Medizinrecht

L 3 BA 30/20

Aktenzeichen  L 3 BA 30/20

Datum:
10.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 3. Senat
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:LSGST:2022:0510.L3BA30.20.00
Normen:
§ 7a Abs 1 S 1 SGB 4
§ 28p Abs 1 S 5 SGB 4
Spruchkörper:
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Verfahrensgang

vorgehend SG Magdeburg, 11. November 2020, S 6 BA 61/18, Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie zu 4. und 5. im Prüfzeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 – in jeweils unterschiedlichen Teilzeiträumen – für die Klägerin im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden sind und die Klägerin deshalb verpflichtet ist, Beiträge zur Kranken-/Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten.
Die Klägerin ist 2010 in der Gesellschaftsform der GmbH gegründet und am 04. Oktober 2010 im Handelsregister eingetragen worden (HRB ……). Die Gesellschafterversammlung vom 2. Juli 2015 hat die Änderung des § 2 (Gegenstand des Unternehmens) der Satzung wie folgt beschlossen: Verkauf und Sicherstellung von Insolvenz- und Konkurswaren, Verkauf von neuen und gebrauchten Gastrogeräten, Ladenbau, Internethandel.
Die Beklagte führte vom 25. Oktober bis zum 8. Dezember 2017 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Dabei wertete sie die Rechnungen der Beigeladenen zu 1. bis 5. an die Klägerin aus.
Der Beigeladene zu 1. hat die Rechnungen vom 1./20. September, 28. Oktober und 9. Dezember 2015 mit Beträgen i.H.v. 480,00 €, 720,00 €, 2.310,00 € und 5.145,00 € ausgestellt (insgesamt 8.655,00 €). Als erbrachte Leistungen werden u.a. Demontage, Verladung, Abladung und Lagerarbeiten in den Monaten August bis Dezember 2015 zu einem Stundenlohn von 30,00 € aufgeführt. Auf den Rechnungen vom 1./20. September 2015 ist vermerkt, dass die Beträge in bar gezahlt wurden, auf der Rechnung vom 28. Oktober 2015 ist vermerkt, es seien 1.000,00 € in bar als Anzahlung geleistet worden, die Rechnung vom 9. Dezember 2015 enthält den Stempel „gebucht“. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 36 bis 39 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Der Beigeladene zu 2. hat im Zeitraum von Februar bis November 2016 Rechnungen über 1.331,61 €, 1.066,24 €, 3.459,33 €, 2.151,52 €, 6.117,51 €, 2.86,16 €, 1.942,31 €, 2.854,81 € und 3.227,28 € (insgesamt 24.236,7 €) gestellt. In den Rechnungen ist als „Position/Titel“ u.a. Lagerarbeiten, Umzug, Abholung, Büro und Verkauf, Abbau, Abladen, Auslieferung, Außenbereich und Gartenarbeiten aufgeführt. In den Rechnungen vom 7. Juni und vom 7. November 2016 ist jeweils die Position/Titel „Verkaufsprovision“ (766,00 € bzw. 600,00 €) und in der Rechnung vom 19. Juli 2016 ist die Position/Titel „Hotel“ enthalten. Auf einigen Rechnungen ist der Vermerk darüber, Teilbeträge in bar erhalten zu haben, angebracht. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 93 bis 101 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Der Beigeladene zu 3. hat unter dem 21. Mai 2016 für 28 Stunden 280,00 € und unter dem 8. Dezember 2016 für 37 Stunden 370,00 € sowie für 16 Stunden 160,00 € für die Positionen „Abbau von Großküchen, Abbau B. Cuxhaven vom 29. bis 31. August und Abholung in B. am 26. Oktober“ in Rechnung gestellt (insgesamt 810,00 €). Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 179 f der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Bezüglich des Beigeladenen zu 4. sind Rechnungen im Zeitraum von September bis Dezember 2015 mit den fortlaufenden Rechnungsnummern 2015-001 bis -009 und von Januar bis Dezember 2016 mit den fortlaufenden Rechnungsnummern 2016-001 bis 009, 011 bis 020, 024 bis 029, 031 bis 046, 048 bis 053 und 055 bis 060 aktenkundig, in denen Leistungen wie Auslieferung, Abholung, Rückbau, Transport, Logistik, Beratung/Innendienst, Hilfstätigkeiten, Lagerarbeiten sowie Rechtsberatung zu einem „Stundenpreis“ von zunächst 10,00 € und zuletzt ab Rechnungsnummer 2016-049 von 13,00 € mit Gesamtbeträgen zwischen 80,00 € und 1.170,00 € aufgeführt sind (19.855,00 € insgesamt). Einige Rechnungen enthalten die Position „Hotelzimmer“. Auch hier ist auf einigen Rechnungen der Vermerk darüber, Beträge in bar erhalten zu haben, angebracht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 110 bis 171 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Vom Beigeladenen zu 5. sind der Klägerin im Zeitraum vom 21. September 2015 bis zum 18. November 2016 Leistungen wie Demontage, Malerarbeiten, Lagerarbeiten, Entladen, Abholung, Abbau, Verladung, Auslieferung und Verpackungsarbeiten zu einem (rechnerischen) Stundenlohn von 10,00 € in Rechnung gestellt worden, wobei die Beträge zwischen 180,00 € und 1.130,00 € liegen und ebenfalls teilweise den Zusatz enthalten, Teilbeträge in bar erhalten zu haben (ca. 14.857,00 €). Im Rechnungsbetrag von 1.130,00 € sind Verkaufsprovisionen von 400,00 € bzw. 500,00 € enthalten. Zu den Einzelheiten wird auf Blatt 53 bis 83 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Die Beigeladenen zu 2. bis 5. haben jeweils den Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beklagten ausgefüllt. Insoweit wird auf Blatt 46 bis 52, 84 bis 90, 102 bis 108 und 172 bis 178 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Der Beigeladene zu 2. hat die Anmeldung des Gewerbes „Behälter- und Apparatebau, Messebau (Dienstleistung) und Bühnenbau, Kauf und Verkauf von Artikeln aus Geschäftsauflösungen, Übersetzungen, Vermittlung von Arbeitskräften“ und der Beigeladene zu 4. die Anmeldung des Gewerbes „Demontage Gastro-Objekte, Logistik-Lagerung, Service-Beratung“ vorgenommen. Insoweit wird auf Blatt 91 und Blatt 109 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Die Beklagte wies im Rahmen der Betriebsprüfung die Klägerin unter dem 13. Juni 2017 darauf hin, dass in den übersandten Fragebögen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status alle Auftragnehmer angegeben hätten, als Kapitaleinsatz Materialkosten zu haben, auf den vorliegenden Rechnungen Materialkosten jedoch nie ausgewiesen worden seien, und warf die Frage auf, worin die Materialkosten bestanden hätten. Des Weiteren gehe aus den Fragebögen nicht hervor, mit welchem Fahrzeug die Auftragnehmer ihre Transporte durchgeführt hätten. Keiner habe ein Fahrzeug als eigenen Kapitaleinsatz angegeben. Es werde um Beantwortung der Fragen gebeten, wie der Transport erfolgt sei, ob der Auftraggeber die Fahrzeuge gestellt habe oder diese Fahrzeuge angemietet worden seien und wenn ja, von wem. Zudem werde um Mitteilung gebeten, ob es sich bei den in den Rechnungen ausgewiesenen diversen Lagerarbeiten um Lagerarbeiten beim Auftraggeber, gegebenenfalls in seinen Räumen, gehandelt habe. Schließlich werde um die Übersendung der Gewerbeanmeldungen für alle Auftragnehmer gebeten.
Hierzu teilten die Steuerberater der Klägerin unter dem 21. Juli 2017 per Mail mit, die Materialkosten hätten aus Verpackungsmaterial und Arbeitskleidung bestanden. Zudem seien die Tätigkeiten der Unternehmer mit deren eigenen Werkzeugen ausgeführt worden. Für die Durchführung der Transporte seien durch die Klägerin Fahrzeuge angemietet worden. Die Beigeladenen hätten die Lagerarbeiten bei den Kunden durchgeführt. Gewerbeanmeldungen für die Beigeladenen zu 3. und 5. könnten nicht vorgelegt werden; dies könne nicht zu ihren – der Klägerin – Lasten gehen. Die Beigeladenen zu 2. und 5. seien freiwillig bei der AOK und der Beigeladene zu 4. privat bei der UKV versichert.
