Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beseitigungsanspruch wegen baulicher Veränderung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Aktenzeichen  483 C 27269/16 WEG

Datum:
2.4.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 55571
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 14, § 22 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt,
– den an der nördlichen, die Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 2 nördlich begrenzenden Außenwand des Hofbereichs des Anwesens in installierten Brunnen zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand der nördlichen Außenwand des Hofbereichs (verputzte Wandfläche, weiß gestrichen) wiederherzustellen
und
– die Nutzung des nördlichsten Not-Kamins über dem Dach der Wohnung Nr. 2 durch Beheizen zu unterlassen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 85 %, die Beklagten tragen 15 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf 40.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich der Hilfsanträge teilweise bereits unzulässig, i. ü. überwiegend unbegründet.
I. 1. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts München als Wohnungseigentumsgericht folgt aus §§ 23 Nr. 2c GVG, 43 Nr. 2 WEG.
2. Soweit die Verfahrenskosten das im Vergemeinschaftungsbeschluss vom 14.12.2016 festgesetzte Budget von 5.500.- EUR übersteigen sollten, hat dies keinen Einfluss auf die Prozessführungsbefugnis, sondern betrifft allein das Innenverhältnis zwischen Klägerin und Verwalter.
II. Nach § 15 Abs. 3 WEG kann die Klägerin nach Vergemeinschaftung durch Beschluss vom 14.12.2016 von den Beklagten einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Jedoch sind die Beklagten befugt, die gem. § 9 a der Gemeinschaftsordnung ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Teile des Gemeinschaftseigentums, nämlich die vor ihren Wohnungen liegenden, im anliegenden Lageplan schraffierten bzw. karierten Grundstücksflächen, unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer zu gebrauchen und die Vorteile daraus (Nutzungen) zu ziehen.
Die Befugnis ist wie das Sondereigentum gekennzeichnet durch eine positive und negative Komponente: Positiv wird einem oder mehreren Berechtigten das Recht zugewiesen, bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums wie ein Alleineigentümer zu gebrauchen und die Vorteile (sonstige Nutzungen, Früchte) daraus zu ziehen; negativ enthält sie das Recht, die übrigen Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch samt der damit verbundenen Gebrauchsvorteile auszuschließen (vgl. Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 13 Rn. 53).
Durch die Begründung eines Sondernutzungsrechts wird das Sondereigentum des Berechtigten und der übrigen Wohnungseigentümer inhaltlich ausgestaltet mit der Folge, dass dem Berechtigten nicht nur schuldrechtliche, sondern dingliche Eigentums- und Besitzstörungsansprüche sowie die Abwehrrechte nach § 1004 BGB zustehen und spiegelbildlich die übrigen Wohnungseigentümer einem dem Sondernutzungsrecht widersprechenden Gebrauch ebenfalls nach § 1004 BGB entgegentreten können (vgl. Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 13 Rn. 54).
Das Recht des Sondernutzungsberechtigten reicht so weit, wie es ihm eingeräumt ist. Es kann auf bestimmte Nutzungsarten beschränkt sein, aber auch ohne eine solche Beschränkung eingeräumt werden. Es gewährt wie das Sondereigentum ein alleiniges Gebrauchs- und Nutzungsrecht. Dieses schließt die Befugnis ein, mit dem Gegenstand des Sondernutzungsrechts nach Belieben zu verfahren, insbesondere diesen zu gebrauchen, zu vermieten, zu verpachten oder in sonstiger Weise zu nutzen und die Sach- und Rechtsfrüchte (Obst, Mietzins) zu ziehen, sofern nichts anderes bestimmt ist und die Nutzung nicht für die anderen Wohnungseigentümer mit einem erheblichen Nachteil verbunden ist (§ 14 Nr. 1 WEG).
Die Vornahme baulicher Veränderungen bedarf gemäß § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller, die durch die bauliche Veränderung über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt sind. Bauliche Veränderung i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG ist jede Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums, die vom Aufteilungsplan oder früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. Dies setzt eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums voraus, die auf Veränderung des vorhandenen Zustandes gerichtet ist und zwar dadurch, dass Gebäudeteile oder das Grundstück verändert, Einrichtungen oder Anlagen neu geschaffen oder geändert werden (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 22 Rn. 7).
Soweit allerdings die Beschreibung des Sondernutzungsrechts bauliche Veränderungen voraussetzt oder solche üblicherweise vorgenommen werden, ist der Sondernutzungsberechtigte hierzu berechtigt, ohne dass es der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf (vgl. BGH ZWE 2012, 377).
Darf die Nutzung nur zu bestimmten Zwecken erfolgen, muss der Inhaber des Sondernutzungsrechts dies beachten; Zweckbestimmungen muss er Folge leisten.
