Medizinrecht

Kosten für Feuerwehreinsatz, Verbrennen von Holzresten in Waldnähe, grob fahrlässiges Verhalten, keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen, Aufwendungen nicht in vollem Umfang erforderlich

Aktenzeichen  W 5 K 21.29

Datum:
25.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41732
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 2 Nr. 4
BayWaldG Art. 17 Abs. 2 Nr. 3
PflAbfV § 2 Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Kitzingen vom 2. Dezember 2020 wird aufgehoben, soweit die veranschlagten Kosten für den Feuerwehreinsatz einen Betrag in Höhe von 2.356,30 EUR übersteigen.     Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 4/5 und der Beklagte 1/5 zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise – im tenorierten Umfang – begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2020 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Kitzingen vom 2. Dezember 2020 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die veranschlagten Kosten für den Feuerwehreinsatz einen Betrag in Höhe von 2.356,30 EUR übersteigen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihm durch den Feuerwehreinsatz am 16. Mai 2020 entstanden sind.
Der Kostenersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes – BayFwG – vom 23. Dezember 1981 (GVBl S. 626, BayRS 215-3-1-I) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Pflichtaufgabenbereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt.
Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 6 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen – u.a. – durch Ausrücken und Einsätze gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) entstanden sind. Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG besteht der Kostenersatzanspruch für Einsätze, die durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Gefahr veranlasst waren. Zum Ersatz der Kosten verpflichtet ist nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG, wer die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt hat, verursacht hat.
Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine Erstattungspflicht des Klägers zur Überzeugung des Gerichts vor. Der Kläger hat die Gefahr, die zu dem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr G … am 16. Mai 2020 geführt hat, grob fahrlässig herbeigeführt. Im Einzelnen:
1.1. Eine konkrete Gefahr im Sinne des Polizei- und Sicherheitsrechts und damit auch im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG liegt vor, wenn eine Situation gegeben ist, die bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt eines Schadens für das Schutzgut erwarten lässt (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.1996 – 4 B 94.2229 – BayVBl 1996, 565; Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 4. Aufl. 2021, Rn. 78; Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, 45. Erg.Lief. Okt. 2019, Art. 28 Rn. 56). Das Urteil, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Schadenseintritt besteht, erfordert eine Prognose. Maßgeblich ist der Informationsstand der Feuerwehr im Zeitpunkt ihrer Entscheidung, also aus ex ante-Sicht. Das Vorliegen einer Gefahr wird nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach der Lebenserfahrung von einem vernünftig Entscheidenden als gefährlich zu beurteilende Verhältnisse im weiteren Verlauf nicht zu einem Schaden führen (BayVGH, U.v. 28.2.1996 – 4 B 94.2229 – BayVBl 1996, 565). Die Interessenlage rechtfertigt es, Kostenersatz selbst bei einer Anscheinsgefahr zu verlangen (Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 4. Aufl. 2021, Rn. 79; Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, 45. Erg.Lief. Okt. 2019, Art. 28 Rn. 56; siehe aber BayVGH, U.v. 8.7.2016 – 4 B 15.1285 – juris). Mit Anscheinsgefahr bezeichnet man eine im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens bestehende Sachlage, welche die Behörde aufgrund verständiger Würdigung und hinreichender Sachverhaltsaufklärung als gefährlich ansehen durfte und auch als gefährlich angesehen hat, die sich jedoch im Nachhinein aufgrund neuer Erkenntnisse oder Informationen als ungefährlich erwiesen hat (vgl. BayVGH, U.v. 8.7.2016 – 4 B 15.1285; U.v. 19.5.1994 – 22 B 91. 3523; beide juris). Anders verhält es sich bei der Schein- bzw. Putativgefahr, bei der zwar der entscheidende Beamte den Schadenseintritt subjektiv für wahrscheinlich hält, diese Annahme aber nicht auf hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten beruht.
