Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Begründung der Mieterhöhung mit qualifiziertem Mietspiegel bei gefördertem Wohnraum

Aktenzeichen  472 C 8559/18

Datum:
9.8.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17959
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 558, § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 558b Abs. 2 S. 2
WoFG § 28 Abs. 3
BayWoFG Art. 15 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Für Wohnungen, die nach den Grundsätzen der einkommensorientierten Förderung subventioniert wurden (sog. EOF-Wohnungen), stellt der Mietspiegel der Stadt München aus dem Jahr 2017 ein geeignetes Begründungsmittel dar. (Rn. 23 und 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegt ein qualifizierter Mietspiegel für eine Gemeinde vor, so ist ein Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Miethöhe nicht einzuholen, da der Mietspiegel regelmäßig auf einer größeren Datengrundlage beruht. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Art. 15 Abs. 2 S. 2 BayWoFG ist verfassungsgemäß. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die vertragliche Verpflichtung des Erwerbers einer Wohnungsbaugesellschaft, die Mieten im Durchschnitt nicht über einen bestimmten Prozentsatz zu erhöhen (Sozialklausel), bindet nur die Vertragsparteien, hat jedoch keine Schutzwirkung gegenüber den einzelnen Mietern. (Rn. 42 – 46) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 13.06.2018 wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 1.750,20 festgesetzt.

Gründe

Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif. Eine Beweisaufnahme war nicht erforderlich, insbesondere musste kein Sachverständigengutachten erholt werden.
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 13.06.2018, Aktenzeichen 472 C 8559/18 war aufrechtzuerhalten und auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits waren den Beklagten aufzuerlegen, da der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil zwar zulässig war, die Klage jedoch zulässig und vollumfänglich begründet ist.
A. Zulässigkeit des Einspruchs
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 13.06.2018 ist statthaft und erfolgte form- und fristgerecht, §§ 338 ff. ZPO, insbesondere wurde die Einspruchsfrist nach § 339 Abs. 1 ZPO eingehalten. Das Versäumnisurteil vom 13.06.2018 wurde allen Prozessbeteiligten am 15.06.2018 zugestellt, so dass die Einspruchsfrist zu laufen begann. Auf die ansonsten relevante letzte Zustellung beim Versäumnisurteil nach § 331 Abs. 3 ZPO kam es daher ausnahmsweise nicht an (vgl. dazu Zöller/Herget, 32. Auflage 2018, § 339 Rn. 4 m.w.N.). Die Einspruchsfrist lief am 29.06.2018 ab, zu diesem Zeitpunkt ging der Einspruch der Beklagten bei Gericht ein, so dass die Frist gewahrt wurde. Durch den zulässigen Einspruch wird der Prozess in die Lage vor Erlass des Versäumnisurteils zurückversetzt, § 342 Abs. 1 ZPO.
B. Zulässigkeit der Klage
Die Klage ist zulässig.
1. Das Amtsgericht München, Mietgericht, ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, § 29 a Abs. 1 ZPO, §§ 1 ZPO i.V.m. § 23 Nr. 2 a GVG.
2. Die Klage ist auch aufgrund eines formell wirksamen Mieterhöhungsverlangens nach Ablauf der Überlegungsfrist für den Mieter innerhalb der Klagefrist erhoben worden.
Eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist nur dann zulässig, wenn sie nach Ablauf der Überlegungsfrist des Mieters erhoben wird, da gemäß § 558 b Abs. 2 S. 1 BGB der Vermieter klagen kann, soweit der Mieter der Mieterhöhung nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Verlangens zustimmt. Dabei muss der Vermieter gemäß § 558 b Abs. 2 S. 2 BGB innerhalb von drei weiteren Monaten die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung erheben, soweit der Mieter der Mieterhöhung nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Verlangens zustimmt.
Die Überlegungsfrist des Mieters wird dabei nur durch ein formell ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen in Gang gesetzt, wobei § 558 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB voraussetzt, dass dem Mieter dies in Textform erklärt wird und mit einem der in § 558 a Abs. 2 BGB genannten Begründungsmittel begründet wurde (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Auflage 2017, § 558 a Rn. 2). Ein formell ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen ist damit mittelbare Sachentscheidungsvoraussetzung des Zustimmungsverfahrens, so dass eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung mit einem formell unwirksamen Mieterhöhungsverlangen als unzulässig abzuweisen ist (BGH VIII ZR 413/12, WuM 2014, 33).
a) Das Mieterhöhungsverlangen vom 16.11.2017 war formell ordnungsgemäß.
Nach § 558 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ist ein Mieterhöhungsverlangen formell ordnungsgemäß, wenn es dem Mieter in Textform erklärt ist und mit einem der in § 558 a Abs. 2 BGB genannten Begründungsmittel begründet wurde, wozu insbesondere gemäß § 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB auch der Mietspiegel der Landeshauptstadt München aus dem Jahr 2017 gehört.
