Medizinrecht

Verfassungsmäßigkeit von Regelungen der EinreiseQuarantäneverordnung des Freistaats Bayern

Aktenzeichen  Vf. 59-VII-20

Datum:
23.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 193
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEQV § 1 Abs. 1
IfSG § 28 Abs. 1 S. 1, § 29, § 30 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Regelung zur häuslichen Quarantäne für Ein- und Rückreisende in der vom 10. April bis zum 15. Mai 2020 geltenden Fassung war mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. (Rn. 40 – 81)
2. Sie verstieß nicht wegen einer offensichtlichen und gravierenden Abweichung von den Vorgaben der bundesrechtlichen Ermächtigung im Infektionsschutzgesetz gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV). (Rn. 33)
3. Ebenso wenig wurden Grundrechte der Bayerischen Verfassung, wie insbesondere das Recht auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV), in unzulässiger Weise eingeschränkt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Normgeber dem Schutz von Leben und Gesundheit höheres Gewicht eingeräumt hat als den durch die Pflicht zur Absonderung hervorgerufenen Beeinträchtigungen. (Rn. 47 – 70)
1. Die infektionsschutzrechtliche Pflicht zur Absondern stellt keinen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Person dar. (Rn. 44 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verpflichtung zur Absonderung im häuslichen Bereich kann angesichts der Übertragungswege des Virus Sars-Cov-2 ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit sein. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist gegenüber der Anordnung häuslicher Quarantäne kein gleich geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Pandemie. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Annahme der Notwendigkeit einer nicht nach Einreiseländern differenzierenden Anordnung von Absonderungsmaßnahmen unterliegt der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. (Rn. 60 – 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Die Popularklage richtet sich gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus (EinreiseQuarantäneverordnung – EQV) vom 9. April 2020 (GVBl S. 209, BayRS 2126-1-6 G) in der bis zum 15. Mai 2020 geltenden Fassung. Die angegriffene Vorschrift und die damals gültigen Ausnahmeregelungen (auszugsweise) haben folgenden Wortlaut:
§ 1 Häusliche Quarantäne für Ein- und Rückreisende; Beobachtung
(1) 1Personen, die auf dem Land-, See-, oder Luftweg aus einem Staat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in den Freistaat Bayern einreisen, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. …
§ 2 Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne
(1) 1Von § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasst sind Personen,
1.die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen, Waren und Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren,
2.deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung
a) der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens,
b) der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
c) der Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen,
d) der Funktionsfähigkeit des Rechtswesens,
e) der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder oder der Kommunen,
f) der Funktionsfähigkeit der Organe der Europäischen Union und internationaler Organisationen
zwingend notwendig ist; die zwingende Notwendigkeit ist durch den Dienstherrn oder Arbeitgeber zu prüfen und zu bescheinigen,
3. die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Luft-, Schiffs-, Bahn- oder Busverkehrsunternehmen oder als Besatzung von Flugzeugen, Schiffen, Bahnen und Bussen außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben,
4. die zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich oder medizinisch veranlasst in das Bundesgebiet einreisen, oder
5. die sich weniger als 48 Stunden im Ausland aufgehalten haben oder die einen sonstigen triftigen Reisegrund haben; hierzu zählen insbesondere soziale Aspekte wie etwa ein geteiltes Sorgerecht, der Besuch des nicht unter dem gleichen Dach wohnenden Lebenspartners, dringende medizinische Behandlungen oder Beistand oder Pflege schutzbedürftiger Personen.
2Im Übrigen kann die zuständige Kreisverwaltungsbehörde in begründeten Einzelfällen auf Antrag weitere Befreiungen erteilen.
Der Antragsteller wendet sich ferner gegen § 4 EQV, der die ursprüngliche Geltungsdauer der Verordnung regelte, sowie gegen § 23 Abs. 1 der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. BayIfSMV) vom 5. Mai 2020 (BayMBl Nr. 240, BayRS 2126-1-8-G), der die Geltung der Einreise-Quarantäneverordnung bis einschließlich 17. Mai 2020 verlängerte. Am 16. Mai 2020 trat die Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung vom 15. Mai 2020 (BayMBl Nr. 273, BayRS 2126-1-6-G) in Kraft, mit der § 1 Abs. 1 EQV durch eine inhaltlich abweichende Neuregelung ersetzt wurde. Diese Neuregelung, die vom 16. Mai 2020 bis zum 15. Juni 2020 galt, ist nicht Gegenstand der Popularklage.
Die Einreise-Quarantäneverordnung vom 9. April 2020 war gestützt auf § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1, §§ 29, 30 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl I S. 1045), das zuletzt durch Art. 1, 2 und 3 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl I S. 587) geändert worden war, sowie auf § 9 Nr. 5 Delegationsverordnung (DelV) vom 28. Januar 2014 (GVBl S. 22, BayRS 103-2-V), die zuletzt durch Verordnung vom 13. Januar 2020 (GVBl S. 11) geändert worden ist.
§ 28 Abs. 1 Satz 1, §§ 29, 30 Abs. 1 und § 32 IfSG in der damals gültigen Fassung lauten:
§ 28 Schutzmaßnahmen
(1) 1Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

§ 29 Beobachtung
(1) Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider können einer Beobachtung unterworfen werden.
(2) 1Wer einer Beobachtung nach Absatz 1 unterworfen ist, hat die erforderlichen Untersuchungen durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes zu dulden und den Anordnungen des Gesundheitsamtes Folge zu leisten. 2§ 25 Absatz 3 gilt entsprechend. 3Eine Person nach Satz 1 ist ferner verpflichtet, den Beauftragten des Gesundheitsamtes zum Zwecke der Befragung oder der Untersuchung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gestatten, auf Verlangen ihnen über alle seinen Gesundheitszustand betreffenden Umstände Auskunft zu geben und im Falle des Wechsels der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltes unverzüglich dem bisher zuständigen Gesundheitsamt Anzeige zu erstatten. 4Die Anzeigepflicht gilt auch bei Änderungen einer Tätigkeit im Lebensmittelbereich im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 oder in Einrichtungen im Sinne von § 23 Absatz 5 oder § 36 Absatz 1 sowie beim Wechsel einer Gemeinschaftseinrichtung im Sinne von § 33. 5§ 16 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend. 6Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt.
§ 30 Quarantäne
(1) 1Die zuständige Behörde hat anzuordnen, dass Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischem Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind, unverzüglich in einem Krankenhaus oder einer für diese Krankheiten geeigneten Einrichtung abgesondert werden. 2Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.

§ 32 Erlass von Rechtsverordnungen
1Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. 3Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt werden.
II.
1. Mit seiner am 6. Mai 2020 erhobenen und mit Schriftsätzen vom 14. Mai und 18. August 2020 ergänzten Popularklage beantragt der Antragsteller, § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 4 EQV in der bis zum 15. Mai 2020 geltenden Fassung (im Folgenden: § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 4 EQV) sowie § 23 Abs. 1 4. BayIfSMV für nichtig zu erklären.
Die angegriffenen Vorschriften haben nach Auffassung des Antragstellers das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 102 Abs. 1 BV), das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV) sowie die allgemeine Handlungsfreiheit und Berufsfreiheit (Art. 101 BV) in verfassungswidriger Weise eingeschränkt. Er rügt außerdem eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts (Art. 103 Abs. 1 BV) und des Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV).
a) Der Antragsteller macht geltend, im Schwerpunkt hätten die angegriffenen Vorschriften gegen das Grundrecht auf Freiheit der Person verstoßen. Die Anordnung häuslicher Absonderung habe die körperliche Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt. Den hiervon Betroffenen sei das Recht genommen worden, sich an jedem beliebigen Ort aufzuhalten. Der Grundrechtseingriff habe schon deshalb gegen die Verfassung verstoßen, weil § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 32 i. V. m. §§ 28 ff. IfSG gedeckt gewesen sei. Die einschlägigen Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes ermächtigten den Verordnungsgeber nur dazu, Quarantänemaßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern vorzusehen. Eine Regelung, die – wie § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV – jeden Einreisenden unabhängig vom Bestehen eines Krankheitsverdachts präventiv und ohne Einzelfallprüfung unter häusliche Absonderung stelle, habe hierauf nicht gestützt werden können. Zudem habe § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV den verfassungsrechtlichen Anforderungen deshalb nicht genügt, weil der Begriff der Wohnung nicht hinreichend bestimmt gewesen sei.
Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vorgesehene generelle Absonderungspflicht für alle Einreisenden habe auch gegen das bei der Einschränkung von Grundrechten stets zu beachtende Übermaßverbot verstoßen. Die Freiheit der Person stelle ein hohes Rechtsgut dar, das nur aus besonders gewichtigen Gründen eingeschränkt werden dürfe, rein abstrakte Erwägungen reichten hierfür nicht aus. Die von SARS-CoV-2 ausgehenden Gefahren hätten die durch § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV bewirkte Grundrechtsbeeinträchtigung nicht gerechtfertigt. Die Todesstatistik des Statistischen Bundesamts belege nicht, dass SARS-CoV-2 in Deutschland zu einer Erhöhung der Zahl der Sterbefälle geführt habe. Außerdem sei eine Bekämpfung der Ansteckungsgefahr durch häusliche Absonderung schon deshalb unverhältnismäßig gewesen, weil derselbe Erfolg durch weniger einschneidende Maßnahmen, wie etwa das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder die Einhaltung eines Sicherheitsabstands, hätte erreicht werden können. Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden, jedem Einreisenden aufzugeben, das Nichtvorliegen einer Infektion durch einen negativen SARS-CoV-2-Test nachzuweisen. Die pauschale Anordnung einer Präventiv-Quarantäne ohne Würdigung der Umstände des Einzelfalls sei nicht gerechtfertigt gewesen. Ein eklatanter Verstoß gegen das Übermaßverbot habe sich daraus ergeben, dass sogar für Personen, die durch einen negativen SARS-CoV-2-Test nachgewiesen hätten, dass sie nicht infiziert gewesen seien, die Verpflichtung zur häuslichen Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV bestanden habe.
b) Soweit § 2 EQV für bestimmte Berufsgruppen und Fallgestaltungen Ausnahmen von der Absonderungspflicht vorgesehen habe, erschienen diese willkürlich und nicht sachgemäß. Es sei beispielsweise nicht einzusehen, weshalb sich der Antragsteller nach der Rückkehr von einem länger als 48 Stunden dauernden Jagdaufenthalt in seinem von ihm allein genutzten Jagdhaus in Österreich in häusliche Absonderung hätte begeben müssen, während eine Stewardess, die bei Auslandsflügen in voll besetzten Maschinen mit eingeschränkter Luftzirkulation wesentlich höherer Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen sei, hiervon verschont geblieben wäre. Die Geltungsdauer des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV sei unverhältnismäßig gewesen, weil die Regelung auch nach dem 11. Mai 2020 noch fortbestanden habe. In Österreich habe es zu dieser Zeit kaum noch Neuinfektionen gegeben. In Bayern seien die allgemeinen Ausgangsbeschränkungen wegen zurückgegangener Infektionsgefahr mit Wirkung zum 11. Mai 2020 in allgemeine Kontaktbeschränkungen umgewandelt worden. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt sei die Absonderungspflicht für Einreisende aus Österreich nicht mehr zu rechtfertigen gewesen.
c) Bezüglich der gerügten Verletzung der Grundrechte aus Art. 109 Abs. 1 und Art. 101 BV nimmt der Antragsteller im Wesentlichen auf seine Ausführungen zu Art. 102 Abs. 1 BV Bezug. Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts (Art. 103 Abs. 1 BV) habe sich speziell für diejenigen Personen ergeben, die – wie der Antragsteller – über einen Nebenwohnsitz in Österreich verfügten. Sie seien durch§ 1 Abs. 1 Satz 1 EQV in unverhältnismäßiger Weise daran gehindert worden, ihren Nebenwohnsitz aufzusuchen und ihr Eigentum zu nutzen. Dies habe auch eine gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßende Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Personen dargestellt, die einen Nebenwohnsitz im Inland ohne vergleichbare Einschränkungen hätten nutzen dürfen.
2. Den weiteren Antrag, die angegriffenen Vorschriften durch einstweilige Anordnung vorläufig außer Kraft zu setzen, hat der Antragsteller nicht weiterverfolgt.
III.
1. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage für unzulässig und unbegründet.
a) Die Popularklage sei unzulässig, weil außer Kraft getretene Vorschriften der Normenkontrolle nur dann unterlägen, wenn nicht auszuschließen sei, dass sie noch rechtliche Wirkungen entfalten könnten. Der Antragsteller habe hierzu nichts vorgetragen. Soweit sich die Popularklage ausdrücklich auch gegen § 4 EQV richte, habe er nicht dargelegt, wie sich aus Vorschriften über den Geltungszeitraum einer Norm eine eigenständige Grundrechtsverletzung ergeben könne. Hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen das Eigentumsgrundrecht verkenne er, dass die Möglichkeit, ein Grundstück aufzusuchen, kein durch Art. 103 Abs. 1 BV geschütztes vermögenswertes Recht darstelle.
b) Die Popularklage sei unbegründet, weil die angegriffenen Vorschriften weder gegen Grundrechte noch gegen andere Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen hätten.
aa) § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gedeckt gewesen. Der Begriff der „notwendigen Schutzmaßnahmen“ im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG umfasse auch die Absonderung in der eigenen Wohnung. § 28 IfSG werde durch die nachfolgenden §§ 29 bis 31 IfSG nicht verdrängt. Notwendige Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG könnten nicht nur gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern ergriffen werden, sondern auch gegenüber Nichtstörern. Davon unabhängig hätte der Verordnungsgeber die Absonderungsverpflichtung auch auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG erlassen können. Während der Geltung der Einreise-Quarantäneverordnung habe angesichts der Vielzahl betroffener Regionen und der hohen Infektiosität des lebensbedrohlichen Virus eine für Maßnahmen nach § 30 IfSG ausreichende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass in das Bundesgebiet einreisende Personen infiziert gewesen seien. § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV habe auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen. Unter „Wohnung“ im Sinn der angegriffenen Vorschrift seien – für die Normadressaten erkennbar – abgeschlossene Räumlichkeiten zu verstehen gewesen, die allein vom Einreisenden und den Mitgliedern seines Hausstands genutzt wurden.
bb) Die angegriffenen Vorschriften hätten Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt.
Das Grundrecht auf Freiheit der Person sei nicht betroffen gewesen. Art. 102 Abs. 1 BV garantiere die körperliche Bewegungsfreiheit und umfasse nicht die Befugnis, sich überall aufhalten und hinbewegen zu dürfen.
Ob § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV) berührt habe, sei fraglich, da Freizügigkeit grundsätzlich nur innerhalb Bayerns und für die Ausreise gelte, nicht jedoch für die Einreise. Letztlich komme es hierauf nicht an, weil etwaige durch § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV bewirkte Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 109 Abs. 1 und Art. 101 BV verhältnismäßig und somit verfassungsgemäß gewesen seien. Der Verordnungsgeber habe mit der zweiwöchigen Einreisequarantäne das Ziel verfolgt, die Bevölkerung vor dem sich massiv ausbreitenden und äußerst gefährlichen Virus SARS-CoV-2 zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitssystems, insbesondere der intensivmedizinischen Behandlungsplätze, zu verhindern. Die Absonderungspflicht sei ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks gewesen. Der Verordnungsgeber stelle die Wirksamkeit der ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen durch die jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen sicher, die im Einzelnen auf das inländische Infektionsgeschehen und die inländischen Infektionsrisiken abgestimmt seien. Da die Situation im Ausland von den Verhältnissen im Inland erheblich abweichen könne, habe es einer besonderen Abschirmung eingereister Personen bedurft, um die Wirksamkeit des inländischen Schutzkonzepts gegen importierte Risiken zu sichern. Ein gleich wirksames, die betroffenen Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Absicherung der inländischen Schutzmaßnahmen habe dem Verordnungsgeber nicht zur Verfügung gestanden, jedenfalls habe sich die getroffene Regelung im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Während der begrenzten Geltungsdauer der angegriffenen Vorschriften sei die Wissenschaft davon ausgegangen, dass die Inkubationszeit nach einer Ansteckung mit dem Virus SARS-CoV-2 bis zu zwei Wochen betrage. Ein negativer SARS-CoV-2-Test während dieses Zeitraums hätte es daher nicht ermöglicht, das Vorliegen einer Ansteckung der eingereisten Person zuverlässig auszuschließen.
