Medizinrecht

Keine Versammlung mit 10.000 Teilnehmern wegen Corona

Aktenzeichen  10 CE 20.1236

Datum:
22.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14520
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayIfSMV § 5 S. 1, § 7 S. 1
VwGO § 123 Abs. 1 S. 1
ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Eingriffe in das Versammlungsrecht aus Gründen des Infektionsschutzes unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sind nur zulässig, wenn sich anders nicht erreichen lässt, dass die Versammlung infektionsschutzrechtlich vertretbar bleibt. Ist die Durchführung der Versammlung mit Auflagen vertretbar, besteht ein Anspruch auf eine entsprechende Ausnahmegenehmigung.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Versammlung mit 10.000 Teilnehmern ist nicht zulässig, wenn das Sicherheitskonzept des Veranstalters den erforderlichen Mindestabstand der Teilnehmer nicht gewährleiset.  (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Genehmigung zur Durchführung einer Versammlung auf der Theresienwiese mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 10.000 Personen zu erteilen und ihm zu gestatten, diese Versammlung zu bewerben, weiter.
Der Antragsteller zeigte am 19. Mai 2020 eine Versammlung am 23. Mai 2020 mit dem Thema „Zusammenstehen für Freiheit, Grundrechte und Selbstbestimmung“ auf der Theresienwiese in München von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr mit 10.000 Teilnehmern an. Zugleich beantragte er eine Ausnahmegenehmigung nach § 5 Satz 2 4. Bay IfSMV. Die Kooperationsgespräche zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin über die Begrenzung der Teilnehmerzahl scheiterten.
Die Antragsgegnerin bat das Polizeipräsidium München, die Münchner Verkehrsbetriebe und das Referat für Gesundheit und Umwelt um Stellungnahme zur Gefahrenprognose und zur infektionsschutzrechtlichen Vertretbarkeit bezüglich der angezeigten Versammlung. Das Polizeipräsidium verwies auf die Erfahrungen mit dem Antragsteller bei den Versammlungen am 9. und am 16. Mai 2020. Eine Versammlung mit einer Teilnehmerzahl von 1.000 Personen sei durchführbar. Die Durchführung der Versammlung unter Teilnahme von 10.000 Personen sehe das Polizeipräsidium als nicht möglich an. Bei einer Verzehnfachung der Teilnehmerzahl müsse davon ausgegangen werden, dass sich ein Großteil der Störer auf der Versammlungsfläche befinde und die dortigen Versammlungsteilnehmer negativ beeinflusse. Der Veranstalter müsse 1.000 Ordner zur Verfügung stellen. Ihm sei es nur unter Schwierigkeiten gelungen, 100 Ordner aufzubringen. Die Münchner Verkehrsbetriebe teilten mit, dass alles in allem die Situation mit 1.000 Teilnehmern gut habe bewältigt werden können. Eine Zahl um 10.000 werde allerdings als kritisch gesehen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt schlug vor, die Teilnehmerzahl auf 1.000 Personen zu beschränken. Für die konkrete Bemessung der Personenhöchstzahl bilde die 4. Bay IfSMV mit ihren Regelungen zu privilegierten Versammlungen bereits einen gewissen Rahmen.
Mit Bescheid vom 21. Mai 2020 erteilte die Antragsgegnerin eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot der Durchführung einer Versammlung gemäß § 5 Satz 2 4. Bay IfSMV und begrenzte die Teilnehmerzahl inklusive des Ordnerpersonals auf 1.000 Personen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Gefahrenprognosen des Referates für Gesundheit und Umwelt und der Polizei teile und sich diese zu eigen mache. Auch die Stellungnahme der Verkehrsbetriebe sei in die Gesamtabwägung mit einbezogen worden. Eine Ausnahmegenehmigung für 10.000 Personen könne nicht erteilt werden. Insbesondere habe der Veranstalter nicht schlüssig darlegen können, wie er eine Personenzahl von 10.000 respektive 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zuverlässig über zwei Stunden so steuern wolle, sodass die Mindestabstände von 1,5 Metern eingehalten werden. Bei der Versammlung am 16. Mai 2020 auf der Theresienwiese seien aggressive Personen festgestellt worden, welche die Menge aufgewiegelt hätten. Darüber hinaus seien die Lautsprecherdurchsagen der Polizei mit Unmutsbekundungen quittiert worden und wirkungslos verhallt. Der Veranstalter habe erst kurz vor Versammlungsbeginn Ordner über Lautsprecherdurchsagen rekrutiert. Zudem verfüge er, wie er selbst einräume, über keine nachweisbaren Erfahrungen bei der Durchführung von Großveranstaltungen. Die Versammlung werde zudem zumindest mittelbar mit 10.000 Personen beworben.