Das Mieterhöhungsverlangen darf keine Änderung der Mietstruktur beinhalten, denn der Vermieter kann gemäß § 558 BGB nur die Zustimmung zur Erhöhung der vereinbarten Miete verlangen. Das Mieterhöhungsverlangen muss so formuliert sein, dass der Mieter zu dieser begehrten Erhöhung einfach zustimmen, einfach „ja“ sagen kann. Weitere Änderungen kann der Vermieter nicht über die Zustimmungsklage durchsetzen, er kann insbesondere nicht die Mietstruktur ändern, also die Aufteilung der Gesamtmiete auf Grundmiete und Nebenkosten oder die Änderung, ob auf die Nebenkosten als Pauschale oder als Vorauszahlungen gezahlt wird (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Auflage, 2017, § 558 a Rn. 17). Verlangt der Vermieter im Mieterhöhungsverlangen weitere Veränderungen als die Erhöhung der Miete, ist das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam, denn der Vermieter hat darauf keinen Anspruch, das Gericht kann die Willenserklärung des Mieters nicht nach § 894 ZPO ersetzen (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Auflage, 2017, § 558 a Rn. 17).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Mietspiegel der Landeshauptstadt München aus dem Jahr 2017 auch ein geeignetes Begründungsmittel für wie hier vorliegende Wohnungen, die nach den Grundsätzen der einkommensorientierten Förderung subventioniert wurden (sog. EOF-Wohnungen). Das Landgericht München hat in seiner Entscheidung vom 16.05.2018, Aktenzeichen 14 S 19531/17 hierzu wie folgt ausgeführt:
„Vorliegend konnte das Mieterhöhungsverlangen der Klagepartei vom 21.02.2017 auch formell wirksam gem. § 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB mit dem Mietspiegel für München 2015 begründet werden. An ihrer Rechtsauffassung gemäß Urteil vom 16.05.2012 (Az. 14 S 27322/11, = NZM 2012, 802) hält die Kammer nicht mehr fest.
a) Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 21.02.2017 ist gemäß § 558 a Abs. 1 BGB formwirksam erklärt und insbesondere nach § 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB wirksam mit dem damals aktuellen Mietspiegel für München 2015 begründet worden. Nachdem der Mietvertrag zwischen den Parteien in Ziffer 3.3 ausdrücklich auf die gesetzlichen Regelungen in §§ 558 ff. BGB Bezug nimmt, müssen für die Wirksamkeit des Zustimmungsverlangens alle formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 558 ff. BGB gegeben sein. Dies bedeutet, dass nach § 558 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens nur dann auf einen Mietspiegel Bezug genommen werden kann, wenn dieser auch sachlich anwendbar ist, also Daten für die streitgegenständliche Wohnung enthält (Schmidt-Futterer/Börstinghaus § 558 a Rn. 33; MüKO/Artz § 558 a BGB Rn. 17; Staudinger/Volker Emmerich § 558 a Rn. 24; LG München I Beck-RS 2014, 02144). Der Zweck der Begründungspflicht beschränkt sich darauf, dem Mieter erste Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens des Vermieters zu geben, damit ihm während der anschließenden Überlegungs- oder Zustimmungspflicht des § 558 b Abs. 2 S. 1 eine Nachprüfung der Berechtigung oder der Plausibilität des Vermieterverlangens möglich ist und er sich ein eigenes Bild von der Sachlage machen kann (Staudinger/Volker Emmerich § 558 a BGB Rn. 19). Hierbei dürfen an die Begründungspflicht des Vermieters nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BGH NZM 2016, 355; BGH NZM 2016, 580) und insbesondere im Rahmen der Prüfung der formellen Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens auch berücksichtigt werden, dass die Nichtanwendung eines Mietspiegels für Vermieter stets zu erheblichen Schwierigkeiten praktischer und rechtlicher Art führt (LG München I BeckRS 2014, 02144). Maßgeblich ist, ob der Mieter anhand des vorliegenden Mieterhöhungsverlangens ohne jede Schwierigkeit in der Lage ist, die Rechtmäßigkeit des Erhöhungsverlangens des Vermieters zu überprüfen (BGH NZM 2016, 580; NZM 2009, 27). Die Kammer hat ihre Entscheidung vom 16.05.2012 (LG München I NZM 2012, 802, 804) maßgeblich darauf gestützt, dass der Mietspiegel sich selbst ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt. Wörtlich hat die Kammer 2012 ausgeführt: „Die Eignung eines Mietspiegels als Begründungsmittel im Sinne des § 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt voraus, dass er überhaupt verwertbare Aussagen für die fragliche Wohnung enthält. Legt sich der Mietspiegel selbst nur einen beschränkten sachlichen Anwendungsbereich bei, so kann er nicht für anderen Wohnraum herangezogen werden“. Hingegen hat der BGH in seiner Entscheidung vom 26.04.2016 (BGH NZM 2016, 580 unter Rn. 8) ausgeführt, dass der formellen Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens der Umstand nicht entgegenstehe, dass ein Mietspiegel sich für bestimmten Wohnraum