Medizinrecht

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Aktenzeichen  RO 5 K 19.1456

Datum:
26.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41752
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HKaG Art. 31

 

Leitsatz

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine 12-monatige Weiterbildungsbefugnis für das Gebiet „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“, weshalb die Ablehnung des Antrages auf eine Weiterbildungsbefugnis für eine Dauer von mehr als 6 Monaten rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Weiterbildungsbefugnis ist Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 des Heilberufe-Kammergesetzes (HKaG) i.V.m. mit § 5 Abs. 1 der auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG erlassenen Weiterbildungsordnung der Beklagten (WO) vom 24.4.2004 in der Fassung der Beschlüsse vom 13.10.2019, in Kraft getreten am 1.5.2020. Auf diesen Rechtsstand ist bei der Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage abzustellen. Eine zulässige Verpflichtungsklage hat in Ermangelung besonderer materiell-rechtlicher Regelungen Erfolg, wenn nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt besteht (VG Würzburg, Urteil vom 15.5.2020 Az. W 10 K 19.671 m.w.N.).
Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG kann die Ermächtigung zur Weiterbildung nach Abs. 1 nur erteilt werden, wenn der Arzt fachlich und persönlich geeignet ist und wenn und soweit die Voraussetzungen nach Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 vorliegen. Gemäß Art. 31 Abs. 4 Satz 1 HKaG setzt die Zulassung einer Krankenhausabteilung (bzw. nach Satz 2 einer anderen Einrichtung, hier der Praxis der Klägerin) als Weiterbildungsstätte voraus, dass (Nr. 1) Patienten in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, dass der weiterzubildende Arzt die Möglichkeit hat, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets, Teilgebiets oder Bereichs, auf das sich die Bezeichnung nach Art. 27 bezieht, vertraut zu machen und wenn (Nr. 2) Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen. Nach § 5 Abs. 1 WO ist Befugnis im Sinn der Weiterbildungsordnung die Ermächtigung im Sinn des Abschnitts IV des Heilberufe-Kammergesetzes, mithin die Ermächtigung zur Weiterbildung. Die Weiterbildung zum Erwerb einer Facharzt- und/oder Schwerpunktbezeichnung wird unter verantwortlicher Leitung der vom Vorstand der beklagten Landesärztekammer befugten Ärzte in einer zugelassenen Weiterbildungsstätte durchgeführt. Die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis setzt zunächst gemäß § 5 Abs. 2 WO voraus, dass der weiterbildungsbefugte Arzt die entsprechende Facharzt- bzw. Zusatzbezeichnung führt, fachlich und persönlich geeignet ist und nach Abschluss seiner Weiterbildung mindestens die der Befugnisdauer entsprechende Zeit, jedoch nicht weniger als zwei Jahre in verantwortlicher Stellung einschlägig tätig war. Des Weiteren sind für die Erteilung der Befugnis nach § 5 Abs. 5 WO unter Berücksichtigung der Anforderungen an Inhalt, Ablauf und Ziel der Weiterbildung folgende Kriterien maßgebend: (1.) Der Versorgungsauftrag, d.h. die Anzahl sowie Erkrankungs- und Verletzungsarten der Patienten, (2.) die Leistungsstatistik, d.h. die Art und Anzahl der ärztlichen Leistungen und (3.) die personelle und materielle Ausstattung der Weiterbildungsstätte. Die Zulassung von Praxen niedergelassener Ärzte als Weiterbildungsstätte setzt des Weiteren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 WO voraus, dass mindestens einer der dort tätigen Ärzte zur Weiterbildung nach § 5 befugt werden kann. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 WBO werden die Zulassung gemäß Satz 3 und die Befugnis gemeinsam erteilt. Weiterbildungsstätten müssen nach § 6 Abs. 2 WO insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen: (1.) Die für die Weiterbildung typischen Krankheiten müssen nach Zahl und Art der Patienten regelmäßig und häufig genug vorkommen, (2.) Personal und Ausstattung der Einrichtung müssen den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen (VG Würzburg, Urteil vom 15.5.2020 a.a.O.).
Die Weiterbildungszeit im Gebiet „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ beträgt nach Abschnitt B Nr. 8 WBO 2004 insgesamt 60 Monate bei einem Weiterbilder an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 WO. Davon können sechs Monate in einem anderen Gebiet angerechnet werden, bis zu 12 Monate in den Schwerpunktweiterbildungen des Gebiets angerechnet werden und bis zu 24 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet/angerechnet werden.
2. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine 12-monatige Weiterbildungsbefugnis für den Facharzt Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Zwar ist unbestritten, dass die Klägerin die gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG i.V.m. § 5 Abs. 2 b) WO erforderliche fachliche und persönliche Eignung für eine 12-monatige Weiterbildungsbefugnis hat. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest, dass die Klägerin nicht über eine den Anforderungen der Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 HKaG, § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 WBO für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis im Umfang von 12 Monaten entsprechende Weiterbildungsstätte verfügt.
a) Bei der Prüfung, ob in der Weiterbildungsstätte Patienten in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, dass der weiterzubildende Arzt die Möglichkeit hat, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets vertraut zu machen sowie ob Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen, steht der Beklagten zwar im Ausgangspunkt kein Beurteilungsspielraum zu, sodass insoweit eine volle gerichtliche Kontrolle angezeigt ist (vgl. hierzu ausführlich VG Regensburg, Urteil vom 16.4.2015 Az. RN 5 K 14.345). Gleichwohl ist zu sehen, dass sowohl für die Frage, ob ein einzelner Weiterbildungsinhalt insbesondere in quantitativer Hinsicht ausreichend vermittelt wird und für die Frage, welche Teilinhalte des Weiterbildungskatalogs bei einer zeitlich eingeschränkten Befugnis (wie vorliegend auf 12 Monate) jeweils für erforderlich angesehen und welche jeweils für verzichtbar gehalten werden, Gewichtungen vorzunehmen sind, die letztlich nur daraufhin untersucht werden können, ob sie sich in einem sachgerechten Rahmen bewegen. Insofern begegnet die Einstufung der Beklagten, dass zwar eine 6-monatige aber keine 12-monatige Befugnis gerechtfertigt ist, keinen rechtlichen Bedenken.