Ist Gegenstand des Sondernutzungsrechts ein bestimmter Gartenteil, so ist der berechtigte Wohnungseigentümer befugt, die Fläche gärtnerisch zu gestalten oder zu Erholungszwecken zu benutzen, Gemüsebeete anzulegen, Obstbäume, Sträucher und Blumen anzupflanzen, vorhandene Bepflanzungen zu entfernen, in einer parkähnlichen Gartenanlage einen „japanischen Steingarten“ anzulegen, eine ca. 2 m hohen Schaukel oder ein ortsübliches Rankgerüst aufzustellen oder eine Baumschaukel oder Hängematte anzubringen. Dagegen berechtigt das Sondernutzungsrecht nicht zu das Gesamtbild beeinflussenden schnell wachsenden Anpflanzungen, zum Fällen großer Bäume, oder zur Vornahme von zustimmungspflichtigen baulichen Veränderungen (Errichtung von Gartenhäusern, Wintergärten, Carports, Zäunen, Abgrenzungen oder Absperrungen, einem Stellplatz, dem Anbringen von Markisen oder Sichtschutzwänden, Aufschütten oder Vergrößerung einer Terrasse), sofern diese nicht ausdrücklich gestattet wurden. Eine bauliche Veränderung ist insbesondere gegeben, wenn eine vorhandene Bepflanzung radikal beseitigt wird und eine nach Charakter, Erscheinungsbild und Funktion völlig andere Gartenanlage geschaffen wird. In der Rspr. wird etwa die Anpflanzung eines stark wachsenden Baumes, etwa einer Hängebuche, nicht jedoch die Anpflanzung einer Hecke als bauliche Veränderung angesehen (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 22 Rn. 60).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die streitgegenständlichen Ansprüche folgendes:
1. Ein Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der im Hofbereich des Anwesens zur Abgrenzung der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 1 und der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 2 zur gemeinschaftlich nutzbaren Fläche des Hofs gepflanzten Kirschlorbeerhecke und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Pflanzen einer Hainbuchenhecke mit einer Höhe von ca. 1 m nach Maßgabe des für das Anwesen geltenden Freiflächengestaltungsplanes besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB.
a) Ein Beseitigungsanspruch besteht nicht, die Anpflanzung einer Kirschlorbeerhecke ist von den Sondernutzungsrechten der Beklagten umfasst. Gegenstand der Sondernutzungsrechte der Beklagten sind bestimmte Grundstücksflächen, eine bestimmte Zweckbestimmung – wie z. B. eine gärtnerische Nutzung bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten an Gartenflächen – ist mit den Sondernutzungsrechten nicht verbunden.
Da bereits das aus einem Sondernutzungsrecht fließende alleinige Gebrauchsrecht an einer eine Wohnung umgebenden Gartenfläche die Befugnis einschließt, diese Fläche grundsätzlich nach Belieben und eigenem Gutdünken zu bepflanzen und entsprechend gärtnerisch zu gestalten (vgl. BayObLG, NJWE-MietR 1997, 253 [254]; OLG Hamburg, ZMR, 2003, 522 [523]; OLG Köln, WuM 1996, 640 [641]), gilt dies erst recht für den hier vorliegenden Fall, in dem Sondernutzungsrechte an Grundstücksflächen, also ohne eine Beschränkung auf eine gärtnerische Nutzung, eingeräumt wurden.
Die Anpflanzung einer Hecke wird – wie oben ausgeführt – nicht als bauliche Veränderung angesehen, welche der Zustimmung aller über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus Beeinträchtigten bedürfte (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 22 Rn. 60).
Die Grenze des Zulässigen bestimmt sich daher nach § 14 Nr. 1 WEG. Danach darf von dem zur Sondernutzung zugewiesenen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums nur in solcher Weise Gebrauch gemacht werden, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
Diese Grenze ist durch das Anpflanzen einer immergrünen Kirschlorbeerhecke nicht überschritten. Die Beklagten sind als Inhaber der Sondernutzungsrechte befugt, die ihnen als Sondernutzungsrechte zugewiesenen Grundstückflächen grundsätzlich nach Belieben und eigenem Gutdünken zu bepflanzen und entsprechend gärtnerisch zu gestalten.
Ein Nachteil i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG kann nicht alleine aus einem etwaigen Widerspruch zu den Vorgaben des Freiflächengestaltungsplans (Anlage K 18) hergeleitet werden, da dieser keine drittschützenden Normen enthält, auf die sich ein Wohnungseigentümer im Verhältnis zu den übrigen berufen könne (vgl. BayObLGZ 1995, 392 = NJWE-MietR 1996, 109 L = NJW-RR 1996, 463). Auch ist der Freiflächengestaltungsplan nicht Bestandteil der Gemeinschaftsordnung (Anlage K 1) geworden, da diese den als Anlage K 18 vorgelegten Freiflächengestaltungsplan nicht Bezug nimmt, sondern lediglich in Bezug auf die räumlichen Grenzen der Sondernutzungsrechte den als Anlage K 2 vorgelegten Lageplan. Der Freiflächengestaltungsplan ist damit kein Bestandteil einer Vereinbarung geworden, bei den in der Anlage K 18 aufgeführten Pflanzen handelt es sich um unverbindliche Vorschläge.