Unter dem 25. Oktober 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zur vorgenommenen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. bis 5. an. Es bestehe jeweils Versicherungspflicht in der Kranken-/Pflegeversicherung, in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit „als Lagerarbeiter in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses“. Die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung betrage insgesamt 26.377,64 €. Davon entfielen für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Dezember 2015 3.654,18 € auf den Beigeladenen zu 1., für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. November 2016 8.338,15 € auf den Beigeladenen zu 2., für den Zeitraum vom 21. bis 31. Mai und 29. bis 31. August 2016 und für den 26. Oktober 2016 331,80 € auf den Beigeladenen zu 3., für den Zeitraum vom 17. September bis zum 31. Dezember 2016 8.218,12 € auf den Beigeladenen zu 4. und für den Zeitraum vom 23. August 2015 bis zum 18. November 2016 5.835,39 € auf den Beigeladenen zu 5. Eine schriftliche vertragliche Vereinbarung zwischen den einzelnen Auftragnehmern und der Klägerin liege nicht vor. Für eine nichtselbstständige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung spreche, dass für die Ausübung der Tätigkeit eines Kraftfahrers das Vorhandensein eines Kraftfahrzeuges sachlogisch zwingende Voraussetzung sei. Hier seien die Fahrzeuge von der Klägerin gemietet worden. Mietkosten seien nicht in Rechnung gestellt worden, sodass im Wesentlichen nur eine „Vermietung“ der Arbeitskraft stattgefunden habe. Zudem seien durch die Klägerin Hubwagen für die Lagertätigkeiten zur Verfügung gestellt worden. Die Auftragnehmer selbst hätten keine Mitarbeiter beschäftigt. Sie hätten im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Klägerin keinerlei Unternehmerrisiko getragen. Zudem hätten sie über keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume, sondern lediglich über ein häusliches Arbeitszimmer verfügt (Wohnanschrift und Geschäftsanschrift seien identisch). Anhand der Rechnungen sei festzustellen, dass die Übernachtungskosten durch den Auftraggeber übernommen worden seien, da diese von einigen Auftragnehmern in Rechnung gestellt worden seien. Dies erscheine äußerst ungewöhnlich bei einer Auftragsvergabe eines Auftraggebers an externe, selbstständig tätige Auftragnehmer. Nachweise über das Tätigwerden für andere Auftraggeber seien nicht vorgelegt worden.
Hierzu nahm die Klägerin am 22. November 2017 Stellung: Die Auftragnehmer hätten nicht die Tätigkeit eines Kraftfahrers ausgeübt, sondern Gastronomieeinrichtungen demontiert und montiert. Die Fahrten seien entweder durch die ihre – der Klägerin – Angestellten oder von einer Spedition durchgeführt worden. Bei ihr – der Klägerin – seien keine Arbeitnehmer beschäftigt, die mit Demontage- und Montagetätigkeiten betraut seien. Sie – die Klägerin – habe bei Geschäftsaufgabe Restauranteinrichtungen samt Einbaugeräten käuflich erworben und teilweise insgesamt oder einzeln weiterveräußert. Sie habe dann den Beigeladenen zu 2. damit beauftragt, die Demontage und Verladung vor Ort sowie die Entladung und Montage zu organisieren. Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit und Art und Weise der Ausführung seien nicht gemacht worden. Es sei lediglich auf das Ergebnis angekommen, nämlich dass die Geräte funktionstüchtig in ihrem Lager aufgebaut ankämen. Die Terminvereinbarungen bzw. zeitlichen Vorgaben sowie der Arbeits- und Werkzeugeinsatz sei durch den Beigeladenen zu 2. organisiert worden. Dieser sei weisungsbefugt gewesen. Bei Beschädigungen an den Geräten und Gegenständen sei ein Abzug vom zuvor vereinbarten Entgelt vorgenommen worden. Die Auftragnehmer seien sämtlich auch für andere Auftraggeber tätig geworden.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 8. Dezember 2017 fest, dass für die Beigeladenen zu 1. bis 5. jeweils Versicherungspflicht in der Kranken-/Pflegeversicherung, in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit als Lagerarbeiter in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bestehe. Die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung betrage insgesamt 26.377,64 €. Davon entfielen 3.654,18 € auf den Beigeladenen zu 1., 8.338,15 € auf den Beigeladenen zu 2., 331,80 € auf den Beigeladenen zu 3., 8.218,12 € auf den Beigeladenen zu 4. und 5.835,39 € auf den Beigeladenen zu 5. Im Prüfzeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 seien die Beigeladenen zu 1. bis 5. als Lagerarbeiter beschäftigt gewesen und hätten folgende Tätigkeiten ausgeführt: Demontage, Abholung, Auslieferung von Gastronomiegeräten, Lager- und Verpackungsarbeiten in den Räumen der Klägerin sowie Lkw-Be- und Entladearbeiten. Nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV) sei Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft oder die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Hier habe eine schriftliche vertragliche Vereinbarung zwischen den einzelnen