Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Baurechtliche Nutzungsuntersagung wegen formeller Illegalität

Aktenzeichen  M 11 S 18.1045

Datum:
23.5.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15959
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

1. Eine baurechtliche Nutzungsuntersagung kann bei konkreten Anhaltspunkten für die erstmalige Aufnahme einer formell illegalen Nutzung sogar präventiv ergehen und erst recht dann, wenn eine rechtswidrige Nutzung bereits in der Vergangenheit erfolgt und danach nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend beendet worden ist, also eine Wiederaufnahme für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Befugnisnorm zur Unterbindung einer baurechtlich unzulässigen Nutzung handelt es sich um einen Fall intendierten Ermessens, so dass bereits die Erfüllung des Tatbestandes grundsätzlich den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt und keine besondere Begründung der Abwägungsentscheidung erforderlich ist. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen eine Nutzungsuntersagungsverfügung.
Streitgegenständlich ist das Grundstück FlNr. … der Gemarkung … Mit Bescheid vom 5. Juni 1973, …, wurde für dieses Grundstück eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit fünf überirdischen Wohneinheiten sowie einem einräumigen Hobbyraum ohne sanitäre Anschlüsse im Kellergeschoss erteilt.
Der Antragsteller ist Sondereigentümer des im Aufteilungsplan Kellergeschoss zum notariellen Kaufvertrag vom 4. Februar 2013, Urkunde des Notars …, …, URNr. …, mit Nr. 7 bezeichneten Hobbyraums.
Mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 10. Januar 2018 wurde dem Antragsteller die Nutzung des im beigefügten Grundrissplan bezeichneten und zu Wohnzwecken umgebauten Hobbyraums im Kellergeschoss des Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … als Aufenthaltsraum (insbesondere als Wohnung, zur Eigennutzung und Überlassung an Dritte) ab Zustellung, im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels ab Bestandskraft des Bescheids, untersagt (Nr. 1). Die sofortige Vollziehbarkeit der Nr. 1 wurde angeordnet (Nr. 2). Zudem wurde für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung unter Nr. 1 ein Zwangsgeld i.H.v. 1.500,- € angedroht (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt der Hobbyraum baulich den Erfordernissen einer Wohnung entsprechend durch Einziehung von Wänden in einen Eingangsbereich, zwei Zimmer und ein Bad mit WC unterteilt und zu einer 2-Zimmer-Wohnung ausgebaut worden sei. Eine Baugenehmigung hierfür sei weder beantragt noch erteilt worden. Nach den Erkenntnissen des Landratsamts werde der Hobbyraum seit dem Umbau an Personen außerhalb der Eigentümergemeinschaft fremdvermietet. Die Vertreter der Eigentümergemeinschaft hätten seit Juli 2016 dem Landratsamt mitgeteilt, dass der Hobbyraum als Wohnung von Dritten genutzt werde und dies auch durch Fotos belegt. Der Antragsteller habe im Rahmen einer Anhörung eine Wohnnutzung durch dritte Personen nicht widerlegen können und auch keine Erklärung dahingehend abgegeben, eine entsprechende Vermietung künftig zu unterlassen. Er habe sich schriftlich nicht geäußert. Bei der festgestellten Wohnnutzung handele es sich um ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben, für das keine Genehmigung vorliege. Dass der Hobbyraum zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Antragsteller vom Voreigentümer bereits zur Wohnung umgebaut und auch als solche genutzt und zeitweise vermietet gewesen sei, sei unerheblich, da auch diese Nutzungsänderung nicht genehmigt gewesen und deshalb zumindest formell rechtswidrig gewesen sei. Die Nutzung des umgebauten Hobbyraums als Wohnung sei auch nicht genehmigungsfähig, da diese öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche. Gemäß Art. 31 Abs. 1 BayBO sei ein zweiter Rettungsweg erforderlich, jedoch nicht vorhanden. Die vorhandenen Fenster könnten wegen Vergitterung der Lichtschächte nicht als solcher benutzt werden. Eine Abweichung vom Erfordernis des zweiten Rettungswegs könne bei diesem schweren Brandschutzmangel nicht zugelassen werden, da die Mieter bzw. Nutzer einer nicht hinnehmbaren Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt seien. Außerdem seien in den betroffenen Räumen die baulichen Voraussetzungen für eine ausreichende Belichtung und Belüftung gemäß Art. 45 Abs. 2 BayBO nicht vorhanden. Eine Nutzungsuntersagung könne gemäß Art. 76 S. 2 BayBO ergehen, da eine Baugenehmigung für die Nutzung des Hobbyraums als Wohnung nicht vorliege und auch nicht erteilt werden könne. Der Erlass einer Nutzungsuntersagung sei nicht wegen offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit unverhältnismäßig, da das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung brandschutzrechtlicher Vorschriften übersteige das wirtschaftliche Interesse des Eigentümers, die Wohnnutzung nicht aufgeben zu müssen. Der Antragsteller sei Eigentümer und daher als Zustandsstörer i.S.d. Art. 9 Abs. 2 LStVG heranzuziehen.