b) Die Beklagte hat ihre Entscheidung im Wesentlichen gestützt auf die Stellungnahmen der Fachberater Dr. X …, Prof. Dr. Y … und Dr. Z … Diese Fachberater haben unter Anwendung des vom Fachberatergremium entwickelten Beurteilungsrasters übereinstimmend herausgearbeitet, weshalb der Erhöhungsantrag abzulehnen sei. Die dementsprechende Begründung der drei Fachberater ist in Zusammenschau sämtlicher von ihnen abgegebenen Stellungnahmen und unter Beachtung der Ausführungen des Fachberaters Dr. Z … in der mündlichen Verhandlung frei von Rechtsfehlern.
Bei den Beurteilungsrastern handelt es sich aus Sicht des Gerichts um antizipierte Sachverständigengutachten. Da dem zur Entscheidung berufenen Vorstand der Beklagten die erforderliche Fachkunde fehlt, um die Anforderungen in allen medizinischen Gebieten und Teilgebieten festzustellen, die an eine Weiterbildungsstätte zu stellen sind, damit diese wiederum die Anforderungen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG erfüllt, bedient sich der Vorstand dieses Sachverständigengremiums, welches für verschiedene medizinische Gebiete das Versorgungs- und Leistungsspektrum einer Weiterbildungsstätte herausarbeitet, das erfüllt sein muss, damit ein dort tätiger Arzt eine Weiterbildungsbefugnis für einen bestimmten Zeitraum erhalten kann. Bei der Erarbeitung des Beurteilungsrasters lässt sich das Fachberatergremium maßgeblich vom Aspekt der Qualitätssicherung der Facharztausbildung leiten. Hinzu kommt, dass die Beklagte bei jedem einzelnen Antrag nochmals zwei bzw. vorliegend sogar drei Fachberater einschaltet, die unter Anwendung des jeweiligen Beurteilungsrasters und unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles überprüfen, ob die Weiterbildungsstätte im Hinblick auf die konkret beantragte Weiterbildungsbefugnis das im Hinblick auf eine qualitativ hochwertige Facharztausbildung zu fordernde Leistungsspektrum erfüllt. Diese zweistufige Vorgehensweise durch Erstellung eines Beurteilungsraters für alle Fälle und dessen Anwendung auf den konkreten Antrag ist in der Rechtsprechung akzeptiert (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 16.4.2015 Az. RN 5 K 14.345). Dabei können die Beurteilungsraster in erster Linie nur dem Zweck dienen und können auch nur so rechtmäßig angewendet werden, dass der abstrakte Katalog der Weiterbildungsinhalte für den Einzelfall handhabbar und damit insgesamt im Sinne einer Gleichbehandlung vollziehbar ist. Die Fachberater dürfen insbesondere nicht Kriterien außerhalb des Katalogs der Weiterbildungsinhalte zur Prüfung eines Antrags heranziehen.
c) Für die gerichtliche Kontrolle bedeutet dies, dass die im jeweiligen Verfahren vorgelegten Stellungnahmen der Fachberater, wie auch die den Stellungnahmen zugrunde liegenden Beurteilungsraster, seitens des Gerichts vollumfänglich überprüft werden können, soweit es um die Geeignetheit der Inhalte für die jeweilige Weiterbildung geht. Andererseits bedarf es aber auch einer substantiierten Infragestellung der von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen und/oder des zugrunde gelegten Beurteilungsrasters. Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten zwar die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die Einholung eines Obergutachtens ist jedoch nur dann erforderlich, wenn sich dem Gericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 16.4.2015 a.a.O. m.w.N.).
Wie bereits dargelegt, ist jedenfalls aber nur eine eingeschränkte Kontrolle möglich, soweit von den Fachberaterin und daran anknüpfend von der Beklagten quantitative Mindestanforderungen gestellt werden oder eine Abschichtung vorgenommen wird, soweit es um die Frage geht, welche Teilinhalte für eine 12-monatige Befugnis unverzichtbar erscheinen. Jedenfalls insoweit ist daher ein Beurteilungsspielraum anzunehmen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22.11.2010 Az. W 7 K 08.2253).
