Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Antragsgegner, Häusliches Arbeitszimmer, Streitbefangenheit, Verwaltungsgerichte, Zweckentfremdung von Wohnraum, Zweckentfremdungsrecht, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Vermietung als Ferienwohnung, Vermietete Ferienwohnung, Nutzungsuntersagung, Befähigung zum Richteramt, Aufschiebende Wirkung, Verwaltungsgerichtsverfahren, Wohnzwecke, Zwangsgeldandrohung, Ausreichender Wohnraum, Wohnraumeigenschaft, Schutzwürdiger Wohnraum, Maisonettewohnung, Baugenehmigungsbescheid

Aktenzeichen  AN 3 S 20.02802

Datum:
14.1.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 407
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
ZwEWG Art. 1
ZwEWG Art. 2
ZwEVS § 2
ZwEVS § 4
ZwEVS § 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 18. Dezember 2020 erhobenen Klage gegen die auf Grundlage der Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25. November 2020 angeordnete sowie mit Zwangsgeldandrohungen verbundene Nutzungsuntersagung und Rückführungsverpflichtung einer als Ferienwohnung genutzten Wohnung.
Die Antragstellerin ist – neben Herrn … und Herrn … – Miteigentümerin des Anwesens …in …(FlNr. …der Gemarkung …*). Mit Bescheid vom 12. August 2015 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Nutzungsänderung und Umbau einer Bäckerei mit Wohnung zu Wohnung im Erdgeschoss sowie Grundrissänderung im zweiten Obergeschoss mit Dachgeschossausbau zu einer Maisonettewohnung und Einbau einer Loggia“. Ausweislich des der Baugenehmigung zugrundeliegenden Grundrissplans sind in dem Dachgeschoss (drittes Obergeschoss) als Teil der rund 120 qm großen Maisonettewohnung eine Loggia, ein Wohn-/Essbereich, ein häusliches Arbeitszimmer/Gästezimmer mit „Pantry“ sowie ein Bad vorgesehen.
Die auf dem Grundrissplan als häusliches Arbeitszimmer/Gästezimmer und Bad bezeichneten Räume wurden von der Antragstellerin sodann auf dem Buchungsportal „…“ als Ferienwohnung angeboten, deren Profil am 25. September 2020 bereits über 143 Bewertungen verfügte. Ausweislich der in den Akten befindlichen Lichtbildaufnahmen verfügt diese Ferienwohnung, welche lediglich durch eine verschließbare „Fluchttüre“ mit der dauerhaft vermieteten Maisonettewohnung verbunden ist, über ein Wohn-/Schlafzimmer mit zwei Einzelbetten, eine Küchenzeile, ein Bad mit Waschmaschine sowie einen separaten Zugang in das Treppenhaus. Der Hauptzugang zu der Maisonettewohnung befindet sich im zweiten Obergeschoss.
In dem vorliegenden Mietvertrag über die sich im zweiten und dritten Obergeschoss des Anwesens befindliche Maisonettewohnung (rund 100 qm) vom 30. August 2019 ist der als Ferienwohnung genutzte Wohnraum (rund 20 qm) ausdrücklich von der vermieteten Fläche ausgeschlossen. Unter „§ 1 Mieträume“ wurde unter anderem Folgendes vereinbart: „Die im Dachgeschoss befindliche Tür zur restlichen nicht mitvermieteten Wohnungsfläche (ca. 20 qm) darf nur im Notfall (Fluchtweg) geöffnet werden“.
Nach einer Ortsbegehung des städtischen Ermittlungsdienstes wurde die Antragstellerin mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. September 2020 zunächst um Stellungnahme gebeten, sowie mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 zu der beabsichtigten Nutzungsuntersagung und Rückführungsverpflichtung angehört.