ausdrücklich als sachlich nicht anwendbar erkläre. Dieser Rechtsprechung des BGH wird im Schrifttum zwar jedenfalls teilweise entgegengetreten (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus § 558 a Rn. 14, Börstighaus NZM 2016, 581 und wohl auch Staudinger/Volker Emmerich § 558 a Rn. 24 f). Der BGH hat in seinem Hinweisbeschluss vom 26.04.2016 aber in Kenntnis dieser Kritik aus dem Schrifttum ausdrücklich ausgeführt, dass ein Mietspiegel auch dann als Begründungsmittel herangezogen werden könne, wenn der Mietspiegel selbst seinen sachlichen Anwendungsbereich beschränke. An diese Rechtsprechung ist die Kammer entgegen ihrer Rechtsprechung gem. Urteil vom 16.05.2012 (BGH NZM 2012, 802) gebunden. Es kommt entgegen der Berufung auch nicht darauf an, ob der Bundesgerichtshof diese Frage für Einfamilien- bzw. Reihenhäuser entschieden habe. Entscheidend ist vielmehr nach der klaren Diktion des BGH der Umstand, ob der als Begründungsmittel verwendete Mietspiegel Tatsachen enthält, die es dem Mieter ermöglicht die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung – zumindest ansatzweise – auf ihre Berechtigung überprüfen zu können (BGH NZM 2016, 580 unter Rn. 5). Ob der Erfahrungssatz des BGH, wonach die Mieten für Einfamilienhäuser regelmäßig höher liegen als für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zutreffend ist oder nicht, spielt an dieser Stelle keine Rolle. Maßgeblich ist alleine, dass nach den vertraglichen Bestimmungen zwischen den Parteien im Mietvertrag sowie den Förderrichtlinien Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB ausdrücklich zulässig sind und hierbei – wie oben ausgeführt – auf die ortsübliche Vergleichsmiete für freifinanzierte Wohnungen abzustellen ist. Damit ist das hier vorliegende Mietverhältnis jedenfalls nach Erstvermietung nicht anders zu behandeln als jedes andere Mietverhältnis im Stadtgebiet für freifinanzierte Wohnungen auch. Gerade weil die Förderbestimmungen und der Mietvertrag auf § 558 Abs. 2 BGB ausdrücklich Bezug nehmen und kein Sondermietmarkt existiert, ist offensichtlich, dass der Mietspiegel für München 2015 die Werte enthält, an denen sich der Vermieter aber auch der Mieter im konkreten Fall orientieren kann. Da das streitgegenständliche Mietverhältnis im Rahmen von Mieterhöhungen folglich Mietverhältnissen über freifinanzierten Wohnraum gleichgestellt ist, enthält der Mietspiegel relevante Daten und ist damit für das hier maßgebliche Zustimmungsverlangen anwendbar.
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass bei der Datenerhebung für den Mietspiegel 2015 bzw. 2017 Wohnungen im so genannten „Dritten Förderweg“ herausgefiltert und diesbezüglich keine Vollmietspiegelinterviews durchgeführt wurden. Nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB wird die örtliche Vergleichsmiete gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist nach § 558 Abs. 2 S. 2 BGB Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Da bei der Feststellung des ortsüblichen Mietniveaus nur Wohnungen heranzuziehen sind, deren Miete frei vereinbart ist, können bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete Verträge über Wohnungen nicht einbezogen werden, die öffentlich gefördert sind und bei denen sich aus der Förderung eine Preisfestlegung ergibt. Denn preisgebundener Wohnraum hat keinen Einfluss auf das zu ermittelnde örtliche Mietniveau, da deren Mieten nicht durch die Marktverhältnisse, sondern durch die öffentliche Förderung maßgeblich beeinflusst werden (vgl. MüKO BGB/Artz § 558 Rn. 30). Hierunter fallen auch so genannte EOF-Wohnungen, die im sozialen Wohnungsbau des 3. Förderweges mit staatlichen Baudarlehen gefördert werden (hierzu bereits LG München I NZM 2012, 802). Die Kammer hat bereits in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass alleine der Umstand, dass die von dem Beklagten innegehaltene EOF-Wohnung bei der Datenerhebung für den Münchner Mietspiegel nicht berücksichtigt wurde, nicht zur Unanwendbarkeit des Mietspiegels für spätere Mieterhöhungen nach §§ 558 ff. führen müsse. Denn der Umkehrschluss von der Mietspiegelerstellung auf die Mietspiegelanwendung ist nicht per se zwingend (LG München I NZM 2012, 802 unter 2. b). Wegen der begrenzten Anfangsmiete der hier streitgegenständlichen Wohnungen können mithin diese Wohnungen gem. § 558 Abs. 2 S. 2 BGB nicht für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden. Wegen der eindeutigen Regelungen in den Förderbestimmungen ist bei späteren Mieterhöhungen aber – wie oben bereits mehrfach ausgeführt – dann auf die ortsübliche Vergleichsmiete für freifinanzierte Wohnungen ausdrücklich abzustellen. Mithin steht § 558 Abs. 2 S. 2 BGB einer Verwendung des Mietspiegels für München 2015 als Begründungsmittel nicht entgegen.
