Aktenzeichen M 18 K 17.2523
SGB VIII § 10 Abs. 1 S. 1, § 35a
SGB IX in der Fassung vom 20.12.2011 § 33 Abs. 7 Nr. 1
Leitsatz
1. Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehört auch die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe am Arbeitsleben notwendig ist. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit in der Arbeitshilfe der Bundesagentur „Heilpädagogische Unterbringung von Jugendlichen mit Behinderung“ hinsichtlich der Leistung der Unterbringung auf den Personalschlüssel der jeweiligen Einrichtung abgestellt und davon ausgegangen wird, dass die Bundesagentur die Unterbringungskosten nur übernehme, sofern der Ausbildungserfolg mit einer regulären Internatsunterbringung gesichert sei, findet sich hierfür keine Grundlage im Gesetz. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Leistungen der Jugendhilfe sind grundsätzlich nachrangig. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Das Gericht konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die heilpädagogische Wohnheimunterbringung für den Leistungsempfänger B. K..
Der Verwaltungsrechtsweg ist – auch entsprechend dem insoweit bindenden Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Nürnberg – für die Entscheidung über einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX 2004 bzw. nunmehr § 16 Abs. 1 SGB IX in der Fassung vom 1. Januar 2018 gegeben, § 114 SGB X. Denn ein etwaiger Anspruch des Leistungsempfängers gegen den Beklagten würde sich aus § 35a SGB XIII ergeben. Das Verwaltungsgericht München ist für diesen Anspruch auch sachlich und örtlich zuständig.
Hinsichtlich des materiellen Rechts ist maßgeblich auf die Rechtslage für den Zeitraum vom 31. August 2015 bis 29. Juli 2016 abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.2011 – 5 C 6/11 – juris Rn. 6). Davon abgesehen haben die im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Normen des Neunten Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – zwar mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen – Bundesteilhabegesetz vom 23. Dezember 2016 (BTHG – BGBl. I 2016, 3234), überwiegend in Kraft getreten zum 1. Januar 2018, zwar eine neue Bezeichnung, inhaltlich jedoch keine Änderung erfahren.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX 2004 (BGBl. I, 606), der insoweit eine zu § 16 Abs. 1 SGB IX in der Fassung vom 23. Dezember 2016 inhaltsgleiche Regelung enthält und vorliegend den sonstigen Erstattungsregelungen als lex specialis vorgeht (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2017 – 5 C 3/16 – juris Rn. 10).
Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX 2004 hat der Rehabilitationsträger, der aufgrund eines nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX 2004 weitergeleiteten Antrags geleistet hat, einen Erstattungsanspruch, wenn nach Bewilligung der Leistung durch diesen Rehabilitationsträger festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger bzw. bei mehrfacher Zuständigkeit ein vorrangig Leistungsverpflichteter (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2017 – 5 C 3/16 – juris Rn. 10, BSG, U.v. 30.6.2016 – B 8 SO 7/15 R – juris Rn. 12) für die Erbringung der Leistung zuständig war.
Die Klägerin hat vorliegend auf Grund eines weitergeleiteten Antrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX 2004 geleistet, so dass § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX 2004 grundsätzlich als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt.
Der Leistungsempfänger hat jedoch hinsichtlich der Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe einen deckungsgleichen Leistungsanspruch sowohl gegen die Klägerin als auch gegen den Beklagten; wobei der Leistungsanspruch des Leistungsempfängers gegen die Klägerin vorrangig ist, so dass kein Erstattungsanspruch besteht.
Der Leistungsempfänger hatte vorliegend unstreitig einen Anspruch gegen den Beklagten auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII, welche grundsätzlich auch die Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe beinhalten kann.
Darüber hinaus hatte der Leistungsempfänger jedoch auch einen Anspruch gegenüber der Klägerin nach § 33 Abs. 7 Nr. 1 SGB IX 2011 (BGBl. I, 2854).