Den Antrag des Antragstellers vom 20. Mai 2020, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den 23. Mai 2020 entsprechend seiner Versammlungsanzeige vom 18. Mai 2020 die Durchführung einer Demonstrationsveranstaltung auf der Theresienwiese mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 10.000 Personen zu genehmigen und ihm zu erlauben, die Veranstaltung zu bewerben, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 22. Mai 2020 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass das Sicherheitskonzept des Antragstellers nicht sicherstellen könne, dass der erforderliche Mindestabstand zwischen den Teilnehmern eingehalten werden könne und es ihm nicht gelungen sei, die erforderliche Anzahl an Ordnern zuverlässig zu rekrutieren. Die vorgeschlagenen Maßnahmen setzten im Wesentlichen auf die Kooperation und Umsichtigkeit der Versammlungsteilnehmer. Vor dem Hintergrund des Versammlungsgeschehens am 9. und 16. Mai 2020 sei zweifelhaft, ob derartige Maßnahmen erfolgversprechend seien. Grundsätzlich gelte für die versammlungsrechtliche Gefahrenprognose, dass Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indiz für das Gefahrenpotential herangezogen werden dürften, soweit diese bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zur geplanten Versammlung aufwiesen.
Im Rahmen seiner Beschwerde bringt der Antragsteller vor, es falle auf, dass es bei Betrieben diverser Art nicht auf die absolute Teilnehmerzahl, sondern auf die Einhaltung der gebotenen Gesundheitsschutzmaßnahmen ankomme. Er sei in der Lage sämtliche gebotenen und gesetzlich vorgegebenen Standards zu erfüllen. Dies werde auch durch die Polizeieinsatzleitung bestätigt.
Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt. Ihrer Auffassung nach ist die Beschwerde unbegründet.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 13 E 20.2200, verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung mit 10.000 Teilnehmern. Einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung mit einer geringeren Teilnehmerzahl hat er nicht (auch nicht hilfsweise) geltend gemacht.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Zur Glaubhaftmachung genügt es, wenn die Tatsachen so dargelegt sind, dass das Gericht von ihrer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgeht. Die Hauptsache vorwegnehmenden Anträgen ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte
Nach diesem Maßstab hat der Antragsteller keinen aus § 5 Satz 2 4. BayIfSMV folgenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dabei kann hier dahinstehen, ob es, wie in § 5 Satz 1 und 2 i.V.m. § 7 Satz 1 BayIfSMV geregelt, mit Art. 8 GG vereinbar ist, die Ausübung der Versammlungsfreiheit bei Personen über 50 Teilnehmern durch Rechtsverordnung einem grundsätzlichen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu unterwerfen (BVerfG, B.v. 17.4.2020 – 1 BvQ 37/20 – juris; BayVGH, B.v. 30.4.2020 – 10 CS 20.999 – Rn. 25). Jedenfalls wird ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG nicht vereitelt.