d) Die Fachberater haben inhaltlich ausschließlich geprüft, inwieweit und in welchem Umfang der nach der Weiterbildungsordnung maßgebliche Katalog an Weiterbildungsinhalten in der Praxis der Klägerin vermittelt werden kann. Soweit die Fachberater übereinstimmend Defizite im Leistungsspektrum herausgearbeitet haben und die Auffassung vertreten, dass dies nicht durch die speziellen Behandlungen in der Praxis der Klägerin für die Frage der Dauer einer Weiterbildungsbefugnis ausgeglichen werden kann, sind die Bewertungen der Fachberater vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
aa) Das für die 12-monatige Befugnis im Beurteilungsraster genannte obligate Kriterium „Scheinzahl“ ist, jedenfalls auch nach den klarstellenden Erläuterungen des Fachberaters Dr. Z … in der mündlichen Verhandlung, unter Berücksichtigung des dem Gericht vorliegenden Zahlenmaterials nicht erfüllt. Die Beklagte geht in Übereinstimmung mit den Fachberatern auf Grundlage der von der KVB übermittelten Zahlen für das Jahr 2017 von einer durchschnittlichen Scheinzahl von 668/Quartal aus, sodass die Grenze von 750 Scheinen/Quartal nicht erreicht ist. Auch die von der Klägerin genannten Zahlen für einen abweichenden bzw. nur teilweise überlappenden Zeitraum unterschreiten mit einem Wert von ca. 740 die Grenze von 750 im Mittel auf ein Jahr gesehen, wenn auch knapp. Soweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, dass die Grenze jetzt vermutlich überschritten sein könnte, ist dies zu pauschal, um das Kriterium nunmehr als erfüllt ansehen zu können. Es begegnet nach den erläuternden Ausführungen des Dr. Z … in der mündlichen Verhandlung auch keinen Bedenken, dass lediglich die kurativen Fallzahlen herangezogen worden sind und nicht auch die „sonstigen Hilfen“, da dies in allen Fällen gleich gehandhabt wird.
Soweit die Klägerin einwendet, dass es sich bei der Fallzahl jedoch um ein ungeeignetes Kriterium handelt, da ein Behandlungsfall insbesondere bei Sterilitätspatientinnen mehrere Serientermine bedeute, anders als etwa bei einer einmaligen Vorstellung im Quartal zur Krebsvorsorge, kann dies das Kriterium der Fallzahl nicht generell infrage stellen. Denn die Argumentation der Beklagten ist demgegenüber nachvollziehbar. Nur durch eine ausreichende Patientenzahl ist ein ausreichend breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Inhalten erlernbar. Zur Sicherstellung dieser quantitativen Mindestanforderungen, die letztlich auch zur Konkretisierung der Regelung in § 5 Abs. 5 WO dienen, wonach Art und Anzahl der ärztlichen Leistungen maßgeblich sind, ist in rechtlich vertretbarer Weise auf die von der KVB übermittelten Fallzahlen zurückgegriffen worden. Dass grundsätzlich ein solches quantitatives Kriterium, wie vorliegend, eingeführt wird, hält daher einer vollen gerichtlichen Kontrolle stand.
Demgegenüber ist der Beklagten ein Spielraum einzuräumen bei der Frage, welche konkreten Maßstäbe nun hierfür angelegt werden. Insoweit ist es sowohl nachvollziehbar, auf die kurativen Fallzahlen der KVB abzustellen, als auch eine Mindestscheinzahl von 750 zu fordern. Da die Bearbeitung der Weiterbildungsanträge für alle Fachrichtungen und Spezialisierungen handhabbar und insbesondere unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten vollziehbar sein muss, ist gegen eine solche typisierte Vorgehensweise unter Rückgriff auf ein transparent zugängliches Zahlenmaterial nichts einzuwenden. Gleiches gilt für den Umfang der zu fordernden Fallzahlen. Auch hier ist nichts dafür erkennbar, dass die Fachberater sachfremde Erwägungen angestellt hätten. Die Scheinzahl von 750 erscheint realistisch erreichbar und es gibt keinen Anhalt dafür, dass sie vollkommen überzogen wäre im Hinblick auf ihren Zweck, ein ausreichend breites Spektrum zu gewährleisten. Daher ist auch die Differenzierung plausibel, wonach für eine 6-monatige Befugnis 500 Fälle genügen. Es mag sein, dass es auch noch andere Möglichkeiten gäbe, die Anzahl der ärztlichen Leistungen zu erfassen und zu bewerten oder ggf. auch einen Faktor einzuführen, der gerade Behandlungen mit Serienterminen besser Rechnung trägt. Gleichwohl ist angesichts der nahezu grenzenlosen Fallgestaltungen in sämtlichen Fachrichtungen kaum möglich, eine Methode zu finden, die allen Eventualitäten Rechnung trägt. Daher ist die im konkreten Fall vorgenommene typisierte Betrachtung mit 750 Scheinen/Quartal im Ergebnis sachgerecht. Im Übrigen führt dieses Kriterium auch im konkreten Einzelfall nicht zu bedenklichen Ergebnissen. Die Haltung der Gutachter, dass die Serientermine bei Sterilitätspatientinnen nur die Spezialisierung der Klägerin darstelle, ist nachvollziehbar. Die insoweit angesprochenen Termine können nur eingeschränkt zur Vermittlung der vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte beitragen. Würde damit beispielsweise jeder einzelne Termin in die Fallzahlen hineingerechnet, würde die dadurch eintretende Erhöhung der Gesamtfallzahl gerade keine zusätzliche Aussage für die eigentlich zu beurteilende Breite des Spektrums ermöglichen.
bb) Auch die drei weiteren im Beurteilungsraster festgelegten obligaten Kriterien der Mutterschaftsvorsorge, des Vorhandenseins und der Abrechnung eines CTG sowie der Betreuung von 25 Schwangeren im Quartal sind zu Recht zum Maßstab der Beurteilung des vorliegenden Antrags gemacht und frei von Rechtsfehlern jeweils als nicht erfüllt angesehen worden.