Hieran gemessen lag dem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Geiselwind am 16. Mai 2020 eine Gefahrenlage zugrunde. Für den Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr des Beklagten lagen zum Einsatzbeginn hinreichende objektive Anhaltspunkte für eine Gefahr für Eigentum bzw. für Leib oder Leben vor, so dass er von einer gefährlichen Sachlage ausgehen musste. Angesichts des gemeldeten Flächenbrandes auf einer an einem Waldstück gelegenen Freifläche musste der Einsatzleiter von einer Situation ausgehen, in der sich das gemeldete Feuer bei ungehindertem Fortlauf schnell ausbreiten, die umliegende Vegetation, Holzbestände, den Lebensraum für verschiedenste Lebewesen und unter Umständen auch Menschen gefährden könnte. Auch vor Ort stellte der Einsatzleiter nach den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen zwar kein offenes Feuer mehr fest, jedoch eine Verbrennungsfläche von ca. 900 qm, auf der sich mehrere rauchige Stellen und (mindestens fünf) Glutnester befanden und die in den ersten Minuten nach Eintreffen der Feuerwehr unbeaufsichtigt gewesen ist. Nach der fachkundigen und insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden Einschätzung des in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommenen Einsatzleiters bestand – was für die Kammer auch naheliegt – die (jederzeitige) Möglichkeit eines Wiederaufflammens der Glut sowie des Übergreifens eines entfachten Feuers auf die weitere Wiesenfläche und den nahegelegenen Waldrand. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensfalls nicht besonders hoch ist, ist der Gefahrenbegriff jedenfalls aufgrund der hohen Bedeutung der potenziell betroffenen Schutzgüter und der daraus resultierenden geringen Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsgrad zur Überzeugung der Kammer erfüllt. Der Annahme einer sicherheitsrechtlichen Gefahrenlage steht auch nicht entgegen, dass es sich nach dem Dafürhalten des Klägers um ein kontrolliertes und damit um ein „ungefährliches“ Feuer gehandelt haben soll. Einer solchen Annahme stehen die Feststellungen und fachlichen Einschätzungen der Feuerwehr am Einsatzgeschehen entgegen, wonach die Verbrennungsfläche von ca. 900 qm, auf der sich noch Glutnester befanden, anfangs unbeaufsichtigt war und nicht ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand, um sie abzulöschen. Im Moment des sicherheitsrechtlichen Handelns lag deshalb eine Situation vor, welche die Feuerwehr aufgrund verständiger Würdigung und hinreichender Sachverhaltsaufklärung als gefährlich angesehen hat und auch als gefährlich ansehen durfte.
1.2. Der Kläger führte diese Gefahr auch grob fahrlässig i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG herbei. Grobe Fahrlässigkeit setzt objektiv voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht gelassen und das Nächstliegende, das jedem in der gegebenen Situation einleuchtet, nicht beachtet wird; hinzu kommen muss in subjektiver Hinsicht ein unentschuldbares Fehlverhalten als ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerter Schuldvorwurf (BayVGH, B.v. 25.10.2005 – 4 CS 05.2079 – juris).
Zwar hat der Kläger das Feuer beim Ordnungsamt der Gemeinde S … und der Autobahnpolizei B … in sachgerechter und zweckmäßiger Weise angemeldet; auch war die Leitstelle B … über das Feuer informiert. Die Anmeldung entbindet den Kläger jedoch nicht von der Einhaltung weiterer Sicherheitsvorkehrungen. Ein grober Pflichtverstoß in objektiver Hinsicht wie auch ein unentschuldbares Fehlverhalten in subjektiver Hinsicht ist insbesondere darin zu erkennen, dass der Kläger die angefallenen Holzreste unter Verstoß gegen maßgebliche (Sicherheits-)Regeln des Bayerischen Waldgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Juli 2005 (BayWaldG) und der Verordnung über die Beseitigung von pflanzlichen Abfällen außerhalb zugelassener Beseitigungsanlagen i.d.F. vom 13. März 1984 (PflAbfV) verbrannt hat.