Nach § 33 Abs. 7 Nr. 1 SGB IX 2011 (insoweit wortgleich zu § 49 Abs. 7 Nr. 1 SGB IX in der Fassung vom 23. Dezember 2016) gehört zu den von der Klägerin zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe am Arbeitsleben notwendig ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Mit dem Gutachten der Klägerin vom 12. Mai 2014 wurde festgestellt, dass der Leistungsempfänger für die berufsvorbereitende Maßnahme einen beschützt überbetrieblichen Rahmen mit störungsspezifisch geschulten Fachpersonal an Psychologen, Sozial- und Heilpädagogen benötige. Als Ausbildungsort stand von Seiten der Klägerin ausschließlich das Berufsbildungswerk St. F. … mit einer zwingenden externen Unterbringung des Leistungsempfängers im Raum. Eine reine Internatsunterbringung des Leistungsempfängers im Berufsbildungswerk St. F. … – die die Klägerin auch von sich aus übernommen hätte – war für den Leistungsempfänger jedoch tatsächlich nicht ausreichend. Wie sich insbesondere auch aus dem Protokoll der Fallbesprechung vom 7. Mai 2015 ergibt, waren sich die Parteien einig, dass hinsichtlich der sozial-kommunikativen Fertigkeiten des Leistungsempfängers nur Fortschritte erreicht werden könnten, sofern die äußeren Rahmenbedingungen stimmen und ein störungsspezifisch geschultes Fachpersonal zur Verfügung stehe. Wichtig seien verlässliche Bezugspersonen, individuelle und praktisch-anschauliche Anleitung bei neuen Aufgaben und in neuen Situationen. Bei erkennbarer Passung zwischen den Voraussetzungen des Leistungsempfängers und den gegebenen Rahmenbedingungen sei davon auszugehen, dass der reguläre Betreuungsschlüssel eines auf autistische Rehabilitation spezialisierten Berufsbildungswerks ausreichen könne. Das Berufsbildungswerk St. F. … wiederum informierte mit Schreiben vom 17. Juli 2015 darüber, dass der Leistungsempfänger aufgrund seines hohen Anleitungsbedarfes die Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe sowie dort die Unterbringung in einem Einzelzimmer benötige. Aus dieser Gesamtschau ergibt sich, dass für einen Erfolg der Leistung der Klägerin zur Teilhabe am Arbeitsleben die Unterbringung des Leistungsempfängers in einer heilpädagogischen Wohngruppe zwingend erforderlich und Voraussetzung war. Damit sind die Voraussetzungen des § 33 Abs. 7 Nr. 1 SGB IX 2011 erfüllt.
Soweit in der von Klägerseite vorgelegten Arbeitshilfe „Heilpädagogische Unterbringung von Jugendlichen mit Behinderung“ hinsichtlich der Leistung der Unterbringung auf den Personalschlüssel der jeweiligen Einrichtung abgestellt und davon ausgegangen wird, dass die Bundesagentur die Unterbringungskosten nur übernehme, sofern der Ausbildungserfolg mit einer regulären Internatsunterbringung gesichert sei, findet sich hierfür keine Grundlage im Gesetz. Zwar mag der Personalschlüssel ein Unterscheidungskriterium zwischen der internatsmäßigen Unterbringung und einer heilpädagogischen Unterbringung sein, das Gesetz sieht eine Einschränkung der als Annexleistung zu erbringenden Unterbringung auf eine lediglich internatsmäßigen Unterbringung jedoch nicht vor. Vielmehr stellt § 33 Abs. 7 Nr. 1 SGB IX 2011 lediglich darauf ab, ob die Unterbringung notwendig ist. Dementsprechend kann auch eine Unterbringung mit erhöhtem Personalbedarf aufgrund der Beeinträchtigungen des Leistungsempfängers eine zu erbringende Annexleistung darstellen, sofern sie (auch) für den Erfolg der Leistung der Bundesagentur erforderlich ist.