Der Bescheid wurde mittels Postzustellungsurkunde am 6. Februar 2018 in einem mit dem Namen des Antragstellers gekennzeichneten Briefkasten auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingeworfen.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. März 2018 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 erheben (M 11 K 18.1043) und gleichzeitig beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 10.01.2018 wiederherzustellen.
Mit weiterem Schriftsatz vom 8. Mai 2018 ließ der Antragsteller den Antrag begründen und im Wesentlichen vortragen, dass für den Erlass des angefochtenen Bescheids keine rechtliche Grundlage vorgelegen habe. Der Antragsteller habe den Hobbyraum zwar zunächst mit Mietvertrag vom 1. September 2015 an Herrn … vermietet. In diesem Mietvertrag sei allerdings ausdrücklich geregelt gewesen, dass der Raum ausschließlich als Hobbyraum genutzt werden dürfe und nicht für Wohnzwecke ausgerichtet sei. Ferner sei in diesem Mietvertrag ausdrücklich geregelt gewesen, dass im Falle der Nutzung des Hobbyraums zu Wohnzwecken eine sofortige fristlose Kündigung erfolge. Als sich dann herausgestellt habe, dass der Mieter den Hobbyraum entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung möglicherweise doch anders genutzt habe, habe der Antragsteller das Mietverhältnis sofort gekündigt und beendet. Um eine etwaige unberechtigte Weiternutzung zu unterbinden, habe der Antragsteller den Schließzylinder zu dem Hobbyraum austauschen lassen, da der Mieter den Schlüssel nicht zurückgegeben habe. Zuvor habe ein Mitarbeiter des Landratsamts Herrn … [gemeint ist wohl Herr … von der Hausverwaltung] ausdrücklich um Mitteilung des aktuellen Kenntnisstands bezüglich der Nutzung des Hobbyraums gebeten. In der Folge dieser Mitteilung fänden sich in der Behördenakte keine weiteren Feststellungen über eine etwaige weitere, anhaltende unzulässige Nutzung des Hobbyraums. Es erschließe sich daher nicht, warum das Landratsamt dem Antragsteller im Februar 2018 eine Nutzungsuntersagung zustellen müsse, wenn im Oktober 2017 bereits festgestellt worden sei, dass die Wohnnutzung beendet und auch das Zugangsschloss ausgetauscht worden sei. Der Erlass einer derartigen Nutzungsuntersagung entspreche daher nicht pflichtgemäßem Ermessen. Der Antragsteller habe seinerseits das Erforderliche getan – wie auch aus dem Mietvertrag ersichtlich sei – um eine unzulässige Nutzung zu verhindern. Zum Zeitpunkt des Erlasses und der Zustellung des Bescheids habe jedenfalls kein Handlungsbedarf mehr bestanden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trat dem Antrag mit Schriftsatz vom 4. April 2018 entgegen und führte im Wesentlichen aus, dass der Antrag unbegründet und der Bescheid rechtmäßig sei. Die Nutzungsuntersagung stelle eine erforderliche Maßnahme zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, nämlich Art. 31 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 2 BayBO dar. Die Anordnung des Sofortvollzugs diene der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben. Im Übrigen wurde auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch diejenigen des zugehörigen Klageverfahrens (M 11 K 18.1043) Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann im Falle der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn eine vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Hierbei ist in erster Linie auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abzustellen. Erweist sich nach summarischer Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als rechtswidrig, so ist die Vollziehung regelmäßig auszusetzen, da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erscheint der Verwaltungsakt dagegen nach vorläufiger Betrachtung als voraussichtlich rechtmäßig, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen, sofern ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hängt das Ergebnis allein von der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab.