Es versteht sich von selbst, dass für Waldbesitzer, für Personen, die er in seinem Wald beschäftigt, und für Holznutzungsberechtigte beim Abbrennen von Abfallholz nach Waldarbeiten wegen der typischen Gefahrenlage Feuersicherheit „oberstes Gebot“ sein muss. Der Gesetzgeber setzt u.a. in diese Personengruppen besonderes Vertrauen, indem er sie von dem repressiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bei Errichten und Betrieb einer offenen Feuerstelle sowie beim Anzünden eines unverwahrten Feuers ausnimmt (vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2; Abs. 4 BayWaldG); er verbietet freilich auch ihnen, ein angezündetes Feuer unbeaufsichtigt oder ohne ausreichende Sicherungsmaßnahmen zu lassen (Art. 17 Abs. 2 Nr. 3 BayWaldG). Zu beachten ist außerdem, dass pflanzliche Abfälle, die u.a. beim Forstbetrieb anfallen, dort, wo sie angefallen sind, nur unter Beachtung des § 2 Abs. 4 PflAbfV verbrannt werden dürfen (§ 4 Satz 1 Nr. 2 PflAbfV). Aus § 2 Abs. 4 PflAbfV ergeben sich weitere Vorgaben: Das Verbrennen ist nur außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und nur an Werktagen von 6 Uhr bis 18 Uhr zulässig (Satz 1). Gefahren, Nachteile oder erhebliche Belästigungen durch Rauchentwicklung sowie ein Übergreifen des Feuers über die Verbrennungsfläche hinaus sind zu verhindern (Satz 2). Hierzu sind die vorgeschriebenen und sonst zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlichen Abstände von Wohngebäuden und öffentlichen Verkehrswegen sowie von Waldrändern, Rainen, Hecken und sonstigen brandgefährdeten Gegenständen einzuhalten (Satz 3). Das Feuer ist ständig zu überwachen und so zu löschen, dass die Glut spätestens bei Einbruch der Dunkelheit erloschen ist (Satz 4). Zum Schutz der Bodendecke und der Tier- und Pflanzenwelt ist sicherzustellen, dass größere Flächen nicht gleichzeitig in Brand gesetzt werden und dass das Feuer auf die Bodendecke möglichst kurz und ohne stärkere Verbrennung einwirkt (Satz 5). Ferner ist die Verbrennung bei Abfällen aus dem Forstbetrieb nur zulässig, soweit forst- oder almwirtschaftliche Gründe dies erfordern und ein ausreichend breiter Schutzstreifen um die Feuerstelle vorhanden ist (§ 4 Satz 3 PflAbfV).
Dies zugrunde gelegt hat der Kläger zum einen das Feuer entgegen Art. 17 Abs. 2 Nr. 3 BayWaldG ohne ausreichende Sicherungsmaßnahmen gelassen. Der Kläger hätte nämlich dafür Sorge tragen müssen, dass vor Ort eine ausreichende Menge an Löschwasser zur Verfügung stand, um die Verbrennungsfläche so abzulöschen, dass ein Wiederaufflammen von offenen oder versteckten Glutnestern jederzeit ausgeschlossen war. Hier hat der Kläger am Verbrennungsort während der gesamten Verbrennungszeit keinerlei Löschwasser vorgehalten. Erst kurz vor dem Eintreffen der Feuerwehr hat er damit begonnen, eine kleine, nicht ausreichende Menge an Löschwasser (ca. 50-60 l) von seinem Wohnhaus zu holen; den Verbrennungsort hätte er zugleich nicht – auch nicht für kurze Zeit – verlassen dürfen (Art. 17 Abs. 2 Nr. 3 BayWaldG, § 2 Abs. 4 Satz 2 PflAbfV). Zum anderen hat der Kläger die Verbrennungsfläche von ca. 900 qm nicht – wie in § 4 Satz 3 PflAbfV vorgegeben – durch einen ausreichend breiten Schutzstreifen von der die Verbrennungsfläche umgebenden Vegetation, namentlich von der Wiesenfläche und von dem nahgelegenen Waldrand, abgesichert. Der Kläger hat durch dieses Verhalten – wie der Einsatzleiter in der mündlichen Verhandlung bestätigte – Sicherheitsmaßnahmen verletzt, die sich aus Sicht der Kammer mit Blick auf die Feuersicherheit als essentiell darstellen. Es ist allgemein bekannt, dass beim Verbrennen größerer Holz- und Reisighaufen unter der Asche Glutstöcke verbleiben, die noch tagelang glimmen und wieder aufflammen können (BayVGH, B.v. 25.10.2005 – 4 CS 05.2079 – juris). Es hätte sich aufgedrängt, dieser Gefahrenlage durch einen höheren Abstand zum Waldrand, durch Vorhalten von ausreichend Löschwasser vor Ort und durch einen Schutzstreifen zu begegnen. In den entsprechenden Versäumnissen des Klägers ist ein grober Pflichtverstoß in objektiver Hinsicht als auch ein unentschuldbares Fehlverhalten in subjektiver Hinsicht zu erkennen, weshalb die Kammer von einer Gefahrenlage ausgeht, die vom Kläger grob fahrlässig herbeigeführt worden ist, ohne dass es noch darauf ankommt, ob dem Kläger weitere Verletzungen gegen die vorbezeichneten Rechtsvorschriften zur Last fallen.