Hierzu führte der Antragstellervertreter aus, dass vorliegend nicht von zwei Wohnungen auszugehen sei, sondern von einer Gesamtwohnung, welche zulässigerweise lediglich mit einem Anteil von 17% der Gesamtfläche nicht zu Wohnzwecken genutzt werde.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2020 wurde der Antragstellerin die Nutzung des Wohnraumes im dritten Obergeschoss des Anwesens … in …, welcher in dem beiliegenden und zum Bestandteil des Bescheides erklärten Grundrissplan gelb markiert wurde, zu anderen als Wohnzwecken untersagt (Ziffer 1) sowie die unverzügliche Rückführung des Wohnraumes zu Wohnzwecken angeordnet (Ziffer 2). In den Ziffern 3 und 4 wurde für den Fall, dass der Anordnung unter Ziffer 1 nicht innerhalb eines Monats bzw. der Anordnung unter Ziffer 2 nicht innerhalb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides Folge geleistet wird, jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Räumen um Wohnraum im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 ZwEVS handele, nachdem diese zu Wohnzwecken bestimmt seien und die Führung eines selbständigen Haushalts aufgrund der vorhandenen Ausstattung ohne Weiteres möglich sei. Ein Ausschluss der Zweckentfremdung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 ZwEVS liege nicht vor, da es sich bei den streitgegenständlichen Räumlichkeiten um eigenständigen Wohnraum handele, welcher zu 100% als Ferienwohnung genutzt werde. Das Zweckentfremdungsrecht sei nicht „gesamtobjektbezogen“, wie bereits dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwEVS zu entnehmen sei. Vorliegend bestehe eine klare räumliche Trennung von den restlichen Räumen im Stockwerk. Des Weiteren sei die Wohnung bei „…“ als ganze Wohnung angeboten worden und nicht lediglich als Gästezimmer.
Die Anordnungen seien unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Sie seien insbesondere geeignet, die rechtswidrige Nutzung der Wohnung zu beenden und den schutzwürdigen Wohnraum zu erhalten. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich, insbesondere sei die Möglichkeit der freiwilligen Beendigung der Zweckentfremdung sowie der Rückführung der Wohnung zu Wohnzwecken nicht wahrgenommen worden. Das Interesse am Erhalt des betroffenen Wohnraumes überwiege das Interesse am Fortbestehen der Nutzung als Ferienwohnung und die damit verbundene Gewinnmaximierung. Der Wegfall dieser Einnahmequelle hätte lediglich geringe wirtschaftliche Folgen für die Antragstellerin, nachdem durch die dauerhafte Vermietung der Wohnung zu Wohnzwecken ebenfalls regelmäßige Einkünfte generiert werden könnten.
Die Höhe der Zwangsgelder sei angemessen im Hinblick auf das Wohnraumerhaltungsinteresse und den wirtschaftlichen Vorteil aus der Nichtbeachtung der Anordnungen. Auch sei es möglich, den Anordnungen innerhalb der angemessenen Fristsetzungen nachzukommen.
Am 18. Dezember 2020 ließ die Antragstellerin gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 26. November 2020 zugestellten Bescheid Klage erheben und zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass neben der Frage, ob die Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin überhaupt rechtmäßig sei, vorliegend nicht von zwei selbständigen Wohnungen, sondern objektiv vielmehr von einer einheitlichen Wohnung auszugehen sei. Gemäß § 3 ZwEVS sei eine Zweckentfremdung nur dann anzunehmen, wenn mehr als 50% der Gesamtfläche nicht Wohnzwecken dient. Die derzeit wieder komplett genutzte Wohnung sei als eine einheitliche Wohnung nutzbar. Es sei immer nur vorübergehend ein kleiner Teil hiervon als Ferienwohnung angeboten und immer wieder vermietet worden. Die sich über zwei Etagen erstreckende Wohnung sei baurechtlich lediglich aufgrund des zweiten Fluchtweges auch im dritten Obergeschoss zulässig. Diese Fluchtmöglichkeit sei auch in dem Mietvertrag über die Maisonettewohnung ausdrücklich festgehalten worden. Dass es bautechnisch unmöglich sein soll, diesen Teil auch separat zu nutzen, finde sich indes nicht als Tatbestandsvoraussetzung in der Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin. Im Übrigen sei die Wohnung derzeit auch insgesamt angemietet. Die Nutzung für Urlaubszwecke in einem Teil der streitgegenständlichen Wohnung finde unstreitig „derzeit bis auf Weiteres“ nicht statt.
Es wird beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17. Dezember 2020 gegen den Bescheid der Stadt … vom 25. November 2020 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt
Antragsablehnung.