Die anzustellende Interessenabwägung ergibt im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Landratsamtes, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt, da der Rechtsbehelf des Antragstellers in der Hauptsache aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht.
a) Die Nutzungsuntersagungsverfügung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
aa) Der Tatbestand des Art. 76 S. 2 BayBO ist erfüllt, da der streitgegenständliche Kellerraum im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wurde.
Nach ganz h.M. reicht zur Erfüllung des Tatbestands des Art. 76 S. 2 BayBO die bloße formelle Illegalität der ausgeübten Nutzung aus (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 128. EL Dezember 2017, Art. 76, Rn. 282 ff.).
Der streitgegenständliche Kellerraum ist im vorliegenden Fall unstreitig nur als Hobbyraum genehmigt. Eine Genehmigung zu Aufenthaltszwecken, insbesondere Wohnnutzung wurde zu keiner Zeit erteilt.
Der streitgegenständliche Kellerraum wurde auch bereits zu Wohnzwecken genutzt, nämlich durch den damaligen Mieter Herrn … und zwar jedenfalls in der Zeit vom 1. September 2015 (Datum des Mietvertragsschlusses mit Herrn … gemäß dem eigenen Vortrag des Antragstellers) bis mindestens September/Oktober 2016 (vgl. die Lichtbildaufnahmen vom 23. September 2016, die ein Briefkastenschild mit der Aufschrift „…“ sowie an Herrn … adressierte Post im zugehörigen Briefkasten zeigen, Bl. 42 und 44 der Behördenakte). Dies hat der Antragsteller im Schriftsatz vom 8. Mai 2018 selbst – wenn auch mit der Einschränkung, dass dies gegen seinen Willen geschehen sei – eingeräumt.
Für die Frage, ob eine illegale Nutzung vorliegt, gegen die unter den Voraussetzungen des Art. 76 S. 2 BayBO auf öffentlich-rechtlicher Grundlage eingeschritten werden kann, kommt es von vorneherein allein darauf an, dass eine bestimmte Nutzung tatsächlich in dieser Form ausgeübt wird. Ob und in welcher Form diese Nutzung anderen Personen, insbesondere dem Eigentümer gegenüber, zivilrechtlich gestattet und von diesem gewollt oder zumindest geduldet ist, ist auf Tatbestandsebene – anders als bei der Frage der Störerauswahl im Rahmen der Ermessensausübung, bei der derartige Fragen durchaus eine Rolle spielen können – grundsätzlich irrelevant.
Überdies kann jedoch dem Vortrag des Antragstellers, dass es sich bei dieser Vermietung nicht um eine Vermietung zu Wohnzwecken gehandelt habe, ohnehin nicht gefolgt werden. Das Gericht geht vielmehr nach summarischer Prüfung anhand der Aktenlage davon aus, dass es sich bei diesem Vortrag um eine Schutzbehauptung des Antragstellers handelt und in Wahrheit, unabhängig vom Wortlaut der verwendeten Mietvertragsurkunde, eine Vermietung zu Wohnzwecken gewollt und zwischen den Parteien vereinbart war. Dies folgt zum einen daraus, dass aus dem vorgelegten Mietvertrag ersichtlich ist, dass dem Mieter zwei Briefkastenschlüssel ausgehändigt worden sind. Eine bloße Hobbyraumnutzung ist durch vorübergehende, rein private Aufenthalte zu Vergnügungszwecken, grundsätzlich ohne Nächtigung, gekennzeichnet. Eine