Soweit der Klägerbevollmächtigte einwendet, der Kläger hätte bei Bedarf auf ein mit Wasser gefülltes Güllefass zurückgreifen können, überzeugt dies die Kammer nicht. Gegen eine solche Rückgriffsmöglichkeit spricht schon der Umstand, dass das Güllefass mit Löschwasser nicht unmittelbar vor Ort war und darüber hinaus fraglich erscheint, ob das Löschwasser im Fall eines Ausbreitens des Feuers überhaupt noch rechtzeitig an die Einsatzstelle hätte verbracht werden können. Der Kläger hat den Einsatzleiter der Feuerwehr vor Ort über das angeblich verfügbare Güllefass mit Löschwasser auch nicht in Kenntnis gesetzt, was einen entsprechenden, jederzeit möglichen Rückgriff auf eine ausreichende Löschwassermenge ebenfalls zweifelhaft erscheinen lässt. Ein Rückgriff auf eine in einem Güllefass ausreichende Menge an Löschwasser war vom Kläger im Übrigen in der konkreten Situation auch gar nicht beabsichtigt; vielmehr holte er von zuhause – wie vorerwähnt – lediglich 50 bis 60 l Löschwasser.
Ebenso wenig durchgreifend ist der Einwand des Klägerbevollmächtigten, dass es zur Gefahrenbekämpfung objektiv ausreichend gewesen wäre, die verbleibenden Glutnester mit den herbeigeholten 50 bis 60 l Wasser abzulöschen. Diese Menge reichte nach der fachlichen Einschätzung des Einsatzleiters eben nicht aus, um die Verbrennungsfläche von 900 qm ausreichend abzulöschen. Für ihn war es – so seine eindeutige Einlassung in der mündlichen Verhandlung – klar, dass nicht nur einzelne Glutstellen zu bekämpfen waren, sondern dass angesichts der mit der Wärmebildkamera festgestellten Glutnester und rauchigen Stellen sowie angesichts der Witterung und des Geländes die gesamte Verbrennungsfläche abzulöschen war, um die Gefahr einer Ausbreitung des Feuers auszuschließen. Hierfür wurden von der Freiwilligen Feuerwehr Geiselwind letztlich ca. 8.000 l Löschwasser verwendet. Die beigebrachten 50 bis 60 l Löschwasser des Klägers reichen demnach evident nicht aus, um die Fläche abzulöschen. Der Klägerbevollmächtigte greift die fachliche Einschätzung des Einsatzleiters lediglich in pauschaler Weise an, setzt sich aber mit der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Begründung des Einsatzleiters nicht bzw. allenfalls oberflächlich auseinander. Mit einem solch unsubstantiierten Vorbringen des Klägerbevollmächtigten kann er gegen die fachliche Einschätzung des vor Ort verantwortlichen und fachkundigen Einsatzleiters aus Sicht der Kammer nicht durchdringen.
Schließlich kann der Klägerbevollmächtigte auch nicht mit Erfolg argumentieren, dass das grob fahrlässige Verhalten des Klägers jedenfalls nicht kausal für das Einsatzgeschehen gewesen sei. Ein entsprechender Kausalitätszusammenhang wird vom Gesetz nicht vorausgesetzt. Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG verlangt vielmehr, dass durch das grob fahrlässige Verhalten „die Gefahr“ (nicht: „der Einsatz“) herbeigeführt worden ist.
1.3. Dass der Kläger zutreffenderweise als Adressat des Kostenbescheids herangezogen wurde, steht außer Frage. Zum Ersatz der Kosten ist nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayFwG u.a. verpflichtet, wer in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt hat, verursacht hat. Dies war vorliegend der Kläger als die Person, die das Feuer entzündet hat.