Auftragnehmern und der Klägerin nicht vorgelegen. Die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit sei faktisch durch die vorgegebenen Touren und die terminlichen Vorgaben begrenzt gewesen. Die Auftragnehmer hätten insoweit bezüglich der Arbeitszeit dem Weisungsrecht und Direktionsrecht des Auftraggebers unterlegen. Die Auftragnehmer seien auch hinsichtlich des Tätigkeitsortes an die Räumlichkeiten des Auftraggebers gebunden gewesen, im vorliegenden Fall das Lager, und auf die Nutzung der am Betriebssitz des Auftraggebers zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel, wie zum Beispiel Hubwagen. Die Auftragnehmer hätten im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Klägerin keinerlei Unternehmerrisiko getragen. Sie hätten neben ihrer Arbeitskraft keinen nennenswerten Einsatz an Sachmitteln geboten. Sie hätten keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume unterhalten. Zudem seien von ihnen Verkaufsprovisionen in Rechnung gestellt worden. Soweit die Auftragnehmer angegeben hätten, im genannten Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig geworden zu sein, seien hierüber Nachweise nicht vorgelegt worden. Dem Bescheid ist als Anlage die Berechnung der Beiträge nach § 28p Abs. 1 SGB IV über die Beigeladenen zu 1. bis 5. bezogen auf die jeweiligen Teilzeiträume in dem Zeitfenster vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 beigefügt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt I 1 bis 16 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Mit dem hiergegen am 9. Januar 2018 erhobenen Widerspruch wiederholte die Klägerin zum einen ihr Vorbringen aus der Stellungnahme zur Anhörung. Zum anderen führte sie aus, dass, soweit Übernachtungskosten übernommen worden seien, dies die Ausnahme und nicht die Regel gewesen sei. Die Übernahme von Übernachtungskosten komme auch bei selbstständig Tätigen vor; grundsätzlich seien jedoch die Fahrt- und Übernachtungskosten von den Auftragnehmern selbst getragen worden. Zu den Provisionszahlungen sei zu erläutern, dass die Auftragnehmer die Möglichkeit gehabt hätten, von ihr – der Klägerin – noch nicht erworbene Gegenstände beim Verkäufer zusätzlich zu erwerben und an sie – die Klägerin – oder andere Arbeitnehmer zu veräußern. Soweit sie die Gegenstände ihr – der Klägerin – angeboten hätten, sei eine „Provisionszahlung“ an die Auftragnehmer erfolgt. Ein Kaufangebot sei jedoch nicht zwingend gewesen. Sie hätten die zusätzlich mitgebrachten Gegenstände auch anderweitig veräußern und dadurch einen Gewinn erzielen können. Das Argument im angefochtenen Bescheid, es hätten keine Nachweise für weitere Auftraggeber der Auftragnehmer vorgelegen, sei unzutreffend. Weitere Auftraggeber seien benannt worden; hierbei handele es sich jedoch um Konkurrenzunternehmen von ihr – der Klägerin -, für die die Auftragnehmer tätig geworden seien. Am 24. Januar 2018 hat die Klägerin hierzu eine Stellungnahme des Beigeladenen zu 4. sowie von diesem erstellte Rechnungen an andere Auftraggeber übersandt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt II 15 bis 44 der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie zunächst auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid. Zum anderen führte sie aus, dass das deutsche Recht den Typus eines universellen Selbstständigen, der in jeder Beziehung selbstständig tätig sei, nicht kenne. Das Sozialversicherungsrecht kenne Haupt- und Nebenbeschäftigungen, sodass die Selbstständigkeit in einem Beruf und die Aufnahme einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit in abhängiger Beschäftigung nicht ausgeschlossen werde. Es komme nicht auf die Summe der selbstständig ausgeübten Tätigkeiten an, sondern es sei jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen und daraufhin zu untersuchen, ob unter den konkreten Arbeitsbedingungen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit vorherrschend seien. Eine sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergebende Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung könne auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Hierüber bestehe kein Dispositionsrecht. Dass die Aufträge von der Klägerin zunächst an den Beigeladenen zu 2. zur Erledigung organisatorischer Aufgaben (Terminplanung, Arbeits- und Werkzeugeinsatz) weitergeleitet worden seien, ändere nichts daran, dass die Klägerin als maßgeblicher Auftraggeber in Erscheinung getreten sei und die Auftragnehmer dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin unterlegen hätten. Weitere Merkmale (als die im angefochtenen Bescheid bereits genannten) seien, dass die Auftragnehmer auf Stundenbasis abgerechnet hätten und eine Abgabe von Kalkulationsangeboten durch die Auftragnehmer nicht erfolgt sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 09. August 2018 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Sie hat bekräftigt, dass die Auftragnehmer jedenfalls nicht in ihr – der Klägerin – Unternehmen eingegliedert gewesen seien.