Ausgehend von den in der WO geforderten diesbezüglichen Inhalten (vgl. Spiegelstrich 5 „der Feststellung einer Schwangerschaft, der Mutterschaftsvorsorge, der Erkennung und Behandlung von Schwangerschaftserkrankungen, Risikoschwangerschaften und der Wochenbettbetreuung; Spiegelstrich 6: der Geburtsbetreuung, einschließlich Mitwirkung bei Risikogeburten und geburtshilflichen Eingriffen höherer Schwierigkeitsgrade sowie die Versorgung und Betreuung des Neugeborenen einschließlich der Erkennung und Behandlung von Anpassungsstörungen“) ist zu sehen, dass das Beurteilungsraster zunächst ohnehin nur einen Teil fordert, insbesondere bezüglich der Geburtshilfe die Mutterschaftsvorsorge ausreichend ist. Das Beurteilungsraster dient daher zu den drei genannten Punkten der Überprüfung, ob die Weiterbildungsinhalte vermittelt werden.
Die konkrete Bewertung des Antrags der Klägerin, dass alle drei Kriterien nicht erfüllt sind, ist zutreffend. Insoweit ist der Beklagten kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Gericht kann aber vollumfänglich nachvollziehen, dass die Kriterien nicht bzw. nur eingeschränkt bejaht werden können und damit im Ergebnis zu Recht als nicht erfüllt angesehen wurden.
Ein CTG ist unstreitig nicht vorhanden und wird dementsprechend auch nicht abrechnet. Zu den beiden anderen Aspekten ist zu sehen, dass im Zentrum der Klägerin Schwangere nur für einen sehr begrenzten Zeitraum, nämlich bis zur 7.-8. Woche betreut werden. Damit erfolgt keine Schwangerenbetreuung bis zur Geburt, also bis zur ca. 40. Woche, sodass die in diesem Zeitraum indizierten medizinischen Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen von einem Weiterbildungsassistenten im Zentrum der Klägerin nicht erlernt werden können.
Das Gericht verkennt nicht, dass Schwangere bis zur 7.-8. Woche im Zentrum der Klägerin umfänglich betreut werden, dabei auch sämtliche Inhalte erlernt werden können, die im entsprechenden Zeitraum auch in der frauenärztlichen Grundversorgung praktiziert werden und sich zudem eine Reihe weiterer schwieriger Problemstellungen zeigen. Die Klägerin hat die entsprechenden Maßnahmen in ihrem Schreiben vom 2.5.2019 ausführlich geschildert und dies wird in tatsächlicher Hinsicht auch nicht in Zweifel gezogen. Für die vorliegend zu beurteilende Frage, welche Weiterbildungsinhalte einem Weiterbildungsassistenten vermittelt werden können, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass fast ausnahmslos Hochrisikoschwangerschaften betreut werden und dadurch komplexe Diagnostik- und Therapieempfehlungen bei Schwangerschaften mit Hochrisikoprofil erlernt werden können, kein Vorteil im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Weiterbildungsbefugnis. Denn die fehlende Vermittelbarkeit der Weiterbildungsinhalte im Übrigen kann nicht dadurch kompensiert werden, dass in dieser Frühschwangerschaftsphase besonders komplexe Fragestellungen erlernt werden können. Die Weiterbildungsordnung hat im Blick, dass der Weiterbildungsassistent am Ende seiner Facharztweiterbildung in der Lage ist, die Grundversorgung umfänglich und routiniert zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund können nicht Lücken in einem Bereich durch Qualifikationen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, ganz gleich, wie ausgeprägt sie sein mögen. Wenn daher Fachberater Dr. Z … in seinem Schreiben vom 4.11.2019 ausführt, dass es auch bei Hochrisikoschwangerschaften erst in einer späteren Phase zu großen Herausforderungen kommt, wenn es um die Lebensfähigkeit des Kindes und die Vermeidung der Frühgeburtlichkeit geht, so ist dies auch im Hinblick auf die betonten Hochrisikoschwangerschaften eine nachvollziehbare Erläuterung dafür, weshalb das Spektrum in der Praxis der Klägerin nicht ausreicht, um das Kriterium als erfüllt anzusehen. Auch die übrigen von Dr. Z … in diesem Schreiben dargelegten Erwägungen zu den Defiziten bei der Schwangerenbetreuung überzeugen, sodass hierauf Bezug genommen wird.
Die Frage der Abrechenbarkeit der KV-Ziffer 01770 bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung. Letztlich verkennt das Gericht nicht, weshalb die Praxis der Klägerin diese Ziffer nicht abrechnet, obwohl sie dies unter Umständen ungeachtet der Situation mit den zuweisenden Praxen, die diese Quartalsziffer selbst abrechnen, könnte. Es geht für die Beurteilung der Frage, ob die Weiterbildungsinhalte vermittelt werden, aber nicht darum, ob die abrechnungsspezifischen Voraussetzungen für eine Abrechenbarkeit einer Ziffer vorliegen. Sondern vielmehr sollte die Ziffer mittelbar Rückschluss darauf zulassen, dass die abgerechneten Leistungen entsprechende Weiterbildungsinhalte widerspiegeln. Selbst wenn nun aber die Praxis der Klägerin bei unverändertem Leistungsspektrum die Ziffer 01770 abrechnen würde, so wäre nach den vorstehenden Ausführungen vorliegend gleichwohl unverändert von den vorhandenen Defiziten im Spektrum auszugehen. Die Abrechnung der Ziffer 01770 ist daher lediglich ein Indiz für die Erfüllung der entsprechenden Weiterbildungsinhalte, das bei einer Praxis mit frauenärztlicher Grundversorgung im Regelfall tauglich sein und den Rückschluss auf die Erbringung der Weiterbildungsinhalte zulassen dürfte.
cc) Zudem ist in rechtsfehlerfreier Weise das obligate Kriterium „Krebsfrüherkennungsuntersuchungen“ zur Grundlage der Antragsbeurteilung gemacht und zu Recht als nicht erfüllt angesehen worden.
