Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anwendung der Wohngeldtabelle im SGB II für das Jahr 2016

Aktenzeichen  S 13 AS 361/16

Datum:
19.10.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 118848
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 22

 

Leitsatz

Fehlt es einem Leistungsträger an einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für die Unterkunft, ist bei nicht mehr ermittelbaren Angemessenheitsgrenzen auf die Tabelle zu § 12 WoGG zurück zu greifen, wobei wegen der dortigen Neuregelung für das Jahr 2016 keine Erhöhung der Werte zu erfolgen hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid vom 19.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 wird abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Alg II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft ab 01.05.2016 in Höhe von 417,70 Euro und ab 01.01.2016 in Höhe von 434,00 Euro zu gewähren.
III. Die Beklagte hat der Klägerin 1/3 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als der Bescheid vom 19.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen war, bei der Gewährung von Alg II Kosten der Unterkunft in Höhe von 411,70 € ab 01.01.2016 und in Höhe von 434,00 € ab 01.10.2010 zu berücksichtigen.
Gemäß § 22 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendung anerkannt, soweit diese angemessen sind. Hinsichtlich der Angemessenheit hat die Stadt A-Stadt einen Richtwert ermittelt, der die sog. abstrakt angemessenen Unterkunftskosten des SGB II und SGB XII für A-Stadt festlegt. Insoweit wird eine Mietobergrenze bzw. ein Richtwert in Höhe von 374,00 € für die Zeit ab 2013 angenommen.
Wie schon mehrfach vom erkennenden Gericht festgestellt, ist das Konzept der Stadt zur Ermittlung des Richtwertes nicht als schlüssig anzusehen. Die Richtwerte des Jobcenter A-Stadt wurden methodisch fehlerhaft ermittelt. Die Ermittlung der Richtwerte enthält ungeprüfte Grundannahmen, die zu nicht plausiblen Ergebnissen führen. Das Konzept gelangt somit zu gravierenden Fehlschlüssen.
Fehlerhaft ist auch, dass die Wohnungen, die seit 1996 gebaut wurden, insgesamt bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung dieser Altersklasse führt zu einem deutlich geringeren Richtwert der Angemessenheit. Warum von dem ermittelten Durchschnittspreis, der auf der Grundlage des N. Mietenspiegels errechnet wird, wird ein Abschlag von 20% die Differenz zwischen dem oberen und unteren Spannwert des Mietspiegels genommen wird, ist nicht nachvollziehbar. Die Begründung des Abschlags ist eine Schätzung ins Blaue hinein. Aus diesem willkürlichen Wert wird dann gefolgert, dass damit der notwendige Wohnungsbestand in der Stadt A-Stadt erfasst sei.
Die Unschlüssigkeit des Konzeptes wird auch deutlich durch die nunmehr erfolgte Änderung des § 12 Wohngeldgesetz und die neu festgelegten Höchstbeträge für Miete und Belastung nach dem Wohngeldgesetz. Es wird nunmehr ein Wert für ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied in der für A-Stadt maßgeblichen Mietenstufe 4 in Höhe von 434,00 € festgesetzt. Dies bedeutet eine Anhebung um 76,00 € gegenüber dem zuvor maßgeblichen Wert in Höhe von 358,00 €. Nach dem Konzept der Stadt A-Stadt müsste davon ausgegangen werden, dass der Richtwert nunmehr sogar auf 369,00 € gesunken wäre. Es ist völlig unbegreiflich, dass einerseits die Beträge des Wohngeldgesetzes angehoben werden, die Stadt A-Stadt aber weiterhin von den Richtwerten des Jahres 2013 ausgeht.
Das Bundessozialgericht hat bereits in einer Entscheidung von 2012 festgelegt, dass bei Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzeptes die Höchstbeträge nach § 12 Wohngeldgesetz plus 10% berücksichtigt werden müssen. Da für 2015 der Zuschlag von 10% im Hinblick auf die im Jahre 2015 schon drei Jahre alte Rechtsprechung des BSG nicht mehr angemessen erscheint, vertritt das erkennende Gericht die Ansicht, dass für 2015 der Höchstbetrag nach der Wohngeldtabelle zzgl. 15% als angemessene Kosten zu berücksichtigen ist. Für das Jahr 2016 hingegen kann der Wert aus der Wohngeldtabelle mit 434,00 € als angemessener Betrag gemäß § 22 SGB II angesehen werden, so dass die Beklagte zu verurteilen war, für die Zeit ab 01.05.2015 bei der Gewährung von Alg II 411,70 € und ab 01.01.2016 434,00 € als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.
Demgegenüber konnten nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft weiterhin gewährt werden, da die Klägerin ihre Bemühungen um neuen Wohnraum, nicht ausreichend dokumentiert und damit nachgewiesen hat. Zwar vermochten die von der Stadt A-Stadt vorgelegten Nachweise für freie Wohnung auf der anderen Seite das erkennende Gericht nicht zu überzeugen, weil bei Benennung dieser Wohnungen nicht berücksichtigt wurde, dass die Klägerin unstreitig nicht auf den gesamten Wohnungsmarkt zugreifen kann, da sie aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen lediglich eine Wohnung im Parterre oder eine Wohnung in einem Haus mit Aufzug anmieten kann.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


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