Die Beklagte hat in ihrer Erwiderung zum einen ihre Rechtsauffassung in dem angefochtenen Bescheid erneut vorgetragen. Zum anderen hat sie herausgestellt, dass die betroffenen Monteure nach Angaben der Klägerin deren einzige Monteure im streitbefangenen Zeitraum gewesen seien. Insoweit erschließe sich nicht, wie ohne diese der „normale“ Geschäftsbetrieb hätte stattfinden sollen, da Hauptzweck des Unternehmens der An- und Verkauf von Konkurswaren (Gastronomiegeräte und Restauranteinrichtungen) gewesen sei. Ferner habe die Klägerin angegeben, den Beigeladenen zu 2. beauftragt zu haben, die Einrichtungsgegenstände beim jeweiligen Verkäufer abzubauen und beim jeweiligen Käufer innerhalb einer festen Zeitspanne wieder aufzubauen. Daraus ergebe sich bereits die zeitliche und örtliche Eingliederung der Monteure in den Betriebsablauf der Klägerin, da diese als die einzigen Außendienstmitarbeiter im streitigen Zeitraum aufgetreten seien. Nach ihren Angaben habe die Klägerin nur fest angestellte Fahrer beschäftigt, die die erworbenen Einrichtungsgegenstände und Geräte vom Verkäufer zum jeweiligen Käufer gefahren hätten; die Beförderung der Waren hätten die Monteure nach diesem Vorbringen nicht übernommen. Somit hätten zwangsläufig auch Absprachen zwischen den Monteuren und den fest angestellten Mitarbeitern der Klägerin bzw. der von der Klägerin mit dem Transport beauftragten Spedition erfolgen müssen. Eine vollkommen freie Zeiteinteilung, wie von der Klägerin behauptet, scheide somit aus. Der Beigeladene zu 2. habe somit im Ergebnis als ein Kolonnenführer der Klägerin fungiert, da dieser für die Klägerin die Koordination und Abarbeitung der vereinbarten Arbeitsaufträge übernommen habe und alle Monteure ihre Rechnungen nur bei der Klägerin selbst und nicht bei dem Beigeladenen zu 2. eingereicht hätten. Damit scheide auch eine reine Beauftragung der Monteure durch diesen – den Beigeladenen zu 2. – aus, da anderenfalls die von ihm beauftragten Monteure ihre Rechnungen an ihn – den Beigeladenen zu 2. – hätten stellen müssen.
Die Klägerin hat hierzu repliziert, die Aufträge zur Demontage und Montage der Geräte fremd vergeben zu haben. Wie bei Bauaufträgen auch habe es einen zeitlichen und örtlichen Rahmen gegeben, innerhalb dessen die Auftragnehmer hätten frei entscheiden können, wie und wann sie den Auftrag hätten erledigen wollen. Wäre die Auffassung der Beklagten zutreffend, wären auch Bauunternehmer in den Betriebsablauf des Bauherrn eingegliedert. Die Auftragnehmer hätten auch teilweise Aufträge abgelehnt, sodass sie – die Klägerin – diese dann hätte anderweitig vergeben müssen. Auch arbeite sie inzwischen mit dem Beigeladenen zu 2. nur noch sporadisch zusammen und sei trotzdem nach wie vor in ihrem zentralen Tätigkeitsfeld erfolgreich.