Die angegriffene Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV habe einen sinnvollen Ausgleich zwischen dem gebotenen Infektionsschutz und den betroffenen Grundrechten hergestellt. Dem Normgeber stehe bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen generell ein Prognose- und Beurteilungsspielraum zu. Dieser Spielraum sei hinsichtlich der hier zu beurteilenden Infektionsschutzmaßnahmen besonders weit gewesen, da der Normgeber seine Entscheidungen angesichts der fachwissenschaftlichen Ungewissheiten im Umgang mit dem neuartigen Virus auf unsicherer Tatsachengrundlage habe treffen müssen. Der Normgeber habe in typisierender Weise auch davon ausgehen dürfen, dass im Ausland höhere Infektionsrisiken zu befürchten gewesen seien als im Inland. Mehrere Nachbarländer der Bundesrepublik sowie einige wichtige Reiseländer hätten höhere Infektions- und Sterberaten ausgewiesen als Bayern und Deutschland. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen dem Schutz von Leben und Gesundheit und somit besonders hochwertiger Rechtsgüter gedient hätten. Bei der Bekämpfung der Pandemie und der mit ihr verbundenen Massenerscheinungen seien generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen nicht zu vermeiden und daher zulässig, solange sich für das gefundene Regelungsergebnis ein sachlicher Grund anführen lasse. Hiervon ausgehend hätten die angegriffenen Bestimmungen den dem Verordnungsgeber eröffneten Spielraum nicht überschritten. Dabei dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Einreise-Quarantäneverordnung in ihrer Geltungsdauer begrenzt gewesen und – wie die Änderungsverordnung vom 15. Mai 2020 belege – neuen Entwicklungen und Erkenntnissen zeitnah angepasst worden sei.
Die Ausgestaltung der Einreisequarantäne sei auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) vereinbar gewesen.
2. Der Bayerische Landtag hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
IV.
Die Popularklage ist zulässig.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählen die angegriffenen Vorschriften der EinreiseQuarantäneverordnung. Der bayerische Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, setzt Landesrecht und bleibt in den Bereichen, in denen das Bundesrecht ihm Entscheidungsfreiheit belässt, an die Bayerische Verfassung gebunden (vgl. VerfGH vom 13.7.1988 VerfGHE 41, 69/72; vom 4.4.2017 BayVBl 2017, 553 Rn. 20 f.). Eine derartige Entscheidungsfreiheit bestand im vorliegenden Fall. Der Normgeber hat die Einreise-Quarantäneverordnung auf § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt. Danach konnte er Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihm bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Er war somit aufgrund der bundesrechtlichen Ermächtigung nicht gezwungen, Einreisenden eine Verpflichtung zur häuslichen Absonderung aufzuerlegen, sondern wurde insoweit unter Ausschöpfung seines Regelungsermessens tätig. Bei der Ausübung des Regelungsermessens hatte der bayerische Normgeber die Vorgaben der Bayerischen Verfassung zu beachten.
2. Die Popularklage ist nicht deshalb unzulässig, weil die angegriffenen Bestimmungen zwischenzeitlich außer Kraft getreten sind. Bei der Prüfung, ob eine Rechtsvorschrift verfassungswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof seiner Beurteilung grundsätzlich den Rechtszustand im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der Normenkontrolle nur dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass sie noch von Bedeutung sind, wenn also ein objektives Interesse an der verfassungsgerichtlichen Überprüfung besteht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 12.1.2005 VerfGHE 58, 1/14 ff.; vom 28.11.2007 VerfGHE 60, 184/211). Dies ist hier der Fall, weil die außer Kraft getretenen Bestimmungen noch rechtliche Wirkungen entfalten können. Es ist insbesondere nicht auszuschließen, dass die Frage, ob die Pflicht zur Absonderung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV (in der bis zum 15. Mai 2020 geltenden Fassung) verfassungsgemäß war, für noch anhängige Bußgeldverfahren Bedeutung erlangen kann.
3. Der Antragsteller hat hinreichend substanziiert dargelegt, inwiefern die angefochtenen Rechtsvorschriften nach seiner Meinung in Widerspruch zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung standen (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG). Er rügt u. a., die angegriffenen Regelungen hätten ihn in seinem Recht verletzt, sich in Bayern frei bewegen und an jedem beliebigen Ort aufhalten zu können. Dieses Vorbringen lässt eine Verletzung des Art. 109 Abs. 1 BV jedenfalls möglich erscheinen und genügt der Substanziierungspflicht im Rahmen der Popularklage. Ob hinsichtlich aller vom Antragsteller als verletzt bezeichneten Grundrechte ausreichend substanziierte Rügen vorliegen, bedarf im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung keiner Erörterung.
Soweit der Antragsteller mit der Popularklage § 4 EQV angefochten hat, ist seinem Vorbringen zu entnehmen, dass er sich hiermit gegen die – aus seiner Sicht – zu lange Geltungsdauer der Absonderungspflicht wenden will. Gegen die Zulässigkeit der Popularklage bestehen auch insoweit keine Bedenken.
4. Ist eine Popularklage – wie hier – in zulässiger Weise erhoben, erstreckt der Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der angefochtenen Vorschriften auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn insoweit keine Rügen geltend gemacht worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.2.1995 VerfGHE 48, 17/22; vom 9.5.2016 VerfGHE 69, 125 Rn. 105).
V.
Die Popularklage ist unbegründet. Die angegriffenen Vorschriften waren mit dem Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung vereinbar und haben Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt.
1. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) wurde durch die beanstandete Regelung nicht verletzt.
a) Im Rahmen einer zulässigen Popularklage prüft der Verfassungsgerichtshof, ob die angegriffenen Bestimmungen einer Rechtsverordnung auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruhen und deren Vorgaben einhalten (VerfGH vom 15.7.2004 VerfGHE 57, 84/93). Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind jedoch allein die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht Normen des Bundesrechts. Ein behaupteter Verstoß gegen Bundesrecht – hier etwa die Rüge, die beanstandete Regelung sei durch die bundesrechtliche Ermächtigungsnorm nicht gedeckt gewesen – kann nur mittelbar als Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips geprüft werden. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß einer landesrechtlichen Vorschrift gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat eine auf einer bundesrechtlichen Ermächtigung beruhende Vorschrift des Landesrechts deshalb – anders als die Fachgerichtsbarkeit – nicht umfassend daraufhin zu überprüfen, ob der Normgeber die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm zutreffend beurteilt und ob er andere bundesrechtliche Vorschriften in ihrer Bedeutung für den Inhalt seiner Regelung richtig eingeschätzt hat. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.7.1988 VerfGHE 41, 69/73; vom 16.2.2009 VerfGHE 62, 23/29; VerfGH BayVBl 2017, 553 Rn.26).
Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV wegen einer offensichtlichen und gravierenden Abweichung von den Vorgaben der bundesrechtlichen Ermächtigung gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verstoßen hat.
aa) Der Normgeber hat § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV auf die Ermächtigungsgrundlage des § 32 IfSG i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt. Der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ist nach seinem Wortlaut weit gefasst. Die Vorschrift ermächtigt im Fall der Feststellung Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider zur Anordnung der „notwendigen Schutzmaßnahmen“ und insbesondere dazu, Personen zu verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen. Die Ermächtigung umfasst dabei auch Maßnahmen gegenüber Nichtstörern. Die Gesetzgebungsmaterialien sprechen dafür, dass mit der Vorschrift das Ziel verfolgt wurde, den zuständigen Behörden bzw. dem Verordnungsgeber ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen zu eröffnen, um auf die im Einzelnen nicht vorhersehbaren Herausforderungen im Fall des Ausbruchs übertragbarer Krankheiten reagieren zu können (vgl. hierzu BayVGH vom 30.3.2020 NJW 2020, 1240 Rn. 12 f.; OVG SH vom 7.4.2020 – 3 MB 13/20 – juris Rn. 10; vom 25.5.2020 – 3 MR 32/20 – juris Rn. 16; OVG NW vom 5.6.2020 – 13 B 776/20.NE – juris Rn. 26; Bals/Kuhn, GesR 2020, 213/219).
Vor diesem Hintergrund stellt es keinen offensichtlichen Widerspruch zum Bundesrecht dar, dass der Verordnungsgeber § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG als geeignete Grundlage für die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV geregelte Verpflichtung Einreisender ansah, sich in der eigenen Wohnung abzusondern. Der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG und dessen Regelungsziel sprechen vielmehr für eine dahingehende Auslegung der Ermächtigungsgrundlage (so insbesondere OVG SH vom 7.4.2020 – 3 MB 13/20 – juris Rn. 13). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Normgeber durch die angegriffenen Bestimmungen inhaltliche Vorgaben der Verordnungsermächtigung in offensichtlicher und schwerwiegender Weise verletzt haben könnte. Die Anordnung einer häuslichen Absonderung konnte ohne Verfassungsverstoß unter den Begriff der „notwendigen Schutzmaßnahmen“ im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG subsumiert werden. Dass der Normgeber angesichts der im betreffenden Zeitraum stark angestiegenen Zahl von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus die Voraussetzungen für die Anordnung von Schutzmaßnahmen (Feststellung von Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern) als gegeben ansah, lässt ebenfalls keinen offensichtlichen Widerspruch zum Bundesrecht erkennen. Da auf der Grundlage des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG auch Maßnahmen gegenüber Nichtstörern ergriffen werden können, ergibt sich ein offensichtlicher Widerspruch der angegriffenen Bestimmungen zum Bundesrecht ferner nicht daraus, dass die Anordnung der häuslichen Absonderung nicht nur für Einreisende galt, die bereits erkrankt waren oder Kontakt mit einer erkrankten Person gehabt hatten.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass einige Oberverwaltungsgerichte den Erlass von Rechtsverordnungen, die Absonderungsmaßnahmen betreffen, auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG aus gesetzessystematischen Gründen für unzulässig halten, weil § 30 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG spezielle Regelungen für die Absonderung enthielten, die insoweit einem Rückgriff auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG entgegenstünden (NdsOVG vom 11.5.2020 DVBl 2020, 827 Rn. 33; OVG NW vom 5.6.2020 – 13 B 776/20.NE – juris Rn. 28 ff.; ThürOVG vom 15.6.2020 – 13 EN 375/20 – juris Rn. 62). Eine gesicherte Rechtsprechung zu der genannten Problematik liegt bislang allerdings nicht vor. Die genannten Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen sind jeweils im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und demnach auf der Grundlage summarischer Prüfung ergangen. In ihnen kommt auch nicht etwa eine einheitliche Auffassung zum Ausdruck (a. A. OVG SH vom 7.4.2020 – 3 MB 13/20 – juris Rn. 10). Der Stand der fachgerichtlichen Diskussion ist daher nicht geeignet, einen offensichtlichen Widerspruch der angegriffenen Bestimmungen der Einreise-Quarantäneverordnung zum Bundesrecht zu begründen.
bb) Die Frage, ob die beanstandete Regelung (auch) auf § 32 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG gestützt werden konnte (vgl. hierzu OVG NW vom 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE – juris Rn. 40 ff.), bedarf mit Blick auf die obigen Ausführungen keiner Entscheidung.
b) Die Formulierung des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV genügte den Anforderungen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots.
Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschriften durch die Verwaltung zu kontrollieren. Gleichwohl darf das Gebot der Bestimmtheit nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst allzu starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit des Lebens oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Der Normgeber ist nicht verpflichtet, jeden Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte zu umschreiben. Er wird allerdings durch das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 30.9.2004 VerfGHE 57, 113/127).
Nach diesen Vorgaben ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV als Ort der Absonderung „die eigene Wohnung oder eine andere geeignete Unterkunft“ vorsah. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich kein Verbot für den Normgeber, unbestimmte Rechtsbegriffe oder sonstige auslegungsbedürftige Merkmale zu verwenden. Erfordernisse der Verwaltungspraxis können diese Form der Gesetzgebung sogar als notwendig erscheinen lassen. Gegen die Verwendung solcher Begriffe bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund gefestigter Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (VerfGH vom 28.1.2003 VerfGHE 56, 1/9; VerfGHE 57, 113/127).
Dies war hier der Fall. Der Begriff der Wohnung im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV bezeichnete nach seinem geläufigen Wortsinn abgeschlossene Räumlichkeiten, die nicht allgemein zugänglich sind und vom Betroffenen zu Wohnzwecken genutzt werden. Die angegriffene Vorschrift differenzierte nicht zwischen Wohnungen in Wohnanlagen und Einfamilienhäusern. Ausgehend vom Zweck der Regelung, nämlich der Verhinderung eines Kontakts des Betroffenen mit Personen, die nicht seinem Hausstand angehören, erschloss sich den Normadressaten unschwer, dass Räumlichkeiten und Gebäudeteile im unmittelbaren Umfeld der Wohnung, die nicht für die ausschließliche Nutzung durch den Betroffenen oder Personen seines Hausstands bestimmt sind (z. B. Gemeinschaftsräume oder -höfe), die Voraussetzungen einer „eigenen Wohnung“ bzw. einer „anderen geeigneten Unterkunft“ im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV nicht erfüllten.
2. Durch die beanstandete Regelung wurden keine Grundrechte der Bayerischen Verfassung in unzulässiger Weise eingeschränkt.
a) Die angegriffenen Vorschriften griffen nicht in den Schutzbereich des Grundrechts auf Freiheit der Person (Art. 102 Abs. 1 BV) ein.
aa) Art. 102 Abs. 1 BV schützt die körperliche Bewegungsfreiheit gegen staatliche Eingriffe (VerfGH vom 6.11.1981 VerfGHE 34, 157/161; vom 7.10.1992 VerfGHE 45, 125/132; vom 9.12.2010 VerfGHE 63, 209/215). Er steht in der Tradition des Instituts des „habeas corpus“ und ergänzt den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit um die körperliche Dimension (vgl. hierzu Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 102 Rn. 1; zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 2 Rn. 110 m. w. N.). Dementsprechend erfasst der Schutzbereich des Art. 102 Abs. 1 BV insbesondere die klassischen Formen der durch staatliche Behörden oder Gerichte angeordneten Freiheitsentziehung – wie etwa Haft (VerfGHE 63, 209/215), polizeiliche Ingewahrsamnahme (VerfGH vom 2.8.1990 VerfGHE 43, 107/128 f.) oder die Unterbringung psychisch kranker Menschen (VerfGHE 45, 125/132) -, bei denen die Bewegungsfreiheit durch Festhalten des Betroffenen an einem eng umgrenzten Ort nach jeder Richtung hin aufgehoben wird (vgl. hierzu Lindner, a. a. O., Art. 102 Rn. 23; zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG Jarass, a. a. O., Art. 2 Rn. 114 m. w. N.). Gemeinsames Merkmal der Freiheitsentziehung im oben genannten Sinn ist die Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit durch physischen Zwang. Hiervon ausgehend schützt das im Grundgesetz verbürgte Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur gegen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (BVerfG vom 15.5.2002 BVerfGE 105, 239/247; vom 24.7.2018 BVerfGE 149, 293/318; vgl. hierzu auch Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Bd. I, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Rn. 31 m. w. N.).