Nach § 5 Satz 2 4. BayIfSMV können die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden Ausnahmegenehmigungen vom generellen Versammlungsverbot nach § 5 Satz 1 4. BayIfSMV erteilen, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Die Infektionsschutzbehörden haben der fundamentalen Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit für die Demokratie (Art. 8 Abs. 1 GG) im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 5 Satz 2 4. BayIfSMV Rechnung zu tragen. Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (stRspr, vgl. etwa BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 16). Insofern unterliegen auch Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Versammlung aus Gründen des Infektionsschutzes dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie sind nur zulässig, wenn sich anders nicht erreichen lässt, dass die Versammlung im Sinne des § 5 Satz 2 4. BayIfSMV infektionsschutzrechtlich vertretbar bleibt. Ist die Durchführung der Versammlung bei Beachtung erforderlicher Auflagen vertretbar, hat die zuständige Behörde kein Versagungsermessen mehr, vielmehr besteht in diesem Fall ein Anspruch auf eine entsprechende Ausnahmegenehmigung (BayVGH, B.v. 30.4.2020 – 10 CE 20.999 – Rn. 25).
Ziel der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist es, die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zum Schutz des Gesundheitssystems vor einer Überlastung sowie zum Schutz von vulnerablen Personen einzudämmen. Sie dient damit dem Schutz von Leben und Gesundheit, zu dem der Staat prinzipiell auch kraft seiner grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet ist. Die im Rahmen von § 5 Satz 2 4. BayIfSMV vorzunehmende Abwägung erfordert daher eine Abwägung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit durch Herstellung einer praktischen Konkordanz, wonach kollidierende Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und miteinander so in Ausgleich zu bringen sind, dass sie für alle Beteiligten möglichst wirksam werden (BVerfG, B.v. 30.1.2020 – 2 BvR 1005/18 – juris Rn. 34; B.v. 6.11. 2019 – 1 BvR 16/13 – juris Rn. 76 m. w. N.), im Wege einer einzelfallbezogenen Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. BVerfG, B.v. 15.4.2020 – 1 BvR 828/20 – Rn. 14). Für eine infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit ist eine völlige Risikofreiheit im Sinne einer absoluten infektionsschutzrechtlichen „Unbedenklichkeit“ nicht erforderlich.
Die Antragsgegnerin hat unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit den Versammlungen am 9. und 16. Mai 2020 sowie den Stellungnahmen des Polizeipräsidiums und des Referats für Gesundheit und Umwelt ausgeführt, dass bei der angezeigten Versammlung eine Teilnehmerzahl, die die Grenze von 1.000 Personen überschreitet, infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar ist. Das Verwaltungsgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Der Antragsteller setzt sich demgegenüber mit der tragenden Begründung des Bescheids vom 21. Mai 2020, dass mit seinem Sicherheitskonzept die Einhaltung des Sicherheitsabstands zwischen den Versammlungsteilnehmern nicht gewährleistet werde könne, in der Beschwerdebegründung nicht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO auseinander
Infektionsschutzrechtlich maßgebend ist in erster Linie die Einhaltung des erforderlichen Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen den Versammlungsteilnehmern – dies sieht auch der Antragsteller so – und zwar nicht nur bei der eigentlichen Versammlung, sondern schon im Vorfeld. Ausschlaggebend ist somit nicht nur, dass der Versammlungsort größenmäßig geeignet ist, die vom Veranstalter gewünschte Teilnehmerzahl aufzunehmen, sondern dass die Teilnehmer „sicher“ zum Versammlungsort kommen, die zulässige Teilnehmerzahl nicht überschritten wird und durch organisatorische Maßnahmen die Einhaltung des Sicherheitsabstandes gewährleistet werden kann.