Hierzu hat die Beklagte eingewandt, dass die zu beurteilenden Personen nicht, wie von der Klägerin behauptet, ausschließlich für Montagearbeiten eingesetzt worden seien. Laut Rechnungslegung seien diese auch für Reparaturarbeiten und Reinigung der Gastrogeräte, Lagerarbeiten im Lager der Klägerin, Malerarbeiten, Gartenarbeiten und Hilfstätigkeiten eingesetzt worden. Ihnen hätten somit untergeordnete Arbeiten oblegen. Bei einfachen Tätigkeiten, insbesondere bei mechanischen Handarbeiten, bestünden schon von vornherein nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Indiz, das für eine abhängige Beschäftigung spreche, sei schließlich der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt sei, dass erst durch weitere Vorgaben eine Eingliederung in das Unternehmen konkretisiert worden sei.
Mit Beschluss vom 13. Januar 2020 hat das Sozialgericht die Beiladungen zu 1. bis 5 veranlasst und auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2020 den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Beklagte habe zu Unrecht festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1. bis 5. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hätten und damit sozialversicherungspflichtig gewesen seien. Die Kammer gehe davon aus, dass die Beigeladenen zu 1. bis 5. zwar im Auftrag der Klägerin tätig geworden seien. Hierbei handele es sich jedoch um Werkverträge, welche für ihre Wirksamkeit nicht schriftlich abgeschlossen werden müssten. Als Erfolg sei geschuldet gewesen, die jeweils von der Klägerin erworbenen bzw. veräußerten Einrichtungsgegenstände und Gastrogeräte von den Monteuren auf- und abbauen zu lassen. Soweit dabei ggfs. eine Zwischenlagerung im Lager der Klägerin erfolgt sei, hindere dies nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Ausweislich der vorliegenden Rechnungen der Beigeladenen zu 1. bis 5. ergebe sich, dass diese im streitigen Zeitraum offensichtlich diverse Aufträge für die Klägerin wahrgenommen hätten. Bei Betrachtung des gesamten Zeitraums und der Anzahl der Rechnungen sei davon auszugehen, dass durch die Beigeladenen zu 1. bis 5. auch noch andere Aufträge von anderen Firmen wahrgenommen worden seien. Der Beigeladene zu 4. habe auch entsprechend dargelegt, für welche anderen Firmen er tätig geworden sei. Dem von der Beklagten angeführten Merkmal des fehlenden Unternehmerrisikos sei entgegenzuhalten, dass offensichtlich eine Bezahlung der jeweiligen Aufträge nur erfolgt sei, soweit der Auftrag erfolgreich, sachgerecht und ohne Beanstandungen durchgeführt worden sei. Auch sei nach Auffassung der Kammer nicht maßgebend, dass die Beigeladenen zu 1. bis 5. nicht im eigenen Namen aufgetreten seien, da die Außenwirkung auf Dritte insoweit nicht entscheidend sein könne. Schließlich hätten die Beigeladenen zu 1. bis 5. in den Fragebögen auch jeweils ausgeführt, dass sie in Art und Weise der Ausführung und der Zeiteinteilung im Wesentlichen unabhängig gewesen seien und im Übrigen jeweils eigene Werkzeuge für die Ausführung der Aufträge benutzt hätten.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 19. November 2020 zugestellte Urteil am 11. Dezember 2020 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie die im Klageverfahren von ihr vorgetragenen Argumente wiederholt. Sie hat herausgestellt, dass ein unternehmerisches Risiko im Hinblick auf die Bezahlung nach Arbeitsstunden i.H.v. 10,00 € bzw. 13,00 € nicht erkennbar sei. Auch schließe der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1. bis 5. auch für andere Auftraggeber tätig geworden seien, das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Verhältnis zur Klägerin nicht zwangsläufig aus. Vielmehr sei grundsätzlich jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen und daraufhin zu untersuchen, ob unter den konkreten Arbeitsbedingungen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit vorherrschend seien. Im vorliegenden Fall sei ausschließlich auf die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1. bis 5. bei der Klägerin abzustellen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat hat die Beklagte anerkannt, dass der angefochtene Bescheid in Bezug auf die für den Beigeladenen zu 3. erhobenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 331,80 € rechtswidrig ist. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Darüber hinaus beantragt die Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2020 zurückzuweisen.
