 – B 1 S. 13.265 und nachfolgend BayVGH, B.v. 3.7.2013 – 11 CS 13.1149 – letztgenannter Beschluss in juris veröffentlicht).
Im Entlassungsbericht wird die Diagnose Alkoholabhängigkeit unter Bezugnahme auf die Kriterien des ICD-10 (F10.2) ausdrücklich formuliert (bei zusätzlich gegebener Alkoholintoxikation F10.0). Unter dem Punkt „Beurteilung, Therapie und Verlauf“ wurde u.a. ausgeführt, dass eine Entzugsbehandlung eingeleitet worden sei. Bezüglich der Alkoholabhängigkeit habe sich der Antragsteller initial deutlich bagatellisierend, wenig krankheitseinsichtig und ablehnend gezeigt. Es seien mehrere psychotherapeutische Gespräche erfolgt. Auch habe der Antragsteller an den Gruppentherapien der suchtspezifischen Station teilgenommen. Eine weiterführende Therapie im Sinne einer Entwöhnungsbehandlung erscheine medizinisch dringend indiziert, werde jedoch seitens des Antragstellers strikt abgelehnt. Vorbestehend sei durch den Hausarzt eine Therapie mit Lamotrigin bei mehrfachen epileptischen Anfällen immer im Alkoholentzug begonnen worden, das der Antragsteller jedoch nicht regelmäßig eingenommen habe.
Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Ärzte der Bezirksklinik aufgrund ihrer Erfahrung für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit besonders qualifiziert sind. Der Antragsteller hatte sich über einen Zeitraum von nahezu zwei Wochen (09.12.2015 bis 21.12.2015) zur stationären Behandlung im Bezirkskrankenhaus befunden, so dass die zuständigen Ärzte ihre Diagnosen keineswegs aufgrund einer kurzen Momentaufnahme getroffen haben, sondern Gelegenheit zur sorgfältigen Erhebung und Verifizierung der Befunde hatten. Die Ausführungen im Entlassungsbericht zum Punkt „Beurteilung, Therapie und Verlauf“ lassen auch darauf schließen, dass eine eingehende Würdigung der Anamnese des Antragstellers erfolgt ist. So hatte der Antragsteller an mehreren Gesprächen und Gruppentherapien teilgenommen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Diagnose -wie der Antragsteller meint – ins Blaue hinein gestellt worden wäre. Der Entlassungsbericht stellt die Diagnose der Alkoholabhängigkeit auch nicht gleichsam apodiktisch in den Raum, sondern kommt in seinen weiteren Ausführungen mehrfach auf diesen Aspekt zurück.
Beispielsweise wäre eine Entzugsbzw. Entwöhnungsbehandlung von vornherein nicht angezeigt, würde beim Antragsteller keine Abhängigkeit vorliegen. Gleiches gilt dafür, dass es im Alkoholentzug offenbar wiederholt zu epileptischen Anfällen gekommen ist, die ein Ausmaß erreichen, dass sie einer medikamentösen Behandlung bedürfen. Auch diese Zusammenhänge können nicht, wie vom Antragsteller angegeben, damit erklärt werden, er habe seinerzeit lediglich drei Bier getrunken, sonst nichts.
Ergänzend ist im Falle des Antragstellers seine erhebliche Alkoholisierung am 09.12.2015 (AAK von 1,54 mg/l) zu berücksichtigen, die sich in einem Bereich bewegt hat, der ebenfalls sehr deutlich auf eine Alkoholabhängigkeit hinweist (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2009 – 11 CS 09.69 – juris). Die Ehefrau hatte die Polizei am 09.12.2015 gegen 22.30 Uhr alarmiert. Die Aufnahme des Vorgangs erfolgte sodann gegen 23.00 Uhr, so dass die Messung der beim Antragsteller vorhandenen Atemalkoholkonzentration ebenfalls gegen 22.30 bis 23.00 Uhr erfolgt sein dürfte. Die Aufnahme ins Bezirksklinikum erfolgte noch am 09.12.2015, so dass von einem erheblichen Abbau des im Blut des Antragstellers vorhandenen Alkohols bis zur Aufnahme aufgrund der kurzen Zeit nicht ausgegangen werden kann. Trotz seiner massiven Alkoholisierung war der Antragsteller noch in der Lage, mit den Polizisten und den Mitarbeitern der Klinik zu kommunizieren, wenngleich freilich gewisse auf den Alkoholkonsum zurückzuführende Verhaltensweisen und Einschränkungen vorgelegen haben.
Nach Auffassung der Kammer begegnet die Diagnose des Bezirkskrankenhauses auch materiell keinen durchgreifenden Bedenken.
Nach den einschlägigen diagnostischen Leitlinien (vgl. Ziffer 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mai 2014) soll die Diagnose „Abhängigkeit“ nur gestellt werden, wenn während des letzten Jahres vor der Feststellung mindestens drei von sechs im Einzelnen bezeichnete Kriterien gleichzeitig vorgelegen haben (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 27.7.2012 – 11 CS 12.1511 – und B.v. 23.6.2010 – 11 CS 10.31 – juris). Hier liegt unter Berücksichtigung der gemessenen Atemalkoholkonzentration beim Antragsteller ohne Zweifel eine erhebliche Toleranzentwicklung bzw. Giftfestigkeit gegenüber dem Alkohol vor. Der Entlassungsbericht gibt ferner klare Hinweise darauf, dass beim Antragsteller ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums von Alkohol aufgetreten ist; andernfalls hätte es der entsprechenden Medikation gegen die „immer im Alkoholentzug“ (S. 3 des Entlassungsberichts) auftretenden epileptischen Anfälle nicht bedurft. Weiter hat der Antragsteller seinen Substanzkonsum offenkundig weiterbetrieben, obwohl eindeutig schädliche Folgen zu verzeichnen gewesen waren. Das Bezirksklinikum hat beim Antragsteller keine Störung/ Erkrankung aus dem psychischen Formenkreis diagnostiziert. Gleichwohl ist in der Behördenakte mehrfach dokumentiert, dass er wiederholt suizidale Absichten geäußert habe, so dass mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, dass dieses Verhalten maßgeblich auf den massiven Konsum von Alkohol zurückzuführen ist. Vor dem Hintergrund der gemessenen Atemalkoholkonzentration von 1,54 mg/l dürfte schließlich eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich der Beendigung des Konsums von Alkohol gegeben gewesen sein.