Bei der Frage, welche Beeinträchtigungen andere Wohnungseigentümer hinzunehmen haben, steht die fallbezogene Abwägung der beiderseitigen grundrechtlich geschützten Interessen im Vordergrund. Grundsätzlich ist hierbei die Duldungsschwelle der Miteigentümer beim Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums niedriger anzusetzen als beim Gebrauch des Sondereigentums, da den Miteigentümern beim gemeinschaftlichen Eigentum ein Mitgebrauch in gleichem Umfang zusteht, den ein einzelner Eigentümer nicht eigenmächtig über Gebühr durch seinen Gebrauch beschränken darf (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 14 Randziffer 8 m. w. N.). Sofern Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums Sondernutzungsrechte eingeräumt werden, können diese bei der Frage von Gebrauchsbeschränkungen in einigen Bereichen wie Sondereigentum behandelt werden (vgl. Spielbauer/Then a. a. O., § 14 Randziffer 9 m. w. N.).
Die Kirschlorbeerhecke führt nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht zu einer relevanten optischen Beeinträchtigung i.S. einer nicht nur unerheblichen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Anlage. Maßstab für die Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Es ist eine objektivierte Betrachtungsweise notwendig; das subjektive Empfinden eines Eigentümers spielt bei der Beurteilung keine Rolle (vgl. Bärmann/Pick/Merle, § 22 Rdnr. 132). Die von den Parteien vorgelegten und mit diesen in Augenschein genommenen Lichtbilder vermitteln insoweit einen hinreichend anschaulichen und aussagekräftigen Eindruck vom Erscheinungsbild der Wohnanlage. Bei der Wertung wurde auch berücksichtigt, dass einem Sondernutzungsberechtigten an einem Grundstücksbereich, für den er die Kosten zu tragen hat, auch ein gewisser Gestaltungsspielraum ohne Mitspracherecht der anderen Wohnungseigentümer zuzubilligen ist, um einen sinnvollen Interessenausgleich zu gewährleisten. Einerseits sollte eine unnötige Einengung in Fragen des persönlichen Geschmacks vermieden werden, andererseits die übrigen Eigentümer vor unansehnlichen und objektiv störenden Umgestaltungsmaßnahmen geschützt werden (vgl. LG München I, Beschluss vom 3. 8. 2005 – 1 T 10251/05 (NZM 2006, 666, beck-online). Eine erhebliche Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Anlage ist mit der Kirschlorbeerhecke schon deshalb nicht verbunden, weil auch an anderen Stellen der Wohnanlage – wie aus der Anlage K 3 ersichtlich – Kirschlorbeeren gepflanzt sind.
Auch soweit die Klägerin vorträgt, die Hainbuche verliere im Winter Laub, während die Kirschlorbeere immergrün sei, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Zwar handelt es sich beim Kirschlorbeer im Gegensatz zur sommergrünen Hainbuche um eine immergrüne Pflanze, jedoch ist gerichtsbekannt und i. ü. auch auf der Anlage K 3 zu sehen, dass das Laub der Hainbuche oft bis ins Frühjahr hängenbleibt und die Blätter erst mit dem Neuaustrieb im Frühjahr fallen, so dass auch die Hainbuche wie eine immergrüne Pflanze wirkt und erhebliche Beeinträchtigungen der Lichtverhältnisse im Hofbereich nicht zu besorgen sind.
Soweit die Klägerin behauptet, Kirschlorbeer sei schnellwüchsig und benötige mehr Rückschnitt, was mit erhöhten Kosten verbunden sei, so ist gerichtsbekannt, dass beide Pflanzen bis zu 5 m hoch werden können und eine vergleichbare Wachstumsgeschwindigkeit von 40-60 cm pro Jahr aufweisen, wobei es auch bei Kirschlorbeer langsam wachsende Arten wie zum Beispiel Prunus Laurocerasus Caucasica gibt, welcher pro Jahr durchschnittlich lediglich 20 – 50 cm wächst. Durch etwaige erhöhte Rückschnittkosten würden i. ü. die übrigen Eigentümer nicht beeinträchtigt, da diese von den Beklagten zu tragen sind.
Soweit die Klägerin der Ansicht ist, giftiger Kirschlorbeer sei für Gemeinschaftsgärten mit angrenzenden Spielplatz ungeeignet, befinden sich die Pflanzen weder im Gemeinschaftsgarten, noch unmittelbar an den Spielplatz angrenzend.
b) Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Pflanzen einer Hainbuchenhecke besteht nicht, weil die Entfernung der bestehenden Hainbuchenhecke vom Umfang der den Beklagten eingeräumten Sondernutzungsrechte gedeckt ist. Gemäß § 9 a Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung sind die sondernutzungsberechtigten Beklagten zwar berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, die bauseits errichteten Grenzeinrichtungen zu belassen.
Die Beklagten waren daher berechtigt, die bestehende Hainbuchenhecke sogar ersatzlos zu entfernen, ein Anspruch der Klägerin auf Neuanpflanzung einer Hainbuchenhecke besteht daher nicht.
