Medizinrecht

Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung im Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr

Aktenzeichen  Au 7 K 18.306

Datum:
3.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25747
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 20 Abs. 1, Anlage 4a
StVG § 2 Abs. 4, § 3 Abs. 4
StPO § 94, § 111

 

Leitsatz

1 Für das Erteilungsverfahren nach § 3 Abs. 4 StVG ist grundsätzlich von dem in einem rechtskräftigen Straf- oder Bußgeldverfahren festgestellten Sachverhalt auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, insbesondere neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen, die für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen (Anschluss BayVGH BeckRS 2016, 44335), (redaktioneller Leitsatz)
2 Wird gutachterlich festgestellt, dass die “schwierige Persönlichkeitsstruktur” und eine zur Tatzeit bestehende Ausnahmesituation (komplexe Beziehungsstruktur) es dem Täter unmöglich mache, die Vorwürfe in den Strafurteilen “zu 100%” einzugestehen, lässt dies Ausprägung und Schwere der Problematik, die diesem Verhalten zugrunde liegt, nicht erkennen, so dass es an einer diagnostischen Hypothese als Grundlage fehlt, um die erforderlichen Veränderungsvoraussetzungen für eine positive Beurteilung herleiten zu können. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollsteckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 6. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat daher keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers in der Konstellation der Versagungsgegenklage ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 3 C 24/15 – juris Rn. 12 m.w.N.).
1. Nach § 20 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis die Vorschriften über die Ersterteilung. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Dies ist nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn sie die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Sie dürfen daher unter anderem nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV). Gleiches gilt bei Straftaten oder einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die Straftaten unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 FeV) oder wenn die Fahrerlaubnis wegen einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 entzogen war (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 Buchst. b FeV).
Dabei entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht trotz der gesetzlich nicht ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung für das Erteilungsverfahren in § 3 Abs. 4 StVG grundsätzlich von dem in einem rechtskräftigen Straf- oder Bußgeldverfahren festgestellten Sachverhalt, an dem sich der Betroffene festhalten lassen muss, ausgehen müssen, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, insbesondere neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen, die für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 11 ZB 15.2682 m.w.N; B.v. 13.2.2015 – 11 ZB 14.1452 – BayVBl 2016, 59; B.v. 12.8.2013 – 11 ZB 11.2200 – juris Rn. 7). Solche gewichtigen Anhaltspunkte liegen hier nicht vor. Die im Fahreignungsregister eingetragenen Urteile sind allesamt rechtskräftig. Anträge des Klägers zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens blieben erfolglos. Die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen des Ingenieurbüros … vom 15. Juni 2012 und 4. Oktober 2013 sowie eine Stellungnahme des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht … vom 21. Juli 2010 waren bereits Gegenstand des (erfolglosen) Wiederaufnahmeverfahrens oder des Urteils des Landgerichts … vom 1. Februar 2011 (S. 14 des Urteils, Bl. 445 der Behördenakte).
Das Vorliegen der Fahreignung wird vom Gesetz positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert; die Nichtfeststellbarkeit der Fahreignung geht also zu Lasten des Bewerbers (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 2 StVG Rn. 29, 41). Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen.
Nach Nr. 2 Buchst. a Satz 1 der Anlage 4a zur FeV muss ein erstelltes Gutachten nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Dazu müssen nach Nr. 2 Buchst. a Satz 3 der Anlage 4a alle wesentlichen Befunde wiedergegeben und die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen dargestellt werden.
2. Das vom Kläger vorgelegte medizinisch-psychologische Gutachten der, Untersuchungstag: 8.11.2017 (nachfolgend: Gutachten), ist nicht verwertbar und kann seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht belegen, da die Bewertung des psychologischen Untersuchungsgesprächs (unter IV., S. 18) nicht schlüssig und nachvollziehbar ist.
