Medizinrecht

Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Polen

Aktenzeichen  AN 14 K 15.50450

Datum:
27.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 27a, § 34a
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
Dublin-III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 12 Abs. 4

 

Leitsatz

1 Die Aufnahmebedingungen in Polen genügen den allgemeinen grund- und menschenrechtlichen Standards. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender ist gewährleistet. Sie ist in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität. (redaktioneller Leitsatz)
3 Zur Substantiierung einer posttraumatischen Belastungsstörung gehört ein den Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest. (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
AN 14 K 15.50450
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 27. Januar 2016
14. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 710
Hauptpunkte:
Abschiebungsanordnung nach Polen, keine systemischen Mängel in Polen, keine Reisefähigkeit, posttraumatische Belastungsstörung, Mindestanforderungen an ärztliche Atteste
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. … geb. …1966
2. … geb. …1967
3. …, geb. … 2002
gesetzlich vertreten durch den Vater …
gesetzlich vertreten durch die Mutter …
zu 1 bis 3 wohnhaft: …
– Kläger –
zu 1 bis 3 bevollmächtigt: Rechtsanwälte …
gegen

vertreten durch: Bundesamt …, Referat Außenstelle …
– Beklagte –
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 14. Kammer, durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Bayer aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Januar 2016
am 27. Januar 2016
folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Kläger, ukrainische Staatsangehörige, wenden sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach Polen.
Sie reisten eigenen Angaben zufolge am 16. April 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11. Juni 2015 Asylanträge.
In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 20. September 2015 erklärten die Kläger zu 1) und zu 2), dass sie mit ihrer Familie am 15./16. April 2015 die Ukraine verlassen hätten und über Polen nach Deutschland eingereist seien. Am 6. April 2015 sei das polnische Visum ausgestellt worden, das bis 5. Mai 2015 gültig gewesen sei. Der Kläger zu 1) ergänzt, dass er in der Ukraine einen Schlaganfall erlitten habe, der auch dort behandelt worden sei. Er nehme noch Blutdruckmedikamente. Nach Polen wolle er auf keinen Fall überstellt werden, da er sich dort vor einer Auslieferung in die Ukraine nicht sicher fühle. In Deutschland fühle er sich sicher und er habe hier auch seinen erwachsenen Sohn, Herrn … geb. … 1989, mit seiner Familie (vgl. Parallelverfahren mit den Az. AN 14 S 15. 50447 und AN 14 K 15. 50448) und seine Nichte, die schon seit über 15 Jahren in Deutschland lebe. Er kenne Deutschland noch aus seiner Zeit als Militärangehöriger in der DDR und fühle sich hier beschützt.
Die Klägerin zu 2) ergänzt in ihrer Zweitbefragung, dass sie Medikamente gegen Herzerkrankung einnehme. Zudem habe sie Probleme mit der Schilddrüse, mit den Nieren und habe einen Schlaganfall erlitten. Sie sei deswegen in ärztlicher Behandlung. Ärztliche Atteste lägen ihr nicht vor. Sie wolle auf keinen Fall nach Polen überstellt werden, dass sie sich dort nicht sicher vor einer Auslieferung in die Ukraine fühle. In den 80er/90er Jahren habe sie in Deutschland gelebt. Hier habe sie ihren Sohn zur Welt gebracht. Außerdem seien noch Verwandte von Seiten ihres Ehemannes in Deutschland.
Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) – polnische Visa – lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).
Die Beklagte richtete am 9. September 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Polen. Die polnischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 21. September 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015, zugestellt den Klägern am 2. Oktober 2015, wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1) und die Abschiebung der Kläger nach Polen angeordnet (Ziffer 2).
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015 aufzuheben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.