Hinsichtlich des Schutzbereichs des Art. 102 Abs. 1 BV hat der Verfassungsgerichtshof darüber hinausgehend entschieden, dass auch psychischer Zwang einen Eingriff in das Grundrecht auf persönliche Freiheit bewirken kann (VerfGH vom 25.1.1967 VerfGHE 20, 4 f. zur Frage des seinerzeit zulässigen Schularrests). Dies setzt jedoch voraus, dass die psychische Zwangswirkung in Ausmaß und Wirkungsweise einem unmittelbaren physischen Zwang vergleichbar ist. Andernfalls ließe sich der Schutzbereich des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht mehr mit der erforderlichen Klarheit vom Schutzbereich des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) abgrenzen (vgl. hierzu BayVGH vom 9.6.2006 – 24 CS 06.1521 – juris Rn. 12 f.). So mag etwa die Verpflichtung, den Schulunterricht zu besuchen, oder die Ladung eines Zeugen zu einer Gerichtsverhandlung für den Betroffenen einen psychischen Druck bedeuten, sich zur vorgegebenen Zeit an den festgelegten Ort zu begeben und sich für die bestimmte Dauer nicht von dort zu entfernen; ein Eingriff in Art. 102 Abs. 1 BV wird dadurch nach – soweit ersichtlich – allgemeiner Auffassung jedoch nicht bewirkt (vgl. VerfGH vom 13.1.1955 VerfGHE 8, 1/8; Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 102 Rn. 9; Lindner, a. a. O., Art. 102 Rn. 19 und 23). Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass für den Betroffenen eine Zwangswirkung begründet wird, die über die bloße Rechtspflicht zur Anwesenheit an einem bestimmten Ort hinausgeht.
Vor diesem Hintergrund bewirkte die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV geregelte Verpflichtung zur Absonderung keinen Eingriff in Art. 102 Abs. 1 BV. § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV verpflichtete die betroffenen Personen dazu, sich nach der Einreise zu einer selbst gewählten Unterkunft zu begeben und sich dort für einen Zeitraum von 14 Tagen in Eigenregie von Personen abzusondern, die nicht dem eigenen Hausstand angehören. Weder die Auswahl der Unterkunft noch die Zuführung zur Unterkunft erfolgte unter Mitwirkung oder Einfluss staatlicher Stellen. Auch eine Bewachung der betroffenen Personen in der Unterkunft erfolgte nicht. Die in § 1 Abs. 3 EQV vorgesehene „Beobachtung durch die zuständige Kreisverwaltungsbehörde“ stellte – schon mit Blick auf deren personelle Ressourcen – keine Bewachungsmaßnahme dar, durch die betroffene Personen wirksam daran gehindert worden wären, die Unterkunft vorübergehend oder ganz zu verlassen. Die Einreise-Quarantäneverordnung regelte vor allem keine Eingriffsbefugnisse, mittels derer ein Verbleiben der betroffenen Personen in der selbst gewählten Unterkunft oder eine Rückkehr zu dieser unter Einsatz direkten Zwangs hätte durchgesetzt werden können. Als Sanktion im Fall eines Verstoßes gegen die Absonderungspflicht war vielmehr nur die Verhängung eines Bußgelds vorgesehen. Eine über die Rechtspflicht zur Anwesenheit in der Unterkunft hinausgehende, unmittelbarem Zwang vergleichbare Beschränkung der Bewegungsfreiheit wurde durch § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV somit nicht hervorgerufen (siehe hierzu OVG NW vom 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE – juris Rn. 41 ff.; Bals/Kuhn, GesR 2020, 213/219).
b) Das Grundrecht auf Freizügigkeit innerhalb Bayerns (Art. 109 Abs. 1 BV) wurde durch die angegriffenen Bestimmungen nicht verletzt. Der Normgeber hat das Regelungsermessen, das ihm bei Erlass der angegriffenen Bestimmungen auf der Grundlage der bundesrechtlichen Ermächtigung zustand, ausgeübt, ohne gegen Art. 109 Abs. 1 BV zu verstoßen.
aa) Art. 109 Abs. 1 BV schützt das Recht, sich an jedem beliebigen Ort in Bayern zu grundsätzlich jedem beliebigen Zweck aufzuhalten (VerfGH vom 15.7.1963 VerfGHE 16, 67/71). Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vorgesehene vierzehntägige Absonderung an einem festen Ort betraf den Schutzbereich des Grundrechts. Voraussetzung hierfür war – anders als bei Art. 102 Abs. 1 BV – nicht, dass die Bewegungsfreiheit durch unmittelbaren physischen Zwang oder vergleichbare psychische Zwangswirkung beeinträchtigt wurde. Ausreichend war vielmehr der Ausschluss des beliebigen Wechsels des Aufenthaltsorts durch Gebot oder Verbot. Der Einwand der Staatsregierung, Art. 109 Abs. 1 BV gelte nicht für die Einreise, ist unbehelflich. Die angegriffenen Vorschriften regelten keine Einreiseverbote oder -beschränkungen. Sie bestimmten, dass die betroffenen Personen nach erfolgter Einreise am Ort der Absonderung bleiben mussten und sich nicht frei innerhalb Bayerns bewegen durften. Dies fällt in den Schutzbereich des Art. 109 Abs. 1 BV.
bb) Das Grundrecht der Freizügigkeit ist jedoch nur innerhalb der – hier u. a. durch Bundesinfektionsschutzrecht vorgegebenen – Schranken der allgemeinen Gesetze gewährleistet. Die Bindung an die allgemeinen Gesetze ist dem Grundrecht immanent (vgl. auch Art. 11 Abs. 2 GG, Art. 98 Satz 2 BV); Beschränkungen der Freizügigkeit durch materielles Gesetz sind mithin möglich und zulässig, soweit dieses seinerseits in Einklang mit der Verfassung steht, insbesondere einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck dient und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt.
Hiervon ausgehend enthalten die angegriffenen Vorschriften eine mit der Bayerischen Verfassung in Einklang stehende Beschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit.
(1) Der Normgeber verfolgte mit den angegriffenen Vorschriften das Ziel, Ansteckungen mit dem Virus SARS-CoV-2 zu vermeiden und dadurch Leben und Gesundheit zu schützen sowie eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Dies stellte einen legitimen Regelungszweck dar, der eine Einschränkung des Grundrechts aus Art. 109 Abs. 1 BV grundsätzlich rechtfertigen konnte. Für die im Grundgesetz verbürgte Freizügigkeit innerhalb des Bundesgebiets (Art. 11 Abs. 1 GG) ist ausdrücklich vorgesehen, dass eine Einschränkung des Grundrechts durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen darf, soweit dies zur Bekämpfung einer Seuchengefahr erforderlich ist (Art. 11 Abs. 2 GG). Das Ziel der Seuchenbekämpfung ist auch im Wirkungsbereich des Art. 109 Abs. 1 BV ein verfassungsgemäßer Rechtfertigungsgrund für ein Eingreifen des Normgebers (vgl. Art. 98 Satz 2 BV).
Der Einwand des Antragstellers, die „Todesstatistik“ des Statistischen Bundesamts belege nicht, dass SARS-CoV-2 in Deutschland zu einer Erhöhung der Zahl der Sterbefälle geführt habe, ändert nichts daran, dass der Verordnungsgeber mit den angegriffenen Vorschriften in legitimer Weise das Ziel verfolgen durfte, die Verbreitung des SARS-CoV-2 nach Möglichkeit zu unterbinden. Das ergibt sich schon daraus, dass Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nicht erst dann ergriffen werden dürfen, wenn eine Krankheit zu Todesfällen geführt hat. Es würde der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit (VerfGH vom 12.10.1994 VerfGHE 47, 207/223; VerfGH VerfGHE 57, 84/98) nicht gerecht, wenn der Normgeber auf ein weltweites Infektionsgeschehen erst reagieren dürfte, nachdem es sich in den vom Statistischen Bundesamt erhobenen Sterbefallzahlen niedergeschlagen hat.