c) Soweit die Kammer in ihrer Entscheidung vom 16.05.2012 auch darauf hingewiesen hatte, dass der Anwendungsbereich des Mietspiegels auch aus anderen Gründen nicht eröffnet sei (LG München I NZM 2012, 802, 804 unter 2. c. bb) wird hieran nicht mehr festgehalten. Nach den Förderbestimmungen und den vertraglichen Regelungen im Mietvertrag wird ausdrücklich auf die ortsübliche Vergleichsmiete in § 558 Abs. 2 BGB Bezug genommen. Die Klagepartei unterliegt nach Begrenzung der anfänglichen Höchstvermietungsmiete während der Dauer des Mietverhältnisses keinen weiteren Beschränkungen und kann daher die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete für freifinanzierte Wohnungen erhöhen. Die streitgegenständliche Wohnung ist damit freifinanzierten Wohnungen im hier vorliegenden Fall ausdrücklich gleichgestellt. Dies gilt jedenfalls im hier vorliegenden Fall, ist aber kein Präjudiz für etwaige Mieterhöhungen bei später geänderten Förderbedingungen.
Nach alledem konnte das klägerische Mieterhöhungsverlangen vom 21.02.2017 mit dem Mietspiegel für München 2015 begründet werden.“
Diesen Ausführungen, die inhaltsgleich zum hier relevanten Mietspiegel aus dem Jahr 2017 geltend, stimmt das Gericht vollumfänglich zu und macht sie sich zu Eigen. Da durch das Mieterhöhungsverlangen vom 16.11.2017 auch keine Änderung der Mietstruktur einherging, war selbiges formell ordnungsgemäß.
b) Die Zustimmungsklage wurde auch unter Wahrung der Überlegungsfrist und nach Ablauf der Klagefrist erhoben.
Das Mieterhöhungsverlangen vom 16.11.2017 ging ausweislich des unbestrittenen Sachvortrags der Klägerin (§ 138 Abs. 3 ZPO) im November den Beklagten zu, so dass die Überlegungsfrist am 31.01.2018 und die Klagefrist am 30.04.2018 ablief, § 558 b Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB. Die Klageschrift vom 27.04.2018 ging am 30.04.2018 bei Gericht ein und wurde an die Beklagten am 24.05.2018 zugestellt. Die Klagefrist ist damit eingehalten, da die Klageschrift vor Ablauf der Klagefrist einging, Kostenvorschuss erst mit Schreiben vom 02.05.2018 im normalen Postverlauf von der Klägerin angefordert wurde, der Kostenvorschuss am 16.05.2018 durch die Klägerin eingezahlt wurde und § 167 ZPO im Rahmen des § 558 b BGB Anwendung findet (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Auflage 2017 § 558 b Rn. 85). Vorliegend lag sowohl zwischen Anforderung des Kostenvorschusses und Einzahlung desselben ein Zeitraum von weniger als 2 Wochen, so dass die erst am 24.05.2018 zugestellte Klage noch „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, da Verzögerungen der Zustellung der Klage von mehr als 2 Wochen nicht durch ein der Klägerin vorwerfbares Verhalten verursacht war (Thomas/Putzo, 39. Auflage 2018, § 167 ZPO Rn. 12 ff.).
C. Begründetheit der Klage
Die Klägerin kann gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB die Zustimmung zur Mieterhöhung verlangen, da die verlangte Miete von 1.118,23 € die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt.
Gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist.
Die Miete ist unstreitig seit 01.10.2014 unverändert. Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt bei mindestens 12,85 € pro Quadratmeter, mithin bei einer Wohnungsgröße von 93,22 Quadratmetern unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von 15 % bei 12,00 € pro Quadratmetern, mithin bei € 1.118,23 Netto pro Monat.
1. Bei einer Wohnungsgröße von 93,22 Quadratmetern und einem Baujahr von 2008 ergibt sich unstreitig ein Ausgangswert von 10,77 € pro Quadratmeter.
2. Zwischen den Parteien unstrittig waren Zuschläge in Höhe von 1,24 € pro Quadratmeter für eine zentrale gute Lage und in Höhe von weiteren 0,54 € pro Quadratmeter für guten Boden, mithin in Summe von 1,78 € pro Quadratmeter zu gewähren. Hinzukommt unstreitig eine begründete Abweichung in Höhe von 0,3 € pro Quadratmeter für eine vorhandene Fußbodenheizung, so dass die Summe aus Zuschlägen und begründeten Abweichungen auf 2,08 € pro Quadratmeter beträgt.