Zur Begründung wird unter Ergänzung der Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass im Hinblick auf eine überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken weder auf das Gesamtgebäude noch auf ein einzelnes oder mehrere Stockwerke abzustellen sei, sondern auf die Möglichkeit der Führung eines eigenständigen Haushalts. Letzteres treffe auf die streitbefangenen Räume eindeutig zu. Bereits aufgrund der fehlenden Identität zwischen den Nutzern der beiden Einheiten scheide eine Betrachtungsweise, die auf die gesamten 120 qm abstellt, aus. Die Nutzung als Ferienwohnung werde in der Antragsbegründung überdies auch eingeräumt. Der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 ZwEVS sei daher erfüllt. Da die Nutzung als Ferienwohnung baurechtlich nicht genehmigt sei, könne sich die Antragstellerin auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS berufen. Indes ließen sich aus dem Verstoß gegen die Baugenehmigung keine zweckentfremdungsrechtlichen Privilegien ableiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist die sofortige Vollziehbarkeit der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2020 angeordneten Nutzungsuntersagung und Rückführungsverpflichtung (Ziffern 1 und 2), sowie die insoweit angedrohten Zwangsgelder in Höhe von jeweils 2.000,00 EUR (Ziffern 3 und 4).
Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ZwEWG sowie Art. 21a Satz 1 VwZVG, jedoch unbegründet.
In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch Landesgesetz ausgeschlossen ist, kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer den Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerseite und der Antragsgegnerin gegeneinander abzuwägen, wobei die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind. Bei dieser Interessenabwägung ist insbesondere auch die gesetzliche Wertung des Art. 3 Abs. 3 ZwEWG zu beachten, welche einen effektiven Vollzug des Zweckentfremdungsrechts garantieren soll.
Hierzu führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. Oktober 2020, 12 CS 20.2141 Folgendes aus:
„Das Gesetz bewertet das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung zweckentfremdungsrechtlicher Anordnungen regelmäßig höher als das Interesse privater Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs und dem damit verbundenen effektiven Rechtsschutz. Die Verwaltungsgerichte dürfen deshalb im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids und dem privaten Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage die selbige grundsätzlich nur dann analog § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO anordnen, wenn insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen (vgl. BayVGH, Beschluss v. 9.1.2019 – 12 CS 18.2658 -, BayVBl. 2019, 384 [386] Rn. 47).“
Nach diesen Grundsätzen muss der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage ohne Erfolg bleiben.
Bei summarischer Prüfung ist der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin formell und materiell rechtmäßig.
1. Die Anordnungen unter Ziffer 1 und 2 finden, soweit sich dies im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beurteilen lässt, ihre Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 ZwEWG i.V.m. § 12 ZwEVS.
In einem Eilverfahren, in dem – wie bereits ausgeführt – nur eine überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, ist von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, wenn nicht ausnahmsweise Gründe, die die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen, offen zu Tage treten (ständige Rechtsprechung des BayVGH, z.B. B.v. 4.6.1997 – 6 ZS 97.1305 – juris; B.v. 15.2.1999 – 6 ZS 99.84 – BeckRS; B.v. 28.11.2005 – 23 CS 05.1804 – juris).
In dem nur auf summarischer Überprüfung ausgerichteten Antragsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist in aller Regel kein Raum für eine inzidente Normenkontrolle. Etwas anderes mag – wie oben ausgeführt – dann gelten, wenn die betreffenden Satzungsregelungen bereits nach dem Ergebnis überschlägiger Prüfung mit Sicherheit oder aller Voraussicht nach unwirksam sind (vgl. z.B. OVG Saarland, B.v. 10.11.2006 – 3 W 5.06 – juris).
