Medizinrecht

Entzug der Fahrerlaubnis rechtmäßig ohne vorherige Anordnung eines ärztlichen Gutachtens, Feststellung der Alkoholabhängigkeit durch Bezirkskrankenhaus

Aktenzeichen  B 1 S 20.477

Datum:
17.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28710
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 11 Abs. 7
FeV Nr. 8.3 Anlage 4 zur

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 8.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A2, A, B, C1 (171), BE (79.06), C1E, L (174, 175) und T durch das Landratsamt … Das Landratsamt … erhielt mit Schreiben vom 9. April 2020 Kenntnis darüber, dass der Antragsteller am 2. Januar 2020 in einer geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses … untergebracht wurde.
Der Antragsteller legte nach Anordnung durch das Landratsamt … den ärztlichen Bericht des Bezirkskrankenhauses … vom 24. Februar 2020 sowie den vorläufigen Entlassbrief der Bezirksklinik … vom 27. März 2020 vor. Nach diesen hielt sich der Antragsteller vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Januar 2020 im Bezirkskrankenhaus … und vom 30. Januar 2020 bis zum 27. März 2020 in der Bezirksklinik … auf. Als Diagnosen wurden unter anderem angegeben: Alkoholentzugssyndrom mit Delir (F10.4), Alkoholabhängigkeit (F10.2) und Epilepsie sonstige Form, nach Alkoholentzug (G40.5).
Mit Schreiben vom 5. Mai 2020 wurde der Antragsteller zum Entzug der Fahrerlaubnis angehört.
Der Antragsteller legte daraufhin den endgültigen Entlassbrief der Bezirksklinik … vom 6. April 2020 vor. Dort wird ausgeführt (Seite 7), dass bei dem Antragsteller bei anhaltender Remission keine Einschränkung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehe.
Unter dem 19. Mai 2020 wies der Bevollmächtigte des Antragstellers darauf hin, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Verlassens der Klinik in … bereits mehrere Monate abstinent gewesen sei. Seit seiner Entlassung habe er keinen Alkohol getrunken und sei deshalb schon fast 5 Monate abstinent. Die Behandlung in der Klinik habe er abbrechen müssen, da er als Hochrisikopatient im Rahmen der Corona-Pandemie einzustufen sei. Er sei bereit, die Abstinenzzeit durch Haarprobenanalysen und Blutprobenanalysen nachzuweisen und fortlaufende Therapieeinrichtungen zu besuchen. Durch den Entzug der Fahrerlaubnis falle er als Arbeitskraft im landwirtschaftlichen Betrieb aus. Alternativ bestünde die Möglichkeit, ihm die Fahrerlaubnisklasse T zu belassen, da alle landwirtschaftlichen Flächen nur über öffentliche Verkehrswege erreichbar seien.
Mit Bescheid vom 25. Mai 2020 (zugestellt am 27. Mai 2020) entzog das Landratsamt … dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A2, A, B, C1 (171), BE (79.06), C1E, L (174, 175) und T (Ziffer I.). Zudem wurde angeordnet, dass der Führerschein umgehend beim Landratsamt abzuliefern sei. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer II.). Es wurde für den Fall der Nichterfüllung der Ablieferungsverpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 750 EUR zur Zahlung angedroht (Ziffer III.). Rechtsgrundlage der Entziehung seien § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Anlage 4 Nr. 8.3 zur FeV, § 46 Abs. 3 FeV. Auf Grund der festgestellten Diagnose der Alkoholabhängigkeit bestehe keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Inwiefern sich eine Remission dauerhaft beim Antragsteller abzeichne, könne erst mittels Vorlage von Nachweisen (Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung, Nachweis einer einjährigen Abstinenz mittels Urinkontrollen und Haaranalysen in einem Kontrollprogramm eines anerkannten Labors bzw. einer Begutachtungsstelle für Fahreignung) und einer abschließenden medizinisch-psychologischen Begutachtung festgestellt werden.
