Medizinrecht

Übernahme der Kosten für einen Hausnotruf

Aktenzeichen  S 21 P 29/17

Datum:
30.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 138679
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V § 23 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 33
SGB XI § 40 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn dieser sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Hausnotruf.
Die Kammer konnte in der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 auch in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten entscheiden, da der Kläger mit Postzustellungsurkunde vom 03.04.2017 ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen kann (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG).
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind (§ 40 Abs. 1 S. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI). Der Hilfsmitteleinsatz kann für ein Verbleiben im häuslichen Bereich vor allem bei solchen Pflegebedürftigen von ausschlaggebender Bedeutung sein, die nicht über eine ständig anwesende Pflegeperson verfügen, sondern ihre Pflege durch externe Pflegepersonen bzw. Pflegesachleistungen sicherstellen. Der Pflegebedürftige soll – zur Vermeidung von Heimpflege – nach dem Grundanliegen des Gesetzgebers grundsätzlich in seiner Wohnung verbleiben können (BSG, Urteile vom 03.11.1999 – B 3 P 3/99 R und vom 11.04.2002 – B 3 P 10/01 R).
Hiervon ausgehend ist die Notwendigkeit einer Versorgung mit einem Hausnotrufsystem im Falle des Klägers zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Pflegebedürftigkeit des Klägers ist grundsätzlich gegeben; die Beklagte gewährt ihm Leistungen wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I. Bei einer Hausnotrufanlage handelt es sich um ein technisches Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI und nicht nur um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der vom Hilfsmittelbegriff nicht umfasst ist. Die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers ist nicht gegeben; insbesondere ist nicht die Krankenversicherung nach §§ 23 Abs. 1, 27 Abs. 1, 33 SGB V leistungspflichtig, da die dort genannten Voraussetzungen zur Versorgung mit einem Hilfsmittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt sind.
Der Kläger lebt jedoch nicht alleine, sondern zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn, der auch seine Pflegeperson ist. Dieser ist nicht berufstätig; er pflegt den Kläger und seine Mutter und kümmert sich um den anfallenden Haushalt. Er ist, mit Ausnahmen von kurzzeitigen Abwesenheiten für tägliche Besorgungen, vor Ort, um im Notfall Hilfe zu leisten bzw. telefonisch zu rufen. Anderenfalls ist seine Ehefrau zu Hause. Sollte es zu einem Sturz kommen, so ist der Kläger daher in der Regel nicht alleine. Darüber hinaus kann das Risiko eines unglücklichen Sturzes mit anschließender Hilflosigkeit letztlich jeden Menschen treffen und gehört zum allgemeinen Lebensrisiko (vgl. dazu Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 09. Juni 2010 – L 2 P 1/09 -, Rn. 24, juris). Entscheidend ist, dass dieses Risiko im Falle des Klägers nicht so hoch ist, dass ohne eine Versorgung mit einem Hausnotrufsystem ein Verbleib in der eigenen Wohnung nicht möglich wäre. Bei der derzeitigen Situation ist nach Auffassung der Kammer auch ohne Versorgung mit einem Hausnotrufsystem ein Verbleib des Klägers in der eigenen Wohnung möglich. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben