Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Entschädigungsansprüche nach dem AGG

Aktenzeichen  31 S 22349/16

Datum:
4.5.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 158309
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AGG § 15

 

Leitsatz

Die freie Beweiswürdigung des Erstgerichts, wonach es an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers fehle und diese nur mit dem Ziel der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach dem AGG erfolgt sei, verstößt nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze, wenn es sich bei der Bewerbung des Klägers um ein Rundschreiben aus Bausteinsätzen ohne spezifischen Bezug zur offenen konkreten Stelle und ohne konkrete Ausführungen zur eigenen Eignung handelt und der Kläger gerichtsbekannt auch in weiteren Verfahren entsprechende Ansprüche nach AGG verfolgt.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

173 C 8860/16 2016-11-24 Endurteil AGMUENCHEN AG München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 24.11.2016, Az. 173 C 8860/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

II.
1. Die zulässige Berufung, die insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurde, bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 531 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Denn zutreffend mangelt es vorliegend bereits an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers auf die hier streitgegenständliche Stelle im … vom 30.03.16, wo die Beklagte wie folgt inserierte:
„Nette weibl. Telefonstimme ges.! Akquise f. Sport Marketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office. (…)”.
Zutreffend ist das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger sich vorliegend nicht ernsthaft auf die Stelle beworben hat, sondern von vornherein, wie in einer Vielzahl von Fällen, lediglich eine Entschädigung nach dem AGG angestrebt hat, weshalb hier der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensteht (vgl. hierzu BeckOK BGB/Fuchs, AGG, 41. Ed., § 15 Rn. 7 m.w.N. sowie EuGH, Urteil vom 28.07.2016, Az: C-423/15). Die freie Beweiswürdigung des Erstgerichts nach § 286 ZPO zur Frage der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers verstößt nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze, weshalb das Erstgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger die Bewerbung allein mit dem Ziel der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach dem AGG getätigt hat.
Denn bei der Bewerbung des Klägers handelt es sich um ein Rundschreiben, das nur ansatzweise einen konkreten Bezug zu offenen konkreten Stelle aufweist. In der Bewerbung reihen sich Bausteinsätze unstrukturiert aneinander. Ergänzend zur Entscheidung des Erstgerichts ist auszuführen, dass für die hier inserierte Stelle hätte erwartet werden können, dass der Interessent konkrete Ausführungen dazu macht, weshalb er konkret für eine Stelle in einer Sport Marketingagentur geeignet ist. Die lediglich pauschale Angabe, der Kläger sei sportbegeistert, ohne näher darauf einzugehen, verfestigt den Eindruck, dass es dem Kläger gerade nicht ernsthaft darum ging, eingestellt zu werden. Die übrigen Ausführungen des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben sind allgemein gehalten.
Auch das Verhalten des Klägers bei seinem Anruf bei der Beklagten, in dem der Kläger der Beklagten gegenüber angab, dass sich eine Freundin auf die Stelle bewerben wollte, spricht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, für ein geplantes Vorgehen des Klägers allein mit dem Hintergrund, Ansprüche nach AGG geltend zu machen, ohne an der Stelle interessiert zu sein.
Auch ist der Kammer aus einem weiteren gleichgelagerte Verfahren vor der hiesigen Kammer mit dem Aktenzeichen 31 S 7142/15, bei dem der Kläger ebenfalls gegenüber einer anderen Firma Ansprüche nach AGG geltend gemacht hat, bekannt, dass der Kläger derartige Ansprüche nicht nur einmal erhoben hat. Dies wird durch das Erstgericht ebenfalls bestätigt, das in den Entscheidungsgründen ausführt, der Kläger sei gerichtsbekannt für das Einreichen zahlreicher AGG-Klagen. Die Erhebung von Klagen nach dem AGG in einer Vielzahl von Fällen, der Kläger selbst gab hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht München an, dass es schon insgesamt 10 Klagen in den letzten zwei Jahren gewesen sein können, spricht im vorliegenden Fall gerade dafür, dass es dem Kläger an der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung gefehlt hat.
Die Gesamtschau all der genannten Punkte lässt die Kammer nicht daran zweifeln, dass die amtsgerichtliche Entscheidung, wonach es dem Kläger an der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung gefehlt hat, fehlerfrei ist.
2. Auf die Frage der objektiven Eignung des Klägers für die Stelle kommt es aufgrund der Ausführungen unter Ziffer 1. vorliegend nicht an.
Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts vollumfänglich Bezug genommen.
III.
Die Entscheidung der Kosten beruht auf § 97 ZPO; der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde gemäß § 47 GKG festgesetzt.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die keine grundsätzliche Bedeutung hat ( § 543 ZPO).


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