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. Mai 2020, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, Klage erheben. Zugleich wurde um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den zum Aktenzeichen … erlassenen Anordnungsbescheid des Antragsgegners vom 27. Mai 2020 auf Entzug der Fahrerlaubnis wird wiederhergestellt.
Der Antragsteller besitze seit … einen Führerschein und fahre unfallfrei. Es gebe keine Eintragungen im Fahreignungsregister. Der Bescheid sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stade (B.v. 18.3.2015 – 1 B 382/15) rechtswidrig. In dieser Entscheidung sei eine Eignungsuntersuchung als nicht geeignet angesehen worden, die aktuelle Alkoholabhängigkeit abzuklären, da sie nicht die eigentliche Fragestellung, sondern nur ein Nebenergebnis gewesen sei. Es hätte ein eigenständiges ärztliches Gutachten abgewartet werden müssen. Das Landratsamt hätte auf das Schreiben vom 19. Mai 2020 mit der Anordnung eines Gutachtens und der Vorlage von Haar- und Urinprobenanalysen reagieren müssen. Nicht berücksichtigt worden sei, dass der Antragsteller die Therapie auf Grund des hohen Infektionsrisikos unfreiwillig habe abbrechen müssen. Der Kläger habe seine Behandlung am 27. Mai 2020 wieder aufgenommen. Eine Bestätigung der Diakonie wurde vorgelegt (auch für einen Folgetermin). Der Kläger werde am 16. Juni 2020 eine Haarprobenanalyse durchführen lassen, um seine ununterbrochene Abstinenz seit Anfang des Jahres nachweisen zu können (Bestätigung durch den TÜV Süd). Der wirtschaftliche Aspekt (Zusammenbruch des landwirtschaftlichen Unternehmens) sei nicht gewürdigt worden.
Der Antragsteller gab seinen Führerschein am 2. Juni 2020 bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2020, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 10. Juni 2020, legte der Antragsgegner die Verwaltungsakte vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe weder eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung durchlaufen noch eine 12-monatige Abstinenz nachgewiesen. Ein Ermessen stehe der Fahrerlaubnisbehörde nicht zu. Die Ungeeignetheit beziehe sich auf alle Fahrerlaubnisklassen (somit auch T), da auch für diese Fahrerlaubnisklasse öffentliche Straßen und Wege benutzt würden, wodurch Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet werden könnten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die übermittelte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Die in den Berichten der Bezirkskliniken … und … diagnostizierte Alkoholabhängigkeit des Antragstellers rechtfertigt die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 7 FeV der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) auch ohne vorherige Anordnung eines ärztlichen Gutachtens.
a) Alkoholabhängigkeit führt nach Anlage 4 Nr. 8.3 zur FeV zum Ausschluss der Eignung oder bedingten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Wer alkoholabhängig ist, hat grundsätzlich nicht die erforderliche Fähigkeit, den Konsum von Alkohol und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr zu trennen. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Betreffende bereits mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden ist (BVerwG, B.v. 21.10.2015 – 3 B 31.15 – DAR 2016, 216). Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat damit zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, ohne dass es hierfür der Abklärung durch ein Fahreignungsgutachten bedarf. Die Anordnung gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV, ein ärztliches Gutachten beizubringen, ist nur erforderlich, wenn zwar Tatsachen die Annahme einer Alkoholabhängigkeit begründen und daher Zweifel hinsichtlich der Fahreignung vorliegen, aber nicht mit hinreichender Gewissheit feststeht, ob der Betreffende tatsächlich alkoholabhängig ist.