Im Katalog der Weiterbildungsinhalte wird die Früherkennung von Krebserkrankungen an mehreren Stellen aufgegriffen (vgl. Spiegelstrich 1: „der Gesundheitsberatung einschließlich Stillberatung und den Grundlagen der Ernährungsmedizin, Früherkennung und Vorbeugung einschließlich Impfungen“; Spiegelstrich 3: „der (Früh-)Erkennung sowie den Grundlagen der gebietsbezogenen Tumortherapie einschließlich der Indikationsstellung zur gynäkologischen Strahlenbehandlung und der Nachsorge von gynäkologischen Tumorerkrankungen“; Spiegelstrich 18: „der Indikationsstellung, sachgerechten Probengewinnung und -behandlung für Laboruntersuchungen einschließlich den Grundlagen zytodiagnostischer Verfahren sowie Einordnung der Ergebnisse in das jeweilige Krankheitsbild)“. Es ist daher sachgerecht, Krebsvorsorgeuntersuchungen zum Maßstab der Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis zu machen. Die Klägerin räumt aber selbst ein, dass Krebsvorsorgeuntersuchungen und Mammasonographien in ihrem Zentrum „nur selten“ durchgeführt würden. Dies ist letztlich unstreitig. Soweit nun die Klägerin vorträgt, dass bei auffälliger Anamnese Vorbefunde besorgt, dokumentiert, die Untersuchungen besprochen und Ergebnisse verfolgt werden, kann dies die mangelnde Durchführung der entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen nicht ausgleichen. Aus der maßgeblichen Perspektive eines Weiterbildungsassistenten macht es einen erheblichen Unterschied, ob er solche Untersuchungen selbst durchführt bzw. daran teilnimmt oder nur mitverfolgen kann, welche Informationen über andernorts durchgeführte Untersuchungen in der Praxis aufgegriffen werden.
Da es sich bei der Betreuung onkologischer Patientinnen um kein eigenes obligates Kriterium in dem Beurteilungsraster handelt, ist fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der Früherkennungsuntersuchungen in dem Raster auch Anforderungen zur Tumortherapie und Betreuung der Patientinnen nach entsprechender Diagnose gestellt werden können oder ob die Fachberater dadurch nicht die Anforderungen des Beurteilungsrasters im Hinblick auf die obligaten Kriterien überdehnen. Dies bedarf aber keiner Vertiefung, da jedenfalls bereits die vom Wortlaut des Beurteilungsrasters zu berücksichtigenden Früherkennungsuntersuchungen nicht oder jedenfalls nicht in ausreichend nachvollziehbarem Maße stattfinden. Überdies wäre, selbst wenn auch auf die Betreuung onkologischer Patientinnen abzustellen wäre, dies in der Praxis nicht in der für die Ausbildung zum Facharzt gebotenen Weise gewährleistet, da der Fachgutachter Dr. Z … im Schreiben vom 4.11.2019 nachvollziehbar schildert, dass die von der Klägerin insoweit angeführte Fertilitätsprotektion nichts mit Erkennung, Diagnostik, Befundmitteilung, Therapieplanung oder Nachsorge zu tun habe. Auch ist in diesem Zusammenhang für die entscheidende Kammer die Einschätzung des Fachberaters Dr. Z …, wonach onkologische Erkrankungen meist nach dem 45. Lebensjahr auftreten würden, von Belang, da Frauen älteren Alters mit entsprechenden Krankheitsrisiken nicht oder nur kaum zum Patientenklientel der Klägerin gehören. Damit kann auch nicht das entsprechende fakultative Kriterium einer Besonderheit im Leistungsspektrum im Hinblick auf die ambulante Tumornachsorge oder Onkologie erfüllt sein, sodass die Ausführungen der Fachberater zu den insoweit vorhandenen Defiziten, sollten sie auf diese fakultative Kriterium bezogen sein, inhaltlich nachvollziehbar sind.
dd) Ebenso wird das Kriterium „Kontrazeption“ zu Recht im Beurteilungsraster angeführt und ist nach den nachvollziehbaren Erkenntnissen der Fachberater in der Praxis der Klägerin nicht in einer für den Facharzt gebotenen Weise erlernbar.
In der Weiterbildungsordnung ist die Kontrazeption ein ausdrücklich genannter Weiterbildungsinhalt (11. Spiegelstrich: „der Familienplanung sowie hormoneller, chemischer, mechanischer und operativer Kontrazeption“).
Die Klägerin stellt sich insoweit auf den Standpunkt, dass in ihrem Zentrum eine umfassendere Weiterbildung im Vergleich mit den meisten allgemeinen Frauenarztpraxen erfolge. Der Fachberater Dr. Z … widerspricht dem aber im Schreiben vom 4.11.2019. Nach seinen Erläuterungen wird in einer Frauenarztpraxis über das gesamte Spektrum der Kontrazeptionsmöglichkeiten wie alle Formen und Varianten der hormonellen Kontrazeption, Langzeitverhütung, operative Verhütungsmethoden, Barrieremethoden und natürliche Familienplanungsmethoden im Hinblick auf gesundheitliche Probleme und Indikationen bzw. Kontraindikationen, die Sicherheit der Verhütungsmethoden und die Steuerbarkeit bzw. Langfristigkeit einer Verhütungsmethode im Hinblick auf die Lebensphase aufgeklärt. Die notwendige fachliche Expertise sei laut Dr. Z … auf jeden Fall auch in der Praxis mit Grundversorgung vorhanden und kein Alleinstellungsmerkmal von Spezialisten. Vor dem Hintergrund dieser nachvollziehbaren Erläuterungen des Fachgutachters ist zu sehen, dass die von der Klägerin durchgeführte Verhütungsberatung in erster Linie zugeschnitten ist auf die besondere Situation der in ihrer Praxis behandelten Kinderwunschpatientinnen. Es ist aber nicht ausreichend von der Klägerin aufgezeigt, dass sie auch über das gesamte Spektrum der Verhütung in relevantem Ausmaß berät. Zwar mag es sein, dass die in der Praxis der Klägerin angezeigte Verhütungsberatung komplexer, vielschichtiger und medizinisch anspruchsvoller ist als die durchschnittliche Beratung im Bereich der frauenärztlichen Grundversorgung. Auch hier gilt aber, dass es aus der Perspektive des Weiterbildungsassistenten darauf ankommt, ob er alle für die Grundversorgung relevanten Aspekte erlernen kann und nicht darauf, ob er in einzelnen Teilsegmenten einen besonderen Grad an Spezialisierung vermittelt bekommt.
