Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anfechtungsklage gegen Beschluss der Wohnungseigentümer über das Abstellen von Fahrrädern

Aktenzeichen  31 C 2547/16 WEG

Datum:
25.1.2017
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 1, § 23 Abs. 4 S. 2

 

Leitsatz

Ein Eigentümerbeschluss, wonach Fahrräder nur in gemeinschaftliche Fahrradräume, auf einem Tiefgaragenabstellplatz oder in private Kellerräume eingestellt werden dürfen und ein Transport in die Wohnungen nicht zulässig ist, hält sich im Rahmen des weiten Ermessens der Wohnungseigentümer beim Aufstellen der Hausordnung. (Rn. 19 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 43 Nr. 4 WEG.
Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 23 Nr. 2c) GVG
B.
Die Klage ist allerdings unbegründet.
I.
Der angefochtene Beschluss ist hinreichend bestimmt und verstößt weder gegen zwingendes Recht noch gegen die nach billigem Ermessen zu beurteilenden Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Eine Ungültigkeitserklärung nach § 23 Abs. 4 S. 2 WEG kommt somit nicht in Betracht.
1. Die grundsätzliche Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer ergibt sich vorliegend aus §§ 15 Abs. 2,21 Abs. 5 Nr. 1 WEG.
2. Der Beschluss ist auch hinreichend konkret und bestimmt. Die Formulierung lässt eine durchführbare Regelung erkennen, enthält keine inneren Widersprüche und kann bei der gebotenen objektiven Auslegung ohne weiteres dahingehend verstanden werden, dass den Wohnungseigentümer ein Fahrradtransport durch das Treppenhaus zum Zwecke des Einstellens der Räder in der Wohnung untersagt sein soll. Dass ein eventuell notwendig werdender Transport aus anderen Gründen hiervon nicht erfasst wird, ergibt sich zwanglos aus dem Kontext sowie dem mit der Regelung offensichtlich verfolgten Sinn und Zweck, regelmäßige Fahrradtransporte durch das Treppenhaus zu unterbinden.
3. Der Beschluss verstößt auch nicht durch einen fehlerhaften Ermessensgebrauch gegen die in § 21 Abs. 4 WEG normierten Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine im Rahmen der Hausordnung getroffene Ermessensentscheidung der Eigentümer, wie die Beklagten zutreffend ausführen, aufgrund der aus Art. 14 GG abgeleiteten Verwaltungsautonomie der Eigentümer einer gerichtliche Nachprüfung weitgehend entzogen ist.
a) Eine diskriminierende Intention kann dem Beschluss entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht entnommen werden. Insbesondere durch den Umstand, dass der zweite Teil des Beschlusses das Abstellen von Kinderwägen, Pflanzen, Möbeln oder anderen Gegenständen im Treppenhaus dem Abstellen von Fahrrädern gleichstellt wird deutlich, dass durch den Regelungsgehalt eine unsachliche oder gar willkürliche Ungleichbehandlung von Fahrradeigentümern weder beabsichtigt war noch tatsächlich bewirkt wird. Eine gewisse Privilegierung von Kinderwägen und Rollstühlen bzw. Rollatoren müsste im Übrigen nicht nur hingenommen werden sondern wäre bereits zwingende Folge der Grundsätze des Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG).
Dem Kläger ist allerdings dahingehend Recht zu geben, dass – wie die im Termin vom 11.1.2017 vorgelegten Lichtbilder zeigendie Durchsetzung der beschlossenen Hausordnung offenbar nicht konsequent und möglicherweise auch einseitig verfolgt wird. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Frage des Beschlussvollzugs, welche von der Frage der Beschlusswirksamkeit strikt zu trennen ist.
b) Der Beschluss ist auch nicht etwa deswegen unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft, weil er den Fahrradeigentümern auch ein kurzfristiges Abstellen ihrer Räder in den Wohnungen verbieten würde. Zum einen ergibt sich bereits aus dem Begriff des „Einstellens“, sowie aus dem Verweis auf die gemeinschaftlichen Fahrradräume, den privaten Tiefgaragenstell Platz oder einen privaten Kellerraum, dass lediglich die längerfristige Aufbewahrung von Fahrrädern in Wohnungen gemeint sein kann. Zum anderen dürften sich auch die Anzahl der Fälle, in welchen ein kurzfristiges Abstellen eines Fahrrades in der Wohnung erforderlich sein mag, in Grenzen halten. Die von Klägerseite hierzu angeführte Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 23.10.2003, Az. 2 Z BR 63/03, welche eine Regelung hinsichtlich des Verbots eines kurzfristigen Aufstellens von Gegenständen außerhalb der Wohnungen zum Gegenstand hatte, kann daher mangels Vergleichbarkeit nicht als Referenz herangezogen werden.
c) Letztendlich ist der Beschluss auch nicht deswegen ermessensfehlerhaft, weil er für den Kläger eine unzumutbare Härte darstellen würde. Selbst wenn das Fahrrad des Klägers einen überdurchschnittlichen Wert aufweisen würde und es in der Wohnanlage bereits zu Diebstählen aus Fahrradräumen gekommen sein sollte, hätte der Kläger immer noch die Möglichkeit, sein Fahrrad in seinem Privatkeller abzustellen und diesen mit den ihm erforderlich scheinenden Sicherheitsvorkehrungen auszurüsten. Auf die Frage, ob etwaige Verschmutzungen im Treppenhaus von Fahrrädern oder anderen Gegenständen herrühren kommt es nicht an, da es sich bei dem angefochtenen Beschluss um eine generelle Regelungen zum Schutz des Gemeinschaftseigentums handelt, für welche bereits eine abstrakte Gefahr, welche sich noch nicht verwirklicht haben muss, als Entscheidungsgrundlage ausreichend ist.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708,711 ZPO.
III.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Rechtsgrundlage in § 49a) Abs. 1 GKG.


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