Im Fall des Antragstellers ergibt sich das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit mit hinreichender Gewissheit aus den Berichten des Bezirkskrankenhauses … vom 24. Februar 2020 und der Bezirksklinik … vom 27. März 2020. Beiden Schreiben kann für den Antragsteller die Diagnose: Alkoholabhängigkeit (F10.2) entnommen werden. Es wird ausgeführt (Bezirkskrankenhaus …), dass der Antragsteller bereits vom 5. September 2018 bis zum 20. September 2018 wegen längjährigen Alkoholkonsums in Behandlung gewesen sei. Man habe beim Antragsteller aktuell einen qualifizierten Alkoholentzug durchgeführt. Er sei nahtlos in die Entwöhnungsbehandlung nach … entlassen worden. Hinsichtlich dieser Entwöhnungsbehandlung wird ausgeführt, dass sich der Antragsteller in … vom 30. Januar 2020 bis zum 27. März 2020 aufgehalten habe und wegen der Coronapandemie vorzeitig entlassen worden sei, da er als Risikopatient eingestuft worden sei. Das vom Antragsteller im Rahmen seiner Anhörung vorgelegte Schreiben der Bezirksklinik … vom 6. April 2020 bestätigt die Diagnose der Alkoholabhängigkeit nochmals ausführlich.
An der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit bestehen nach Ansicht des Gerichts keine begründeten Zweifel. Bei den bayerischen Bezirkskliniken handelt es sich um Einrichtungen, die nach Art. 48 Abs. 3 Nr. 1 der Bezirksordnung für den Freistaat Bayern unter anderem der Betreuung von Suchtkranken dienen. Attestiert eine Bezirksklinik einer Person, die sich dort längere Zeit (hier knapp einen Monat und drei Monate) stationär aufgehalten hat, eine Abhängigkeitssymptomatik, kommt einer solchen Diagnose ein hoher Grad an Verlässlichkeit zu. Denn eine so lange Befassung mit einem Patienten verschafft den behandelnden Ärzten ein mehr als nur oberflächliches Bild von seinen Lebensgewohnheiten und Lebenseinstellungen, seiner psychischen Verfassung und seinen nutritiven Gewohnheiten und damit von Faktoren, die für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit von Bedeutung sind (BayVGH, B.v. 16.11.2016 – 11 CS 16.1957 – juris Rn. 14 unter Berufung auf B.v. 27.7.2012 – 11 CS 12.1511 – juris Rn. 27 ff.; B.v. 17.12.2015 – 11 ZB 15.2200 – juris Rn. 20). Deshalb ist nach den für die Begutachtungsstellen entwickelten Beurteilungskriterien (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie [DGVP] und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin [DGVM], 3. Auflage 2013) die Tatsache, dass eine Alkoholabhängigkeit bereits extern diagnostiziert wurde, ein Kriterium für das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit, insbesondere wenn die Diagnose von einer suchttherapeutischen Einrichtung gestellt oder eine Entgiftung durchgeführt wurde (BayVGH, B.v. 16.11.2016 – 11 CS 16.1957 – juris Rn. 14). Dass eine solche Diagnose durch ein öffentlich-rechtliches Krankenhaus nicht leichtfertig gestellt wird, muss umso mehr angenommen werden, als die Feststellung einer Alkoholabhängigkeit gravierende Folgen sowohl für die Lebensführung und die beruflichen Möglichkeiten des Betroffenen als auch für seine Weiterbehandlung durch Dritte besitzt. Diese Umstände sowie die straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus der unzutreffenden Behauptung einer Alkoholabhängigkeit ergeben können, stehen der Annahme entgegen, eine Bezirksklinik würde einen von ihr stationär therapierten Patienten gegenüber dem weiterbehandelnden Arzt auch dann als alkoholabhängig (und zwar nicht nur in Gestalt einer Verdachts-, sondern einer feststehenden Diagnose) bezeichnen, wenn ein derartiger Befund nicht zur Überzeugung der verantwortlichen Klinikärzte feststeht (BayVGH, B.v. 27.7.2012 – 11 CS 12.1511 – juris).
Das Angebot des Bezirkskrankenhauses … erstreckt sich nach dem Briefkopf auf Klinische Suchtmedizin, Suchtmedizinische Ambulanz und Substitutionsambulanz. Die Bezirksklinik … ist eine Suchtfachklinik (Therapiezentrum für Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige). Die beiden Fachkrankenhäuser verfügen deshalb über einen hohen Grad an Spezialisierung auf Suchterkrankungen.
