Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Erhebung einer Niederschlagswassergebühr

Aktenzeichen  B 4 K 18.38

Datum:
8.5.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 48385
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 8 Abs. 1 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 22.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 13.12.2017 wird aufgehoben, soweit die Niederschlagswassergebühr für das Grundstück Fl.-Nr.aaa/4, Gemarkung …, auf mehr als 17,62 EUR festgesetzt wurde.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 13.12.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen auf Grund einer besonderen Abgabensatzung, welche die Schuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab, den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen muss, Benutzungsgebühren erheben. Zu diesen Einrichtungen gehören auch öffentlich betriebene Entwässerungsanlagen. Nach Art. 8 Abs. 4 KAG sind die Gebühren in dem Ausmaß zu bemessen, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung benutzen.
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch den Erlass ihrer BGS-EWS vom 16.12.2015 Gebrauch gemacht und in § 10a BGS-EWS die Erhebung einer Niederschlagswassergebühr geregelt. Mängel des Satzungsrechts sind nicht gerügt und nicht ersichtlich.
§ 10a BGS-EWS 2015 ist inhaltlich identisch mit der ursprünglichen, ab 01.01.2007 geltenden Regelung des § 10b BGS-EWS 2007.
Demnach bemisst sich die Niederschlagswassergebühr nach den überbauten und den befestigten (versiegelten) Teilflächen der angeschlossenen Grundstücke (jeweils Abs. 1 Satz 1 der Satzung). In Abs. 2 werden jeweils dieselben Anrechnungsfaktoren für die Berücksichtigung des Grades der Wasserdurchlässigkeit und der Verdunstung für die einzelnen Versiegelungsarten festgesetzt. Für wasser(teil) durchlässige Befestigungen ohne Fugenverguss sowie für Kiesschüttdächer ist dies der Faktor 0,5 (§ 10a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 BGS-EWS 2015).
Soweit die Beklagte für die gepflasterte Fläche ohne Fugenverguss und das Kiesschüttdach der Garage den Faktor 0,5 angesetzt hat, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Streitgegenstand ist ausschließlich die Frage der Anrechnung versiegelter Flächen, die in Zisternen mit Notüberlauf entwässern. Die diesbezügliche Regelung in § 10a Abs. 6 BGS-EWS 2015 (früher § 10b Abs. 6 BGS-EWS 2007) lautet:
„Versiegelte Teilflächen, von denen das anfallende Niederschlagswasser über eine Niederschlagswassernutzungsanlage (Zisterne) mit Notüberlauf der Entwässerungseinrichtung zugeführt wird, werden im Rahmen der Gebührenbemessung nur mit einer pauschal reduzierten Niederschlagswassergebühr aus 10 v. H. der Fläche berücksichtigt, wenn das dort anfallende Niederschlagswasser ganz oder teilweise im Haushalt, Garten oder Betrieb als Brauchwasser genutzt wird. Wird das anfallende Niederschlagswasser hingegen nur zur Gartenbewässerung eingesetzt, erfolgt ein Flächenabzug von 50 v. H. Dies gilt allerdings nur für Niederschlagswassernutzungsanlagen, die ein Speichervolumen von 1 m³ je angefangene 50 m² angeschlossene Fläche aufweisen. Die Mindestgröße für diese Niederschlagswassernutzungsanlagen beträgt 2 m³.“
Der Kläger, dessen Grundstück über eine Zisterne mit einem Fassungsvermögen von 10 m³ verfügt, und der das darin aufgefangene Niederschlagswasser sowohl im Garten als auch im Haushalt als Brauchwasser nutzt, moniert zu Recht, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Änderungsbescheid die Vorschrift des § 10a Abs. 6 Satz 1 BGS-EWS 2015 in Bezug auf das Hausdach und das Kiesschüttdach der Garage nicht richtig angewandt hat.
Die Worte „aus 10 v. H. der Fläche“ bedeuten, dass (nur) 10 v. H. der Fläche (entsprechend einem Faktor von 0,1) anzusetzen sind. Die Sichtweise der Beklagten, dass 10 v. H. der Fläche abzuziehen, also 90 v. H. anzusetzen sind, widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 1 und wäre auch unlogisch im Verhältnis zu § 10a Abs. 6 Satz 2 BGS-EWS, der bei einer nur zur Gartenbewässerung genutzten Zisterne einen Flächenabzug von 50 v. H. vorsieht. Dies wäre eine nicht gerechtfertigte Besserstellung um das Fünffache gegenüber einer zusätzlich ganzjährig für Brauchwasser genutzten Zisterne. Eine Zisterne für Garten- und Brauchwasser wird den Notüberlauf in die Entwässerungseinrichtung seltener benötigen, als eine nur für saisonales Gartengießen genutzte Zisterne.
Die Beklagte hat auch keine nachvollziehbare Erklärung dafür, weshalb sie 2007 die Regelung des § 10b Abs. 6 BGS-EWS 2007 in ihrer wörtlichen Bedeutung richtig mit dem Faktor 0,1 angewandt hat (siehe Aufmaßblatt vom 27.11.2007; Bl. 27 der Gerichtsakte), während sie nun eine „Auslegung“ des § 10a Abs. 6 Satz 1 BGS-EWS vornimmt (vgl. Schreiben vom 05.07.2017 an den Kläger), die dem Wortlaut der Regelung widerspricht. Einer Auslegung bedarf es nur bei unklaren, nicht aber bei sprachlich eindeutigen Regelungen. Hätte die Beklagte die Privilegierung von Zisternengrundstücken reduzieren wollen, wäre bei Erlass der BGS-EWS 2015 durch eine entsprechende Änderung des § 10a Abs. 6 Gelegenheit gewesen.
Die geringfügige Flächenabweichung bei der Berechnung der gebührenpflichtigen Fläche (60,75 m² statt 60,00 m²) beruht darauf, dass der Kläger bei der Erhebung der versiegelten Flächen die Außenmaße der Gebäude ohne Dachüberstand gemeldet hat. Da nach § 10a Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS die überbauten Flächen maßgeblich sind, von denen Niederschlagswasser abfließt, sind damit auch die Dachüberstände erfasst. Die Beklagte hat damit zu Recht bei der Garage mit Kiesschüttdach eine Fläche von 47 m² (statt 40 m²) und beim Hausdach eine Fläche von 124 m² (statt 115 m²) angesetzt. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung akzeptiert und seinen Klageantrag entsprechend gestellt.
Es ergibt sich somit folgende Berechnung:
93 m² Pflaster ohne Fugenverguss x 0,5 = 46,50 m² 47 m²
Kiesschüttdach x 0,5 x 0,1 = 2,35 m² 124 m²
Dachfläche x 0,1 = 12,40 m² 60,75 m² x 0,29 EUR = 17,62 EUR
Somit war der Klage stattzugeben.
2. Als unterliegender Teil trägt die Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.


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