Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Erfolgreiche Musterfeststellungsklage wegen Modernisierungsmieterhöhung

Aktenzeichen  MK 1/19

Datum:
15.10.2019
Fundstelle:
WuM – 2019, 624
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 229 § 49
BGB § 555c Abs. 1, § 559
ZPO § 606

 

Leitsatz

1. Eine Modernisierungsankündigung etwa ein Jahr vor Beginn der geplanten Maßnahmen führt dazu, dass diese nicht ordnungsgemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB erfolgt ist. Durch die verfrühte Ankündigung wird das außerordentliche Kündigungsrecht der Mieter aus § 555e Abs. 1 BGB ausgehöhlt. Unabhängig davon besteht der nach 555c S.1 S.1 BGB gebotene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Ankündigung und dem geplanten Baubeginn nicht. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn der gebotene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Modernisierungsankündigung und dem geplanten Baubeginn fehlt, hat der darin zu sehende Verstoß gegen die Vorgaben des § 555c Abs. 1 BGB zur Konsequenz, dass der Vermieter die Modernisierungskosten nur nach § 559 BGB in der zum Zeitpunkt der tatsächlich erfolgenden Mieterhöhung geltenden Fassung auf die Mieter umlegen kann, auch wenn die Modernisierungsankündigung den Mietern noch vor dem 31. Dezember 2018 zugegangen ist. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die den Mietern der Musterbeklagten im H. in München (C. straße 85, 87, 89, 91, 93, 95 und 95 a; F. straße 19, 21, 23; H1. straße 92, 94, 96, 98, 100, 102, 104, 106; E. Straße 16, 18, 20, 22 und 24) mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 angekündigte Mieterhöhung nicht gem. Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB nach dem bis zum 31.12.2018 geltenden Recht erfolgen kann.
II. Im Übrigen wird die Musterfeststellungsklage abgewiesen.
III. Die Musterbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird zugelassen.
VI. Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Musterfeststellungsklage hat in dem aus dem Tenor Ziffer I. ersichtlichen Umfang Erfolg, weil die Musterbeklagte nach Durchführung der mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen die Miete nicht nach § 559 BGB in der vor dem 31. Dezember 2018 geltenden Fassung erhöhen kann. Dagegen kann der Senat nicht feststellen, die zitierten Modernisierungsankündigungen gar nicht Grundlage einer Mieterhöhung sein können.
1. Die Musterfeststellungsklage ist zulässig.
a) Insbesondere ist der Musterkläger eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 606 ZPO. Dass der Musterkläger im Rahmen seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt, ergibt sich aus seiner im Internet frei zugänglichen Satzung. Erkennbar ins Blaue hinein aufgestellt ist die Behauptung der Beklagten, der Musterkläger erstrebe entgegen seiner Satzung Gewinn, bzw. verwende Gewinne nicht nur für satzungsgemäße Zwecke. Es besteht keinerlei Anlass für Nachforschungen in diesem Punkt, zumal sich die Musterbeklagte nach den eindeutigen Hinweisen des Musterklägers in seinem Schriftsatz vom 7. August 2019 und des Senats vom 30. Juli 2019 seine diesbezüglichen Pauschalbehauptungen nicht präzisiert hat. Ohnehin sind an das Vorliegen begründeter Zweifel im Sinne von § 606 Abs. 1 S.3 ZPO strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urt. v. 4. Juli 2019, I ZR 149/18 – Umwelthil – fe Rn.20 m.w.N. zu § 8 Abs. 3 Nr.3 UWG i. V.m. § 4 Abs. 4 UKlaG; Urt. v. 4. Februar 2010, I ZR 66/09 – Gallardo Spyder Rn. 11 zu § 4 Abs. 4 UKlaG; der dort hervorgehobene Gesichtspunkt der Sicherstellung effektiver Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 1, 2 UKlaG gilt auch für im Wege der Musterfeststellungsklage geltend gemachte Feststellungsziele). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Eintragung im Register beim Bundesamt für Justiz als Voraussetzung der Prozessführungsbefugnis ihrerseits konstitutiv wirkt (so Witt in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 4 UKlaG Rn.1 m.w.N; Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 4 UKlaG Rn.3). Das gilt auch im Hinblick auf § 606 ZPO (BeckOK ZPO/Lutz, 34. Ed. 1.9.2019, Rn.47.1 zu § 606 ZPO; Saenger/Rathmann, 8. Aufl. 2019, Rn.7 zu § 606 ZPO; Musielak/Voit/Stadler, 16. Aufl. 2019, Rn.10 zu § 606ZPO).
Entsprechendes gilt für die spekulative Behauptung der Musterbeklagten, der Musterkläger erhalte Mittel von Unternehmen.
Der Musterkläger hat in seiner Klageschrift vom 10. April 2019 S.5 ff belegt, dass die Interessen aller Mieter des H.s, insbesondere der bis S.38 namentlich angeführten 67 Mieter betroffen sind. Inwiefern ihre Wohnungsmieter (vgl. dazu die als Anlagen (K 6, K 8, K 10; K 12, K 14, K 16, K 18, K 20, K 22, K 24, K 26, K 28, K 30, K 34, K 36, K 38, K 40, K 42, K 44, K 46, K 48, K 50, K 52, K 54, K 56, K 58, K 60, K 62, K 64, K 66, K 68, K 71, K 74, K 76, K 78, K 88, K 90, K 92, K 94, K 96, K 100, K 104, K 106, K 110, K 114, K 118, K 120, K 124, K 126, K 128, K 130, K138 vorliegenden Mietverträge) keine Verbraucher sein sollten, vermag auch die Musterbeklagte nicht zu erläutern. Es haben sich zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage mindestens 50 Verbraucher ihre Mietverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet (§ 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Der vom Bundesamt für Justiz mit Schreiben vom 24. Juli 2019 übermittelte Auszug aus dem Klageregister ist den Parteien mit Beschluss vom 30. Juli 2019 zu Äußerung übermittelt worden, ohne dass sich diese hierzu erklärt hätten. Auf den Hinweis des Senats vom 30. Juli 2019, dass er die Musterfeststellungsklage für zulässig halte, und die entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz Musterklägervertreter vom 7. August 2019, S.3-5, hat sich die Musterbeklagte nicht mehr erklärt.
b) Der Musterfeststellungsantrag ist hinreichend bestimmt. Unabhängig von der sprachlichen Abfassung der Klageanträge ist klar erkennbar, dass zum einen erstrebt wird, festzustellen, dass die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 die mit ihnen gemäß § 555c, 559 BGB verknüpften Wirkungen nicht entfalten kann, und zum anderen, – hilfsweise – festzustellen, dass das mit dem Schreiben verbundene Ziel, die mit dem Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18. Dezember 2018 eingeführte Deckelung der infolge von Modernisierungsmaßnahmen ermöglichten Mieterhöhungen zu vermeiden, nicht erreicht worden ist.
Beides sind aus Sicht des Senats grundsätzlich zulässige Feststellungsziele im Rahmen einer Musterfeststellungsklage, auch wenn es auf die zuletzt genannte Feststellung nicht ankommt, wenn gerichtlich festgestellt wird, dass die Modernisierungsankündigung nicht die Grundlage einer Mieterhöhung sein kann.
Der Musterkläger verfolgt das gem. § 606 Abs. 1 S.1 ZPO zulässige Ziel, festzustellen, dass aufgrund der Modernisierungsankündigung vom 27. Dezember 2018 keine Mieterhöhung nach altem Recht ausgesprochen werden kann. Der Senat verkennt nicht, dass der Gesetzgeber die Pflicht der Mieter, Modernisierungsmaßnahmen zu dulden, von deren Pflicht entkoppelt hat, infolge von Modernisierungsmaßnahmen Mieterhöhungen hinzunehmen oder das Mietverhältnis zu beenden. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es aber nicht um die Frage, ob die Mieter die von der Musterbeklagten angekündigten Modernisierungsmaßnahmen zu dulden haben. Es geht allein darum, in welchem Umfang die Mieter künftig Mieterhöhungen aufgrund der Modernisierungsankündigung der Beklagten vom 27. Dezember 2018 hinzunehmen haben, wenn sie das Mietverhältnis nicht beenden wollen. Insoweit verficht die Musterbeklagte den Rechtsstandpunkt, aus Art. 229 § 49 Abs. 1 S.1 EGBGB ergebe sich, dass der Umstand, dass die Modernisierungsankündigungen noch vor Ablauf des 31. Dezember 2018 den Mietern zugegangen sind, zur Folge habe, dass die mit dem Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18. Dezember 2018 eingeführten Mieterhöhungs- und Kappungsgrenzen nach § 559 Abs. 3a BGB nF nicht anwendbar seien. Das Ziel, festzustellen, dass dieser Rechtsstandpunkt fehlerhaft ist, kann mit einer Musterfeststellungsklage verfolgt werden, da für alle Mieter des H.s, also eine Vielzahl von Verbrauchern im konkreten Fall die Frage präjudiziell ist, ob und in welchem Umfang sie Mieterhöhungen infolge der Modernisierungsmaßnahmen und deren Ankündigung Ende Dezember 2018 hinnehmen müssen.
Daran ändert es nichts, dass sich einige Mieter ggf. auch auf weitere Gründe stützen könnten, die die Mieterhöhungen ebenfalls ausschließen würden. Deshalb ist es irrelevant, dass die Anwendung der Härtefallregelungen nach § 555d Abs. 4 BGB bzw. § 559 Abs. 4 BGB eine Einzelfallabwägung erfordert und deren Anwendung im Einzelfall nicht musterfestellungsfähig ist. Es geht aber an keiner Stelle der zu treffenden Entscheidung um die im Einzelfall individuell vorzunehmende Abwägung im Sinne von § 559 Abs. 4 BGB, sondern allein darum, welche Rechtsfolgen die Modernisierungsankündigung vom 27. Dezember 2018 für die betroffenen Mieter generell zeitigt. Alle Mieter der streitbefangenen Wohnungen im H., die Verbraucher sind und sich ins Klageregister eingetragen haben, haben ein relevantes Interesse an der Feststellung, dass die Modernisierungsankündigung entweder gar nicht oder nur Grundlage einer Mieterhöhung nach dem ab 1. Januar 2019 geltenden Recht sein kann, zumal sich dann die Prüfung der Frage erübrigen würde, ob sie sich außerdem erfolgreich auf die Härtefallregelung berufen können.