Dem vom Bevollmächtigten des Antragstellers zitierten Beschluss des VG Stade vom 18. März 2015 (1 B 382/15 – juris) ist nichts anderes zu entnehmen. In diesem wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass durch ärztliche Entlassberichte eine Alkoholabhängigkeit grundsätzlich belegt werden kann (Ausführungen unter Rn. 25). Im dort zu entscheidenden Fall lagen die Berichte aber so lange zurück, dass nicht beurteilt werden konnte, ob eine Alkoholabhängigkeit während des letzten Jahres noch vorlag. Anders ist der hier zu entscheidende Fall, da der Antragsteller die Suchtklinik erst im März 2020 verlassen hat und beide Kliniken Alkoholabhängigkeit anhand der ICD-10 Kriterien aktuell beurteilen konnten.
b) Der Antragsteller hat die Alkoholabhängigkeit auch noch nicht überwunden. Nach Anlage 4 Nr. 8.4 zur FeV und Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung ist die Fahreignung erst wieder gegeben, wenn die Abhängigkeit nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist. Außerdem müssen der Einstellungswandel und die Verhaltensänderung als hinreichend gefestigt und stabil einzuschätzen sein (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 13 FeV Rn. 27). Der Nachweis, dass die Verhaltensänderung stabil gefestigt ist, ist mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu führen (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV). Diese Nachweise hat der Antragsteller trotz Vorlage des umfangreichen Schreibens der Bezirksklinik … vom 6. April 2020 nicht geführt. Selbst wenn man den Aufenthalt dort zugunsten des Antragstellers als erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung auslegen würde, kann der Nachweis der einjährigen Abstinenz mangels Zeitablaufs nicht gelingen.
2. Schließlich hat die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung den formalen Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Es wurde zu Recht festgestellt, dass das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegenüber den Belangen der Verkehrssicherheit zurückzustehen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963, B.v. 11.5.2011 – 11 CS 10.68, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139, B.v. 19.7.2010 – 11 CS 10.540, B.v. 25.5.2010 – 11 CS 10.227 und B.v. 25.3.2010 – 11 CS 09.2580; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids gerecht.
Insgesamt überwiegt auch bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen eigenständigen Interessenabwägung des Gerichts das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs deutlich das Interesse des Antragstellers, vorerst weiterhin Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr führen zu dürfen. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass das Fahrerlaubnisrecht als Spezialmaterie des Rechts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerade dazu dient, Gefahren zu verhindern, die sich aus der Teilnahme ungeeigneter Personen am Straßenverkehr ergeben, grundsätzlich auch bei beruflicher oder privater Betroffenheit (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 16.6.2009 – 11 CS 09.373 – juris).
Ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes von einer Alkoholabhängigkeit des Antragstellers auszugehen, kommt dem Umstand, dass er nach Aktenlage bisher nicht unter Alkoholeinfluss motorisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat, keine Erheblichkeit zu. Wie die Gegenüberstellung der Nr. 8.3 mit der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zeigt, macht die Rechtsordnung den Verlust der Fahreignung bei Alkoholabhängigkeit nicht von dem Nachweis abhängig, dass der Betroffene zwischen dem Konsum dieses Rauschmittels und dem Führen von Fahrzeugen nicht zu trennen vermag. Sofern nicht besondere Umstände hinzutreten, genügt die bisherige straßenverkehrsrechtliche Unauffälligkeit einer alkoholabhängigen Person aus dem gleichen Grund ferner nicht, um einem von ihr eingelegten Anfechtungsrechtsbehelf gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis im Wege der Interessenabwägung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (BayVGH, B.v. 27.7.2012 – 11 CS 12.1511 – juris).
Da (wie der Antragsteller ausgeführt hat) landwirtschaftliche Fahrzeuge ebenfalls am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, kann wegen der damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben Dritter auch keine Ausnahme in Bezug auf die Fahrerlaubnisklasse T gemacht werden.
3. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5, 46.1, 46.3, 46.5 und 46.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).


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