2. Ein Anspruch der Klägerin, nach Beseitigung der Kirschlorbeerhecke gemäß Antrag I.1. die zur südlichen Abgrenzung der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 2 zum Sandkastenbereich neu zu pflanzende Hainbuchenhecke parallel zum derzeitigen Verlauf der dort vorhandenen Kirschlorbeerhecke um ca. 60 cm nach Norden verschoben zu setzen und die zur östlichen Abgrenzung der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 2 zum Sandkastenbereich neu zu pflanzende Hainbuchenhecke parallel zum derzeitigen Verlauf der dort vorhandenen Kirschlorbeerhecke um ca. 60 cm nach Westen verschoben zu setzen, besteht schon deshalb nicht, weil ein Anspruch auf Beseitigung der Kirschlorbeerhecke nicht besteht (vgl. oben unter 1.a)).
Eine Versetzung der Kirschlorbeerhecke ist vom Klageantrag nicht umfasst, § 308 Abs. 1 ZPO. Ein richterlicher Hinweis war insoweit nicht veranlasst, denn die Pflicht zur Hinwirkung auf sachdienliche Anträge beinhaltet weder die Pflicht, noch das Recht, auf eine Änderung des klägerischen Prozessziels hinzuwirken.
I. ü. hat die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den ihr obliegenden Beweis, dass die Beklagten die Kirschlorbeerhecke ggü. der ursprünglichen Hainbuchenhecke verschoben gesetzt haben, nicht geführt:
Keiner der im Beweisaufnahmetermin vom 14.01.2020 vernommenen Zeugen konnte den Vortrag der Klägerin bzgl. einer Grenzverschiebung bestätigen:
Der Zeuge hat angegeben, nicht sagen zu können, ob sich die ursprüngliche Hainbuchenhecke innerhalb oder zumindest teilweise auch außerhalb der Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 1 befunden habe, seiner Wahrnehmung nach sei die Kirschlorbeerhecke von den Beklagten an die gleiche Stelle gesetzt worden wie die ursprüngliche Hainbuchenhecke, allerdings nicht mehr bis ganz bis vor die Wohnung Nr. 1, sondern nur noch bis ca. 2 Meter vor die Wand. Den tatsächlichen Verlauf der Hecke habe er sich jedoch nicht angeschaut. Die Sondernutzungsfläche der Beklagten habe er nicht vermessen. Soweit der Zeuge angegeben hat, seine Einschätzung, dass die Kirschlorbeerhecke teilweise außerhalb des Sondernutzungsbereichs der Beklagten liege, beruhe darauf, dass der Beklagte zu 1) bei einem Ortstermin im Januar 2016 eingeräumt habe, dass die Kirschlorbeerhecke teilweise außerhalb der Sondernutzungsfläche der Beklagten liege, handelt es sich um bestrittenen Parteivortrag, auf den ein Urteil nicht gestützt werden kann.
Die Zeugin hat angegeben, nicht sagen zu können, wo die Sondernutzungsgrenzen verlaufen.
Soweit die Klägerin erstmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.02.2020 zum Beweis der behaupteten Grenzverschiebung Beweis durch Einholung eines Sachvertändigengutachtens angeboten hat, erfolgte der Vortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung und bot auch keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO, da die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO, unter denen das Gericht zu einer Wiedereröffnung verpflichtet ist, nicht vorliegen. Richterliche Hinweise, die über eine Erörterung der Sach- und Rechtslage hinausgehen, wurden nicht erteilt und waren auch nicht zu erteilen, da alle rechtlichen Gesichtspunkte, auf die die Entscheidung gestützt wurde, sowohl Gegenstand der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze waren, als auch im Rahmen der öffentlichen Sitzung erörtert wurden. Auch das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde mit den Parteivertretern erörtert, wobei das Gericht in der Verhandlung keinen Zweifel daran gelassen hat, dass hinsichtlich der behaupteten Grenzverschiebung die Beweisaufnahme den klägerischen Vortrag nicht bestätigt hat. Die Klägerin wäre daher spätestens vor Schluss der mündlichen Verhandlung am 14.01.2020 gehalten gewesen, auch ohne diesbezüglichen expliziten richterlichen Hinweis die Einholung eines Sachvertändigengutachtens zu beantragen. Denn die Pflicht zur Hinwirkung auf sachdienliche Anträge beinhaltet weder die Pflicht, noch das Recht des Gerichts, auf die Benennung bestimmter Beweismittel hinzuwirken. Das Beweisangebot gem. Schriftsatz vom 24.02.2020 war daher vom Gericht nicht mehr zu berücksichtigen, § 286 a ZPO.