1.4. Billigkeitsgründe im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG, die gegen die Inanspruchnahme des Klägers sprechen, sind vorliegend nicht erkennbar. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass persönliche Härten vorliegen oder sich der Kostenersatz auf den Kläger äußerst belastend oder existenzgefährdend auswirken könnte.
1.5. Soweit von Klägerseite vorgebracht wird, dass der streitgegenständliche Bescheid ermessensfehlerhaft sei, kann dem die Kammer nicht folgen.
Denn der Beklagte hat im streitgegenständlichen (Ausgangs-)Bescheid dargelegt, dass es im Ermessen der Gemeinde stehe, ob sie Kostenersatz verlange. Er hat weiterhin die für ihn maßgeblichen Erwägungen bezeichnet und die sich aus der Anhörung des Klägers ergebenden Erwägungen in den Blick genommen und einer Abwägung zugeführt. Der Beklagte hat damit deutlich gemacht, dass er erkannt hat, dass es sich bei der Frage, ob der Kläger zum Kostenersatz herangezogen wird, nicht um eine gebundene Entscheidung handelt, sondern um eine Ermessensentscheidung.
Der Beklagte hat das ihm zustehende und von ihm erkannte Ermessen bezüglich der Entscheidung über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz auch fehlerfrei ausgeübt. Zwar legt Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BayFwG kein sogenanntes intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall fest (BayVGH, U.v. 14.12.2011 – 4 BV 11.895 – juris; U.v. 20.2.2013 – 4 B 12.717 – juris). Bei der Ausübung des Ermessens kann das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 61, 62 GO) herangezogen werden. Vor diesem Hintergrund sind die Erwägungen zum Entschließungsermessen des Beklagten im Bescheid vom 29. Juni 2020, welche in erster Linie das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit explizit als handlungsleitende Erwägung in den Blick genommen haben, nicht zu beanstanden. Bei der Einforderung entstandener Kosten bedarf es, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde. Die kostenberechtigte Behörde darf vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will (VG München, U.v. 29.3.2000 – M 7 K 99.4131 – juris m.w.N.). Im vorliegenden Einzelfall sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die ausnahmsweise gegen eine Inanspruchnahme des Klägers sprechen könnten. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte – wie die Klägerseite meint – im Rahmen der Ermessensentscheidung die Anmeldung des Feuers durch den Kläger hätte berücksichtigen müssen. Ein zwingend zu berücksichtigendes Ermessenskriterium ist darin nicht zu erkennen.
1.6. Somit steht der Kostenersatzanspruch dem Beklagten dem Grunde nach zu.
2. Der Kostenersatzanspruch besteht jedoch nicht in Höhe der veranschlagten 2.812,30 EUR, sondern lediglich in Höhe von 2.356,30 EUR. Hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von 456,00 EUR erweist sich der angegriffene Bescheid als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BayFwG ermächtigt die Gemeinden im Interesse einer Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs, Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG – also sowohl im Pflichtaufgabenbereich als auch bei freiwilligen Aufgaben – durch Satzung festzulegen (BayVGH, U.v. 18.7.2008 – 4 B 06.1839 – juris Rn. 25).
Die Höhe der Strecken-, Ausrückestunden- und Personalkosten errechnet sich nach den Pauschalsätzen für die zum Einsatz gekommenen Feuerwehrfahrzeuge und das eingesetzte Feuerwehrpersonal, die in der Satzungsanlage („Verzeichnis der Pauschalsätze“) enthalten sind und unterschiedslos in die Anlage „Kostenzusammenstellung“ zum Bescheid vom 29. Juni 2020 übernommen wurden. Es ist weder substantiell vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich, dass die Kalkulation der Pauschalsätze Rechtsfehler aufweist, die sich zulasten des Klägers auswirken könnten. Aus einem Vergleich der Anlagen zum Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2020 (Kostenzusammenstellung einerseits und Einsatzbericht andererseits) ergibt sich, dass der Beklagte keine über das tatsächliche Einsatzgeschehen hinausgehenden Einsatzkosten veranschlagt hat.