Das Gutachten hat zunächst unter II.2 (S.4/5) den allgemeinen Beurteilungshintergrund dargestellt sowie die grundsätzlichen Eignungsbedenken, wenn Straftaten im Straßenverkehr begangen werden, aber auch außerhalb des Straßenverkehrs, insbesondere wenn diese Straftaten auf ein hohes Aggressionspotential schließen lassen. Anschließend wurden die grundsätzlichen Voraussetzungen dargelegt, die für die Prognose einer (nun) fehlenden Wiederholungsgefahr vorliegen müssen. Dabei wurde insbesondere auf Folgendes hingewiesen: „Herr … muss die Gründe für bisheriges Fehlverhalten, die in der eigenen Person liegen, erkannt und problematische Einstellungen und Verhaltensweisen entsprechend geändert haben.“
Diesen Darstellungen kann nachvollziehbar entnommen werden, dass der Betroffene als ersten Schritt bzw. grundlegende Voraussetzung auf jeden Fall zunächst sein bisheriges Fehlverhalten, hier also die konkreten Straftaten und deren Gefährlichkeit, die zum Verlust der Fahreignung geführt haben, erkannt haben muss und es im zweiten Schritt darüber hinaus der Kenntnis und der Einsicht in die Gründe bedarf, warum es zur Tatbegehung durch ihn kommen konnte.
Ausgehend von den im psychologischen Untersuchungsgespräch (III.2.2) vom Kläger gemachten Angaben, insbesondere zu seinen strafrechtlichen Verurteilungen (S. 13 bis 16), sind die im Gutachten unter Punkt IV. “Bewertung des psychologischen Untersuchungsgesprächs“ (S. 18) getroffenen Aussagen nicht schlüssig und nachvollziehbar. Dies gilt vor allem für folgende Aussagen: „Die Überprüfung der Angaben von Herrn … ergab im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen eine ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens. Herr … konnte darstellen, dass er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen auseinandergesetzt hat. Damit kann angenommen werden, dass Herr … das persönliche Fehlverhalten auch tatsächlich als solches identifiziert und ein ausreichendes Problembewusstsein entwickelt hat.“
Gegenüber der Gutachterin hat der Kläger zum Vorfall am 5. Februar 2004 angegeben: „Ich bin dann losgefahren und plötzlich setzt sich der Detektiv vorne auf die Motorhaube drauf und die Detektivin hat sich an den Außenspiegel gehangen, so dass er abgebrochen ist…“ (S. 14 und 19 des Gutachtens). Im Urteil des Amtsgerichts … vom 22. Juli 2004 (nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts … vom 19.4.2005) wurde jedoch festgestellt, dass der Kläger mit seinem Pkw in einem engen Rechtsbogen auf den Detektiv zugesteuert sei und diesen mit der Frontseite seines Autos von hinten erfasst, danach seinen Pkw nicht angehalten habe, sondern bewusst auf dessen Mitarbeiterin zugesteuert sei, die vom Pkw des Klägers am rechten Knie und Oberschenkel gestreift und verletzt worden sei.
Zum Vorfall vom 15. November 2008 hat der Kläger auf die Frage der Gutachterin, was er denke, weshalb er wegen dem Vorfall am 15.11.2008 rechtskräftig verurteilt worden sei, geantwortet: „Ganz einfach, weil ich mich total falsch verhalten habe. Im Nachhinein hätte ich spätestens, als ich Frau … oben gesehen habe, die Situation überreißen sollen und überhaupt nicht mehr zu meinem Fahrzeug gehen und einsteigen sollen. Ich hätte eigentlich problemlos ins Stadion zurückgehen sollen und somit wäre es gar nicht zu der eskalierenden Situation gekommen. Ich habe in beiden Situationen, in … und in, die beide vom Herrn … in die Wege geleitet wurden, völlig falsch reagiert und nicht deeskalierend die Situation beschwichtigt.“ Den Sachverhalt, der zur Verurteilung führte (Urteil des Amtsgerichts … vom 20.4.2010 nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts … vom 1.2.2011), nämlich dass er seinen Pkw abrupt bewusst auf den Geschädigten … zulenkte und diesen am rechten Knie in Höhe des Radkastens streifte, erwähnte er mit keinem Wort.