3. Auch kann die Klägerin von den Beklagten nicht die Beseitigung der zur Abgrenzung der Sondernutzungsfläche für die Wohnung Nr. 1 südlich außerhalb dieser Fläche gepflanzten Hecke und Pflanzung einer neuen, ca. 1 m hohen Hecke zur südlichen Begrenzung der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 1 auf der Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 1 verlangen.
a) Was den Beseitigungsanspruch anbelangt, so hat auch hier die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den ihr obliegenden Beweis, dass sich die beklagtenseits gesetzte Hecke außerhalb der Sondernutzungsfläche für die Wohnung 1 befindet, nicht geführt:
Der Zeuge hat angegeben, „vermutlich“ verlaufe die Hecke „irgendwo“ im Bereich zwischen der in der Anlage K 2 blau und grün eingezeichneten Linie. Die Sondernutzungsfläche der Beklagten habe er nicht vermessen.
Die Zeugin G. hat angegeben, nicht sagen zu können, wo die Sondernutzungsgrenzen verlaufen.
Der Zeuge hat ausgesagt, die Anlage K 2 zeige die Wohnanlage vor Errichtung des Anbaus. Nunmehr verlaufe die Hecke Richtung Süden zum Anbau versetzt, sie ende jedoch vor der Mauer des Anbaus. Gegenüber der auf der Anlage K 2 grün eingezeichneten Linie und der untersten, auf der Anlage K 2 blau eingezeichneten Linie mit der 90°-Winkel-Markierung befinde sich die Kirschlorbeerhecke nun „gefühlt weiter nördlich“. Im Übrigen sei er der Meinung, dass die ursprüngliche Hainbuchenhecke auch nicht so verlaufen sei wie auf der Anlage K 2 eingezeichnet, sondern eher rechtwinklig Richtung Nordosten.
Die Zeugin G. konnte somit zum Beweithema gar keine, die Zeugen Dr. G. und R. keine verwertbaren Angaben machen.
b) Ein Anspruch auf Neupflanzung besteht aus den unter Ziffer 1. b) dargelegten Gründen nicht.
4. a) Ein Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der zur südlichen Begrenzung des Sandkastenbereichs gepflanzten Buchsbaumhecke und Ersetzung durch eine Hainbuchenhecke, besteht ebenfalls nicht.
(1) Was den Beseitigungsanspruch, so haben die Beklagten bestritten, die Buchsbaumhecke gepflanzt zu haben, die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat in Kenntnis der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. Vortrag auf S. 12 des Schriftsatzes vom 16.03.2017: „Für den Fall, dass ein Nachweis nicht gelingt, dass es die Beklagten waren, die die Veränderung vorgenommen haben (…)“) keinen Beweis angeboten, sondern ist beweisfällig geblieben. Auch dass und inwieweit die übrigen Eigentümer durch die Buchsbaumhecke über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt sein sollen, hat die Klägerin weder dargetan, noch ist dies sonst ersichtlich.
(2) Ein Anspruch auf Neupflanzung einer Hainbuchenhecke besteht aus den unter 1.b) dargelegten Gründen nicht, die Beklagten waren auch im Rahmen der ihnen eingeräumten Sondernutzungsrechte sogar zu einer ersatzlosen Beseitigung der ursprünglichen Hainbuchenshecke berechtigt.
b) Der hilfsweise gestellte Antrag auf Duldung der Entfernung der Buchsbaumhecke und deren Ersetzung durch eine Hainbuchenhecke durch die Klägerin ist mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin bereits unzulässig, da vom Vergemeinschaftungsbeschluss vom 14.12.2016 (Anlage K 12) nicht umfasst.
Der auf der Eigentümerversammlung vom 14.12.2016 gefasste Vergemeinschaftungs- und Ermächtigungsbeschluss ermächtigt die Klägerin in Bezug auf die Buchsbaumhecke angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des Beschlusses lediglich zur Erhebung einer Klage auf „Beseitigung der in dem Aufteilungsplan zu dem Schreiben vom 19.02.2016 gelb markierten Hecke aus Buchsbaum und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Setzen einer Hainbuchenhecke“ und nicht zur Erhebung einer Duldungsklage. Eine solche Ermächtigung kann auch nicht als Minus zu den vergemeinschafteten Ansprüchen gesehen werden, sondern stellt ein aliud dar, da im Falle einer Stattgabe der Duldungsklage die Beseitigungskosten nicht von den Beklagten, sondern von der Gemeinschaft zu tragen wären.
5. a) Desweiteren besteht weder ein Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der in der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 2 errichteten Holzterrasse, noch auf Ersetzung durch einen Steinplattenbelag, Wiederherstellung der ursprünglichen Grünfläche und Rückführung der bebauten Terrassenfläche auf ihre ursprüngliche Größe gemäß dem als Anhang I zur Klageschrift beigefügten Plan.
Zwar handelt es sich bei der beklagtenseits errichteten Holzterrasse um eine auf Dauer angelegte gegenständliche Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Eingriff in die Substanz oder die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des gemeinschaftlichen Eigentums ohne Substanzeingriff (vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, Rn 11 zu § 22 WEG) und damit um eine bauliche Veränderung i. S. d. § 22 Abs. 1 WEG.
Die Holzterrasse hält sich jedoch innerhalb des von § 9 a der Gemeinschaftsordnung gesteckten Rahmens. Zwar bedürfen bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Eine solche Zustimmung ist jedoch bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts enthalten, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676 mwN; BGH, Urteil vom 22. Juni 2012 – V ZR 73/11 -, Rn. 7, juris).