ee) Schließlich ist auch gegen die Heranziehung des Kriteriums „Anfertigung von Abstrichpräparaten“ nichts einzuwenden, da der entsprechende Inhalt in der Weiterbildungsordnung geregelt ist. Von der Klägerin wird nicht bestritten, dass sie einen Teil der für insoweit erforderlich gehaltenen Leistungen nicht erbringt. Da die sechsmonatige Befugnis nicht im Streit steht, bedarf es keiner Klärung, ob dieses für die sechsmonatige Befugnis identische Kriterium, wie von der Beklagten angenommen, durch das fakultative Kriterium des Vorliegens einer einschlägigen Schwerpunktbezeichnung ausgeglichen werden kann.
ff) Nach alledem sind zur Überzeugung des Gerichts sämtliche obligate Kriterien des Beurteilungsrasters, das zur Prüfung des Vorliegens der Weiterbildungsinhalte geeignet ist, nicht erfüllt. Damit ist offenkundig, dass wesentliche Teilbereiche des Katalogs der Weiterbildungsinhalte in der Praxis der Klägerin nicht ausreichend vermittelt werden.
Demgegenüber führt die Klägerin nun im Kern an, dass in ihrer Praxis aber ein hohes fachliches Niveau hinsichtlich endokrinologischem und reproduktionsmedizischem Spezialwissen vermittelt wird.
In der Weiterbildungsordnung werden hinsichtlich der weiblichen Sterilität entsprechende Ausbildungsanforderungen gestellt (Spiegelstrich 10: „der hormonellen Regulation des weiblichen Zyklus und der ovariellen Fehlfunktionen einschließlich der Erkennung und Basistherapie der weiblichen Sterilität“).
In diesem Zusammenhang macht die Klägerin in erster Linie geltend, dass in ihrer Praxis Inhalte vermittelt werden könnten, die in einer frauenärztlichen Standardpraxis in der Regel nicht vermittelt würden. So würde in ihrer Praxis neben komplexen Sterilitätsproblemen die Basisabklärung bei unerfülltem Kinderwunsch erfolgen. Auch die Inhalte zur Fertilitätsabklärung im fortgeschrittenen reproduktivem Alter würden in der frauenärztlichen Praxis nicht ausreichend behandelt. Obgleich der Fachberater Dr. Z … in seiner Stellungnahme vom 4.11.2019 dem widerspricht, da auch die Frauenärzte in der Grundversorgung diese Inhalte effizient vermitteln können, bedarf dies keiner vertieften Erörterung. Denn selbst unter der Annahme, dass die insoweit im Raum stehenden Weiterbildungsinhalte in der Praxis der Klägerin vollumfänglich und lückenlos vermittelt werden, so kann dies zur Überzeugung des Gerichts die Defizite in den anderen Bereichen nicht ausgleichen.
gg) Insbesondere im Hinblick auf die nur eingeschränkte Schwangerenbetreuung und die fehlenden Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, aber auch zu den übrigen genannten obligaten Kriterien sind angesichts des Katalogs der Weiterbildungsinhalte Lücken vorhanden, die zu einer Reduzierung der Zeitdauer einer Weiterbildungsbefugnis führen müssen.
In diesem Zusammenhang ist die Vorgehensweise der Beklagten nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Es bedarf einer schlüssigen Abschichtung der Zeitdauer, je nachdem, in welchem Ausmaß und Umfang einzelne Weiterbildungsinhalte nicht vermittelt werden können. Die Fachberater haben sich für eine 12-monatige Weiterbildungsbefugnis dazu entschieden, die im Beurteilungsraster genannten obligaten Kriterien für erforderlich zu halten. Sie stellen bei einer 6-monatigen Befugnis geringere und bei einer 24-monatigen Befugnis deutlich höhere Anforderungen. Dieses Beurteilungsraster ist, jedenfalls im Hinblick auf diese obligaten Kriterien, schlüssig und frei von erkennbaren Widersprüchen. Die Fachberater haben in der Gesamtschau ihrer diversen Stellungnahmen überzeugend herausgearbeitet, dass für eine 12-monatige Befugnis insbesondere die Schwangerenbetreuung über die volle Zeitdauer einer Schwangerschaft sowie die Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, aber auch die anderen Kriterien, unverzichtbar sind. Diese Gewichtung der Weiterbildungsinhalte ist sachgerecht. Dem Gericht stünde es vor diesem Hintergrund nicht zu, im Wege einer eigenen Gewichtung ein obligates Kriterium für weniger bedeutsam zu halten oder eine eigene abweichende Zeitdauer festzulegen. Im Ergebnis stellt es ein sachliches Ergebnis dar, dass angesichts der Defizite im Leistungsspektrum des Zentrums der Klägerin nur eine sechsmonatige Befugnis erteilt wurde. Insoweit ist auch zu sehen, dass bei einer längeren Zeitdauer der Weiterbildung in der Praxis der Klägerin im Hinblick auf die Weiterbildungsinhalte für den Facharzt dies für den Weiterbildungsassistenten mit keinem nennenswerten Mehrwert verbunden wäre. Soweit in der Praxis der Klägerin Inhalte der Weiterbildungsordnung vermittelt werden, etwa im Bereich der Sterilität, hat die Klägerin zwar den Standpunkt eingenommen, dass ein 12-monatiger Aufenthalt in ihrer Praxis nötig sei. Für das Gericht ist aber nicht erkennbar, inwieweit dies die Vermittlung der gesamten Weiterbildungsinhalte besser sicherstellen soll. Denn es mögen zwar dann Fragen der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin noch weiter vertieft werden, jedoch ginge dies zu Lasten der im Zentrum der Klägerin nicht vermittelbaren Weiterbildungsinhalte, zumal nach den nachvollziehbaren Schilderungen des Fachberaters Dr. Z … im Schreiben vom 4.11.2019 die für den Facharzt relevanten Inhalte im Bereich der Endokrinologie auch im Bereich der Grundversorgung auf einem ausreichenden Niveau vermittelt werden können und damit auch in der übrigen ambulanten Weiterbildungszeit im Weiterbildungsalltag Relevanz erlangen werden.