3. Abschläge nach dem Mietspiegel sind unstreitig nicht vorzunehmen, so dass die ortsübliche Vergleichsmiete nach Abzug der Kappungsgrenze bei € 1.118,23 liegt.
4. Auch eine weitere Abweichung nach oben oder unten durch Ausfüllung der Spannungsbreite wegen besonderer Begründungen wurde von keiner Partei vorgetragen und kommt mithin nicht in Betracht.
Die Ausfüllung der Spannungsbreite bedarf der Begründung anhand konkreter Merkmale der Wohnung, davon geht auch der Mietspiegel München 2017 aus (vgl. S. 21 Mietspiegel München 2017, vgl. auch BGH vom 04.05.2011, VIII ZR 227/10 zum Mietspiegel Regensburg). Unzulässig sind dabei aber Begründungen, die der Mietspiegel selbst schon berücksichtigt hat oder gerade nicht vorsieht (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Auflage 2017, § 558 a Rn. 50).
5. Ein Sachverständigengutachten war nicht zu erholen, da gegenüber einem Sachverständigengutachten der qualifizierte Mietspiegel München das bessere Beweismittel ist, da er auf einer größeren Datengrundlage beruht. Besteht für eine Gemeinde ein qualifizierter Mietspiegel, kommt die Erholung eines Sachverständigengutachtens als Beweismittel regelmäßig nicht ein Betracht (LG Hamburg, vom 10.06.2005, 311 S 8/05, WuM 2005, 726).
Der Mietspiegel München 2017 ist ein qualifizierter Mietspiegel, § 558 d Abs. 1 BGB. Ausweislich der Dokumentation ist er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Er wurde zudem mit Beschluss des Stadtrates als qualifizierter Mietspiegel anerkannt.
Gründe, warum hier ausnahmsweise ein Sachverständigengutachten erholt werden sollte, sind nicht ersichtlich. Der Mietspiegel setzt sich selbst ausweislich der Dokumentation mit der Frage der Begrenzung von Abschlägen auseinander.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht einer Mieterhöhung auch nicht der Einwand missbräuchlichen Verhaltens, Regelungen der sog. Sozialcharta, eine Verfassungswidrigkeit von Art. 15 BayWoFG oder die fehlende materielle Anwendbarkeit des Mietspiegels 2017 entgegen.
Im Einzelnen:
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte der Mietspiegel der Landeshauptstadt München aus dem Jahr 2017 auch als Begründungsmittel für das vorliegende Mieterhöhungsverlangen herangezogen werden. Das Landgericht München hat in seiner Entscheidung vom 16.05.2018, Aktenzeichen 14 S 19531/17 hierzu wie folgt ausgeführt:
„Nach § 3.3 des zwischen den Parteien geltenden Mietvertrages richten sich Erhöhungen der Grundmiete nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 558 bis 561 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 28 WoFG bzw. Art. 15 BayWoFG. Sowohl § 28 Abs. 3 WoFG als auch Art. 15 Abs. 2 S. 2 des BayWoFG bestimmen inhaltlich und im Wortlaut weitgehend identisch, dass der Vermieter die Miete nach Maßgabe der allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften erhöhen könne, jedoch nicht höher als bis zur höchstzulässigen Miete und unter Einhaltung sonstiger Bestimmungen der Förderzusage zur Mietbindung. Bei Wohnungen, die im Rahmen des Dritten Förderweges gefördert werden, handelt es sich um eine Förderung durch vertragliche Vereinbarung nach den früheren §§ 88 d Abs. 2 WoBauG (LG München I NZM 2012, 802, 803). Rechtlich wird die Preisbindung durch vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Förderungsgeber (hier der Landeshauptstadt München) und dem Förderungsnehmer (hier der Rechtsvorgängerin der Klägerin) erreicht. Die vertragliche Ausgestaltung im Einzelnen unterliegt den Bestimmungen des jeweiligen Landesgesetzgebers, wobei die Wohnungen mietpreisrechtlich wie freifinanzierte Wohnungen zu behandeln sind (vgl. Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, Kap. 3 Rn. 2).