Sie hat ebenfalls ihre Argumente aus dem Klageverfahren wiederholt und der Berufungsbegründung entgegengehalten, eine nichtselbstständige Tätigkeit setze voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Hiervon sei jedoch nicht auszugehen, wenn der Beschäftigte mehrere Auftraggeber habe und so selbst entscheiden könne, welchen Auftrag er ausführen wolle und welchen nicht. Schließlich seien die – beigeladenen – Monteure nicht in ihrem – der Klägerin – Namen aufgetreten.
Mit dem Beschluss des Senats vom 14. April 2022 sind die Beiladungen zu 6. bis 12. bewirkt worden. Die Beigeladenen zu 1. bis 3. und zu 5. bis 12. haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert. Der Beigeladene zu 4., der im Verhandlungstermin beim Senat erschienen ist, hat sich der Rechtsauffassung der Klägerin angeschlossen. Einen eigenen Antrag hat er nicht gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat durfte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen zu 1. bis 3. und zu 5. bis 12. im Verhandlungstermin nicht erschienen und nicht vertreten gewesen sind. Hierauf sind sie mit der ihnen jeweils ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden (§§ 153 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage in Bezug auf die in dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken-/Pflegeversicherung, in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. in der Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 aufgrund der von den vorgenannten Beigeladenen in dem streitigen Zeitraum für die Klägerin erbrachten Arbeiten stattgegeben.
Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin mit dem Ziel der Aufhebung des – durch das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten im Verhandlungstermin beim Senat abgeänderten – Bescheides der Beklagten vom Bescheid vom 8. Dezember 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2018 ist unbegründet.
Die Beklagte hat aufgrund der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV nach vorheriger Anhörung zu Recht die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. in den genannten Zweigen der Sozialversicherung festgestellt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung; § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung; § 25 Abs. 1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung; § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess” verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel” handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).
Hier überwiegen in Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls die Merkmale der abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. Diese verrichteten – ohne dass eine schriftliche Vereinbarung zugrunde gelegt worden war – für die Klägerin Tätigkeiten, die im Rahmen des von dieser verfolgten Geschäftszwecks, des Verkaufs von neuen und gebrauchten Gastrogeräten, anfielen. Nach dem Erwerb von Gastrogeräten durch die Klägerin bauten die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. die gekauften Geräte an dem Ort, an dem sich diese befanden, ab und verluden sie auf die von der Klägerin angemieteten Fahrzeuge. Die abgebauten Geräteteile wurden sodann von Fahrern, die bei der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigt waren, zum Lager der Klägerin oder an einen sonstigen Ort, an dem sie wieder aufgebaut werden sollten, gefahren. Dort luden die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. die Geräte wieder aus, bauten sie auf und versetzten sie in einen funktionsfähigen Zustand. Damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten, wie Lagerarbeiten, Malerarbeiten, Büroarbeiten oder auch Tätigkeiten im Außenbereich sowie Gartenarbeiten, wurden ebenfalls verrichtet. Bei allen vorgenannten Tätigkeiten waren die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert und mussten sich insbesondere mit den festangestellten Fahrern der Klägerin abstimmen, wann die Gastrogeräte abgebaut und verladen bzw. wieder ausgeladen und aufgebaut werden konnten. Dem steht nicht entgegen, dass nach Angaben der Klägerin der Beigeladene zu 2. die Organisation der Abläufe übernommen hat. Denn zum einen war der Beigeladene zu 2. nur von Februar bis November 2016 für die Klägerin tätig. Zum anderen übernahm er die Organisation im Auftrag der Klägerin in der Funktion eines Vorarbeiters, ohne selbst Arbeitgeber der Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. gewesen zu sein. Denn die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. stellten – nur – der Klägerin Rechnungen, in denen sie die von ihnen aufgewendete Arbeitszeit in Stunden angaben und einen Stundenlohn von 10,00 € bzw. 13,00 € oder 30,00 € verlangten. Teilweise stellten sie Provisionen oder Hotelkosten in Rechnung. Zu einem großen Teil wurden die Rechnungsbeträge in bar bezahlt.