Häuslichkeit, sei es auch im Sinne einer Nebenwohnung, die nach außen (in der Form der Eröffnung eines Postzugangs) in Erscheinung tritt und eine gewisse Erreichbarkeit erfordert, soll jedoch gerade nicht begründet werden. Falls eine Vermietung des streitgegenständlichen Raumes tatsächlich nur für eine Nutzung als Hobbyraum erfolgen sollte, ist indes nicht nachvollziehbar, weshalb dem Mieter Briefkastenschlüssel ausgehändigt werden sollten. Zum anderen folgt dies daraus, dass auch im Übrigen für Wohnraummiete typische Regelungen getroffen worden bzw. Formulierungen verwendet worden sind. So spricht bereits die Höhe der vereinbarten Miete dafür, dass eigentlich eine Vermietung zu Wohnzwecken gewollt ist, da eine Miete von 500,- € für eine 1-Zimmer-Wohnung bzw. eine kleine 2-Zimmer-Wohnung, was dem 38,25 Quadratmeter großen Raum in etwa gleichkommt, im Großraum München mittlerweile marktüblich ist. Für einen bloßen Kellerraum als Hobbyraum hingegen erscheint dies völlig überteuert. Dies gilt umso mehr, da gemäß der vorgelegten Vertragsurkunde zusätzlich monatlich 100,- € Nebenkosten zu entrichten, mithin also insgesamt 600,- € zu entrichten sind. Es ist davon auszugehen, dass bei einer für einen Hobbyraum typischen bloß gelegentlichen und vorübergehenden Nutzung, beispielsweise am Wochenende, von vorneherein nicht ersichtlich wäre, wie eine Nebenkostenrechnung von 100,- € monatlich zustande kommen sollte und dies daher jedenfalls bereits deshalb überzogen wäre. Allerdings befindet sich die Vorschrift des § 556 BGB, gemäß der vereinbart werden kann, dass der Mieter die Betriebskosten trägt, ohnehin im Abschnitt über Wohnraummiete (§§ 549 ff. BGB) und ist gemäß § 578 Abs. 2 BGB auf Räume, die keine Wohnräume sind, gerade nicht entsprechend anwendbar. Zudem spricht § 6 des Mietvertrags davon, dass bei Vertragsschluss „drei Kaltmieten als Kaution fällig werden“. Hierbei handelt es sich um die gemäß § 551 Abs. 1 BGB maximal zulässige Gesamtsumme einer Sicherheitsleistung bei Wohnraummiete, die in der Praxis auch regelmäßig ausgeschöpft wird. Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, ist allerdings auch § 551 Abs. 1 BGB gemäß § 578 Abs. 2 BGB gerade nicht entsprechend anwendbar. Schließlich regelt § 6 des Mietvertrags, dass die Kaution bei einer evtl. Mieterhöhung angepasst wird. Auch die Vorschriften der §§ 557 ff. BGB über Mieterhöhungen befinden sich jedoch im Abschnitt über Wohnraummiete und sind auf Räume, die keine Wohnräume sind gemäß § 578 Abs. 2 BGB gerade nicht anwendbar. Dass all diese Vereinbarungen getroffen worden sind, die für den Fall bloß gelegentlicher Nutzung nicht nachvollziehbar, untypisch und z.T. sogar unzulässig wären, spricht indes klar dafür, dass tatsächlich eine Vermietung zu Wohnzwecken gewollt war. Was in zivilrechtlicher Hinsicht bezüglich der Wirksamkeit einzelner Klauseln bzw. des gesamten Mietvertrags aus diesem Umstand ergibt, kann dabei offen bleiben, da dies für die den Antragsteller treffenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen letztlich unerheblich ist (s.u.).