hh) Zu sehen ist insoweit auch, dass ein Weiterbildungsassistent 18 Monate in der Praxis der Klägerin für die Weiterbildungszeit nutzbar machen kann. Nach dem Abschnitt B Nr. 8 WBO 2004 können nämlich von den 60 Monaten Weiterbildungszeit bis zu 12 Monate Weiterbildung im Bereich der Schwerpunktweiterbildung „Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“ angerechnet werden. Dementsprechend kann ein Weiterbildungsassistent bei entsprechender Gestaltung der Weiterbildungszeit faktisch insgesamt 18 Monate der 60 Monate Weiterbildungszeit zum Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Praxis der Klägerin erbringen. Auch unter diesem Blickwinkel zeigt sich, dass die Weiterbildungsordnung keinen Konzeptionsmangel zu Lasten der Klägerin aufzuweisen hat. Die Spezialisierung der Klägerin und ihrer Praxis berechtigen für die volle Weiterbildungsbefugnis im einschlägigen Schwerpunkt, was einem Weiterbildungsassistenten auch die genannte Anrechnungsmöglichkeit für die Facharztweiterbildung ermöglicht.
e) Das Gericht sieht aufgrund der überzeugenden Ausführungen der von der Beklagten herangezogenen Fachberater keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung. Die Stellungnahmen der sachkundigen Fachberater, die im Laufe des Gerichtsverfahrens mehrfach erläutert und präzisiert wurden, sind uneingeschränkt verwertbar. Insbesondere liegen keine Hinweise für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen vor. Soweit die Klägerin den Wunsch äußert, dass ihr Antrag von Fachberatern geprüft werden solle, die selbst eine fachliche Kompetenz zur Beurteilung der Leistungsinhalte des Zentrums der Klägerin haben, ist zu sehen, dass es vorliegend gerade nicht um die Beurteilung des Spektrums einer Kinderwunschpraxis geht, sondern um die Klärung der Frage, inwieweit die allgemeinen Inhalte für den Grundfacharzt vermittelt werden können. Dafür sind die drei vorliegend tätig gewordenen Fachgutachter zweifelsfrei ausreichend sachverständig. Im Übrigen hat das Gericht auch den Eindruck gewonnen, dass die Fachberater das Leistungsspektrum der klägerischen Praxis durchaus fachlich zutreffend erfasst haben, was angesichts ihrer Qualifikation auch naheliegend ist und wofür es keiner Tätigkeit im einschlägigen Schwerpunktbereich bedarf. Insbesondere zweifeln die Gutachter auch gar nicht an, dass die Klägerin sämtliche von ihr genannten Leistungen erbringt. Doch der Umstand, dass sie hinsichtlich der Geeignetheit dieser Leistungen für die allgemeine Qualifikation eines Weiterbildungsassistenten andere Schlüsse ziehen, als es die Klägerin für angezeigt hält, ist kein Indiz für mangelndes Urteilsvermögen der Fachgutachter.
f) Es liegt auch nicht die von der Klägerin gerügte „Abwertung“ ihrer gynäkologischendokrinologischen und reproduktionsmedizinischen Weiterbildungseinrichtung durch eine Gleichstellung mit irgendeiner der über 50 anderen fachfremden Gebiete vor.
Die Regelung in Abschnitt B Nr. 8, Weiterbildungszeit, 1. Gliederungspunk, sieht vor, dass 6 Monate in einem anderen Gebiet angerechnet werden können. Es kann nun aber nicht die Weiterbildungszeit der Klägerin erhöht werden, nur um im Hinblick auf die Zeitdauer nicht auf einer Stufe mit den fachfremden Weiterbildungseinrichtungen zu stehen.