2. Der Musterkläger kann mit seinem umfassenden Antrag, festzustellen, dass die Modernisierungsankündigung nicht Grundlage einer Mieterhöhung sein könne, keinen Erfolg haben. Er ist aber mit seinem rechtlichen Grundanliegen erfolgreich, eine unter Ausnutzung der Übergangsbestimmung des Art. 229 § 49 Abs. 1 S.1 EGBGB beabsichtigte Mieterhöhung nach bisherigem Recht abzuwenden. Denn wenn die Musterbeklagte einzelne Mitteilungspflichten nach § 555c BGB verletzt haben sollte, führt dies nicht zur Einschränkung der Befugnis des Vermieters, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung im Rahmen des § 559 BGB auf den Mieter umzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2007, VIII ZR 6/07 Rn.15). Die Mitteilungspflicht des Vermieters dient vornehmlich dem Schutz des Mieters bei der Durchführung der Maßnahmen, nicht aber der generellen Einschränkung der Befugnis des Vermieters, im Anschluss an die Durchführung der Maßnahme die Miete zu erhöhen. Insofern kann der Senat auch nicht feststellen, dass die Modernisierungsankündigung vom 27. Dezember 2018 einer Mieterhöhung generell entgegensteht. Dies entspricht auch den mit § 555c verfolgten gesetzgeberischen Intentionen. Im Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz vom 9. November 2000 heißt es, mit dem damals formulierten § 554 BGB sollten die äußerst strengen Maßstäbe der Rechtsprechung an eine Modernisierungsankündigung abgesenkt werden. Der Vermieter müsse nur noch den voraussichtlichen Umfang und Beginn und die voraussichtliche Dauer der Maßnahme mitteilen. Das Merkmal „voraussichtlich “ beziehe sich auf Umfang, Beginn und Dauer der Maßnahme. Damit solle insbesondere auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Vermieter zu dem vom Gesetz vorgeschriebenen Mitteilungszeitpunkt zu präziseren Angaben häufig noch gar nicht in der Lage sein werde, zumal die Mitteilungsfrist auf drei Monate verlängert werde (BT-Drs. 14/4553, S.50 li. Sp.).
3. Damit ist entscheidender Punkt des Rechtsstreits, ob die Musterbeklagte aufgrund der Modernisierungsankündigung vom 27. Dezember 2018 berechtigt ist, die Mieterhöhung nach § 559 BGB nach dem bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Recht durchzuführen. Nach Art. 229 § 49 Abs. 1 S.1 EGBGB richtet sich die künftige Mieterhöhung nur dann nach § 559 BGB a.F., wenn den Mietern die Mitteilung nach § 555c Abs. 1 Satz 1 BGB bis einschließlich 31. Dezember 2018 zugegangen ist. Wenn die Modernisierungsmaßnahme nicht ordnungsgemäß nach § 555c Abs. 1 S.1 BGB angekündigt worden ist, richtet sich nach Satz 2 der genannten Vorschrift die Mieterhöhung nach neuem Recht. Dann käme es darauf an, ob die Mieterhöhungserklärung gemäß § 559b Abs. 1 BGB den Mietern vor dem 31. Dezember 2018 zugegangen ist. Das war hier nicht der Fall.
a) Wie den tatbestandlichen Feststellungen zu entnehmen ist, genügten die Modernisierungsankündigungen der Musterbeklagten grundsätzlich den Erfordernissen des § 555c Abs. 1 Nr.1 – 3, soweit sie Art und Umfang der Modernisierungsmaßnahmen schilderten, genauso den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer der Modernisierungsmaßnahmen und schließlich auch den Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung beziffert haben. Ebenso hat die Musterbeklagte auf den Härteeinwand gemäß § 555d Abs. 3 S.1 BGB hingewiesen und damit § 555c Abs. 2 BGB Genüge getan.
b) Der Senat geht nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einvernahme des Zeugen S3. davon aus, dass die Beklagte anhand der ausweislich Anlagen B 11 und 12 vorliegenden geltenden Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren die von ihnen angekündigten Modernisierungsmaßnahmen inklusive des Anbaus von Balkonen tatsächlich geplant und mittlerweile mit deren Umsetzung begonnen hat.
aa) Die von der Musterbeklagten geplanten Modernisierungen sind von der Baugenehmigung der Landeshauptstadt München vom 17. September 2014 gedeckt. Insbesondere plant die Musterbeklagte keine Luxussanierung durch die Anbringung von Balkonen mit einer Fläche von mehr als 8 m². Zwar hat die Musterbeklagte in den Ankündigungsschreiben vom 27.12.2018 mitgeteilt, sie plane Balkone in einer Größe von 4,70 x 1,85 m (8,7 m²), das ändert aber nichts daran, dass das relevante Innenmaß der Balkone 4,55 x 1,75 m beträgt (7,96 m²), wie sich aus dem in der Sitzung vom 15. Oktober 2019 in Augenschein genommenen Genehmigungsplan Nr. 2014 – 02123 ergibt. Maßgeblich sind insoweit nach der DIN 277-1 (Stand Januar 2016) Ziffer 6.1.2 die Brutto-Grundflächen der Balkone bis zur Begrenzung der vertikalen Position ihrer Überdeckung, weil es sich bei Balkonen gem. Ziffer 5.6.2 derselben Norm um den Sonderfall der Raumumschließung (S) handelt, da sie mit den jeweiligen Häusern zwar konstruktiv verbunden sind, aber nicht an allen Seiten vollständig umschlossen sind. Hierzu hat der Augenschein des vom Zeugen S3. im Termin vorgelegten Plans ergeben, dass keiner der geplanten Balkons größer als 7,96 m² ist. Der Senat ist nach Einvernahme des Zeugen S3. davon überzeugt, dass der von diesem vorgelegte tatsächlich der genehmigte Plan ist. Die Angaben des Zeugen sind einerseis in sich schlüssig und stimmen andererseits mit sämtlichen vorgelegten Unterlagen, insbesondere mit den vom Musterkläger vorgelegten Schreiben der Landeshauptstadt München vom 24. Juli 2014 und 17. September 2014 (Anlagen K 141 und 142) überein, in denen es ausdrücklich heißt, dass keiner der genehmigten bzw. der zu genehmigenden Balkone größer als 8 m“ sei. Der Senat hat bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen berücksichtigt, dass dieser als auf Seiten der Beklagten an deren Modernisierungsverfahren Beteiligter durchaus ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben kann. Der Zeuge hat aber einen stets um die Wahrheit bemühten Eindruck hinterlassen, so gab er Wissenslücken durchaus zu und bemühte sich korrekte Angaben anhand der von ihm mitgebrachten Unterlagen zu machen. Insgesamt traut ihm der Senat keine vorsätzliche Lüge zu, von der ausgegangen werden müsste, wenn der Zeuge dem Senat einen falschen Plan untergeschoben hätte. Der Umstand, dass die Mieter der Modernisierungsankündigung die nach DNI 277-1 maßgebliche Grundfläche nicht entnehmen konnten, macht die Ankündigung nicht wirkungslos im Sinne von § 555c Abs. 1 BGB.
bb) Bei Mitteilung der Modernisierungsabsicht am 18. Dezember 2019 hatten die Musterbeklagte nach den Angaben des Zeugen S3. folgenden Planungsstand erreicht: Es lag die Verlängerung der Baugenehmigung für die Balkone vor, die Baumassen waren erhoben worden und anhand von Bauindizes und Erfahrungswerten waren erste Kostenschätzungen erfolgt (vgl. Anlage B 10). Dagegen gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine konkreten Ausschreibungen oder lagen gar deren Ergebnisse vor, denn die ersten Ausschreibungen sind nach den Angaben des Zeugen erst im Jahre 2019 erfolgt. Die endgültigen Verhandlungen zu diesen müssen noch geführt werden. Insgesamt belegen die erhobenen Indiztatsachen, dass die Musterbeklagte Ende 2018 beabsichtigte, die streitgegenständliche Wohnanlage zu modernisieren und diesbezüglich in die ersten Vorarbeiten eingestiegen war. Es lagen auch Pläne für die Umsetzung dieser Absicht vor, diese waren allerdings noch nicht so weit gediehen, dass die durchzuführenden Arbeiten ausgeschrieben und über bloße Schätzungen hinausgehende Preisschätzungen vorgenommen werden konnten. Insbesondere hatten die Probebohrungen noch nicht stattgefunden, die erforderlich waren, um die Konstruktion der Balkonfundamente planen zu können. Diese wurden nach den Angaben des Zeugen S3. erst im Sommer 2019 durchgeführt.
4. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit von der unter den Parteien umstrittenen Frage ab, ob die Modernisierungsankündigung etwa ein Jahr vor Beginn der geplanten Maßnahmen dazu führt, dass diese nicht ordnungsgemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB erfolgt ist. Der Senat bejaht diese Frage. Durch die verfrühte Ankündigung wird das außerordentliche Kündigungsrecht der Mieter aus § 555e Abs. 1 BGB ausgehöhlt. Unabhängig davon besteht der nach 555c S.1 S.1 BGB gebotene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Ankündigung und dem geplanten Baubeginn nicht
5. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2007, VIII ZR 6/07 Rn. 15) dient die Mitteilungspflicht dem Schutz des Mieters vor der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Denn der Mieter soll sich durch eine Kündigung vor Beginn der Maßnahmen den Beeinträchtigungen durch deren Durchführung entziehen bzw. durch das Geltendmachen eines Härtefalles im Sinne von § 555d BGB deren Durchführung verhindern können.
a) Nach § 555d Abs. 3 S.1 BGB hat der Mieter dem Vermieter Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung der Modernisierungsmaßnahme begründen, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitzuteilen. Nach Fristablauf können Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung begründen, noch berücksichtigt werden, wenn der Mieter ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und er dem Vermieter die Umstände sowie die Gründe der Verzögerung unverzüglich in Textform mitteilt (§ 555d Abs. 4 S.1 BGB). Daraus ergibt sich, dass die Mieterpflichten in Bezug auf das Geltendmachen eines Härtefalles im Hinblick auf die Duldung der Modernisierungsmaßnahme nicht zwingend erfordern, dass die Modernisierungsmaßnahme möglichst zeitnah vor ihrem Beginn mitgeteilt wird. Denn wenn sich für den Mieter erst nach Ablauf der Frist zur Geltendmachen eines Härtefalls Umstände ergeben, die er bei Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme noch nicht absehen konnte, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass der Mieter den Härtefall nach dem Bekanntwerden der ihn begründenden Umstände unverzüglich mitteilen kann. Allerdings verschlechtert sich dadurch seine prozessuale Situation, weil er zusätzlich beweisen muss, dass er zu einer früheren Geltendmachung schuldlos nicht in der Lage war.
b) Nach § 555e Abs. 1 S.1 BGB kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung kündigen. Der Gesetzgeber hat dem Mieter damit neben seinem ordentlichen Kündigungsrecht gemäß § 573c Abs. 1 BGB mit einer ähnlichen zeitlichen Struktur ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt. Soweit die Musterbeklagte die Auffassung vertritt, es bedürfe eines Sonderkündigungsrechts bei einer Ankündigung deutlich vor Beginn der Mindestfrist nicht, weil der Mieter „schlicht “ ordentlich kündigen könne, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn die Musterbeklagte lässt außer Acht, dass nach wie vor die Möglichkeit der zeitlichen Befristung von Mietverhältnissen besteht. Ein zeitlich befristetes Mietverhältnis kann unter Ausschluss des Rechts des Mieters zur ordentlichen Kündigung durch Individualvereinbarung begründet werden (vgl. statt aller Palandt/Weidenkaff, 78. Auflage 2019, Rn. 3 zu § 573c BGB m.w.N.). Bezeichnend ist, dass die Musterbeklagte nach dem Wortlaut ihrer Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen vom 27. Dezember 2018 selbst die Notwendigkeit gesehen hat, zugunsten der Mieter die – wie sie es formuliert hat – gesetzliche Kündigungsfrist zu verlängern (vgl. etwa Anlage K 7, S.22/23). Im vorliegenden Fall kommt es allerdings nicht auf die Frage an, ob das Kündigungsrecht im Sinne von § 555e BGB durch eine längerfristige Ankündigungsmöglichkeit tatsächlich „sinnentleert “ würde (s.a. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, Rn.37 zu § 555c BGB), sondern darauf, ob die hier streitigen Ankündigungen als ordnungsgemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB gelten können, so dass sich die Mieterhöhung durch die Beklagte nach altem Recht richten kann.
Entsprechend muss der Senat nicht der Frage nachgehen, ob das Sonderkündigungsrecht infolge der verfrühten Ankündigung entsprechend § 555d Abs. 3 S.2 BGB, auf den in § 555e Abs. 2 BGB gerade nicht verwiesen wird, fristungebunden ausgeübt werden könnte.
c) Im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache (Mietrechtsanpassungsgesetz – MietAnpG) vom 1. Oktober 2018 heißt es, dass die neuen Bestimmungen zur Mieterhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen im Regelfall auch für bei Inkrafttreten bereits bestehende Mietverhältnisse gelten sollten. Erfolge der Zugang der Mitteilung nach § 555c Abs. 1 S.1 BGB noch unter Geltung des alten Rechts, so sei für die Duldung als auch für die Mieterhöhung wegen Modernisierung das bislang geltende Recht maßgeblich. Entspreche die Modernisierungsankündigung nicht den Anforderungen des § 555c Abs. 1 S.1 BGB, sei der Vermieter nicht schutzwürdig. In diesem Falle sei das bisher geltende Recht nur dann maßgeblich, wenn die Mieterhöhungserklärung noch unter Geltung des alten Rechts zugegangen sei (BT-Drs. 19/4672, S. 35).
Danach kommt es dem Gesetzeswortlaut entsprechend darauf an, ob die Modernisierungsankündigung § 555c Abs. 1 S.1 BGB entspricht, also ordnungsgemäß ist, nicht aber, ob die Musterbeklagte ihre Ankündigung durch vordergründig gezeigtes Entgegenkommen gegenüber ihren Mietern den Erfordernissen des § 555 c Abs. 1 Satz 1 BGB angepasst hat, um noch in den Genuss einer Mieterhöhung nach altem Recht zu kommen. Denn Sinn der Übergangsregelung kann es nur sein, durch die Ausnahmeregelung Härtefälle bei bereits abgeschlossenen Planungen und bevorstehendem Baubeginn zu vermeiden.
d) Die Pflicht zur Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen ist über einen Gesetzentwurf des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wohnverhältnisse (Wohnungsmodernisierungsgesetz-WoModG) vom 7. Januar 1976, dort § 14 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Neufassung von § 541 a) zunächst in den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 7. Januar 1976 eines Gesetzes zur Förderung von Modernisierung von Wohnungen (Wohnungsmodernisierungsgesetz-WoModG) statt des zunächst anders lautenden § 20 des Gesetzes zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen und von Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie (Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz-ModEnG) eingefügt worden, wie sich aus dem Antrag des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 11. Juni 1976 ergibt (BT-Drs. 7/5374, S.8).
Die Vorschrift wurde später über den Entwurf des Bundesrats eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen in § 541b BGB überführt (vgl. BT-Drs. 9/790 vom 7. September 1981 und BGBl. 1982 I, 1912). Die Ursache dafür, dass die Vorschrift zunächst nur für öffentlich geförderte Modernisierungen, nicht aber allgemein im BGB galt, dürfte darin gelegen haben, dass sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wegen Arbeitsüberlastung am Ende der 7. Legislaturperiode nicht in der Lage sah, die rechtlichen und sachlichen Auswirkungen der beabsichtigten Änderung des § 541a BGB noch in der laufenden Legislaturperiode zu überprüfen (so jedenfalls der Abgeordnete Dr. Böger, BT-Prot. 7/7912 B). Zum Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzentwurfes galt gemäß § 565 BGB Abs. 2 a.F. dieselbe ordentliche Kündigungsfrist wie heute. Ebenso konnte für befristete Mietverhältnisse die ordentliche Kündigung ausgeschlossen werden (vgl. etwa Palandt/Putzo, 35. Auflage 1976, Ziffer 2 zu § 564 BGB). Nach § 20 Abs. 4 ModEnG durfte ebenso wie heute gem. § 555e Abs. 3 BGB von dem Kündigungsrecht nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden, wie dies später auch § 541 b Abs. 4 BGB aF vorsah. Dementsprechend heißt es bei Staudinger/Emmerich, 12. Auflage 1981, Rn. 37b zu § 541a BGB, dass es sich um ein außerordentliches Kündigungsrecht handele, damit spiele es keine Rolle, ob das Mietverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen worden sei. Über den Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz vom 9. November 2000 wurde in dem neu formulierten § 554 Abs. 3 BGB die Frist für die Mitteilung der Modernisierungsmaßnahme von zwei auf drei Monate verlängert (Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts [Mietrechtsreformgesetz] vom 19. August 2001, BGBl. I, 1149). Im Gesetzentwurf heißt es, durch die Einfügung des Wortes „spätestens “ werde klargestellt, dass auch frühere Mitteilungen, soweit sie den inhaltlichen Anforderungen genügten, wirksam sein könnten. Durch die Fristverlängerung entstehe ein sinnvoller Gleichlauf zur Kündigungsfrist des Sonderkündigungsrechts (BT-Drs. 14/4553, S.49 re. Sp.). In Absatz 3 Satz 2 werde wegen der vereinheitlichten Terminologie für die verschiedenen Kündigungsrechte das Wort „außerordentlich “ eingefügt, um die Art der Kündigung deutlicher als bisher zu kennzeichnen (aaO, S.50 li Sp.).
e) Daraus ergibt sich, dass nach der Gesetzessystematik, aber auch dem Willen des Gesetzgebers die Modernisierungsankündigung mindestens 3 Monate vor Beginn der Maßnahme erfolgen soll. Gleichzeitig steht aber wegen der Einräumung des außerordentlichen Kündigungsrechts für den Mieter mit einer Frist von annähernd 2 Monaten nach Zugang der Ankündigung fest, dass ein engerer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ankündigung und dem Beginn der Maßnahmen bestehen muss, weil es für den Mieter möglich sein muss, unter Berücksichtigung seiner aktuellen Lebenssituation eine Entscheidung über sein außerordentliches Kündigungsrecht zu treffen. Unabhängig davon, dass der überwiegenden Mehrzahl der Mieter ein ordentliches Kündigungsrecht mit nahezu gleicher Effizienz zur Verfügung steht, ist es der gesetzgeberische Wille, dass dieses Recht auch Mietern zu Gebote steht, für die die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Insofern mag eine Ankündigung einige Monate vor Beginn der Maßnahmen unter dem Aspekt der rechtzeitigen Ausübung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung noch ausreichend sein, das gilt aber nicht, wenn selbst nach der mitgeteilten Planung der Maßnahmebeginn gut 11 Monate nach Zugang der Ankündigung erfolgen soll (vgl. etwa Anlage K 7, S.16). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Übergangsregelung in Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB Anwendung in Fällen Anwendung finden soll, in denen sich der Vermieter Ende 2018 noch deutlich in der planenden Phase befand und die nicht unmittelbar bevorstehenden Modernisierungsarbeiten kurz vor Jahresabschluss ankündigt, um trotz nicht abgeschlossener Planungsarbeiten in den Genuss der Anwendung des bis zum Jahresende 2018 geltenden Rechts zu kommen. Denn dann würde die als Ausnahme konzipierte Regelung der Anwendung alten Rechts zum Regelfall.
6. Der Senat vermag sich daher der in dem von der Musterbeklagten vorgelegten Rechtsgutachten entwickelten Rechtsauffassung nicht anzuschließen, nach der es keinen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Modernisierungsankündigung und dem Baubeginn geben müsse.
a) Auch wenn es zutrifft, dass Gesetzeswortlaut und Gesetzgebungsentwicklung keine unmittelbare Aussage zu einer zeitlichen Obergrenze für den zeitlichen Zusammenhang zwischen Ankündigung und Baubeginn zulassen, sieht das Gesetz in § 555d Abs. 3 S.1 BGB und § 555 e Abs. 1 S.2 BGB Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Mieterrechten in Reaktion auf eine Modernisierungsankündigung vor. Diese sind vom gesetzgeberischen Motiv, die Modernisierungsankündigung als Instrument zur Herstellung von Planungssicherheit auszugestalten (BGH, Urt. V. 28.9.2011, VIII ZR 242/10, Rn.30 unter Verweis auf BT-Drs.14/4453, S.37), getragen. Das ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 555c Abs. 1 BGB der mehrfach von zu „erwarten “ und von „voraussichtlich“ spricht (s. dazu a. Schmidt-Futter/Eisenschmid, aaO), was zeigt, dass es eine zeitliche Obergrenze geben muss. Eine Ankündigung, die nicht primär das Ziel der Planungssicherheit verfolgt, ist mithin vom Gesetzgeber nicht gewollt.