Auch der Umstand, dass die Wohnnutzung durch Herrn … beendet und der streitgegenständliche Kellerraum derzeit wohl nicht zu Wohnzwecken fremdvermietet ist (der Antragsteller hatte zuletzt ein eigenes Namenschild angebracht, war aber über einen längeren Zeitraum im Ausland und hat nun zuletzt das Briefkastenschloss und sein Namensschild am Briefkasten ausbauen lassen, vgl. Bl. 137 ff. der Behördenakte), spricht nicht gegen den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung. Da ein Einschreiten auf der Grundlage des Art. 76 S. 2 BayBO sogar präventiv, d.h. bei diesbezüglichen konkreten Anhaltspunkten sogar vor erstmaliger Aufnahme einer formell illegalen Nutzung möglich wäre, gilt dies erst recht für den Fall, in dem eine rechtswidrige Nutzung bereits in der Vergangenheit schon einmal aufgenommen wurde, dann aber für einige Zeit, aus welchen Gründen auch immer, unterbrochen wird (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 128. EL Dezember 2017, Art. 76, Rn. 276). Im vorliegenden Fall ist auch nicht ersichtlich, dass keinerlei Gefahr einer Vermietung zu Wohnzwecken mehr besteht, da der Antragsteller sich hiervon nicht eindeutig distanziert hat. Dies gilt umso mehr als der Antragsteller in der Vergangenheit abgestritten hat, dass Wohnnutzung in seinem Kellerraum stattfinde bzw. stattgefunden habe. Insbesondere auf Herrn … angesprochen, äußerte der Antragsteller gegenüber dem Landratsamt, dass dieser nur dort gemeldet und seine Post dorthin geschickt bekommen habe (vgl. Aktenvermerk über ein Telefonat mit dem Antragsteller vom 1. Dezember 2016, Bl. 63 der Behördenakte). In der Antragsbegründung vom 8. Mai 2018 hat der Antragsteller jedoch eingeräumt, dass eine Wohnnutzung durch Herrn … stattgefunden habe und sich damit in Widerspruch zu seinen früheren Äußerungen gesetzt. Aufgrund dessen sowie der Tatsache, dass der Antragsteller gegenüber dem Landratsamt keinerlei verbindliche und verlässliche Erklärung abgegeben hat, dass eine Wohnnutzung in jedem Fall unterbleiben wird, kann die Gefahr einer künftigen erneuten Vermietung zu Wohnzwecken nicht ausgeschlossen werden. Insofern bestand, entgegen den Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 8. Mai 2018, auch ein Anlass zum Erlass der Nutzungsuntersagungsverfügung, da gerade nicht festgestellt werden konnte, dass die Wohnnutzung nicht nur vorübergehend sondern dauerhaft beendet worden ist.
bb) Die Anordnung ist auch ermessensgerecht.
Es handelt sich bei der Befugnisnorm des Art. 76 S. 2 BayBO aufgrund des öffentlichen Interesses an der Unterbindung einer unzulässigen Nutzung um einen Fall intendierten Ermessens, sodass grundsätzlich bereits die Erfüllung des Tatbestands den Erlass einer Einstellungsverfügung rechtfertigt und grundsätzlich keine besondere Begründung der Abwägungsentscheidung erforderlich ist (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 128. EL Dezember 2017, Art. 76, Rn. 310). Besondere Gründe, warum im Einzelfall der Erlass einer Nutzungsuntersagung nicht gerechtfertigt sein sollte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist kein Fall einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit gegeben. An die Nutzung von Räumen als Aufenthaltsräumen stellt die Bayerische Bauordnung in Art. 45 besondere Anforderungen. Auch die Vorschrift des Art. 31 BayBO über Rettungswege ist zu beachten. Ob diese Vorschriften im vorliegenden Fall erfüllt sind oder nicht, kann letztlich offen bleiben, da sie jedenfalls nicht offensichtlich, d.h. auf einen Blick erkennbar eingehalten sind und ihre Einhaltung daher einer Überprüfung in einem förmlichen Genehmigungsverfahren bedarf, zu dessen Vorrang Art. 76 S. 2 BayBO gerade dient.
Auch ist die Heranziehung des Antragstellers im Rahmen der Störerauswahl ermessensgerecht. Der Antragsteller ist, wie im Bescheid zutreffend dargelegt, Eigentümer und damit Zustandsstörer i.S:d. Art. 9 Abs. 2 LStVG. Da der streitgegenständliche Kellerraum derzeit nicht vermietet wird, sind bereits keine anderen Personen vorhanden, an die die Nutzungsuntersagung gerichtet werden könnte.
Auch konnte die Nutzung mit sofortiger Wirkung untersagt werden. Eine bei Vermietung zu Wohnzwecken u.U. nötige Auslauffrist war vorliegend nicht erforderlich, da der streitgegenständliche Kellerraum derzeit nicht vermietet ist und etwaigen Bewohnern somit bei einer sofortigen Nutzungsuntersagung keine Obdachlosigkeit droht.
b) Ein besonderes Vollziehungsinteresse ist gegeben. Dies folgt hier bereits daraus, dass es sich bei einer Nutzungsuntersagung um eine Maßnahme zur Sicherung des Vorrangs des förmlichen Genehmigungsverfahrens handelt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht der Hälfte des voraussichtlich im Klageverfahren anzusetzenden Streitwerts.


Ähnliche Artikel


Nach oben