a) Art. 15 Abs. 2 S. 2 BayWoFG besagt, dass der Vermieter die Mieter bis zur höchstzulässigen Miete nach Maßgabe der Förderentscheidung und den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften erhöhen kann. Die in dem Bewilligungsbescheid vom 06.09.2004 einbezogenen Wohnraumförderungsbestimmungen legen in Nr. 12 fest, was unter der höchstzulässigen Miete zu verstehen ist: „Höchstzulässige Miete im Sinne des Art. 15 Abs. 1 S. 1 BayWoFG ist die im Bewilligungsbescheid festgelegte Erstvermietungsmiete zzgl. der Mieterhöhungen nach Maßgabe der §§ 558 und 559 BGB. Zulässige Erstvermietungsmiete ist die örtliche durchschnittliche Miete für neugeschaffenen Mietwohnraum“. Hiervon abweichend war gemäß den Förderrichtlinien der Landeshauptstadt die zulässige Erstvermietungsmiete für München im Jahr 2008 einheitlich auf 9,00 € pro m² Wohnfläche festgelegt. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Erstvermietungen nach Bezugsfertigkeit des neugeschaffenen Wohnraums nur eine anfängliche Nettomiete von 9,00 € pro m² Wohnfläche verlangen durfte. Aufgrund der Förderbestimmungen und den Regelungen im Bewilligungsbescheid war sie und auch die Klägerin jedoch befugt, während der Bindungsdauer der Belegrechtswohnungen von 25 Jahren Mieterhöhungen nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 558 ff. BGB vorzunehmen. Anders als im preisgebundenen Wohnraum hat der Vermieter vorliegend kein einseitiges Erhöhungsrecht, sondern lediglich einen Zustimmungsanspruch, wenn im Übrigen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete gegeben sind. Der Vermieter kann mithin Mieterhöhungen nach § 558 BGB durchführen, muss hierbei aber alle materiellen und formellen Voraussetzungen der Vorschriften beachten (LG München I NZM 2012, 802, 803; Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch Kapitel 3 Rn. 28).
Im Ergebnis wird das Mietverhältnis für seine Dauer – allerdings ausgehend von einer niedrigen Ausgangsmiete von 9,00 € – preisfreiem Wohnraum gleichgestellt. Nach der übereinstimmenden Regelung sowohl im Mietvertrag selbst, als auch in den Anlagen zum Bewilligungsbescheid und den gesetzlichen Vorschriften sind Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete für freifinanzierten Wohnraum nach § 558 BGB zulässig, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der gesetzlichen Vorschriften gegeben sind. Die Klagepartei führt insoweit zutreffend aus, dass die Mieter während des Laufs des Mietverhältnisses durch die – abgesenkte – Kappungsgrenze von 15 % in 3 Jahren geschützt sind.
b) Anders als die Beklagten meinen, gibt es auch keinen „Sondermietmarkt“ für einkommensorientiert geförderte Wohnungen im so genannten „Dritten Förderweg“. Nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB wird die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Weitere für die Mietpreisbildung möglicherweise bestimmende, aber in § 558 Abs. 2 nicht aufgeführte Kriterien dürfen nicht berücksichtigt werden (vgl. MüKO BGB/Artz § 558 Rn. 33; BeckOGK BGB/Fleindl § 558 Rn. 20). Ebensowenig wie es einen Sondermietmarkt für bestimmte Personengruppen wie Studenten, Wohngemeinschaften oder Herkunft gibt, gibt es einen Sondermietmarkt für Wohnungen gemeinnütziger oder ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmen (OLG Karlsruhe NJW 1982, 1822). Ob etwas anderes dann gelten würde, wenn die Klägerin bei Mieterhöhungen im Bestand weiteren Beschränkungen unterworfen wäre (wie es etwa die Förderbestimmungen aus dem Jahr 2017 vorsehen), muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn wie bereits oben mehrfach ausgeführt, kann die Klägerin während des Laufs des Mietverhältnisses nach den Förderbestimmungen die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen. Damit ist das streitgegenständliche Mietverhältnis jedenfalls nach der Erstvermietung Mietverhältnissen für freifinanzierte Wohnungen ausdrücklich gleichgestellt. Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 558 bis 559 b in den Förderbestimmungen nebst Anlagen und Ziffer 3.3. des zwischen den Parteien geltenden Mietvertrages sind Mieterhöhungen zulässig, wobei das Gesetz in § 558 Abs. 2 BGB nur eine ortsübliche Vergleichsmiete für freifinanzierbare Wohnungen – nicht aber für Sondermietmärkte – kennt. Die Kammer verkennt nicht, dass die – meist – sozial schwächeren Mieter wohl bei Zuweisung der Wohnungen am Ackermannbogen auf eine auch dauerhaft niedrige Miete vertraut haben. Angesichts der eindeutigen Regelungen in den Förderbestimmungen sowie den gesetzlichen Vorschriften und der Vereinbarungen im Mietvertrag ist die Rechtslage allerdings eindeutig. Der Klagepartei ist es unbenommen, unter Einhaltung der Sperrfrist des § 558 Abs. 1 BGB sowie der Kappungsgrenze in § 558 Abs. 3 BGB die Miete im Dreijahreszeitraum bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete für freifinanzierte Wohnraum zu erhöhen. Es wäre Sache des Fördergebers (also der Landeshauptstadt) gewesen, die Möglichkeiten von Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen bei öffentlich geförderten Wohnungen im so genannten „Dritten. Förderweg“ weiter zu beschränken, wie es offensichtlich bei späteren Förderbestimmungen dann auch umgesetzt wurde. Bei den hier vorliegenden Förderrichtlinien ist dies allerdings aus der Kammer unbekannten Gründen unterblieben.“
Diesen Ausführungen stimmt das Gericht vollumfänglich zu und macht es sich zu Eigen, so dass der Mietspiegel 2018 als materielles Begründungsmittel auch bei einer wie hier vorliegenden EOF-Wohnung Anwendung findet.