b) Die Modernisierungsankündigung dient nicht allein der Herstellung von Planungssicherheit für den Vermieter, sondern – wie gezeigt – auch der Wahrung der Interessen der Mieter. Beide Ziele sind mit einer Ankündigung geraume Zeit vor dem geplanten Baubeginn nicht zu erreichen da zum einen die Angaben zur voraussichtlichen Mieterhöhung mit einem sich aus dem langen zeitlichen Vorlauf ergebenden zusätzlichem Prognoserisiko belastet werden und zum andern die Möglichkeit des Mieters, trotz Fristablauf nach § 555d Abs. 3 S.1 BGB gemäß § 555d Abs. 4 S.1 BGB noch Härteeinwende vorzubringen, von der Ausnahme zur Regel wird. Dann hat der Mieter, der trotz Fristablauf nach § 555d Abs. 3 S.1 BGB noch Härteeinwände geltend machen möchte, nicht nur diese darzulegen und zu beweisen, sondern zusätzlich, dass er zu einer früheren Geltendmachung schuldlos nicht in der Lage war. Damit wird seine prozessuale Stellung in Widerspruch zu § 555c Abs. 5, § 559 Abs. 7 BGB verschlechtert.
c) Wie bereits festgestellt, ist auch wegen der Möglichkeit des Mieters zur außerordentlichen Kündigung ein naher zeitlicher Zusammenhang zwischen Ankündigung und geplanter Baumaßnahme Voraussetzung dafür, dass die vom Gesetzgeber an die Modernisierungsankündigung geknüpften Rechtsfolgen zeitnah eintreten können. An einem solchen zeitlichen Zusammenhang fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen die Ankündigung „ins Blaue hinein “ erfolgt, sondern auch in denjenigen, in denen die mit der Ankündigung nach der Vorstellung des Gesetzgebers bezweckte Planungssicherheit nicht erreicht werden kann. Diese ist schon dann nicht zu erreichen, wenn zwischen der Ankündigung und dem Baubeginn ein so langer Zeitraum liegt, dass eine seriöse Kostenschätzung noch nicht möglich ist. Zwar setzt die Modernisierungsankündigung nicht voraus, dass der für die geplante Baumaßnahme entstehende Kostenaufwand schon präzise feststeht. Da aber § 555c Abs. 1 Nr.3 BGB die Angabe des Betrages der „zu erwartenden Mieterhöhung “ zum wesentlichen Inhalt einer Modernisierungsankündigung macht, wenn eine Mieterhöhung nach § 559 BGB gefordert werden soll, müssen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Planungen aber schon so weit fortgeschritten sein, dass sie die Grundlage einer seriösen Kostenschätzung bilden können (so der Wortlaut von § 555c Abs. 1 Nr.3 BGB: „zu erwartende Mieterhöhung … voraussichtliche Be – triebskosten “). Das impliziert, dass auch aus diesem Grund zwischen Ankündigung und geplantem Baubeginn ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Eine nach diesen Erwägungen zu früh erfolgte Modernisierungsankündigung ist zwar nicht komplett unwirksam. Sie kann aber die mit der Modernisierungsankündigung verknüpften, für die Belange des Mieters nachteiligen Rechtsfolgen nicht unmittelbar zeitigen. Für die mit der Modernisierungsankündigung in Gang gesetzten Ausschlussfristen ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 555d Abs. 3 S.2 bzw. 555e Abs. 2 BGB). Dieser Grundsatz muss auch für die Beantwortung der Frage gelten, inwieweit sich der Vermieter auf die Bestimmung des Art. 229 § 49 Abs. 1 S.1 EGBGB berufen kann. Wenn also – wie hier – der gebotene enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Modernisierungsankündigung und dem geplanten Baubeginn fehlt, hat der darin zu sehende Verstoß gegen die Vorgaben des § 555c Abs. 1 BGB zur Konsequenz, dass der Vermieter die Modernisierungskosten nur nach § 559 BGB in der zum Zeitpunkt der tatsächlich erfolgenden Mieterhöhung geltenden Fassung auf die Mieter umlegen kann, auch wenn die Modernisierungsankündigung den Mietern noch vor dem 31. Dezember 2018 zugegangen ist.
d) Eine exakte zeitliche Obergrenze für den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Modernisierungsankündigung und Beginn der Baumaßnahme lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Sie ist, wie in der Literatur (vgl. Blümmel/Kinne, DWW 1988, 302, 305) von Anfang an gesehen, im Einzelfall zu bestimmen. Die Festlegung der Höchstgrenze, die nicht überschritten werden darf, ist in der Rechtsprechung bisher nicht erfolgt. In der Literatur wird diese Frist mit 6 Monaten bemessen (vgl. Schmid-Futterer/Eisenschmid, aaO, der darauf hinweist, dass die Mieter über längere Zeiträume im Voraus nicht disponieren können). Das von der Musterbeklagten vorgelegte Rechtsgutachten vertritt den Standpunkt, dass dann, wenn eine Höchstfrist bestimmt werden müsse, diese 12 Monate betragen müsse. Da hier wie in anderen Fällen lediglich die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls erforderlich ist, hält der Senat die abstrakte Bestimmung einer Höchstgrenze für nicht erforderlich, zumal vorliegend eine Entscheidung vor dem Hintergrund der künftig nicht mehr anzuwendenden Übergangsvorschrift des Art.229 § 49 Abs. 1 S.1 zu treffen ist.
e) Da der Gesetzgeber mit der Anordnung von Ausschlussfristen erreichen wollte, dass durch die Ankündigung Planungssicherheit für Vermieter und Mieter geschaffen wird, ist aber davon auszugehen, dass eine Ankündigung deutlich vor dem geplanten Baubeginn unter diesem Aspekt in jedem Fall nicht geeignet ist, die mit der Modernisierungsankündigung beabsichtigten Rechtsfolgen zu rechtfertigen.