Zur Begründung wurde unter Verweis auf die Beschlüsse des VG Meiningen vom 26. April 2013 sowie des VG Wiesbaden vom 10. September 2013 vorgetragen, dass das Asylverfahren in Polen nach Rechtsprechung und Auskunftslage Mängel aufweise, die dazu führen würden, dass dort kein Asylverfahren nach rechtsstaatlichen Begriffen zu erwarten sei. Hinzu komme die persönliche Gefährdungslage des Klägers zu 1). Er sei nach Beendigung seines Militärdienstes in der Ukraine im Polizeidienst tätig gewesen. Aufgrund des dort herrschenden Bürgerkrieges erhielt er einen Einberufungsbefehl zur ukrainischen Armee, trotz seines vollendeten 41. Lebensjahres. Aus Gewissensgründen habe der Kläger zu 1) diesem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet, da er es nicht verantworten konnte, in einer als Bürgerkrieg zu bezeichnenden Auseinandersetzung gegen Landsleute, möglicherweise auch Verwandte, schießen zu müssen. Aufgrund dieses Umstandes gilt der Kläger zu 1) in der Ukraine nunmehr als Deserteur. Seiner Kenntnis nach werde dieses Vergehen mit einer Strafe bis zur lebenslänglichen Freiheitsstrafe bedroht. Zwischen der Ukraine und Polen bestehe ein Auslieferungsabkommen. Er müsse daher befürchten, dass er bei einer Abschiebung nach Polen nicht etwa als Asylsuchender behandelt werde, sondern unverzüglich an die Ukraine ausgeliefert werde.
Darüber hinaus verweisen die Kläger hinsichtlich der Zweifel an den systemischen Mängeln auf die Studien des UNHCR und der darin enthaltenden drohenden Obdachlosigkeit von Asylsuchenden in Polen, Bulgarien und der Slowakei.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015 wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.
Hiergegen ließen die Kläger durch Schriftsatz ihrer neuen Prozessbevollmächtigten vom 6. November 2015 Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Abänderung des Beschlusses stellen. Auf dieses Antragsverfahren mit dem Aktenzeichen AN 14 S 15.50496 wird verwiesen.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 6. November 2015 stellten die Kläger einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Klageverfahren unter Beiordnung der unterfertigten Rechtsanwältin.
Die Kläger berufen sich auf das Abschiebungshindernis in Gestalt der Reise- und Transportunfähigkeit des Klägers zu 1) und legen hierzu ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Herrn …, vom 29. Oktober 2015 vor. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger zu 1) unter Depressionen leide, die vor allem unter vermehrtem Stress auftreten. Eine posttraumatische Belastungsstörung könne mit Sicherheit nicht ausgeschlossen werden. Neben der eingeleiteten medikamentösen Therapie sei der Patient auf psychotherapeutische Betreuung angewiesen. Des Weiteren findet sich der Hinweis in dem ärztlichen Attest, dass der Kläger zu 1) „weiterhin reiseunfähig“ sei. Eine Abschiebung aus dem Lande könne eine Verschlechterung des Krankheitszustandes hervorrufen. Eine Abschiebung aus dem Lande werde aus medizinischer Sicht für nicht vertretbar gehalten.
Mit Schriftsatz vom 11. November 2015 wird eine ärztliche Stellungnahme der Gemeinschaft Praxis … vom 3. November 2015 vorgelegt. In dieser Stellungnahme ergibt die Diagnose Depression und Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung. Die zusammenfassende Beurteilung anhand der durchgeführten Befunde ergibt, dass der Kläger zu 1) erstmalig am 28. Oktober 2015 in Begleitung einer Dolmetscherin in der Praxis vorstellig war. Eine Suizidalität konnte ausgeschlossen werden. Bezüglich der ausgeprägten Angstsymptomatik wurde eine medikamentöse Therapie verordnet. Das EEG war unauffällig. Eine weitere psychiatrische Weiterbehandlung sei dringend notwendig.
Wiederum mit Schriftsatz vom 30. November 2015 wird ein wortgleiches ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Herrn …, vom 26. November 2015 vorgelegt. Inhaltlich ergeben sich keinerlei Änderungen gegenüber dem vorhergehenden ärztlichen Attest vom 29.10.2015. Der Kläger zu 1) sei „weiterhin reiseunfähig“.