2. Art. 15 BayWoFG ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verfassungswidrig, so dass eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Klärung dieser Frage durch das BVerfG nicht erforderlich war. Das Landgericht München hat insoweit in seiner Entscheidung 14 S 17743/17 wie folgt ausgeführt:
„Art. 15 Abs. 2 BayWoFG sowie Ziffer 14.2 WFB 2012 sind auch nicht – wie die Beklagten meinen – deshalb verfassungswidrig, weil die Regelungen abweichend in die bundesgesetzlichen Vorschriften der §§ 558 ff. BGB eingreifen würden. Art. 15 Abs. 2 S. 2 BayWoFG bestimmt, dass der Vermieter die Miete bis zur höchstzulässigen Miete nach Maßgabe der Förderentscheidung und den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften erhöhen darf. Damit nehmen die landesrechtlichen Vorschriften lediglich Bezug auf die bundesgesetzliche Regelung zur Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete ohne sie zu modifizieren. Oder anders gesagt: Auch im Rahmen des sog. „Dritten Förderweges“ sind Mieterhöhungen nur insoweit zulässig, als Sperrfrist und Kappungsgrenze des § 558 BGB eingehalten werden und die verlangte Miete nicht über der ortsüblichen Miete für freifinanzierte Wohnungen liegt“
Diesen Ausführungen stimmt das Gericht vollumfänglich zu und macht sich diese zu Eigen.
3. Schließlich stehen entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht die Regelungen der sog. Sozialcharta, insbesondere deren Ziffern 2.4.1 und 2.4.2 eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete entgegen, da Letztere keine rechtliche Wirkung im Verhältnis zwischen hiesiger Klägerin und den Beklagten zeitigt. Letztlich ist auch eine Selbstbindung der Klägerin nach § 242 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben abzulehnen, so dass auch § 242 BGB der streitgegenständlichen Mieterhöhung nicht entgegen steht.
a) Ziffern 2.4.1 und 2.4.2 der sog. Sozialcharta geben den Beklagten als einzelne Mieter keinen klagbaren Individualanspruch, welchen diese im Rahmen der hier streitgegenständlichen Zustimmungsklage der Klägerin entgegenhalten könnten. Der Klägerin ist nach einer umfassenden Vertragsauslegung nach dem sog. Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage und unter Auslegung der getroffenen schriftlichen Vereinbarungen dahingehend Recht zu geben, dass benannte Ziffern keinen Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß § 328 BGB darstellt. Die Auslegung der anlässlich des Verkaufs am 27./28.03.2013 getroffenen Vereinbarungen ergibt, dass die Beklagten keinen individuellen Anspruch durch die in der Sozialcharta erfolgten mieterschützenden Vereinbarungen im Zusammenhang mit Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhalten sollten.
Bereits der Wortlaut von Ziffer 2.4.1 und 2.4.2 ergibt eindeutig, dass nicht der einzelne Mieter Adressat der Regelung werden sollte, sondern vielmehr ein Durchschnittswert aller veräußerter Mietverhältnisse und deren Miethöhe erreicht werden sollte („der Bestandsmieter“ bzw. „im Durchschnitt über diesen Bestand“). Durch die Formulierung „anschließend“ in Ziffer 2.4.2 gibt diese Ziffer zu erkennen, dass sie systematisch ebenfalls an den Durchschnittswert aller Miethöhen anknüpft und gerade nicht die Miete eines einzelnen Mieters im Blick hat. Diese Auslegung stützt auch die Vorbemerkung zur sog. Sozialcharta (vorgelegt als Anlage K 2, Bl. 41 d.A.): Dort wird unter anderem bestimmt, dass die Regelungen der Sozialcharta zum Kündigungsschutz der Mieter individualvertraglich in den Mietverträgen umgesetzt werden. Diese Bestimmung ist ein weiterer erheblicher Umstand, der gegen einen Direktanspruch der Beklagten spricht, da die sog. Sozialcharta offenbar davon ausgeht, dass noch eine Umsetzung in die jeweiligen Verträge erfolgen muss. Schließlich spricht als entscheidender Gesichtspunkt gegen eine individuelle Wirkung der sog. Sozialcharta die Einräumung einer Vertragsstrafe der hiesigen Klägerin im Verhältnis zur damaligen Veräußerin, sofern gegen die Vorschriften Ziffer 2.4.1 und 2.4.2 verstoßen wird. Die Vereinbarung einer solchen lediglich inter partes wirkenden Vertragsstrafe lässt nur den Schluss zu, dass die damaligen Vertragsschließenden lediglich innerhalb der Kaufvertragsbeziehung wirkende Sanktionsmöglichkeiten intendiert haben und damit Wirkungen gegenüber nicht am Kaufvertrag beteiligten Dritten wie den hiesigen Beklagten gerade nicht gewünscht waren.