Vorliegend bestehen keine Zweifel an der Rechtswirksamkeit der hier einschlägigen Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin. Solch ausnahmsweise vorkommende Gründe, welche die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen könnten, sind nach Überzeugung der Kammer nicht offen zu Tage getreten.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die streitgegenständliche Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin sowie überdies die im Wesentlichen deckungsgleiche Satzung der Stadt München (ZeS vom 11.12.2017 i.d.F. vom 4.11.2019, MüABl. S. 452) bereits in einer Reihe verwaltungsgerichtlicher Verfahren als Rechtsgrundlage inmitten standen, ohne dass Zweifel an ihrer Wirksamkeit aufgetreten sind (vgl. zur Zweckentfremdungsverbotssatzung der Stadt …: BayVGH, B.v. 20.10.2020, a.a.O. sowie zur Zweckentfremdungsverbotssatzung der Stadt München etwa B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist im vorliegenden Eilverfahren insbesondere von der Wirksamkeit der Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS auszugehen.
Aus der Zusammenschau von § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS ergibt sich, dass die nachträgliche Umwandlung von Wohnraum in gewerbliche Nutzung zum Entfallen des im Rahmen des Art. 3 Abs. 2 ZwEWG tatbestandlich vorausgesetzten Begriffs „Wohnraum“ nur dann führt, wenn dieser Raum bereits vor dem 30. Mai 2019 baurechtlich zu anderen als einer Wohnnutzung genehmigt und ununterbrochen so genutzt wurde.
Im Hinblick auf die Rechtsprechung, wonach zur Änderung der subjektiven Zweckbestimmung ein nach außen erkennbarer und auf Dauer angelegter Umwidmungsakt nötig ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 12.12.2004 – 24 ZB 04.941 – juris; B.v. 1.12.1997 – 24 B 95.3612 – juris; B.v. 25.4.1990 – 7 B 89.1121 – juris; VGH BaWÜ, B.v. 6.8.2020 – 3 S 1483/20 – juris), erscheint diese in § 2 Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS enthaltene, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Konkretisierung des subjektiven Bestimmungsrechts des § 2 Abs. 2 ZwEVS noch vom Normzweck getragen und gedeckt und damit im hier vorliegenden summarischen Verfahrung nicht zu beanstanden (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 20.10.2020, a.a.O.). Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Willens des Landesgesetzgebers, wonach das Zweckentfremdungsrecht in Gebieten, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, einen effektiven Schutz des Wohnraums vor Zweckentfremdung gewährleisten und damit der Erhaltung des Gesamtwohnraumangebotes dienen soll; dabei gebietet das den Gemeinden eingeräumte Selbstverwaltungsrecht, dass die Gemeinden den ihnen zukommenden eigenen wohnungspolitischen Gestaltungsspielraum eigenverantwortlich ausschöpfen dürfen (vgl. hierzu LT-Drs. 17/15781, S. 1 ff. und 7 sowie LT-Drs. 15/8369, S. 1 ff.).
2. Gemäß Art. 3 Abs. 2 ZwEWG i.V.m. § 12 ZwEVS kann die Antragsgegnerin anordnen, dass eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt wird.
Eine genehmigte oder genehmigungsfähige Zweckentfremdung von Wohnraum liegt hier nicht vor.
a) Das streitgegenständliche Objekt stellt Wohnraum im Sinne von Art. 1 Satz 1 ZwEWG, § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 ZwEVS dar.
Nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ZwEVS sind Wohnraum sämtliche Räume, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sind. Objektiv geeignet sind Räume dann, wenn sie die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglichen. Die subjektive Bestimmung (erstmalige Widmung oder spätere Umwidmung) treffen die Verfügungsberechtigten ausdrücklich oder durch nach außen erkennbares schlüssiges Verhalten.
