Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Einheimischenmodell – Beschwerde  gegen den Streitwertbeschluss

Aktenzeichen  4 C 16.1081

Datum:
13.6.2016
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 92 Abs. 3 S. 1
GKG GKG § 63 Abs. 3 S. 2, § 66 Abs. 3 S. 2, 3, § 68 Abs. 1 S. 5

 

Leitsatz

Eine unzulässige Beschwerde kann als Anregung an das Gericht ausgelegt werden, seine mit Rechtsmitteln nicht angreifbare Entscheidung über den Streitwert von Amts wegen zu überprüfen. (redaktioneller Leitsatz)
Beim Erwerb eines Grundstücks im Einheimischenmodell richtet sich das für die Festsetzung des Streitwerts maßgebliche Interesse nicht nach dem (Durchschnitts-)Preis der zur Verfügung stehenden Grundstücke, sondern nach dem geldwerten Vorteil der Vergünstigung, die sich aus dem Verkauf der Gründstücke unter Marktwert ergibt. Zu berücksichtigen sind mit einem hälftigen Abzug allerdings Veräußerungsbeschränkungen solcher Grundstücke. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 CE 16.187 2016-05-04 Bes VGHMUENCHEN VG Ansbach

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2016 (Az. 4 CE 16.490) wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.590,25 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 4. Mai 2016 hat der Senat das Verfahren 4 CE 16.490 nach übereinstimmender Erledigterklärung der Parteien in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen auferlegt und den Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt. Mit Schreiben vom 30. Mai 2016 erhoben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in eigenem Namen eine Streitwertbeschwerde und beantragten, den Streitwert auf 48.084,45 Euro anzuheben. Der wirtschaftliche Wert des Rechtsstreits liege im Hauptsacheverfahren mindestens beim Durchschnittswert der achtzehn im Einheimischenmodell zu vergebenden Grundstücke im Baugebiet „R…“ in Höhe von 96.186,89 Euro. Der Streitwert für das vorliegende einstweilige Rechtsschutzverfahren betrage die Hälfte dieses Wertes.
II.
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2016, die die Rechtsanwälte der Antragstellerin in eigenem Namen eingelegt haben, ist unzulässig. Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GKG findet gegen die Entscheidung des Senats vom 4. Mai 2016 eine Beschwerde hinsichtlich der Streitwertentscheidung nicht statt.
Davon unberührt bleibt die dem Gericht von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingeräumte Möglichkeit, die Streitwertfestsetzung innerhalb von sechs Monaten zu ändern, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 88 VwGO als Anregung an den Senat auszulegen, seine mit einem Rechtsmittel nicht angreifbare Entscheidung zu überprüfen und zu ändern (Gegenvorstellung, vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2007 – 7 B 63.07 – juris Rn. 1; BayVGH, B.v. 13.8.2015 – 15 C 15.1674 – juris Rn. 4 m. w. N.).
Nach nochmaliger Prüfung des Falles unter Berücksichtigung des Vorbringens der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Rahmen der Gegenvorstellung hält der Senat eine Anhebung des Streitwerts auf 6.590,25 Euro für ermessensgerecht.
Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG ist, soweit nichts anders bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Antragstellerin wollte im Eilverfahren ihren von der Antragsgegnerin bestrittenen Anspruch auf Erwerb eines Baugrundstücks im Rahmen des Einheimischenmodells „R…“ bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens sichern. Das damit verfolgte Interesse lässt sich entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin jedoch nicht mit der Hälfte des Durchschnittspreises der achtzehn zur Verfügung stehenden Baugrundstücke bemessen. Dieser spiegelt das von der Antragstellerin verfolgte Interesse nicht wider. In der Sache begehrt die Antragstellerin vielmehr eine Subventionierung beim Kauf eines Baugrundstückes: Das Einheimischenmodell der Antragsgegnerin sieht den Verkauf bestimmter gemeindlicher Grundstücke an den begünstigten Personenkreis deutlich unter dem Marktwert (155 Euro pro m² statt 205 Euro pro m²) vor. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitwerts ist mithin der geldwerte Vorteil dieser Vergünstigung (vgl. Ziffer 44.1.1 d. Streitwertkatalogs 2013).
Die durchschnittliche Größe der achtzehn Parzellen des Baugebietes „R…“, für die sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin beworben hatte, beträgt 527,22 m² (9490 m² : 18). Die Differenz des hierfür aufzubringenden Kaufpreises zum Marktwert beträgt demnach durchschnittlich 26.361 Euro (527,22 m² x 50 Euro). Bei der Bestimmung des Streitwerts kann allerdings nicht allein auf diese Differenz zum Marktwert abgestellt werden. Denn der Grundstückskäufer muss beim Einheimischenbauland langfristige Veräußerungs- und Vermietungsbeschränkungen hinnehmen, die den wirtschaftlichen Wert der Subventionierung schmälern (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2007 Az. 4 C 07.342 – juris Rn. 2). Es erscheint angemessen, für diesen „Nachteil“ der mit dem Einheimischenbauland verbundenen Bindungen einen Abzug um ein Halb vorzunehmen (26.361 Euro : 2 = 13.180,50 Euro). Für das Eilverfahren erachtet der Senat entsprechend Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 die Hälfte dieses Wertes als angemessenen Streitwert (13.180,50 Euro : 2 = 6.590,25 Euro).
Eine Kostenentscheidung unterbleibt, das Verfahren über die Gegenvorstellung ist gebührenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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