Auch wenn man die Form der rechtlichen Ausgestaltung der sog. Sozialcharta vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin aus kaum mehr nachvollziehbaren Gründen nicht an diese gebunden fühlt und offenbar einen denkbaren Folgerechtsstreit der Streitverkündeten gegen die Klägerin geradezu provoziert, als wenig geglückt bezeichnen muss, ändert dies nichts an der rechtlichen Wirkung von Ziffer 2.4.1 und 2.4.2, die lediglich inter partes besteht. Die Vorgehensweise der Klägerin verwundert umso mehr, als eine Vertragsstrafe unstreitig zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbart wurde, so dass der mit der sog. Sozialcharta intendierte Mieterschutz faktisch jedenfalls in diesem Prozessrechtsverhältnis negiert wird. An dem gefundenen rechtlichen Ergebnis ändert dies jedoch nichts.
b) Ein Verstoß gegen § 242 BGB ist ebenfalls und auch insoweit entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegeben, da eine Selbstbindung der Klägerin nicht begründet werden kann. Eine durch den Grundsatz des venire contra factum proprium mögliche Selbstbindung der Klägerin scheitert bereits aufgrund der unter a) soeben durchgeführten Vertragsauslegung der Regelungen der sog. Sozialcharta, welche ergeben hat, dass eine Wirkung nur inter partes der damaligen Kauvertragsparteien erfolgt und gerade nicht gegenüber anderen Dritten vorliegt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine auf § 242 BGB begründete Direktwirkung gegenüber Dritten nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommt und insbesondere nicht das unter a) gefundene Auslegungsergebnis konterkarieren darf. Zwar mag ein Vorgehen wie von der Klägerin im hiesigen Verfahren gezeigt, durchaus fragwürdig und aus Sicht der Beklagten wenig nachvollziehbar wirken, dies alleine begründet jedoch noch keinen Verstoß gegen § 242 BGB. Im Gegenteil: Das Vorgehen einer Partei wie vorliegend der Klägerin, die sehenden Auges einen mit einer erheblichen Vertragsstrafe sanktionierten Vertragsbruch begeht und sich auf den zutreffenden rechtlichen Standpunkt stellt, diese Wirkung könne ein außenstehender Dritter Mieter wie die Beklagten nicht vorbringen, mag zwar politisch und moralisch durchaus fragwürdig erscheinen, rechtlich kann dies jedoch nicht zu einem Verstoß gegen § 242 BGB führen. Der Grundsatz von Treu und Glauben hat seinen Geltungsbereich auch ausschließlich im Verhältnis zwischen zwei Vertragsparteien (vgl. Hierzu MüKo/Schubert, 6. Auflage 2016, § 242 Rn. 221 m.w.N.), so dass ein etwaiger Verstoß der Klägerin gegen getroffene vertragliche Regelungen im Rahmen des notariellen Kaufvertrags aus 2013 nicht von den Beklagten, sondern vielmehr ausschließlich von der damaligen Veräußerin geltend gemacht werden könnte. Vorliegend ist die hiesige Klägerin auch nur in ein seit dem Jahre 2008 bestehendes Mietverhältnis mit den Beklagten nach § 566 BGB eingetreten, so dass kein Verstoß – jedenfalls im Verhältnis zu den Beklagten – gegen § 242 BGB darin zu sehen ist, dass die Klägerin im Jahr 2013 einen notariellen Kaufvertrag geschlossen hat und sich im Jahr 2018 insoweit – aber eben nicht gegenüber den Beklagten – vertragswidrig verhält.
Nach alledem war das Mieterhöhungsverlangen formell und materiell rechtmäßig, die Klage mithin vollumfänglich begründet.
D. Kostenentscheidung, vorläufige Vollstreckbarkeit und Streitwert
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 343 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und S. 2, 709 S. 2 ZPO. Das Urteil ist in der Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da es sich um ein Leistungsurteil auf werden kann, dass die Willenserklärung mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Eine vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung war deshalb nur hinsichtlich der Kostenentscheidung gemäß Ziffer 2 des Tenors zu erklären. § 709 S. 3 ZPO findet keine Anwendung, da durch das Urteil zwar ein Versäumnisurteil aufrechterhalten wird, dieses jedoch als streitiges Endurteil gedacht, gerade nicht unter § 709 S. 1 und S. 2 ZPO fallen würde.
Der Streitwert bei einer wie hier vorliegenden Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung entspricht dem Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, § 41 Abs. 5 GKG, hier also 12 * € 145,85, mithin insgesamt € 1.750,20.


Ähnliche Artikel


Nach oben