Entgegen der Ansicht des Antragsstellers ist sein Sicherheitskonzept nicht geeignet, die genannten Anforderungen bei einer Teilnehmerzahl von 10.000 Personen auch nur annähernd sicherzustellen. Er kann bereits nicht gewährleisten, dass die Versammlungsteilnehmer auf der Theresienwiese den Abstand von 1,5 Meter zu nächsten Person einhalten. Die vom Antragsteller für 40 Felder, auf denen jeweils 254 Personen stehen sollen, vorgesehene Ordnerzahl von 300 Personen reicht nicht aus, um die Einhaltung des Sicherheitsabstandes zu überwachen. Ein Ordner müsste ca. 34 Personen im Blick haben und nicht, wie in der polizeilichen Gefahrenprognose gefordert, lediglich 10 Personen. Hinzukommt, dass der Antragsteller schon bei der Versammlung am 16. Mai 2020 nicht in der Lage war, die erforderliche Ordnerzahl aufzubringen, sondern aus der Versammlung heraus Ordnerpersonal rekrutiert hat, ohne dieses vorher noch entsprechend schulen und anweisen zu können. Insbesondere hat der Antragsteller nicht erläutert, wie er sicherstellen will, dass die Teilnehmer tatsächlich die Abstandsregeln einhalten. Versammlungen werden mit zunehmender Teilnehmerzahl immer unübersichtlicher und für den Veranstalter wird es immer schwieriger, auf die Einhaltung der Auflagen hinzuwirken. Das angebliche Funktionieren des Sicherheitskonzepts des Antragstellers bei einer Teilnehmerzahl von 1.000 Personen kann nicht ohne weiteres auf eine Versammlung mit 10.000 Personen übertragen werden, zumal sein neues Sicherheitskonzept eine erheblich geringere Ordnerzahl pro Teilnehmer vorsieht und bei der Versammlung am 16. Mai 2020 polizeiliche Einsatzkräfte die Ordner bei der Durchsetzung des Mindestabstands unterstützen mussten, um Konfliktsituationen zu vermeiden. Nicht berücksichtigt ist ferner, wie auf den Zugangswegen zur Versammlungsfläche die Einhaltung des Sicherheitsabstands gewährleistet werden soll. Auch trifft es nicht zu, dass die Versammlung am 16. Mai 2020 so problemlos abgelaufen ist, wie der Antragsteller es darstellt. Der erforderliche Abstand wurde teilweise nicht eingehalten, Ordnungsrufe waren nicht ausreichend, polizeiliche Maßnahmen wurden nicht immer akzeptiert. Die bei der Versammlung aufgetretenen Probleme lassen sich nicht dadurch lösen, dass bei der angezeigten Versammlung am 23. Mai 2020 das Publikum, das die Störungen überwiegend verursacht hat, als Versammlungsteilnehmer Zutritt zur Versammlungsfläche erhält. Vielmehr ist zu befürchten, dass deren teilweise aggressives Verhalten andere Versammlungsteilnehmer „ansteckt“.
Zwar ist es nicht allein Aufgabe des Veranstalters, für die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit der Versammlung zu sorgen. Angesichts der aufgezeigten evidenten Mängel darf sich der Antragsteller nicht darauf verlassen, dass die Polizei die Einhaltung der Mindestabstände auch innerhalb der Versammlung durchsetzen wird. Hinzukommt dabei, dass aufgrund der im Einzelfall belegten Uneinsichtigkeit in Teilen des zu erwartenden Teilnehmerkreises bei einem Einschreiten der Polizei weitere infektionsschutzrechtlich nicht hinnehmbare Zustände zu erwarten wären.
Unabhängig vom konkreten Versammlungsgeschehen durfte die Antragsgegnerin die Teilnehmerzahl auch deshalb beschränken, weil mit einer höheren Zahl von Teilnehmern das Risiko von Neuinfektionen steigt und sich die Gefahr der unkontrollierten Ausbreitung des Virus erhöht, weil die Infektionsketten nicht mehr nachvollziehbar sind (vgl. auch VGH BW, B.v. 16.5.2020 – 1 S. 1541720 – juris Rn. 9). Eine Versammlung, bei der eine große Anzahl von Personen mit einem Abstand von nur 1,5 Metern zusammensteht und sich austauscht, ist aus infektionsrechtlicher Sicht nicht mit einer losen Menschenansammlung auf einer Liegewiese oder in einer Fußgängerzone zu vergleichen.
Die Ablehnung des Antrags hat für den Antragsteller auch keine unzumutbaren und schweren Nachteile zur Folge. Er kann sein Anliegen am gewünschten Ort und in der gewünschten Zeit öffentlichkeitswirksam präsentieren. Einer Versammlung in einer derartigen Größe kommt angesichts des derzeit eingeschränkten Versammlungsgeschehens große Beachtung zu.
Zum Verbot der Bewerbung der Versammlung verhält sich das Beschwerdevorbringen mit keinem Satz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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