Die von der Freiwilligen Feuerwehr des Beklagten eingesetzten Aufwendungen (Sach- und Personalmittel) waren zur Überzeugung der Kammer allerdings nicht in vollem Umfang „notwendig“ i.S.v. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG.
Notwendig sind die Aufwendungen, die von der Feuerwehr den Umständen entsprechend für erforderlich gehalten werden dürfen, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen. Die Einsatzleitung bzw. die den Notruf entgegennehmende Stelle muss nach den Angaben des Anrufers nach pflichtgemäßem Ermessen die voraussichtlich erforderlichen Einheiten zur Einsatzstelle entsenden, selbst wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass nicht alle Kräfte zur Abwehr der Gefahr erforderlich waren. Lediglich bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem, was tatsächlich an Einsatzkräften für die Bewältigung der Gefährlichkeit der Situation objektiv erforderlich war, und den tatsächlich entstandenen Aufwendungen („überdimensionierter Einsatz“), kann eine Begrenzung der Kostenerstattung in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Vorliegend ist zunächst zwar nicht ersichtlich, dass die Freiwillige Feuerwehr G … mit einer unangemessen hohen Anzahl an Feuerwehrkräften und Einsatzfahrzeugen ausgerückt ist. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Freiwillige Feuerwehr G … ihren Einsatz ausgehend vom Meldebild „B1012#im Freien#Freifläche klein (< 100 m²)“ bestritten und dabei vier Einsatzfahrzeuge und 21 Personen eingesetzt hat. Soweit die Klägerseite reklamiert, das Meldebild habe den tatsächlichen Umständen nicht entsprochen, da von einem vorbeifahrenden Autofahrer zu diesem Zeitpunkt lediglich noch Rauch, aber kein offenes Feuer habe gemeldet werden können, ist dies ohne rechtliche Relevanz. Selbst wenn - was unklar ist - diese Annahme zutreffen würde und tatsächlich nur eine Rauchentwicklung gemeldet worden wäre, ist für die Kammer nicht nachzuvollziehen, dass das von der Leitstelle daraufhin erstellte Meldebild („B1012#im Freien#Freifläche klein (< 100 m²)“) nicht den anhand der Meldung zu erwartenden Verhältnissen entsprechen könnte. Unabhängig davon kommt es hier allein darauf an, welches Meldebild die ausrückende Feuerwehr von der Leitstelle letztlich erhalten hat und ob der Umfang des eingesetzten Personals und der eingesetzten Fahrzeuge zu Beginn des Einsatzes an diesem Meldebild ausgerichtet wurde, was durch die Klägerseite nicht substantiell in Abrede gestellt wurde. Mit Blick auf das weitere Vorbringen der Klägerseite lässt sich auch nicht sagen, dass der Einsatz angesichts der Anmeldung des Feuers durch den Kläger bzw. bei Weiterleitung dieser Information an die Freiwillige Feuerwehr des Beklagten in Gänze zu verhindern gewesen wäre; denn die Anmeldung eines kontrollierten Feuers entbindet die Feuerwehr gerade nicht von einer eigenen Überprüfung der Gefahrensituation vor Ort, da es - so auch im vorliegenden Fall - zu Situationen kommen kann, in denen auch ein vermeintlich kontrolliertes Feuer etwa infolge unzureichender Sicherheitsvorkehrungen oder aufgrund anderer Umstände zu einer sicherheitsrechtlich relevanten Gefahrenlage führen kann.