aa) Nach der hier gebotenen summarischen Prüfung ist nach Überzeugung der Kammer aufgrund der Gesamtschau der vorliegenden Umstände bei den streitbefangenen Räumlichkeiten von der objektiven Eignung zu Wohnzwecken auszugehen. Das streitgegenständliche Objekt ist ausweislich der Ermittlungen der Antragsgegnerin sowie der in der Behördenakte befindlichen Grundrisse, Lichtbildaufnahmen und Auszüge aus dem Buchungsportal „…“ so eingerichtet und ausgestattet, dass es – unabhängig von der von der Antragstellerin dauerhaft vermieteten Maisonettewohnung – die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglicht. Die von der Antragstellerin wiederholt eigenständig und gerade nicht lediglich als Gästezimmer vermietete Ferienwohnung verfügt neben einer Küche sowie einem Bad insbesondere auch über einen separaten Zugang in das Treppenhaus. Es ist gerade nicht (mehr) von lediglich einer rund 120 qm großen Wohnung auszugehen, wie sie der Baugenehmigung vom 8. Mai 2015 zugrunde lag, sondern vielmehr von zwei eigenständigen und zu unterschiedlichen Zwecken genutzten Wohneinheiten mit einer Fläche von rund 100 qm bzw. rund 20 qm. Von einer fortdauernden Nutzung der gesamten Einheit als Wohnung kann indes nur dann gesprochen werden, wenn eine Identität von Wohnungs- und gewerblichem bzw. freiberuflichem Nutzer besteht (vgl. HessVGH, U.v. 22.3.2000 – 4 UE 613/97 – juris). Das ist hier nicht der Fall. Dass die Wohneinheit baurechtlich nicht etwa als separate Einliegerwohnung genehmigt wurde, ist für die zweckentfremdungsrechtliche Beurteilung überdies irrelevant. Tatsächlich ist eine klare Trennung erkennbar und auch tatsächlich durchführbar (vgl. hierzu VG München, U.v. 17.1.2018 – M 9 K 17.4119 – juris). Auch im Hinblick auf die so genannte „Fluchttüre“, welche indes abschließbar ist, ist die räumliche Trennung der beiden Wohneinheiten nicht anders zu beurteilen. Die „Fluchttüre“ stellt insbesondere keine typische Innentür dar, welche die Funktion hat, die einzelnen Räume einer Wohnung zu verbinden, sondern hat – so auch der Vortrag der Antragstellerseite – lediglich eine brandschutzrechtliche Funktion. Entsprechend ist dem Dauermieter der Maisonettewohnung, in welcher nach wie vor ebenfalls eine selbständige Haushaltsführung möglich ist, ausweislich der Vereinbarung in dem Mietvertrag vom 30. August 2019, welcher die streitbefangenen Räume ausdrücklich nicht umfasst, deren Nutzung auch ausschließlich für Notfälle erlaubt und im Übrigen rechtlich untersagt.
bb) Darüber hinaus ist das streitbefangene Objekt auch subjektiv zu Wohnzwecken bestimmt, was sich bereits daraus ergibt, dass auf Antrag der Antragstellerin im Jahre 2015 eine entsprechende Baugenehmigung erteilt wurde, welche die Wohnnutzung der Räume zum Gegenstand hat.
Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus der Zusammenschau von § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS, dass die nachträgliche Umwandlung von Wohnraum in gewerbliche Nutzung nur dann zu bejahen ist, wenn dieser Raum bereits vor dem 30. Mai 2019 baurechtlich zu anderen Zwecken als einer Wohnnutzung genehmigt und ununterbrochen so genutzt wurde. Durch einen einfachen Sinneswandel, der nicht durch einen nach außen erkennbaren und auf Dauer angelegten Umwidmungsakt umgesetzt wird, ändert sich die subjektive Zweckbestimmung indes nicht.
Vorliegend war die gewerbliche Nutzung (Vermietung als Ferienwohnung) des streitgegenständlichen Objektes im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Zweckentfremdungsverbotssatzung der Antragsgegnerin am 30. Mai 2019 nicht baurechtlich genehmigt, so dass die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 ZwEVS nicht zum Tragen kommt. Vielmehr wurden die streitgegenständlichen Räumlichkeiten ausweislich des von der Antragsgegnerin übermittelten Baugenehmigungsbescheides vom 12. August 2015 als Wohnraum genehmigt. Insbesondere ist die mit diesem Bescheid genehmigte Nutzung des Raumes „häusliches Arbeitszimmer/Gästezimmer“ (dem nunmehrigen Wohn-/Schlaf- und Essbereich der Ferienwohnung) ganz offensichtlich der von der Antragstellerin beantragten Wohnnutzung zuzuordnen und hiervon nicht etwa eine gewerbliche Büronutzung oder Gästezimmervermietung umfasst.
b) Nachdem die Antragstellerin das streitgegenständliche Objekt nach den umfassenden Ermittlungen der Antragsgegnerin in Gänze als Ferienwohnung und damit erkennbar nicht für eine auf Dauer angelegte Wohnnutzung vermietet, führt sie diese anderen als Wohnzwecken zu, so dass eine Zweckentfremdung im Sinne von Art. 1 Satz 2 Nr. 1 ZwEWG i.V.m. § 3 Abs. 1 ZwEVS vorliegt.