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger legen mit Schriftsatz vom 7. Januar 2016 erneut ein wortgleiches ärztliches Attest des oben genanntes Facharztes für Allgemeinmedizin vom 21. Dezember 2015 vor, woraus sich wiederum ohne nähere Angaben bzw. Begründung ergibt, dass der Kläger zu 1) „weiterhin reiseunfähig“ sei. Darüber hinaus wird eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin vorgelegt. Hiernach sei der Kläger zu 1) seit dem 18. Dezember 2015 bis voraussichtlich 22. Dezember 2015 arbeitsunfähig.
Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte mit Beschluss vom 12. Januar 2016 den Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin … ab.
Am 14. Januar 2016 stellten die Kläger erneut einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015. Dieser wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. Januar 2016 abgelehnt (Az. AN 14 S 16.50011).
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015, zugestellt am 2. Oktober 2015, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid. Ergänzend trägt die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. November 2015 vor, dass das Attest vom 29. Oktober 2015 von einem Allgemeinpraktiker (wenn auch insoweit Facharzt) erstellt worden sei. Im Hinblick auf die starken angeblichen Bezüge zu psychischen Problemen könnten Zweifel an der Aussagekraft laut werden. Insbesondere stehe erkennbar noch kein Rückführungsdatum fest bei längerer Restfrist.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach wurden in der mündlichen Verhandlung die Verfahren mit den Az. AN 14 K 15.50448 und AN 14 K 15.50450 nach § 93 VwGO zur gemeinsamen Verhandlung miteinander verbunden.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2016 erschien die Klägerin zu 2). Nach ihren Angaben befände sich der Kläger zu 1) im Krankenhaus. Die Klägerin zu 2) gab an, dass in der Ukraine Krieg herrsche. Ihr Mann sei für 3 Monate zum Militärdienst eingezogen worden und habe einen Lehrgang absolvieren müssen. Sogar während seines Urlaubs sei er zum Militär einberufen worden. Seit diesem Zeitpunkt leide er unter psychischen Problemen, habe Angstzustände, schlimme Träume und Suizidgedanken. In Polen selbst sei nichts Besonderes vorgefallen. Gestern Mittag sei es ihrem Mann so schlecht gegangen, dass er zu einem Allgemeinarzt gegangen sei, der einen zu hohen Blutdruck festgestellt habe. Anschließend sei er in ein Krankenhaus in … gegangen, wo er immer noch sei.
Die Prozessbevollmächtigte der Kläger liegt zudem in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 neue, ärztliche Atteste vor. Aufgrund der Diagnose „hypertensive Krise“ wird mit Schreiben vom 14. Januar 2016 des Facharztes für Allgemeinmedizin, … für den Kläger zu 1) eine Krankenhausbehandlung verordnet. Aus dem nervenärztlichen Attest der Praxis … vom 12. Januar 2016 ergibt sich, dass sich der Kläger zu 1) seit dem 28.10.2015 mit Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung sowie einer Depression mit Suizidalität in der regelmäßigen ambulanten psychiatrischen Behandlung befindet. Eine weitere regelmäßige psychiatrische Behandlung mit Anpassung der psychiatrischen Medikation sei deswegen notwendig. Eine stationäre Behandlung im Bezirksklinikum … sei für nächste Woche geplant. Der genaue Aufnahmetermin stehe noch nicht fest. Ein Einweisungsschein sei bereits am 13. Januar 2016 ausgestellt worden, der ebenfalls dem Gericht übergeben wurde.
Aus dem nervenärztlichen Attest der oben genannten Nervenärzte vom 12. Januar 2016 ergibt sich für die Klägerin zu 2), dass sie sich seit dem 27. Oktober 2015 in der ambulanten psychiatrischen Behandlung befinde. Die Diagnose lautet „akute Belastungsreaktion“ und „V. a. Angst und depressive Störung gemischt“. Aufgrund der Erlebnisse im Heimatland gehe es ihr sehr schlecht. Die Patientin sei weiterhin behandlungsbedürftig, auch eine Psychotherapie in russischer Sprache bzw. ein stationärer Aufenthalt auf einer entsprechenden Station wären aus psychiatrischer Sicht dringend indiziert.