Ebenso wenig ist danach zu unterscheiden, ob der Kläger primär aufgrund seines jugendhilferechtlichen Bedarfs oder zur Ermöglichung der Teilhabe am Arbeitsleben der heilpädagogischen Wohngruppe bedurfte. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Hinblick auf die Vorrangregelung nicht auf eine Grenzziehung nach Maßgabe des Schwerpunkts des Bedarfs oder des Leistungszwecks oder -ziels abzustellen. Vielmehr ist nur zu fragen, ob im Außenverhältnis (zum Hilfeempfänger) ein Anspruch auf beide Leistungen besteht und sich diese ganz oder teilweise decken oder überschneiden. Ausreichend ist, dass die Maßnahme auch für die Leistung des Leistungsträger von Bedeutung ist (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 9.2.2012 – 5 C 3/11 – juris Rn. 31 ff. m.w.N.). Dem folgend führt auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 24. Februar 2014 (Az. 12 ZB 12.715 – juris Leitsätze 2 und 3 sowie Rn. 34 ff.) aus, dass der sozialhilferechtliche Bedarfsdeckungsgrundsatz eine hypothetische Aufspaltung und isolierte Betrachtung einzelner Hilfebedarfe ausschließt. Vielmehr ist grundsätzlich der gesamte anzuerkennende Hilfebedarf im konkreten Einzelfall durch eine Leistung der Eingliederungshilfe abzudecken. Dementsprechend handelt es sich vorliegend bei der Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe um eine Annexleistung zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, für die die Klägerin zuständig ist, da sie auch für die Hauptleistung „Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben“ zuständig ist. Diese Annex-Leistung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Rehabilitationsleistung als Hauptleistung; es handelt sich nicht um eine eigenständig zu gewährende Sozialleistung (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, U.v. 24.4.2015 – L 8 AL 2430/12 – juris Rn. 67).
Die Unterbringung des Leistungsempfängers in einer heilpädagogischen Wohngruppe war vorliegend für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben aufgrund der Art und Schwere der Behinderung des Leistungsempfängers und zur Sicherung des Erfolges dieser Leistung erforderlich. Die externe Unterbringung musste ausschließlich für die Leistung der Klägerin erfolgen; andernfalls hätte der Leistungsempfänger weiterhin – wie auch zuvor – bei seiner Familie leben und von dieser versorgt werden können. Folglich liegt vorliegend gerade kein Fall einer Leistung vor, die ausschließlich der Verbesserung der allgemeinen Lebenssituation dient. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Juni 2019 in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts widerspricht dieser Ansicht nicht. Vielmehr wird auch dort ausgeführt, dass Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsberufsausübung auswirken, nicht Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben darstellen würden (BSG, U.v. 26.10.2004 – B 7 AL 16/04 R – juris Rn. 21). Dementsprechend wurde in den von der Klägerin herangezogenen Vergleichsfällen die Übernahme von Kosten für eine allgemeine Autismus-Therapie (LSG Niedersachsen-Bremen, U.v. 19.6.2018 – L 7/12 AL 46/16 – juris), den Einbau einer Küche (BSG, U.v. 26.10.2004 – B 7 AL 16/04 R – juris) bzw. eines Personenaufzugs (BSG, U.v. 20.9.2012 – B 8 SO 15/11 R – juris) in die Wohnung des jeweiligen Leistungsempfängers als Annexleistung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt. Vorliegend handelt es sich bei der heilpädagogischen Wohngruppe jedoch gerade nicht um eine ausschließlich auf elementare Grundbedürfnisse ausgerichtete Leistung oder auf eine Leistung ausschließlich aufgrund eines erheblichen Erziehungsdefizits (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 13.2.2014 – W 3 K 13.112 – juris; DIJuF-Rechtsgutachten zur Frage der sachlichen Zuständigkeit für Rehabilitationshilfe für einen in einer „Autismuswohngruppe“ untergebrachten Jugendlichen v. 25.8.2015 – JAmt 2015, 559 ff.). Vielmehr steht die Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe in unmittelbaren Bezug für die erfolgreiche Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben.
Soweit das Bundessozialgericht in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 26. Oktober 2004 (B 7 AL 16/04 R – juris) darüber hinaus ausführt, dass die Leistung final auf das gesetzlich vorgegebene Ziel der positiven Entwicklung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein müsse und entscheidend sei, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen sei (a.a.O., juris Rn. 21), dürfte dies aufgrund der – oben zitierten – jüngeren ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (der offenbar im Ergebnis auch das LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 24. April 2015 [L 8 AL 2430/12 – juris] folgt) überholt sein. Eine abschließende Entscheidung hierüber kann jedoch dahinstehen, da es sich vorliegend bei der Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe bereits nicht um die Befriedigung eines elementaren Grundbedürfnisses des Leistungsempfängers handelt, sondern um eine – durch die Leistung der Klägerin erforderlich gewordene – Annexleistung, die auch unmittelbar für den Erfolg der Leistung der Klägerin erforderlich erscheint, sodass selbst der Schwerpunkt der Leistung dem Leistungsbereich der Klägerin zuzuordnen ist.
Der Anspruch des Leistungsempfängers gegen die Klägerin ist auf Unterbringung einschließlich pädagogischer Betreuung in einer heilpädagogischen Wohnheimgruppe gerichtet, so dass er auch deckungsgleich (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 19.10.2011 – 5 C 6/11 – juris Rn. 16) zu dem Anspruch gegen den Beklagten ist.
Der Leistungsanspruch des Leistungsempfängers gegen den Beklagten ist nachrangig, sodass der Klägerin kein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX 2004 zusteht.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gilt grundsätzlich die Nachrangigkeit der Leistungen der Jugendhilfe. Diese Regelung findet auch im Verhältnis zu Leistungen der aktiven Arbeitsförderung Anwendung und umfasst alle in § 33 SGB IX 2011 genannten Leistungen (vgl. Eicher/Luik/Luik, 4. Auflage 2017, SGB II, § 16 Rn. 169). Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei der heilpädagogischen Unterbringung nicht – wie die Klägerin meint – um eine originäre, ausschließliche Leistung der Jugendhilfe. Vielmehr kann die heilpädagogische Unterbringung – wie vorliegend – auch eine deckungsgleiche Annexleistung der Klägerin darstellen.
Sofern eine Leistungsverpflichtung zweier Leistungsträger besteht, ist auch im Rahmen der Klärung des Vorrangs der Leistungspflicht von miteinander konkurrierenden Leistungen nicht anhand des Schwerpunkts der Leistungen zu entscheiden (a. A. Bohnert, BeckOKG, Stand 1.4.2019, SGB VIII, § 10 Rn. 32; wohl auch Kepert, LPK-SGB VIII, 7. Auflage 2018, § 10 Rn. 29 jeweils ohne weitergehende Begründung). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt insoweit in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2014 (Az.: 12 ZB 12.715 – juris Rn. 36 ff. – insbesondere unter Verweis auf BVerwG, U.v. 19.10.2011 – 5 C 6.11 – juris) zu § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII aus, dass angesichts der Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich besonders in den Fällen einer Mehrfachbehinderung oder entwicklungsbedingter Besonderheiten ergeben könnten, das Absehen von Schwerpunktkriterien und von Kausalitätserwägungen auch der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit diene. Denn je nach Betrachtungsweise und Lebenssituation könnten sich unterschiedliche Schwerpunkte des Bedarfs ergeben, so dass sich der Bedarf oder Leistungszweck des vorrangig zuständigen Leistungsträgers nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit ermitteln lasse. Erst recht könne daher § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nicht dahingehend eingeschränkt ausgelegt werden, dass die körperliche und oder geistige Behinderung für die Maßnahme der Eingliederungshilfe ursächlich im Sinne einer conditio-sine-qua-non ist bzw. das Erfordernis einer Kausalität schlechthin erfüllt sein müsse. Diese Ausführungen, denen das Gericht folgt, sind vorliegend deckungsgleich auf das Rangverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII anzuwenden. Im Übrigen erscheint auch insoweit die weitere Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2011 (Az.: 5 C 6.11 – juris Rn. 20), dass die gesetzgeberische Vorrangregelung auch vor dem Hintergrund gesehen werden müsse, dass der kommunale Jugendhilfeträger finanziell entlastet werden sollte, einschlägig. Daraus folgt, dass lediglich dann ein Vorrang der Jugendhilfeleistungen bestehen kann, sofern die Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe im Rahmen der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ausschließlich aus sozialpädagogischen Gründen erfolgt, was vorliegend nicht der Fall ist.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Entgegen dem Antrag des Klägers war die Berufung nicht nach § 124a VwGO zuzulassen, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beikommt. Vielmehr ist der jeweilige Einzelfall unter Anwendung der vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung zu subsumieren.