Allerdings hätte die Einsatzleitung der Freiwilligen Feuerwehr im weiteren Einsatzverlauf, nämlich im Anschluss an die erste Lagebeurteilung vor Ort, zu der Einschätzung kommen müssen, einen Teil der Feuerwehrkräfte und Einsatzfahrzeuge wieder abzuziehen; ihre längere Anwesenheit vor Ort vermag demnach keine Kostentragungspflicht des Klägers zu begründen. Nach der ersten Lageerkundung durch den Einsatzleiter stellte sich die Situation so dar, dass kein offenes Feuer mehr vorhanden und noch einige Glutnester und rauchige Stellen vorgefunden wurden. Sicherungsmaßnahmen im Straßenverkehr oder andere personalkapazitätsbindende Tätigkeiten mussten seitens der Freiwilligen Feuerwehr G … nicht ausgeführt werden. Die im Rahmen des Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr G … angefallenen Aufgaben, namentlich der Aufbau der Löschwasserversorgung, das Auflockern von Teilen der Verbrennungsfläche und das Ablöschen von Glutnestern und der gesamten Verbrennungsfläche erforderten aus Sicht der Kammer zwar die Anwesenheit eines Teils der ausgerückten 21 Feuerwehrkräfte, da der Kläger ohne Beiziehung der Feuerwehr hierzu nicht in der Lage gewesen wäre. Nicht erforderlich war indes die durchgängige Anwesenheit aller 21 Feuerwehrkräfte über den gesamten Einsatzzeitraum. Nach dem Dafürhalten der Kammer wird dies durch die Angaben des Einsatzleiters in der mündlichen Verhandlung unterlegt, wonach die Fläche nur mit zwei Strahlrohren (unter Verwendung von 15 Schläuchen) gelöscht worden sei. Zudem gestand der Einsatzleiter in der mündlichen Verhandlung zu, dass die Feuerwehr vom Einsatzbeginn bis zum Einsatzende zwar mit den Löscharbeiten beschäftigt gewesen sei, dass jedoch Teile der Einsatzkräfte auch „pausiert“ hätten. Auch aus den eingereichten Lichtbildaufnahmen, mit denen das Einsatzgeschehen ausschnittsweise dokumentiert wurde, ist zu erkennen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Einsatzkräfte tatsächlich nicht durchgängig in das Einsatzgeschehen involviert war. Nach dem insgesamt gewonnenen Eindruck der Kammer hätte die Einsatzleitung daher durch Reduktion der Personalstärke und der Einsatzfahrzeuge auf die konkreten Gegebenheiten vor Ort reagieren und zum Ergebnis kommen müssen, dass das Vorhalten aller Einsatzkräfte bis zum Abschluss der Löscharbeiten nicht notwendig war. Ohne relevante Funktionseinbußen wäre es aus Sicht der Kammer möglich gewesen, das Mehrzweckfahrzeug „MZF“ und den Versorgungs-LKW „GW-L1“ sowie knapp die Hälfte der insgesamt 21 – hier also zehn – Einsatzkräfte unmittelbar nach der ersten Lageerkundung wieder abzuziehen. Für diesen Teil der Einsatzkräfte und -fahrzeuge sind die Ausrückestundenkosten und die Personalkosten nicht anhand des gesamten Einsatzzeitraums von 2,5 Stunden zu veranschlagen, sondern nur anhand des für das Ausrücken, die Lageerkundung und das Wiedereinrücken erforderlichen Zeitraums. Insoweit hält die Kammer mit Blick auf die zurückzulegenden Entfernungen und die konkreten Gegebenheiten vor Ort nur einen Einsatzzeitraum von 1,0 Stunden für ansatzfähig. Davon ausgehend reduzieren sich die Ausrückestundenkosten für das Mehrzweckfahrzeug „MZF“ von 70,00 EUR auf 28,00 EUR und für den Versorgungs-LKW „GW-L1“ von 90,00 EUR auf 36,00 EUR. Weiterhin sind entsprechend den vorstehenden Ausführungen die ansatzfähigen Personalkosten von 1.260,00 EUR auf 900,00 EUR herabzusetzen. Zusammengenommen reduzieren sich die Kosten damit von 2.812,30 EUR um 456,00 EUR auf den erstattungsfähigen Gesamtbetrag in Höhe von 2.356,30 EUR.
3. Abschließend ist die Beanstandung der Klägerseite, dass die Ziffer 2 des Bescheids des Beklagten vom 29. Juni 2020 eine falsche Namensangabe („Müller“) enthalte, als irrelevant zurückzuweisen. Darin liegt nämlich eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. Art. 42 BayVwVfG, die sich auf den Erklärungsgehalt des Verwaltungsakts nicht auswirkt. Erkennbar gemeint war die Person des Klägers als Adressat des Kostenbescheids. Davon abgesehen wurden für den Bescheid ohnehin keine Kosten erhoben.
4. Aus den genannten Gründen war die Klage im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO verhältnismäßig zu teilen, wobei die Kammer eine Kostentragung von 4/5 zulasten des Klägers und zu 1/5 zulasten des Beklagten für angemessen erachtet.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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