Die Klägervertreterin stellte in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2016 hilfsweise für den Fall der Klageabweisung folgende Beweisanträge aus dem Schriftsatz vom 6. November 2015 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen AN 14 S 15. 50449 im Falle der Klageabweisung:
„zum Beweis der Tatsache, dass aufgrund der Erkrankung des Klägers zu 1) und Antragstellers zu 1) Reiseunfähigkeit gegeben ist, wird beantragt, dass ein amtsärztliches Gutachten auf Veranlassung des Gerichts eingeholt wird,
zum Beweis der Tatsache, dass der Antragsteller zu 1) und Kläger zu 1) wegen seiner Erkrankung ärztlicher Behandlung bedarf und diese Behandlung nicht in Polen gewährleistet werden kann, insbesondere aufgrund eines erschwerten Zugangs von Asylbewerbern zum Gesundheits- und Sozialsystem in Polen, wird beantragt, eine Auskunft von Amnesty International, hilfsweise und nachrangig von einer anderen fachinformierten Auskunftsstelle einzuholen.“
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Behörden- und Gerichtsakten, auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016, auf die Gerichtsverfahren des erwachsenen Sohnes des Klägers zu 1) mit den Az. AN 14 S 15.50447 (Antragsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO) und AN 14 K 15.50448 (Klageverfahren) sowie auf das (erste) Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (AN 14 S 15.50496) und das (zweite) Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (AN 14 S 16.50011) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Nach § 34a AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn feststeht, dass sie auch durchgeführt werden kann. Hierbei bedarf es nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG einer vorherigen Androhung und Fristsetzung nicht. Dem liegt zugrunde, dass das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller nach § 27a AsylG zu Recht als unzulässig abgelehnt hatte.
Formfehler diesbezüglich sind weder erkennbar noch vorgetragen.
Damit treffen die Verpflichtungen aus Art. 18 ff der Dublin III-VO die Republik Polen.
Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, liegen entgegen der Auffassung der Kläger nicht vor.
Hierbei ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, da es sich bei Polen um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit entgegen den Ausführungen der Antragsteller um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylG handelt.
Damit ist Polen, wie dargelegt, nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger zuständig.
Die Dublin III-VO ist die grundlegende Vorschrift auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 19.3.2014, Az.: 10 B 6/14 m. w. N., juris). Dieses gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, Rechtssache: RS: C-411/10 und C-493/10, juris). Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn dieser zuständige Mitgliedsstaat sogenannte „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 10.12.2013, RS: 10-394/12, juris). Diese Rechtsprechung mündete nunmehr in Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO, der bestimmt, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird.
Solche systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO liegen aber entgegen den Ausführungen der Kläger erst dann vor, wenn die bereits angesprochenen Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb setzen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO voraus, dass die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die konkrete Gefahr einer gegen die Grundrechte verstoßenden Behandlung im zuständigen Staat aus der grundsätzlichen Behandlung der Asylbewerber heraus ergeben muss, die eben systemisch angelegt sein muss, dass also eine Verletzung von Grundrechten in einem Einzelfall nicht zur Aktivierung des Selbsteintritts ausreicht (BVerwG, B. v. 6.6.2014, Az.: 10 B 25/14, juris).
Diese Defizite müssen des Weiteren in der Art und Weise offensichtlich sein, dass sie im überstellenden Mitgliedsstaat allgemein bekannt sein müssen (EUGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) und im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaats angelegt sein oder die Vollzugspraxis dort strukturell prägen, so dass sie des Weiteren aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit aus Sicht der zuständigen Behörden und Gerichte verlässlich zu prognostizieren sind (BVerwG v. 6.6.2014, a. a. O., m. w. N.).
Allerdings ist im vorliegenden Fall nicht von solchen systemischen Schwachstellen auszugehen.