f) Der Senat geht davon aus, dass es für die Bestimmung der Zeitspanne, die zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigung und dem Beginn der Baumaßnahmen liegen kann, nach der im von der Beklagten so bezeichneten „Theorie des ersten Spatenstiches“ auf den Baubeginn der Gesamtmaßnahme und nicht darauf ankommt, wann die Modernisierungsmaßnahmen in den einzelnen Wohnungen umgesetzt werden. Hierfür ist weniger auf die im Rechtsgutachten ins Feld geführten Beeinträchtigungen aller Mieter durch den Beginn der Baumaßnahmen abzustellen als vielmehr auf den vom Gesetzgeber primär verfolgten Zweck, mit den Regelungen zur Modernisierungsankündigung ein Instrument zur Herstellung von Planungssicherheit zu schaffen. Modernisierungsmaßnahmen, die komplexe mehrjährige Baumaßnahmen zum Gegenstand haben, sind auch bei großen Mietanlagen nur dann sinnvoll zu planen, wenn diese einheitlich vollzogen werden. Eine Differenzierung danach, welche Mieter im Rahmen welcher Bauabschnitte besonders in Mitleidenschaft gezogen werden, ergibt danach keinen Sinn.
g) Maßgeblich ist entgegen der Auffassung der Musterbeklagten nicht der Umstand, dass sie zwischenzeitlich, abweichend von der Modernisierungsankündigung durch die Verlegung der Baustromanschlüsse einen solchen „ersten Spatenstich “ gesetzt haben will, sondern allein der Zeitpunkt, zu dem nach den Angaben in der Modernisierungsankündigung die Baumaßnahmen beginnen sollten, hier also am 2. Dezember 2019 mit der Errichtung der Balkonfundamente. Zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigungen am 27. Dezember 2018 und dem Beginn der Baumaßnahme liegen damit gut elf Monate.
Bei der Verlegung des Baustromanschlusses handelt es sich zudem ersichtlich um eine bloße Vorbereitungshandlung ohne Einwirkung auf den Mietgebrauch, die nicht den Beginn der Baumaßnahme darstellt (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, aaO, Rn.17 zu § 555c BGB mwN).
h) Das wahrt den erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Ankündigung und dem geplanten Beginn der Baumaßnahme nicht. Zwar liegen zwischen Ankündigung und Ausführung „nur “ 11 Monate, also weniger als ein Jahr. Der vorliegende Fall wird aber dadurch geprägt, dass die Musterbeklagte selbst deutlich gemacht hat, dass ihr an der frühzeitigen Schaffung von Planungssicherheit nicht gelegen war, da sie durch die rechtlich gemäß § 555d Abs. 7 bzw. § 555e Abs. 3 zulässige Verlängerung der Fristen zur Geltendmachung eines Härtefalls deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Dementsprechend hat sie selbst geltend gemacht, ein früherer Baubeginn sei nicht möglich, weil die Planungsarbeiten noch nicht abgeschlossen seien (vgl. Anlage B 9). Mit dieser Einschätzung wird kein wie auch immer geartetes Vertrauen der Musterbeklagten in die Rechtsprechung und die Rechtslehre enttäuscht. Denn es gibt – wie gesagt – keine Rechtsprechung, die belastbare Aussagen zur Dauer der Höchstfrist zwischen Modernisierungsankündigung und voraussichtlichem Baubeginn trifft. In der Literatur wird – soweit ersichtlich – auf eine Höchstfrist von 6 Monaten und nicht auf einen längeren Zeitraum abgestellt (s. Schmid/Futterer-Eisenschmid, aaO, und Blümmel/Kinne,aaO) . Die Musterbeklagte, der es vorrangig darum ging, sich die Möglichkeit einer Mieterhöhung nach altem Recht offenzuhalten, konnte daher das Risiko, dass dies nicht möglich sein werde, von vornherein in ihre Überlegungen miteinbeziehen.
7. Bei Berücksichtigung aller festgestellten Tatsachen erfolgte die Modernisierungsankündigung nur deshalb vor Ablauf des 31. Dezember 2018, um der Musterbeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, die Mieten erheblich zu erhöhen, ohne die ab dem 1. Januar 2019 geltenden Kappungsgrenzen berücksichtigen zu müssen. Das erfüllt die Voraussetzungen des Art. 229 § 49 Abs. 1 S.2 EGBGB nicht. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Anwendung des alten Rechts voraussetzt, dass dem Mieter die Modernisierungsankündigung bis einschließlich 31. Dezember 2018 zugegangen ist.
Die Entscheidung über die Kosten ergeht gemäß §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 709 ZPO. Aufgrund der in § 614 angeordneten Grundsatzbedeutung eines Musterfeststellungsurteils war die Revision zuzulassen. Die Wertfestsetzung entspricht der Wertangabe in der Klageschrift. Angesichts des Umstandes, dass es um Mieterhöhungen für über 200 Mieter geht, die in den dem Senat bekannten Fällen im deutlich dreistelligen Bereich liegen, erscheint eine Bemessung des Streitwerts an der Obergrenze des Möglichen angemessen (§§ 3, 9 ZPO; 48 Abs. 1 S.2 GKG).


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