Die Angaben des Klägers im psychologischen Untersuchungsgespräch zu den am 5. Februar 2004 und am 15. November 2008 begangenen Straftaten widersprechen damit nicht nur in Einzelheiten, sondern in der Schilderung des Kerngeschehens den Sachverhalten, die in den jeweiligen Urteilen des Amtsgerichts … (nach Maßgabe der Urteile in der Berufungsinstanz) festgestellt wurden. Grundlage der Verurteilungen war, dass der Kläger vorsätzlich mit einem Pkw zwei Personen (am 5.2.2004) bzw. eine Person (am 15.11.2008) angefahren und verletzt hat und deswegen jeweils wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt und seine Fahreignung verneint wurde. Ein solches Tatgeschehen hat der Kläger im psychologischen Untersuchungsgespräch (siehe oben) jedoch nicht annähernd eingeräumt.
Damit ist die im Gutachten getroffene Bewertung – im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens – nicht nachvollziehbar, zumal im Gutachten selbst nicht erläutert wurde, warum diese Aussage gleichwohl, trotz der geradezu gegensätzlichen Darstellungen des Klägers im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen, getroffen wurde.
Eine Erklärung hierfür hat die Gutachterin in der mündlichen Verhandlung gegeben und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass sie im Hinblick auf das Kriterium 0.4N – die Angaben des Klägers widersprechen nicht… der Aktenlage – zur (erforderlichen) Widerspruchsfreiheit den Zusatz „ausreichend“ angegeben habe. Sie habe die Widersprüche durchaus gesehen. Es sei ihr klar, dass der Kläger die Vorwürfe in den Strafurteilen nicht zu 100% eingestehen könne. Sie führe dies auf die schwierige Persönlichkeitsstruktur des Klägers und die besondere Situation (schwierige komplexe Beziehungsstruktur), aus der heraus die Taten begangen wurden, zurück. Er habe sein Fehlverhalten in dem Umfang eingestanden, in dem es ihm möglich sei.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Bewertung, dass der Kläger „ausreichend“ widerspruchsfreie Angaben zum Akteninhalt gemacht hat und er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen auseinandergesetzt hat, zu tragen.
Die Erklärung der Gutachterin, dass die schwierige Persönlichkeitsstruktur des Klägers und die damalige besondere Situation (schwierige komplexe Beziehungsstruktur) es ihm unmöglich mache, die Vorwürfe in den Strafurteilen zu 100% einzugestehen, ist zu unbestimmt und lässt die Ausprägung und Schwere der Problematik, die diesem Verhalten zugrunde liegt, nicht erkennen. Insofern fehlt es an einer diagnostischen Hypothese als Grundlage, um daraus die erforderlichen Veränderungsvoraussetzungen für eine positive Beurteilung abzuleiten. Mangels einer solchen Grundlage sind daher Schlüsse auf die Verwertbarkeit der Aussagen des Klägers bzw. auf eine genügende Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten und damit Aussagen, ob Einstellungen und Verhaltensweisen ausreichend und nachhaltig geändert wurden, nur bedingt, wenn überhaupt möglich.