Davon unabhängig lässt sich die Gefahr, die von SARS-CoV-2 für Gesundheit und Leben der Bevölkerung ausging und weiter ausgeht, nicht in erster Linie auf der Grundlage der Sterbefallzahlen des Statistischen Bundesamts beurteilen, sondern vielmehr anhand der beim Robert-Koch-Institut zusammengeführten Erkenntnisse über labordiagnostisch bestätigte Covid-19-Fälle. Danach lag die Zahl der bestätigten Covid-19-Erkrankungen in Bayern zur Zeit des Inkrafttretens der EinreiseQuarantäneverordnung (10. April 2020) bei 30.363, die Zahl der hiermit im Zusammenhang stehenden Todesfälle bei 703 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/ Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-04-10-de.pdf). Während der Geltung der angegriffenen Vorschriften bis zum 15. Mai 2020 stieg die Zahl der bestätigten Erkrankungen in Bayern auf 45.340, die Zahl der Todesfälle auf 2.273 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-05-16-de.pdf). Es kann daher im Ergebnis keinen Zweifeln unterliegen, dass die Zielsetzung des Verordnungsgebers, die weitere Ausbreitung von SARSCoV-2 einzudämmen, einen legitimen Regelungszweck darstellte.
(2) Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vorgesehene Verpflichtung zur Absonderung war geeignet, der weiteren Ausbreitung von SARS-CoV-2 entgegenzuwirken. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft stellt die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel den Hauptübertragungsweg von SARS-CoV-2 dar. Daneben ist auch eine Übertragung des Virus durch kontaminierte Oberflächen insbesondere in der unmittelbaren Umgebung der infektiösen Person nicht auszuschließen (vgl. hierzu NdsOVG vom 11.5.2020 – 13 MN 143/20 – juris Rn. 28). Hiervon ausgehend war die Verpflichtung zur Absonderung im häuslichen Bereich aufgrund der damit verbundenen weitgehenden Vermeidung persönlicher Kontakte ein geeignetes Mittel, um zu verhindern, dass das Virus auf den bekannten Übertragungswegen von einer Person auf die andere übergeht (so bereits VerfGH vom 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 18; OVG NW vom 5.6.2020 – 13 B 776/20.NE – juris Rn. 51; OVG SH vom 25.5.2020 – 3 MR 32/20 – juris Rn. 21). Die bisherigen Erfahrungen mit SARS-CoV-2 belegen, dass durch die getroffenen Maßnahmen zur Reduzierung persönlicher Kontakte die Reproduktionszahl – also die Zahl der Menschen, die eine infizierte Person im Mittel ansteckt – deutlich gesenkt werden konnte.
(3) Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vorgesehene Verpflichtung zur Absonderung stellte während der Geltungsdauer der angegriffenen Vorschriften vom 10. April bis zum 15. Mai 2020 eine zur Erreichung des Regelungsziels erforderliche Maßnahme dar.
Das Gebot der Erforderlichkeit ist verletzt, wenn das Ziel der angegriffenen Regelung auch durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, das die betroffenen Grundrechte nicht oder weniger stark einschränkt. Unter mehreren gleich gut geeigneten Mitteln muss der Normgeber das am wenigsten belastende auswählen. Ihm steht dabei allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, er muss keine Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit des Mittels in Kauf nehmen. Die Beurteilung der Erforderlichkeit unterliegt damit in tatsächlicher Hinsicht einer Einschätzungsprärogative des Normgebers (VerfGH vom 23.7.1996 VerfGHE 49, 111/118; vom 11.11.1997 VerfGHE 50, 226/249; vom 30.9.2004 VerfGHE 57, 113/122).
Der Antragsteller hat keine gleich wirksamen, aber weniger einschränkenden Mittel aufgezeigt. Sie sind auch sonst nicht erkennbar.
(a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers hätte es kein gleich wirksames Mittel zur Vermeidung von Ansteckungen dargestellt, wenn eingereisten Personen anstelle der Verpflichtung zur Absonderung aufgegeben worden wäre, für einen Zeitraum von 14 Tagen in der Öffentlichkeit eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und durchgehend einen Sicherheitsabstand zu anderen Personen einzuhalten. Der Normgeber durfte ohne Überschreitung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen, dass diese Maßnahmen nur einen geringeren Schutz gegen die Übertragung des Virus gewährleistet hätten als eine Absonderung.
Nach den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen trägt die Mund-Nasen-Bedeckung dazu bei, andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln zu schützen, die man beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt. Allerdings wird durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung der Ausstoß von Tröpfchen und Partikeln mit der Atemluft nicht völlig unterbunden, sondern nur verringert. Die Isolation von infizierten Personen kann hierdurch nicht gleichwertig ersetzt werden (https:// www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html – Was ist beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Öffentlichkeit zu beachten?). Auch das Einhalten eines Sicherheitsabstands in der Öffentlichkeit bietet keinen der Absonderung gleichwertigen Schutz, weil eine Übertragung von SARS-CoV-2 durch Aerosole in bestimmten Situationen über größere Abstände möglich ist (https://www.rki.de/ SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html – Welche Rolle spielen Aerosole bei der Übertragung von SARS-CoV-2?). Davon unabhängig ist es praktisch kaum möglich, bei der Bewegung im öffentlichen Raum kontinuierlich einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Der Normgeber war nicht gehalten, diese Unsicherheiten bei seinen Regelungen zur Vermeidung von Infektionsgefahren durch eingereiste Personen in Kauf zu nehmen.
(b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers wäre die Anordnung der Durchführung von SARS-CoV-2-Tests bei eingereisten Personen nicht als gleich wirksames Mittel zur Vermeidung von Ansteckungen anzusehen gewesen. Da nach damaliger wissenschaftlicher Erkenntnis die Inkubationszeit von der Ansteckung mit SARS-CoV-2 bis zum Beginn der Erkrankung bis zu 14 Tage betragen konnte (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html# doc13776792bodyText5), hätte ein bei Einreise vorliegender oder erhobener negativer Test keine sichere Aussage dazu ermöglicht, ob von der eingereisten Person Infektionsrisiken ausgingen oder nicht (vgl. hierzu bereits OVG SH vom 7.4.2020 – 3 MB 13/20 – juris Rn. 14; OVG NW vom 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE – juris Rn. 91, 97).
(c) Der Normgeber hat auch nicht dadurch gegen das Gebot der Erforderlichkeit verstoßen, dass er über einen Zeitraum von fünf Wochen (10. April bis 15. Mai 2020) Einreisende generell der Verpflichtung zur Absonderung unterwarf, ohne eine Differenzierung danach vorzunehmen, wie sich die Infektionslage in dem Land darstellte, aus dem die Einreise erfolgte.
Eine Regelung, die Einreisende nur dann zur Absonderung verpflichtete, wenn die Einreise aus einem Risikogebiet erfolgte, das eine gegenüber der Situation in Bayern erhöhte Infektionsgefahr aufwies, hätte eine geringere Beeinträchtigung hervorgerufen als die in § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vorgesehene generelle Absonderungspflicht. Ob durch eine derartige differenzierende Regelung das innerhalb Bayerns umgesetzte Schutzkonzept in gleicher Weise gegen importierte Risiken gewirkt hätte wie durch den angegriffenen § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV, erscheint allerdings fraglich. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil der Normgeber auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden tatsächlichen Erkenntnisse im fraglichen Zeitraum (10. April bis 15. Mai 2020) aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht verpflichtet war, Differenzierungen bezüglich der einzelnen Einreiseländer vorzunehmen.
Wie bereits ausgeführt, unterliegt die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Regelung in tatsächlicher Hinsicht einer Einschätzungsprärogative des Normgebers. Dies gilt in besonderer Weise, wenn die Tatsachengrundlage, auf der der Normgeber seine Entscheidung zu treffen hat, angesichts der Neuartigkeit der Gefahrenlage und der im fachwissenschaftlichen Diskurs auftretenden Ungewissheiten – wie hier – als besonders unsicher anzusehen ist (VerfGH vom 3.7.2020 – Vf. 34- VII-20 – juris Rn. 17; BVerfG vom 13.5.2020 – 1 BvR 1021/20 – juris Rn. 10). Außerdem greift auch bei der Beurteilung der Erforderlichkeit die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung; er darf in gewissen Grenzen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne damit gegen verfassungsrechtliche Grundsätze zu verstoßen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 18.4.2002 VerfGHE 55, 57/61; vom 28.10.2004 VerfGHE 57, 156/158 f.; vom 4.5.2007 VerfGHE 60, 101/112).
Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Normgeber angesichts der weltweiten Ausbreitung des Virus eine generelle Absonderungsverpflichtung nach Einreise aus dem Ausland für erforderlich hielt, um das inländische Schutzkonzept gegen importierte Risiken zu sichern. Nachdem das Robert-Koch-Institut seit dem 10. April 2020 keine internationalen Risikogebiete mehr gesondert auswies, stand dem Normgeber in der Folgezeit nur noch eine eingeschränkte Datengrundlage zur Beurteilung der Situation im Ausland zur Verfügung. Die Mitteilung des Robert-Koch-Instituts, dass SARS-CoV-2 inzwischen weltweit verbreitet und es in einer erheblichen Anzahl von Staaten zu Krankheitsausbrüchen mit zum Teil großen Fallzahlen gekommen sei, gaben Anlass, Regelungen zu treffen, mit denen der Übertragung der Krankheit durch eingereiste Personen entgegengewirkt werden konnte. Der Normgeber durfte sich dabei an der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts orientieren, dass es aus epidemiologischer Sicht sinnvoll und dringlich sei, nach der Einreise aus dem Ausland unnötige Kontakte zu vermeiden und 14 Tage zuhause zu bleiben (https:// www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020- 04-10-de.pdf?_blob=publicationFile). Der Normgeber durfte bei seiner Entscheidung für eine generelle, nicht nach den Einreiseländern differenzierende Absonderungspflicht auch berücksichtigen, dass mit der Einreise aus dem Ausland – unabhängig davon, aus welcher Region die Einreise erfolgt – stets besondere Risiken verbunden sind; denn im Ausland kann die Einhaltung von Schutzvorschriften nicht kontrolliert und Infektionsketten können nach Auftreten einer Erkrankung nicht nachvollzogen werden.
Dass der Normgeber die angegriffenen Vorschriften – wie oben ausgeführt – im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ohne Verfassungsverstoß als erforderlich ansehen durfte, entband ihn nicht von seiner Pflicht, die Regelung während ihrer Geltungsdauer fortlaufend daraufhin zu überprüfen, ob angesichts neuer Erkenntnisse Lockerungen der Einschränkungen oder nachträgliche Differenzierungen geboten waren (vgl. VerfGH vom 24.4.2020 – Vf. 29-VII-20 – juris Rn. 31). Der Normgeber ist dieser Verpflichtung nachgekommen, indem er § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV ab dem 16. Mai 2020 durch eine Neuregelung ersetzt hat, die in gewissem Umfang eine Differenzierung nach dem jeweiligen Einreiseland vorsah (vgl. § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung vom 15. Mai 2020, BayMBl Nr. 273). Die Geltung der nicht nach dem Einreiseland differenzierenden Regelung über einen Zeitraum von fünf Wochen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht – auch im Hinblick auf das Gebot der Erforderlichkeit – nicht zu beanstanden.
(4) Die angegriffene Pflicht zur Absonderung war verhältnismäßig im engeren Sinn. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, dass die Einbußen an grundrechtlich geschützter Freiheit nicht in unangemessenem Verhältnis zu den legitimen Gemeinwohlzwecken stehen, denen die Grundrechtsbeschränkung dient.
Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person führen zwar dazu, dass der Einzelne Einschränkungen seiner Grundrechte hinzunehmen hat, wenn überwiegende Allgemeininteressen das rechtfertigen. Der Gesetzgeber muss aber Allgemein- und Individualinteressen angemessen ausgleichen. Dabei spielt auf grundrechtlicher Seite eine Rolle, unter welchen Voraussetzungen welche und wie viele Grundrechtsträger mit welcher Intensität Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Auf Seiten der Gemeinwohlinteressen ist das Gewicht der Ziele und Belange maßgeblich, denen die Pflicht zur Absonderung diente (vgl. VerfGH vom 28.3.2003 VerfGHE 56, 28/49).
(a) Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV erfasste die Verpflichtung zur Absonderung im Grundsatz jede Person, die aus einem Staat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in den Freistaat Bayern eingereist war. Bei der Beurteilung der angegriffenen Regelung darf jedoch nicht übersehen werden, dass § 2 EQV weit gefasste Ausnahmetatbestände vorsah, die im Ergebnis dazu führten, dass Personen, die berufsbedingt einreisten, die einen sonstigen triftigen Reisegrund hatten oder deren Aufenthalt im Ausland weniger als 48 Stunden gedauert hatte, der Absonderungspflicht nicht unterworfen waren. Im Wesentlichen betroffen waren somit Personen, für die nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung des Normgebers kein dringender Reisegrund bestand (vgl. hierzu OVG NW vom 13.7.2020 – 13 B 968/20.NE – juris Rn. 98 m. w. N.). Die Beeinträchtigung, die durch eine vierzehntägige Absonderung hervorgerufen wurde, war als erheblich anzusehen, wobei sich eine gewisse Abmilderung allerdings daraus ergab, dass die Betroffenen den Ort der Absonderung selbst wählen und somit in ihrer gewohnten Umgebung bleiben konnten (vgl. hierzu OVG SH vom 25.5.2020 – 3 MR 32/20 – juris Rn. 22). In der Gesamtbewertung stellt sich die durch § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV hervorgerufene Grundrechtsbeeinträchtigung – auch mit Blick auf die Geltungsdauer der angegriffenen Regelung – als erheblich, aber nicht als über alle Maßen gravierend dar. Der Verfassungsgerichtshof verkennt insoweit nicht, dass sich die Beeinträchtigung in bestimmten Konstellationen für die Betroffenen wesentlich spürbarer auswirken konnte als im Fall des Antragstellers, der sich durch § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV daran gehindert sah, im Mai 2020 einen mehrtägigen Jagdausflug nach Österreich zu unternehmen und seinen Zweitwohnsitz in Kärnten zu nutzen.
(b) Auf der Seite der Gemeinwohlinteressen ist zu berücksichtigen, dass es dem Normgeber bei der angegriffenen Regelung darum ging, die Gefahr der Ansteckung mit SARS-CoV-2 zu reduzieren, und er somit in Wahrnehmung der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit (VerfGHE 47, 207/223; 57, 84/98) tätig wurde. Er durfte hierbei auf der Grundlage der wissenschaftlichen Einschätzung des Robert-Koch-Instituts ohne Verfassungsverstoß davon ausgehen, dass aufgrund des Virus eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung bestand und besteht.
Der Gesetzgeber hat dem Robert-Koch-Institut im Zusammenhang mit dem Infektionsschutz eine besondere Rolle eingeräumt. In § 4 IfSG ist dem Institut u. a. die Aufgabe übertragen, Konzeptionen zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen zu entwickeln inklusive der Entwicklung und Durchführung epidemiologischer und laborgestützter Analysen sowie Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten. Gemäß § 4 Abs. 2 IfSG erstellt das Institut u. a. im Benehmen mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden für Fachkreise als Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes Richtlinien, Empfehlungen, Merkblätter und sonstige Informationen zur Vorbeugung, Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten, wertet Daten zu meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Nachweisen von Krankheitserregern infektionsepidemiologisch aus und stellt die Ergebnisse bestimmten Behörden und Institutionen zur Verfügung. Es unterstützt die Länder und sonstigen Beteiligten bei ihren Aufgaben im Rahmen der epidemiologischen Überwachung nach diesem Gesetz (§ 4 Abs. 2 Nr. 5 IfSG). Dabei arbeitet es mit ausländischen Stellen und supranationalen Organisationen sowie mit der Weltgesundheitsorganisation und anderen internationalen Organisationen zusammen (§ 4 Abs. 3 IfSG). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass den Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts im Bereich des Infektionsschutzes besonderes Gewicht zukommt (VerfGH vom 26.3.2020 – 6-VII-20 – juris Rn. 16).