So verhält es sich hier: Die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes an einer Grundstücksfläche umfasst – im Gegensatz zu Sondernutzungsrechten an Gartenflächen – die Anlage bzw. Erweiterung einer aus festen Materialien bestellten Fläche bzw. die Auswechslung und Veränderung des Bodenbelags dieser Fläche. Vorliegend bewegt sich die Nutzung und Gestaltung der von den Sondernutzungsrechten erfassten Fläche nach Ansicht des erkennenden Gerichts ausschließlich innerhalb des mit diesem verbundenen Nutzungszwecks als Grundstücksfläche.
Soweit die Klägerin geltend macht, durch die Ersetzung des ursprünglich vorhandenen Steinplattenbelags durch eine Holzterrasse entstehe im Hofbereich bei Begehung der Holzterrasse eine erhebliche Geräuschbelästigung, vermag dies keinen Beseitigungsanspruch zu begründen, sondern ggf. einen auf entsprechende Dämmung des Terrassenpodests.
b) Der hilfsweise gestellte Antrag auf Duldung der Beseitigung der in der Sondernutzungsfläche für Wohnung Nr. 2 errichteten Holzterrasse und das Aufbringen eines Steinplattenbelages im ursprünglich vorhandenen Umfang gemäß dem als Anhang I zu dieser Klageschrift beigefügten Plan durch die Klägerin ist mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin bereits unzulässig, da vom Vergemeinschaftungsbeschluss vom 14.12.2016 nicht umfasst (vgl. oben 4. a)).
6. a) Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Beseitigung der im Boden des Hofbereichs zur Bewässerung der Sondernutzungsflächen für Wohnung Nr. 1 und Wohnung Nr. 2 und des übrigen Hofbereichs installierten Bewässerungsanlage besteht ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
Unstreitig befindet sich die vom Voreigentümer der Beklagten installierte und von diesen erneuerte Bewässerungsanlage im Boden des Gemeinschaftshofs und dient nicht nur zur Bewässerung der Sondernutzungsflächen der Wohnungen der Beklagten, sondern auch zur Bewässerung des übrigen Hofbereichs, insbesondere des Rasens und der Bepflanzung im Innenhof, also von Gemeinschaftsflächen, so dass es sich bei der Bewässerungsanlage (auch) um eine dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienende Anlage und damit um zwingendes Gemeinschaftseigentum i. S. d. § 5 Abs. 2 WEG handelt.
Anbauten, Umbauten, Ausbauten oder ähnliche Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum wie die Erneuerung der Bewässerungsanlage unterliegen nur dann den gegenüber § 21 WEG strengeren Voraussetzungen, wenn sie über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen.
Zur Instandhaltung wiederum gehören alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, den bestehenden Zustand der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Einrichtungen und Anlagen zu erhalten und dem laufenden Erhalt und der Pflege der Wohnanlage dienen, und beinhalten eine Beseitigung von Mängeln, die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinwirkungen entstanden sind; alle Maßnahmen, die im Interesse der Eigentümer auf die Erhaltung, Verbesserung oder den der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind und die das Eintreten von Schäden verhindern sollen und der Aufrechterhaltung des ursprünglichen Zustandes dienen (vgl. Spielbauer/Then, § 21 Randziffer 51).
Die Instandsetzung umfasst die Erneuerung oder das Auswechseln eines beschädigten oder zerstörten Bauteils, also die Wiederherstellung eines früheren Zustandes, Maßnahmen zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht, Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes eines dem Aufteilungsplan und den Bauplänen entsprechenden Zustands von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum (vgl. Spielbauer/Then, § 21 Randziffer 52).
Zwar ist der Umfang der beklagtenseits an der Bewässerungsanlage vorgenommenen Erneuerungen zwischen den Parteien strittig, jedoch handelt es sich selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags, wonach die Beklagten Betonschächte und Betonrohre mit einem Durchmesser von ca. 50 cm in das Erdreich haben einbringen und Bewässerungsschläuche mit einem Durchmesser von ca. 15 cm haben verlegen und die Bewässerungsanlage mindestens teilweise haben neu konstruieren lassen, bei wertender Betrachtung um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, welche nicht den Einschränkungen des § 22 I WEG unterliegt.
Auf die Frage, ob die klägerseits vorgetragenen Beeinträchtigungen vorliegen, kommt es daher nicht an, da deren Beseitigung nicht allein den Beklagten, sondern allen Wohnungseigentümern obläge.