Insofern sind auch von der Gutachterin benannte Aussagen des Klägers nicht geeignet, ihre Schlussfolgerung zu stützen, dass er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen, in ausreichender Weise auseinandergesetzt hat. Z.B. ist die Aussage des Klägers, er erkenne die (sich aus dem Gesetz, der FeV, ergebende) Berechtigung der Behörde an, eine MPU zu verlangen, vor dem Hintergrund, dass er intelligent und zudem anwaltlich vertreten ist, nicht aussagekräftig. Auch seine Aussage, „Bei der Verurteilung ist mir erst bewusst geworden, dass juristisch gesehen ein Auto als gefährliche Waffe anzusehen ist.“ weckt gerade im Hinblick auf den Zusatz „juristisch gesehen“, Zweifel, ob eine Auseinandersetzung mit seinem konkreten Verhalten, dass er mit dem Pkw Personen angefahren hat, stattgefunden hat. Dies gilt auch für die Angabe des Klägers, „Ich habe in beiden Situationen in … und in, die beide von Herrn … in die Wege geleitet wurden, völlig falsch reagiert…“.Die Gutachterin hat hierzu erklärt, dass diese Aussage aus der Sicht des Klägers zutreffe, weil am 5. Februar 2004 tatsächlich Detektive, die nicht von ihm (sondern von Herrn …) beauftragt waren, vor Ort gewesen seien und sich der Kläger am 15. November 2008 von Herrn … provoziert gefühlt habe. Diese Erklärung lässt aber nicht erkennen, dass eine hinreichende Auseinandersetzung des Klägers mit seinen an diesen Tagen begangenen Straftaten stattgefunden hat, sondern deuten vielmehr darauf hin, dass der Kläger Beiträge einer anderen Person als Wesentlich für seine strafrechtlichen Verurteilungen, die auch zur Aberkennung seiner Fahreignung führten, ansieht.
In der mündlichen Verhandlung hat die Gutachterin ausgesagt, dass sie ihre positive Prognose letztendlich damit begründe, dass sie die geänderten Lebensverhältnisse des Klägers zu Grunde gelegt habe. Hierfür benannte sie, dass es keine aktuellen Zusammentreffen mit den geschädigten Personen gegeben habe und den vergangenen Zeitraum. Zudem erläuterte sie, dass für ihre positive Prognose ein wesentliches Kriterium gewesen sei, dass sie beim Kläger, den sie seit einem Informationsabend im März 2016 kenne, positive Veränderungen festgestellt habe. Während zu Beginn noch Uneinsichtigkeit im Hinblick auf die geforderte Gutachtensbeibringung bestanden habe, könne der Kläger jetzt nachvollziehen, warum eine Begutachtung gefordert werde. Im Vorfeld der jetzigen Begutachtung habe sie keine Aggressivität feststellen können, obwohl sie zuvor ein negatives Gutachten erstellt habe.
Wie bereits ausgeführt, ist die Aussage des Klägers, er erkenne die Berechtigung der Behörde an, eine MPU zu verlangen, vor dem Hintergrund, dass er intelligent und zudem anwaltlich vertreten ist, nicht aussagekräftig. Die weiter genannten Umstände sprechen zwar für den Kläger, wenn auch gutes Verhalten gegenüber der Gutachterin (keine aggressiven Reaktionen), von der er ja im Ergebnis eine positive Beurteilung erhalten will, auch wenig aussagekräftig ist. Das Erkenntnisdefizit im Hinblick auf die Verwertbarkeit seiner Aussagen und eine genügende Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten, wiegt aber so schwer, dass die Prognose einer (nun) fehlenden Wiederholungsgefahr nicht schlüssig und nachvollziehbar ist.
Lediglich ergänzend sei noch anzumerken, dass die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung klar erkennen ließen, dass er die den Verurteilungen zugrundliegenden Straftaten, nämlich dass er vorsätzlich mit einem Pkw zwei Personen (am 5.2.2004) bzw. eine Person (am 15.11.2008) angefahren und verletzt hat, in Gänze abstreitet und sich im Ergebnis als Opfer eines Justizirrtums betrachtet. Auch seine Ausführungen zeigen daher, dass die von der Gutachterin noch als ausreichend erachtete Erfüllung des Kriteriums 0.4N („Die Überprüfung der Angaben von Herrn … ergab im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen eine ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens“) und ihr Schluss auf eine ausreichende Auseinandersetzung des Klägers mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen nicht schlüssig sind.
Nach allem ist das Gutachten nicht verwertbar. Der Kläger hat seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht nachgewiesen und damit keinen Anspruch auf eine Neuerteilung der beantragten Fahrerlaubnis.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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