Nach den Risikoeinschätzungen des Robert-Koch-Instituts (https://www.rki.de/DE/ Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html) bestand während der gesamten Geltungsdauer der angegriffenen Regelung (10. April bis 15. Mai 2020) weltweit und in Deutschland eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation, wobei es infolge der Erkrankung auch zu einer zunehmenden Zahl von Todesfällen kam. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wurde insgesamt als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch. Vor diesem Hintergrund entsprach und entspricht es den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die von dem Virus ausgehenden Gefahren für die hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit als schwerwiegend anzusehen. Es ist deshalb aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass der Normgeber dem Schutz von Leben und Gesundheit im Rahmen der getroffenen Regelung höheres Gewicht einräumte als den durch die Pflicht zur Absonderung hervorgerufenen Beeinträchtigungen.
(c) Soweit der Antragsteller geltend macht, ein Verstoß gegen das Übermaßverbot habe vorgelegen, weil sich nach der angegriffenen Regelung auch Personen, die nachweislich nicht infiziert gewesen seien, in Absonderung hätten begeben müssen, verkennt er, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 EQV in begründeten Einzelfällen Befreiungen von der Absonderungspflicht erteilt werden konnten. Eine Befreiung hätte danach erteilt werden müssen, wenn das Vorliegen einer Infektion im Einzelfall tatsächlich ausgeschlossen werden konnte.
c) Die Grundrechte aus Art. 101 BV wurden durch die angegriffenen Bestimmungen nicht verletzt. Soweit der Schutzbereich des Art. 101 BV eröffnet war, hat der Normgeber von seinem Regelungsermessen, das ihm bei Erlass der angegriffenen Bestimmungen auf der Grundlage der bundesrechtlichen Ermächtigung zustand, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
aa) Die Rüge des Antragstellers, die angegriffenen Vorschriften hätten sein Grundrecht auf Berufsfreiheit in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, bleibt ohne Erfolg.
Mit der Verpflichtung zur Absonderung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV verfolgte der Normgeber keine unmittelbar berufsregelnde Zielrichtung. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit konnte sich hieraus nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs somit nur dann ergeben, wenn die Regelung mittelbare Auswirkungen auf die Berufsfreiheit hatte, die nach Inhalt und Zweckrichtung einen hinreichend nahen Bezug zur Berufsausübung aufwiesen (VerfGH vom 6.4.1989 VerfGHE 42, 41/45 f.; vom 13.3.2008 VerfGHE 61, 55/63). Ob ein derartiger Zusammenhang hier zu bejahen war, bedarf keiner Erörterung, da eine etwaige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit im vorliegenden Fall verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen wäre. Eine Regelung der Berufsausübung darf vom Normgeber getroffen werden, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und mit Blick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig ist. Dabei steht dem Normgeber ein besonders weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, wenn eine Rechtsvorschrift – wie hier § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV – keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter hat (VerfGHE 42, 41/47). Der Schutz von Leben und Gesundheit stellte einen vernünftigen Grund dar, der einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung rechtfertigen konnte (vgl. z. B. VerfGH vom 25.6.2010 VerfGHE 63, 83/98 ff.). Die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelung ist aus den oben unter b) bb) zum Grundrecht der Freizügigkeit bereits genannten Gründen auch hinsichtlich des Grundrechts der Berufsfreiheit zu bejahen.
bb) Soweit der Antragsteller die Einschränkung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit im Hinblick auf das Verbot angreift, seine Wohnung während der Dauer der Absonderung zu veranlassen, tritt Art. 101 BV hinter das speziellere Grundrecht aus Art. 109 Abs. 1 BV zurück (vgl. Krausnick in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 109 Rn. 7 m. w. N.).
d) Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV) wurde durch die angegriffenen Bestimmungen nicht verletzt.
Die Rüge des Antragstellers, er sei durch die angegriffene Regelung in verfassungswidriger Weise daran gehindert worden, ein ganzjährig gemietetes Jagdhaus in Österreich zu nutzen, hat keinen Erfolg. Vom Schutz des Art. 103 Abs. 1 BV sind im Grundsatz zwar auch private vermögenswerte Rechte – etwa das Besitzrecht des Mieters – erfasst. Das Besitzrecht des Antragstellers am Jagdhaus blieb durch die beanstandete Regelung jedoch unangetastet, insbesondere wurde ihm nicht untersagt, das Haus zu nutzen. Dass der Antragsteller nach der Einreise aus Österreich unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet gewesen wäre, sich in seiner Wohnung in Bayern abzusondern, stellte keine Beschränkung des Besitzrechts dar. Die Erschwernisse im Hinblick auf die Nutzung des Jagdhauses und seines Zweitwohnsitzes waren lediglich entfernte Nebenfolgen der seinerzeit bei der Einreise aus dem Ausland allgemein geltenden Bestimmungen. Selbst wenn man hierin eine am Maßstab des Art. 103 Abs. 1 BV zu messende mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung sehen wollte, war diese dem Antragsteller mit Blick auf die vom Normgeber verfolgten gewichtigen Schutzzwecke zumutbar und somit hinzunehmen.
e) Die angegriffenen Bestimmungen verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV).
Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. In seinem klassischen Gehalt verbietet er, gleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise ungleich und ungleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise gleich zu behandeln. Bei der Überprüfung, ob das allgemeine Willkürverbot eingehalten ist, hat der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber gegenüber Zurückhaltung zu wahren. Der Verfassungsgerichtshof darf nicht an die Stelle des Gesetzgebers treten. Es bleibt grundsätzlich dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen zu entscheiden, in welcher Weise den allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.2.1995 VerfGHE 48, 17/22 f.; vom 15.11.2006 VerfGHE 59, 219/228). Besonders bei Massenerscheinungen, die sich – wie das gegenwärtige weltweite Infektionsgeschehen – auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, darf der Normgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (VerfGHE 55, 57/61; 59, 219/228; VerfGH vom 15.5.2014 VerfGHE 67, 73 Rn. 103; vom 12.08.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 20). Dies gilt in besonderer Weise bei Auftreten neuartiger Gefahrenlagen und Entwicklungen, die ein schnelles Eingreifen des Normgebers erforderlich machen, für die es bisher aber an zuverlässigen Erfahrungen fehlt.
aa) Mit der Rüge der Verletzung des Art. 118 Abs. 1 BV will der Antragsteller – obwohl er § 2 EQV mit der Popularklage nicht ausdrücklich angegriffen hat – offenbar geltend machen, die in § 2 Abs. 1 bis 4 EQV vorgesehenen Ausnahmen von der Pflicht zur Absonderung seien nicht sachgerecht und führten im Ergebnis zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Einreisenden.
Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Normgeber mit den vom 10. April bis zum 15. Mai 2020 geltenden Regelungen zur Absonderungspflicht nach der Einreise aus dem Ausland gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen hat. Die in § 2 EQV vorgesehenen Ausnahmen von der Absonderungspflicht waren erkennbar von der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Erwägung getragen, dass ein grenzüberschreitender Verkehr trotz der damit verbundenen Infektionsrisiken in einem stark eingeschränkten Umfang aus übergeordneten Gründen – wie etwa zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Pflege diplomatischer Beziehungen – aufrechterhalten werden sollte. Ferner waren Ausnahmen vorgesehen, durch die Härten im sozialen, beruflichen und medizinischen Bereich vermieden werden sollten, soweit triftige Reisegründe bestanden. Insgesamt wirkte § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV in Verbindung mit der Ausnahmeregelung des § 2 EQV somit vorrangig den Infektionsrisiken entgegen, die von einem nicht durch dringende Gründe gerechtfertigten Einreiseverkehr ausgingen. Dies stellt ein durch plausible, sachliche Gründe getragenes Regelungskonzept dar.
bb) Soweit der Antragsteller eine Ungleichbehandlung zwischen Personen mit Nebenwohnsitz im Inland einerseits und solchen mit einem weiteren Wohnsitz im Ausland andererseits rügt, ist Art. 118 Abs. 1 BV ebenso wenig verletzt, da keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Denn im Ausland kann, wie oben im Hinblick auf das Grundrecht auf Freizügigkeit bereits dargelegt, die Einhaltung von Schutzvorschriften nicht kontrolliert werden; die Nachverfolgung von Infektionswegen ist nicht möglich.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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