Eigene Betriebsmittel setzten die Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. nur in geringem Umfang ein. Nach ihren Angaben benutzten sie eigenes Werkzeug, Verpackungsmaterial und gelegentlich einen eigenen Hubwagen. Einem Unternehmerrisiko unterlagen sie nicht. Sie erstellten vor Aufnahme ihrer Tätigkeiten kein Angebot an die Klägerin, sondern wurden vollumfänglich für die von ihnen verrichteten Arbeitsstunden bezahlt. Keine der Rechnungen enthält Abschläge für eine Schlecht- oder Minderleistung. Sämtliche Auslagen, wie Hotelkosten, wurden erstattet. Auch stellten sie der Klägerin keine Rechnungen über den Verkauf eines Gastrogerätes, sondern führten als eine der Rechnungspositionen „Verkaufsprovisionen“ auf. Das Risiko eines Verlustes aufgrund einer Fehlplanung oder die Chance, durch effizient organisiertes und/oder schnelleres Arbeiten einen größeren Gewinn zu erzielen, bestand jeweils nicht. Ein Spielraum für die Erzielung eines unternehmertypischen Überschusses ergab sich angesichts des Stundenlohns im Verhältnis zu der einzusetzenden Arbeitszeit nicht. Eine auskömmliche eigene Absicherung, insbesondere der Aufbau einer eigenen Alterssicherung, war angesichts der geringen Stundenlöhne nicht möglich (vgl. Urteil des BSG vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R -, juris RdNr. 50).
In Bezug auf das Verhältnis der Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. zur Klägerin ist von untergeordneter Bedeutung, dass diese auch für andere Auftraggeber tätig geworden sind. Insbesondere in Bezug auf den Beigeladenen zu 4., der im gesamten streitigen Zeitraum für die Klägerin tätig geworden ist, fällt die Rechnungsstellung durch fortlaufende Rechnungsnummern mit nur geringfügigen Unterbrechungen und einer Vielzahl von zusammenhängenden aufeinanderfolgenden Arbeitstagen auf.
Soweit das Sozialgericht vom jeweiligen Abschluss von Werkverträgen ausgegangen ist, teilt der Senat diese rechtliche Beurteilung nicht. Denn welches Werk aufgrund der von den Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. in Rechnung gestellten Tätigkeiten vereinbart und geschuldet war, ist nicht erkennbar. Schriftliche Vereinbarungen zu dem Rechtsverhältnis der Klägerin zu den Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. wurden nicht getroffen. Gegenstand eines Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Fehlt es an einem vertraglich festgelegten abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der „Auftraggeber“ dann durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom „Auftragnehmer“ zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12-, juris, Leitsatz). Hier standen sämtliche Gastrogeräte, an denen die Beigeladenen zu 1. bis 5. ihre abgerechneten Leistungen erbrachten, im Eigentum der Klägerin. Wo, wann und wie die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht wurden, hing von den Abläufen in der Einflusssphäre der Klägerin ab und waren von den Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. nicht wesentlich zu beeinflussen. Es bestand für sie lediglich die Möglichkeit, jegliche Mitwirkung in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Abbau und Aufbau von Gastrogeräten anfallenden Tätigkeiten nicht zu erbringen. Schließlich ist die teilweise Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen den Beigeladenen zu 1. und 2. sowie 4. und 5. und der Klägerin nach der landesobergerichtlichen Rechtsprechung als ein Hinweis auf zu verdeckende Schwarzarbeit zu werten, die zur Nichtigkeit eines Werkvertrages, sofern er den angenommen werden könnte, führt (vgl. z.B. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 7. Januar 2019 – 7 U 103/18-, juris, RdNr. 7 ff.).
Die Berechnung der geforderten Beiträge begegnet – jedenfalls zu Lasten der Klägerin – keinen Bedenken. Einwände gegen deren Rechtmäßigkeit sind für den Senat nicht feststellbar gewesen und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Verhältnis von überwiegendem Obsiegen und sehr geringem Unterliegen Rechnung. Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, § 162 Abs. 3 VwGO. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ihnen auch keine Kostenerstattung zugesprochen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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