Hierzu wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom
24. September 2015 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.
Auch der Vortrag der Kläger führt zu keiner anderen rechtlichen Betrachtung.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid des Bundesamtes vom 24. September 2015 die Abschiebungsanordnung nach Polen als zuständigen Mitgliedstaat für die Überprüfung der Asylverfahren der Kläger beinhaltet und nicht die Abschiebung zurück in die Ukraine. Wie die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2016 selbst ausgeführt hat, beruhen ihre eigenen Ängste für ihre Familie und die ihres Mannes, dem Kläger zu 1) auf dem Kriegsgeschehen und dem Einberufungsbefehl zum Militär in ihrem Heimatsstaat Ukraine.
Ergänzend bleibt noch auszuführen, dass auch nach der überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen nicht vorliegen (vgl. VG Aachen, U. v. 19.08.2015, Az. 6 K 2553/14.A; VG München, B. v. 29.06.2015, Az. M 24 K 15.50074; BayVGH, U. v. 22.06.2015, Az. 11 B 15.50049; sowie B. v. 28.04.2015, Az. 11 ZB 15.50065; VG Ansbach, B. v. 19.06.2015, Az. 14 S 15.50134; und U. v. 17.02.2015, Az. 14 K 14.50221 sowie Az. 14 K 14.50222; VG Frankfurt (Oder), B. v. 09.06.2015, Az. 6 L 324/15.A; VG Gelsenkirchen, U. v. 10.03.2015, Az. 6a K 3687/14.A; VG Magdeburg, B. v. 14.4.2015, Az.: 9 B 147/15; VG Düsseldorf, B. v. 02.03.2015, Az. 17 L 2510/14.A; VG Weimar, U. v. 29.10.2014, Az. 7 K 20180/11 We mit weiteren Hinweisen zur medizinischen Versorgung und Hilfen in Polen; alle aus juris).
Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie „Migration Is Not a Crime – Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Behandlung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Studie). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlingsrat getragenen „…“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen. Den in den genannten Quellen niedergelegten Erkenntnissen entsprechen schließlich auch die Angaben in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Wiesbaden vom 6. Dezember 2013 betreffend die Rücküberstellung nach Polen im Rahmen des Dublin II-Verfahrens und in der Antwort der Bundesregierung vom 25. September 2013 auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter zur asylrelevanten Lage in Tschetschenien, die sich auf den Seiten 5 ff. mit der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, namentlich mit deren medizinischer Behandlung, befasst (Bundestags-Drucksache 17/14795).
Bei den erwähnten Verwandten der Kläger handelt es sich darüber hinaus nicht um Familienangehörige im Sinne des Art. 2 lit. g Dublin III-VO. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor und wurden auch nicht vorgetragen, dass bereits im Herkunftsland eine Familieneinheit bestanden habe. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Nichte des Klägers zu 1), welche sich seit 15 Jahren in Deutschland aufhalten soll.
Der gestellte Asylantrag des erwachsenen Sohnes des Klägers zu 1), Herrn …, wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015 ebenfalls als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Polen angeordnet. In dem parallel erhobenen Antragsverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach (Az. AN 14 S 15.50447) wurde ebenfalls der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den zugrunde liegenden Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015 abgelehnt. Auf dieses Verfahren wird verwiesen.
2. Die Abschiebung kann trotz der von den Klägern vorgelegten psychologischen und ärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin, … und der Nervenärzte … durchgeführt werden.
Hinsichtlich des Klägers zu 1) kommen die behandelnden Ärzte … und … gemäß den zuletzt dem Gericht vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen bzw. Schreiben – die Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 14. Januar 2016, das ärztliche Attest vom 12. Januar 2016 und die Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 13. Januar 2016 – zu dem Ergebnis, dass beim Kläger zu 1) eine hypertensive Krise, der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Depression mit Suizidalität vorliegt.