I. ü. vermag die Tatsache, dass die Wohnungen nicht mit Kaltwasserzählern ausgestattet sind, so dass die übrigen Wohnungseigentümer die Bewässerungsmaßnahmen der Beklagten an ihren Sondernutzungsflächen mit bezahlen müssten, allenfalls einen – nicht verfahrensgegenständlichen – Anspruch auf Unterlassung der Wasserentnahme, nicht jedoch auf Beseitigung der Bewässerungsanlage zu begründen. Auch soweit die Klägerin geltend macht, die Bewässerung mit Lärmbelästigung starte frühmorgens um ca. 5 Uhr, vermag dies keinen Beseitigungsanspruch ggü. den Beklagten zu begründen.
b) Der hilfsweise gestellte Antrag auf Duldung der Beseitigung der Wasserzufuhr für die im Bodenbereich des Hofs installierte Bewässerungsanlage durch die Klägerin ist mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin bereits unzulässig, da vom Vergemeinschaftungsbeschluss vom 14.12.2016 nicht umfasst.
c) Auch der weitere Hilfsantrag auf Auskunftserteilung, welche baulichen Maßnahmen die Beklagten an der zur Bewässerung der Sondernutzungsflächen für Wohnung Nr. 1 und Wohnung Nr. 2 und des übrigen Hofbereichs installierten Bewässerungsanlage vorgenommen haben, besteht jedenfalls im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 14.01.2020 nicht mehr. Unabhängig davon, ob ein solcher Anspruch früher einmal aufgrund des gemeinschaftlichen Treueverhältnisses bestanden hat, hat keinerlei irgendwie geartetes Interesse an der Auskunftserteilung dargetan. Nachdem die Leitungen bereits seit sieben bis acht Jahren im Boden liegen, ohne dass sich offenbar die Notwendigkeit der Kenntnis der genauen Maßnahmen der Beklagten ergeben hätte, ist ein Auskunftsinteresse im Jahr 2020 zu verneinen.
7. Die Klägerin kann von den Beklagten Beseitigung des an der nördlichen, die Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 2 nördlich begrenzenden Außenwand des Hofbereichs des Anwesens installierten Brunnens und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der nördlichen Außenwand des Hofbereichs (verputzte Wandfläche, weiß gestrichen) verlangen.
Auch soweit der Brunnen – wie die Beklagten vortragen – nicht fest installiert sein, sondern aus eigenem Gewicht stehen sollte, steht dies einer Beurteilung als bauliche Veränderung nicht entgegen, vielmehr ist es ausreichend, dass sich der Brunnen auf das Gesamtbild der Wohnanlage nachteilig auswirkt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14.01.2004, Az 4 W 221/03, ZMR 2004, 363), denn auch eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des gemeinschaftlichen Eigentums ohne Substanzeingriff stellt eine bauliche Veränderung i. S. d. § 22 Abs. 1 WEG dar.
Die durch die Aufstellung/Montage des Brunnens bewirkte bauliche Veränderung ist von der Klägerin nicht hinzunehmen, da sie zu einer solchen nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage und damit zu einem über das in §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG bestimmte zulässige Maß hinausgehenden Nachteil führt.
Ausweislich der von den Klägern als Anlagen K 16 und K 26 vorgelegten, vom Gericht in Augenschein genommenen Lichtbilder, ist der rot lackierte Brunnen vom Gemeinschaftsgarten aus deutlich sichtbar und beeinträchtigt aufgrund seiner Größe und Massivität den optischen Gesamteindruck der Anlage. Eine Ermächtigung der Beklagten zur Errichtung des Brunnens durch die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, insbesondere nach § 9 a der Gemeinschaftsordnung, oder durch einen Genehmigungsbeschluss liegt nicht vor.
Der Brunnen hält sich auch nicht innerhalb des von § 9 a der Gemeinschaftsordnung gesteckten Rahmens, da bauliche Veränderungen der vorliegenden Art nicht üblicherweise an Grundstücksflächen vorgenommen werden.
Soweit die Beklagten geltend machen, ihr Rechtsvorgänger habe an der nördlichen Außenwand über viele Jahre einen Brunnen in Betrieb gehabt, gibt dies den Beklagten – selbst wenn der Beseitigungsanspruch bzgl. des von ihrem Rechtsvorgänger betriebenen Brunnens verjährt gewesen sein sollte – nicht die Befugnis, den errichteten Zustand später durch modernisierende Instandsetzung weiter zu verändern geschweige denn, einen neuen Brunnen zu errichten, und den optischen Nachteil auszuweiten, unabhängig davon, ob die duldungspflichtige Anlage defekt ist, erneuert werden muss und baugleiche Ersatzteile nicht mehr verfügbar sind. Mangels Legalisierung der ursprünglichen baulichen Veränderung stellt jede Veränderung, die an der baulichen Maßnahme vorgenommen wird, einen erneuten Eingriff dar, der zu einem erneuten Beseitigungsanspruch der beeinträchtigten Wohnungseigentümer führt (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 22 Rn. 327).
Verjährung ist nicht eingetreten. Der Beseitigungsanspruch der Klägerin unterliegt gem. § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erlangte nach Überzeugung des Gerichts jedoch jedenfalls die Eigentümerin Singer frühestens 2015 Kenntnis von der Errichtung des Brunnens.