Zu sehen ist zunächst, dass sich, wie bereits dargelegt, ein Weiterbildungsassistent nach dem 2. Gliederungspunkt dieser Regelung bei entsprechender Gestaltung seiner Weiterbildungszeit auch weitere 12 Monate der Schwerpunktweiterbildung anrechnen lassen kann, was für sich gesehen bereits eine erhebliche Berücksichtigung der Leistungsinhalte im Zentrum der Klägerin darstellt. Vor allem aber ist diese „Abwertung“ rechtlich unzutreffend. Denn ein Weiterbildungsassistent kann zwar fachfremd 6 Monate einbringen. Die übrigen 54 Monate müssen aber, ungeachtet der soeben erwähnten weiteren Möglichkeit einer Schwerpunktanrechnung, bei einem Weiterbilder mit der Weiterbildungsbefugnis für „Frauenheilkunde und Geburtsmedizin“ erbracht werden. Hierfür muss er sich also an Weiterbilder mit einer entsprechenden fachbezogenen Befugnis wenden, sodass hier schon ein erheblicher Unterschied auf der Hand liegt.
Im Übrigen begegnen diese Regelungen in Abschnitt B Nr. 8 keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte überschreitet durch die Regelungen zur Weiterbildungszeit nicht das ihr bei der Aufstellung der entsprechenden inhaltlichen Anforderungen an die Weiterbildung zukommende Satzungsermessen. Bei dem mit der gesetzlichen Ermächtigung, eigenes Satzungsrecht zu erlassen, eingeräumten Normsetzungsermessen handelt es sich nicht um ein Verwaltungsermessen i.S.d. Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO, sondern um einen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers vergleichbaren Gestaltungsspielraum, mit dem eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle einhergeht. Das Gericht kann deshalb – neben der Einhaltung des von der Ermächtigungsgrundlage gezogenen gesetzlichen Rahmens sowie der Vereinbarkeit der getroffenen Satzungsregelungen mit sonstigem höherrangigen Recht – nur überprüfen, ob die Beklagte mit der konkreten Satzungsregelung den Rahmen des Vertretbaren verlassen hat. Es handelt sich um eine Willkürkontrolle (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 15.5.2020 a.a.O. m.w.N). Wenn nun zugelassen wird, dass ein Weiterbildungsassistent 6 Monate und damit 10 Prozent seiner Weiterbildungszeit sich fachfremd weiterbildet, ist dadurch der dem Normgeber zustehende Spielraum offensichtlich nicht überschritten. Ferner ist weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich, dass durch die geregelten inhaltlichen Anforderungen in Abschnitt B Nr. 8 eine Überschreitung vorläge.
g) Schließlich kann das Gericht keine rechtserhebliche Ungleichbehandlung zu anderen Fällen erkennen. Soweit auf die allgemeine Tatsache hingewiesen wird, dass anderen IVF-Zentren in Bayern die 12-monatige Befugnis erteilt wurde, mag dies auch daran liegen, dass dort andere Leistungen erbracht werden. Dies bedarf aber keiner weiteren Aufklärung. Denn das bloße pauschale Bestreiten, dass in den anderen Zentren weitergehende Leistungen hinsichtlich der Weiterbildungsinhalte erbracht werden, löst keine weitere diesbezügliche Aufklärungspflicht des Gerichts aus.
Auch gegenüber dem Kinderwunschzentrum Kitz sieht das Gericht keine Ungleichbehandlung, die zu einer Rechtsverletzung der Klägerin führen würde. Insofern liegen keine wesentlich gleichen Sachverhalte vor, die unterschiedlich behandelt würden. Wie die Beklagte erläuterte, wurde nach dem Weggang von Frau Dr. B … und dem Eintritt von Herrn PD Dr. B … am 1.7.2019 diesem zusammen mit Prof. Dr. Q … nochmal eine zeitlich befristete Weiterbildungsbefugnis im Umfang von 12 Monaten erteilt. Die Beklagte nannte als Grund hierfür, dass gemäß § 7 Abs. 2 WO die Weiterbildungsbefugnis mit dem Ausscheiden eines Arztes eigentlich ende und mit dieser Vorgehensweise sichergestellt werden soll, dass die Weiterbildungsassistenten ihre bereits begonnene Weiterbildung weiterführen können. Zum Zeitpunkt des Einstiegs eines neuen Arztes gebe es, so die Beklagte, noch keine Überprüfungsmöglichkeit des Behandlungsspektrums. Die Beklagte teilte auch mit, dass in allen solchen Fällen gleich verfahren werde, sodass auch das Zentrum der Klägerin von dieser Vollzugspraxis profitieren würde, wenn es zu einem Personalwechsel kommt. Ob diese Vorgehensweise der Beklagten rechtlich richtig ist, bedarf vorliegend keiner Klärung. Denn entscheidend ist, dass diese Verlängerung im Zuge eines Personalwechsels geschah und vor allem aus der Perspektive des Weiterbildungsassistenten zu bewerten ist, dessen Schutz sie dienen soll. Bei der Klägerin hingegen weiß der Weiterbildungsassistent von Anfang an, in welchem Umfang eine Befugnis vorliegt und kann sich darauf einstellen, insbesondere kann er nicht darauf vertrauen, dass in der Zukunft einem Erhöhungsantrag stattgegeben wird. Insofern handelt es sich um unterschiedliche Sachverhalte, aus deren unterschiedlicher Behandlung die Klägerin nicht in Rechten verletzt sein kann. Sollte schließlich Prof. Dr. Q … in seiner Praxis keine Leistungen mehr erbringen und deshalb die Weiterbildungsbefugnis unter Umständen nicht mehr gerechtfertigt sein, so resultiert auch daraus keine rechtserhebliche Ungleichbehandlung der Klägerin. Denn selbst wenn ein solcher Zustand vorläge und die Beklagte dem nicht ausreichend nachgehen sollte, was vorliegend nicht erörtert und vertieft zu werden braucht, so kann die Klägerin allein daraus nicht ableiten, dass sie nun auch eine 12-monatige Befugnis erhalten kann, denn einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO.


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