Die Beklagte hat zwar bei der hier erfolgten Abschiebungsanordnung sowohl inlandsbezogene als auch auslandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit oder eine bestehende Suizidgefahr bzw. eine nachhaltige Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes im Falle einer Abschiebung. Solche Gründe sind indes nach Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Den vorgelegten Stellungnahmen ist schon nicht zu entnehmen, dass der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung zurzeit transportunfähig oder reiseunfähig ist.
Zwar stellt das nervenärztliche Attest vom 12. Januar 2016 fest, dass „eine weitere regelmäßige psychiatrische Behandlung mit Anpassung der psychiatrischen Medikation notwendig“ ist und eine stationäre Behandlung im Bezirksklinikum … für die nächste Woche geplant sei.
Allerdings reichen die vorliegenden Atteste zur Glaubhaftmachung eines tatsächlich bestehenden Abschiebungshindernisses nicht aus (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 28. 10. 2013, Az. 10 CE 13.2257; juris).
Darüber hinaus entsprechen weder die nervenärztlichen Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin … vom 29. Oktober 2015, 26. November 2015 und 21. Dezember 2015, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18. Dezember 2015, die Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 14. Januar 2016 noch die ärztliche Stellungnahme der Nervenärzte … vom 12. Januar 2016 bzw. deren Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 13. Januar 2016, und ebenfalls nicht die ärztliche Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis … … vom 3. November 2015 den formalen Anforderungen des BVerwG an die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (BVerwG, Urteil v. 11. 9. 2007, Az. 10 C 8.07https://b…de/?typ…). Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und seiner vielfältigen Symptomatik gehört zur Substantiierung des Vorbringens einer solchen Erkrankung die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf geben (Medikation und Therapie). Wird das Vorliegen der posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatische Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise im Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Krankheit nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1995, Az. 1 B 205.93 und Urteil vom 11.09.2007, a. a. O.).
Die ärztlichen Stellungnahmen des Facharztes für Allgemeinmedizin … entsprechen schon deshalb nicht den Vorgaben des BVerwG, weil die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung nur als Verdacht diagnostiziert wurde. Zudem geht kein Attest darauf ein, welche Behandlung und Therapie erforderlich ist und mit welcher Dauer der Behandlung zu rechnen ist. Insbesondere finden sich keine substantiierten und konkreten Angaben darüber, ob die vom Kläger geklagten Beschwerden durch die vom Arzt erhobenen Befunde bestätigt werden. Auch das nervenärztliche Attest vom 12. Januar 2016 spricht allein von einem Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung.
Der diffuse Krankheitszustand des Klägers zu 1) zeigt sich auch darin, dass er momentan sich aufgrund der Angaben seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 im Krankenhaus befinde, jedoch nicht wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer Depression, sondern weil es ihm am 14. Januar 2016 mittags schlecht gegangen sei, er unter Kopfschmerzen gelitten habe und der Facharzt für Allgemeinmedizin zunächst einen hohen Blutdruck festgestellt habe. Zudem wurden in dem Klageschriftsatz und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 08. Oktober 2015 durch die vormaligen Prozessvertreter der Kläger noch keinerlei gesundheitliche Beschwerden oder Beeinträchtigungen des Klägers zu 1) vorgetragen, sondern nur allgemein auf seine persönliche Gefährdungslage in der Ukraine Bezug genommen. Der Kläger zu 1) konnte dem Gericht auch nicht glaubhaft darstellen, warum er die vorgetragenen gesundheitlichen Einschränkungen aufgrund der nach seiner Schilderung traumatischen Erlebnisse in der Heimat nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Klageverfahren geltend gemacht hat.
Außerdem ergeben sich aus den ärztlichen Stellungnahmen keine Hinweise darauf, warum die als erforderlich angesehene psychiatrische Behandlung nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könne und nicht auch in Polen möglich sei. Es wurde nicht substantiiert glaubhaft gemacht, dass allein durch die Überstellung nach Ungarn eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands eintreten würde.
Unabhängig davon ist das Gericht nach den vorliegenden Erkenntnissen überzeugt, dass der Kläger zu 1) auch in Polen die erforderliche Behandlung seiner Erkrankung erlangen kann. Danach ist die medizinische Notfallversorgung auch für Rückkehrer gesichert. Hierzu wird auf die oben bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der medizinischen Versorgung in Polen Bezug genommen.
Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, effektive Schutzmaßnahmen zugunsten des Klägers zu 1) zu ergreifen. Die mit dem Vollzug der Abschiebung betraute Behörde muss von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung tatsächliche Vollstreckungshindernisse beachten und gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung abwehren (BVerfG, B. v. 26. 2. 1998 – Az. 2 BvR 185/98). Das Gericht geht davon aus, dass dies beachtet wird.
Gem. RL 2013/33/EU berücksichtigen die Mitgliedsstaaten in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung der Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie z. B. Personen mit psychischen Störungen. Art. 31 und 32 der VO (EG) Nr. 604/2013 sehen vor, dass der überstellende Mitgliedstaat dem zuständigen Mitgliedstaat die personenbezogenen Daten und die Gesundheitsdaten übermittelt, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen – unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten – und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. So wird es auch im Fall des Klägers zu 1) erfolgen.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2016 wurden auch hinsichtlich der Klägerin zu 2) gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgetragen.
Diese pauschalen, unkonkreten Ausführungen des Gesundheitszustandes der Klägerin zu 2) in dem nervenärztlichen Attest der Praxis …, vom 12. Januar 2016 führen nicht einmal im Ansatz zur Begründung einer vorliegenden Reise- bzw. Transportunfähigkeit. Auch sie ist hinsichtlich ihrer Beschwerden auf die ausreichende medizinische Versorgung mit Ärzten und Fachärzten in Polen zu verweisen. Auf die obigen Hinweise zu der medizinischen Versorgungsmöglichkeit für Asylbewerber und Rückkehrern in Polen wird Bezug genommen.
3. Die in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 hilfsweise gestellten Beweisanträge der Klägervertreterin aus dem Schriftsatz in dem Verfahren AN 14 S 15.50449 vom 6. November 2015 werden mangels Substantiierung abgelehnt.
Zur Substanziierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat, gehört nach der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007, a. a. O.) regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Wie bereits oben umfassend ausgeführt, genügen die zahlreichen ärztlichen Atteste, Stellungnahmen und Verordnungen nicht diesen Mindestanforderungen. Aufgrund fehlender Substantiierung ist daher der erste Beweisantrag abzulehnen. Weder wurde eine eindeutige Diagnose durch die Fachärzte erstellt noch wurde eine konkrete Befunderhebung durch die Ärzte geschildert. Der Kläger zu 1) konnte nicht glaubhaft und substantiiert vortragen, warum er erst zu einem späteren Zeitpunkt seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgetragen hat.
Auch der zweite, bedingt gestellte Beweisantrag ist als unschlüssig, unsubstantiiert und als Beweiserforschungsantrag abzulehnen. Es sind bereits die Umstände nicht nachgewiesen, dass tatsächlich eine Erkrankung des Klägers zu 1) mit ärztlicher Behandlungsbedürftigkeit vorliegt, so dass zum jetzigen Verfahrenszeitpunkt auch nicht eine Auskunft von Amnesty International bzw. nachrangig von einer anderen fachinformierten Auskunftsstelle einzuholen ist. Darüber hinaus wurde bereits in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie „Migration is not a crime – Report on the Monitoring of Guarded Centres for foreigners“ umfassend die medizinische Versorgung in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen belegt. Ebenso aus dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlingsrat getragenen „…“- Datenbank, aus der zu entnehmen ist, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist. Es wurde von Klägerseite nicht substantiiert dargelegt, warum zusätzlich noch eine Auskunft der Amnesty International oder einer anderen Auskunftsstelle eingeholt werden sollte und welche Erkenntnisse hieraus gewonnen werden könnten, die zum einen entscheidungserheblich sind und sich nicht bereits aus den dargestellten Erkenntnisquellen ergeben.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift: Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
Gründe:
Mangels Erfolgsaussichten der Hauptsache ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin … abzulehnen (§ 166 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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