Die Zeugin hat angegeben, von dem Brunnen erstmals in einem mit ihrer Mieterin geführten Telefonat Kenntnis erlangt zu haben, und normalerweise immer kurz vor der Eigentümerversammlung mit ihrer Mieterin telefoniert zu haben. Zwar hatte die Zeugin an den genauen Zeitpunkt des Telefonats keine Erinnerung mehr, jedoch konnte sie sich noch daran erinnern, dass das Telefonat vor der Eigentümerversammlung stattgefunden hat, auf der die Rechtsverstöße der Beklagten zur Sprache gekommen sind, und die die Zeugin in 2015 verortete, während sie tatsächlich am 28.06.2016 stattfand. Die Verjährung begann damit frühestens am 01.01.2016 zu laufen und wurde durch die 2016 erhobene Klage rechtzeitig gehemmt.
8. Ein Anspruch der Klägerin auf Duldung der Wiederherstellung der ursprünglichen Gestaltung der Fenster im Bereich der Hoffassade der Wohnung Nr. 1 in der Wohnung Nr. 2 durch die Klägerin, insbesondere auf Duldung der Beseitigung des im Bereich der Wohnung Nr. 2 im Dachgeschoss installierten Dachflächenfensters und Wiederherstellung der Dachfläche in diesem Bereich, der im Fassadenbereich von Wohnung Nr. 2 im Erdgeschoss eingebauten nördlichsten bodentiefen Doppel-Fenstertür mit Zumauern und Verputzen dieses Fassadenbereichs und Aufbringen eines weißen Fassadenanstrichs sowie des Anbaus halbhoher Holzpaneele an sämtlichen bodentiefen Doppel-Fenstertüren im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss von Wohnung Nr. 1 und Wohnung Nr. 2 an der Hoffassade besteht nicht, da diese seitens des Rechtsvorgängers der Beklagten vorgenommenen baulichen Maßnahmen an Fassade und Dach durch den zu TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2011 gefassten Beschluss (vgl. Anlagenkonvolut B 1) einstimmig genehmigt worden sind.
9. a) Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Verschließen der Öffnung des nördlichsten Notkamins über dem Dach der Wohnung Nr. 2 besteht nicht.
Die Beklagten haben bestritten, den Kamin an der Oberseite geöffnet zu haben und vorgetragen, dieser Zustand sei bereits bei Erwerb des Wohnungseigentums durch sie im Jahr 2011 vorhanden gewesen, die für eine Öffnung des Notkamins durch die Beklagten darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat zum Beweis ihrer Behauptung lediglich die Anlage K 25 vorgelegt, mit der nach Vortrag der Klägerin der Sachverständige am 16.05.1990 den Zustand des Kamins fotografisch festgehalten haben soll. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, eine Öffnung des Notkamins durch die Beklagten zu beweisen, vielmehr kann die Öffnung irgendwann in den Jahren 1990 bis 2011 durch irgendwen erfolgt sein.
9. b) Der hilfsweise gestellte Duldungsantrag ist vom Vergemeinschaftungsbeschluss nicht umfasst, die Klage insoweit mangels Prozessführungsbefugnis bereits unzulässig.
Jedoch kann die Klägerin – wie weiter hilfsweise beantragt – die Nutzung des Not-Kamins durch Beheizen zu unterlassen.
Ein vom Erdgeschoss durch die oberen Stockwerke führender Kamin wie der verfahrensgegenständliche ist gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend gemeinschaftliches Eigentum, auch wenn er nur für das Sondereigentum der Beklagten genutzt wird (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20. August 1998 – 2Z BR 44/98 -, Rn. 11, juris, m. w. N.).
Der Anschluss eines Kamins oder eines Kaminofens an einen bestehenden Leerschornsteinzug ist eine bauliche Veränderung (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 22 Rn. 74).
Eine konkrete und objektive Beeinträchtigung der übrigen Mitglieder der Klägerin im Sinne von § 14 Ziffer 1 WEG liegt jedenfalls darin, dass sie – je nach Windrichtung – durch aus dem Kamin entweichenden Rauch belästigt werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kamin den technischen Anforderungen der einschlägigen DIN-Vorschriften genügt, die Anlage vom Bezirksschornsteinfegermeister abgenommen, der entweichende Rauch gesundheitsunschädlich ist und nicht übel riecht. Allein die mögliche Belästigung durch aus dem Kamin hervorquellenden und in Richtung der anderen Wohnungen ziehenden Rauch stellt eine Beeinträchtigung der übrigen Mitglieder der Klägerin dar, die diese nicht hinzunehmen brauchen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11. Februar 2000 – 16 Wx 9/00 -, Rn. 12, juris). Nachdem die Beeinträchtigung bereits in der möglichen Belästigung durch aus dem Kamin hervorquellenden und in Richtung der anderen Wohnungen ziehenden Rauch liegt, und Rauch gerichtsbekannt weder farb- noch geruchslos ist, war eine Beweiserhebung insoweit nicht veranlasst.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgte nach §§ 49 a, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG (Einzelstreitwerte: Klageanträge 1, 2, 3, 4 und 9 je 3.000,00 €, Klageanträge 5, 6 und 7 je 5.000,00 €, Klageantrag 8 10.000,00 €).


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