Erweist sich aber die von der Bezirksklinik gestellt Diagnose einer Alkoholabhängigkeit in der Sache als tragfähig, so kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller im Dezember 2015 in einen Zustand der Alkoholabhängigkeit im Sinne der Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV geraten war. Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens war insoweit von vornherein entbehrlich (§ 11 Abs. 7 FeV). In dieses Bild passt durchaus auch die Stellungnahme der Hausärztin des Antragstellers, die im Gesundheitsfragebogen betont hat, der Antragsteller sei seit dem Aufenthalt in der Bezirksklinik „trocken“; eine Kontrolle der Leberwerte erscheine angezeigt. Hingewiesen wurde ferner auf die „ständige hausärztliche Überwachung“. Auch wenn die Hausärztin unter den genannten Maßgaben im Ergebnis keine Bedenken hinsichtlich der Fahreignung geäußert hatte, lässt sich doch erkennen, dass auch von ihrer Seite nicht davon ausgegangen worden war, es habe am 09.12.2015 ein singuläres Ereignis ohne Krankheitswert vorgelegen. Anders können die entsprechenden Ausführungen und „Auflagen“ der Hausärztin nicht gedeutet werden.
Vor dem Hintergrund, dass dem Antragsteller eine weiterführende Therapie im Sinne einer Entwöhnungsbehandlung dringend empfohlen worden war, kann alleine aus dem Umstand, dass die Bezirksklinik keine Medikamente verordnet hatte, die ersichtlich speziell dafür vorgesehen wären, die nicht überwundene Sucht zu bekämpfen bzw. das entsprechende Verlangen nach Alkohol zu unterdrücken, nicht geschlossen werden, dass eine Alkoholabhängigkeit beim Antragsteller nicht vorliege. Es kann offen bleiben, aus welchen medizinischen Gründen eine derartige Medikation seinerzeit nicht für sinnvoll gehalten worden war, denn es bestehen abgesehen von diesem Aspekt – wie oben ausgeführt -diverse gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in einen Zustand der Alkoholabhängigkeit geraten war.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner ausnahmsweise im Sinne der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung trotz (noch) nicht überwundener Alkoholabhängigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet wäre, sind nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass er nie beim Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholisiertem Zustand angetroffen worden sei, stellt dies kein ausreichendes Indiz dafür dar, um die Notwendigkeit zu begründen, durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens aufzuklären, ob er insbesondere über eine besondere Fähigkeit zur Verhaltenssteuerung im Sinne des Satzes 2 der Vorbemerkung 3 verfügt und er deshalb in der Lage ist, den Konsum von Alkohol und das Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen. Der Antragsteller hat zwar die Behauptung aufgestellt, in der Vergangenheit niemals alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen zu haben. Allerdings genügt dies alleine zusammen mit dem Umstand, dass eine alkoholabhängige Person noch nie in angetrunkenem Zustand als Führer eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr angetroffen wurde unabhängig von der tatsächlichen Fahrhäufigkeit des Betroffenen nicht, um einen Aufklärungsbedarf im Hinblick auf eine etwaige Ausnahme von der in der Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zum Ausdruck kommenden Regel darzutun. Denn nur ein äußerst geringer Teil aller unter relevantem Alkoholeinfluss durchgeführten Fahrten gelangt den zuständigen Organen der öffentlichen Gewalt überhaupt zur Kenntnis. So geht beispielsweise die einschlägige Literatur davon aus, dass von 600 Fahrten, die mit einer über 0,8%o liegenden Blutalkoholkonzentration unternommen werden, nur eine einzige entdeckt wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 m.w.N. – juris). Über die eigenen Angaben des Antragstellers hinaus liegen keine belastbaren konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass er in der Lage wäre, trotz Alkoholabhängigkeit über ein entsprechendes Trennungsvermögen zu verfügen.
3. Schließlich hat die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung den formalen Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Der Antragsteller hat zwar zu Recht darauf hingewiesen lassen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im streitgegenständlichen Bescheid mit einer (nur) knapp gehaltenen Begründung versehen wurde. Diese genügt jedoch gleichwohl den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen ist das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde daher nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, zu dem auch die Fälle des Fahrerlaubnisentzugs wegen fehlender Fahreignung gehören. Denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt, und dass ein solcher Kraftfahrer zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa BayVGH, B.v. 5.6.2016 – 11 CS 16.879 – juris).
Insgesamt überwiegt daher bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden eigenständigen Interessenabwägung des Gerichts das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs das Interesse des Antragstellers, vorerst weiterhin Kraftfahrzeuge der im Bescheid genannten Fahrerlaubnisklassen im öffentlichen Straßenverkehr führen zu dürfen.
Der Antrag ist nach allem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 46.2, 46.3 und 46.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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