Da sie die Ferienwohnung ausweislich der vorliegenden Unterlagen nicht lediglich maximal acht Wochen pro Kalenderjahr zur Fremdbeherbergung nutzt, ist der Regeltatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ZwEVS einschlägig.
Die Zweckentfremdung entfällt auch nach nicht § 3 Abs. 2 ZwEVS, insbesondere nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 ZwEVS, der eine überwiegende Wohnnutzung (mehr als 50%) voraussetzt. Die Antragsgegnerin hat in den Bescheidsgründen zutreffend ausgeführt, dass hierbei ausschließlich auf die streitbefangenen Räumlichkeiten abzustellen ist. Eine Gesamtbetrachtung des streitbefangenen Objektes, insbesondere mit der dauerhaft vermieteten Maisonettewohnung als eine einheitliche Wohnung stünde im Widerspruch zu § 2 Abs. 2 ZwEVS, der die Wohnraumeigenschaft durch die Möglichkeit der Führung eines selbständigen Haushalts definiert.
Soweit der Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 12. Januar 2021 ausführt, dass eine Nutzung als Ferienwohnung „derzeit bis auf Weiteres“ und damit lediglich vorläufig nicht stattfindet, kann dieser Aussage gerade keine endgültige Aufgabe der gewerblichen Nutzung als Ferienwohnung entnommen werden.
c) Gemäß § 4 Abs. 1 ZwEVS darf Wohnraum nur mit Genehmigung anderen als Wohnzwecken zugeführt werden.
Vorliegend ist die Zweckentfremdung des streitgegenständlichen Wohnraues nach dem Ergebnis überschlägiger Prüfung nicht genehmigungsfähig gemäß § 4 i.V.m. § 5 ZwEVS.
aa) Nach § 4 Abs. 2 Alt. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 ZwEVS ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraumes durch vorrangige schutzwürdige private Interessen, welche insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gegeben sind, überwogen wird. Dabei darf die Existenzgefährdung nicht durch das Unterlassen möglicher und gebotener Abwendungsmaßnahmen selbst herbeigeführt werden.
Vorliegend erfolgte im Hinblick auf eine etwaige Existenzgefährdung aufgrund des Entfallens der Einnahmequellen aus der Vermietung als Ferienwohnung seitens der Antragstellerin weder ein substantiierter Vortrag, noch ist eine solche ersichtlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin ohne Weiteres die Möglichkeit hat, die streitgegenständlichen Räume dauerhaft als Wohnraum zu vermieten und damit regelmäßige und im Hinblick auf die in der Stadt … üblichen Mietzinsen nicht unerhebliche Einkünfte zu erzielen.
bb) Nachdem seitens der Antragstellerin dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraumes durch Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 20.10.2020 a.a.O.), etwa durch die Schaffung von Ersatzwohnraum oder durch eine Ausgleichszahlung, nicht Rechnung getragen wurde, kommt des Weiteren vorliegend auch die Erteilung einer Genehmigung gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 6 und § 7 ZwEVS nicht in Betracht.
e) Gemäß § 12 ZwEVS steht die Anordnung einer Nutzungsuntersagung und Rückführung im Ermessen der Antragsgegnerin. Nach dem Ergebnis überschlägiger Prüfung erfolgten die streitgegenständlichen Anordnungen unter Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens; Ermessensfehler gemäß § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
3. Auch die in Ziffer 3 und 4 des Bescheides verfügten Zwangsgeldandrohungen erweisen sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig. Sie entsprechen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach den Vorschriften der Art. 29 ff. VwZVG.
Mithin kann der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2020 insgesamt nicht beanstandet werden, so dass die hierzu noch anhängige Anfechtungsklage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und demgemäß im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens auch kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung erkennbar ist.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf den streitgegenständlichen Bescheid und seine Begründung Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
Somit war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 i.V.m. Ziffern 1.5, 56.6.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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