Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Fehlerhafte Einladung zur Eigentümerversammlung

Aktenzeichen  36 S 18251/16 WEG

Datum:
27.9.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 45430
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 10 Abs. 8 S. 1, § 23, § 24 Abs. 4
ZPO § 138

 

Leitsatz

1 Der Kläger ist für den Nichterhalt der Ladung darlegungs- und beweisbelastet, allerdings ist ihm hierzu Vortrag nur beschränkt möglich, so dass die Beklagten die Pflicht haben, hierzu ausführlich vorzutragen. (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einberufungsfrist muss hinsichtlich des Beschlussgegenstandes und der sonstigen Umstände objektiv angemessen sein. Dies kann im Einzelfall auch eine längere Frist als 2 Wochen erfordern. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Kausalität eines Ladungsfehlers wird vermutet, an den Nachweis der fehlenden Ursächlichkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls wenn eine fehlende Vorbereitungsmöglichkeit geltend gemacht wird, ist der Fehler ursächlich. (Rn. 44 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
4 Der formaler Fehler wird nicht deshalb unbeachtlich, weil der Vertreter des Anfechtungsklägers in der Versammlung diesen nicht gerügt hat. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

484 C 7665/16 WEG 2016-12-13 AGMUENCHEN AG München

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten zu 5) gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 13.12.2016, Az. 484 C 7665/16 WEG wird, soweit mit ihr die Aufrechterhaltung des Endurteils hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 2 ch) begehrt wurde, verworfen,
2. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zu 1) und 3) bis 5) gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 13.10.2016, Az, 484 C 7665/16 WEG, – soweit sie nicht zurückgenommen wurde – zurückgewiesen.
3. Die Beklagten mit Ausnahme der Beklagten zu 2) haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen,
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1) und 3) bis 5) können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 293.776,53 € festgesetzt.

Gründe

I.
Nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen sowie der Antragsstellungen erster Instanz zunächst Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts München vom 13.10.2016 (Bl. 97/106 d.A.).
Hierbei sind folgende Ergänzungen angezeigt:
Der Kläger macht weiter geltend, die angefochtenen Beschlüsse beruhten auf einem Einladungsmangel. Der Kläger habe die Einladung vom 11.02.2016 zur Eigentümerversammlung vom 14.03.2016 zunächst postalisch nicht erhalten. Sie sei ihm vielmehr erst mit E-Mail vom 03.03.2016 übermittelt worden. Damit sei weder die gesetzliche Einladungsfrist, noch die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Einberufungsfrist von vier Wochen gewahrt worden. Der Kläger sei durch den kurzen Vorlauf an der Teilnahme an der Eigentümerversammlung gehindert worden, da er am 14.03.2016 einen Flug nach Rio de Janeiro zur Wahrnehmung eines dringenden geschäftlichen Termins antrat, welchen er nicht mehr verschieben konnte. Zudem wäre die verbleibende Frist nicht ausreichend gewesen, um sich auf das wirtschaftlich außerordentlich bedeutsame Beschlussthema vorbereiten zu können. Der Kläger trägt vor, dass er bei rechtzeitiger Ladung zur Versammlung erschienen wäre und durch Diskussionsbeiträge auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer Einfluss hätte nehmen können.
Das Amtsgericht München hat mit Endurteil vom 13.10.2016 die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 4.3.2016 zu TOP 2 b), 2 ca), 2 cb), 2 cc), 2 cd), 2 ce), 2 cf), 2 cg), 2 ch), 2 cl), 2 cj), 2 ck), 2 cl), 2 cm) und 2 d) für ungültig erklärt. Das Amtsgericht war der Auffassung, die streitgegenständlichen Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da über die Beschlüsse sämtliche Wohnungseigentümer abgestimmt haben, obwohl laut Ziffer XVIII der Gemeinschaftsordnung lediglich die Miteigentümer der Untergemeinschaft …straße 2 stimmberechtigt gewesen seien. Die beschlossenen Maßnahmen beträfen wirtschaftlich lediglich die Untergemeinschaft …straße 2, da hier lediglich Sanierungsarbeiten für das Haus …straße 2 Gegenstand seien. Hieran ändere es nichts, dass von der Sanierung das Gemeinschaftseigentum in Gestalt der äußeren Fassade sowie der Brandschutz betroffen sei, da die Regelung lediglich auf die wirtschaftliche Betroffenheit abstelle.
Gegen dieses dem Beklagtenvertreter zu 1) am 18.10.2016 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 28.10.2016, eingegangen beim Berufungsgericht am 3110.2016, form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese fristgerecht innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 11.01.2017, eingegangen beim Berufungsgericht am 12.01.2017 (Bl. 120/125 d.A.) begründet.
Die Beklagten begründen ihre Berufung insbesondere damit, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft eine Stimmberechtigung nur der Miteigentümer der Untergemeinschaft …straße 2 angenommen hätte. Bei der Frage der wirtschaftlich ausschließlichen Betroffenheit sei nicht nur auf die Kosten der Maßnahme abzustellen, sondern auch auf die Haftung im Außenverhältnis (§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG), so dass hier alle Eigentümer als wirtschaftlich betroffen angesehen werden müssten.
Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass im Falle der ausschließlichen Stimmberechtigung der Eigentümer der Untergemeinschaft „Hochhaus …straße 2“ die Beschlüsse ebenso gefasst worden wären. Insoweit komme der Rechtsgedanke des § 140 BGB zum Tragen. Für das Abstimmungsergebnis sei vorliegend nicht relevant, ob alle Eigentümer oder nur solche des Hochhauses …straße 2 abgestimmt hätten. Es fehle daher auch an der erforderlichen Kausalität für das Abstimmungsergebnis.
Die Beklagten zu 1) beantragen:
I. Unter Abänderung des am 13.10.2016 verkündeten und am 18.10.2016 zugestellten Urteils des AG München (Az.: 484 C 7665/16 WEG) wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Beklagte zu 5) beantragt:
Unter Aufrechterhaltung des Endurteils des Amtsgerichtes München vom 13.10.2016, Az. 484 C 7635/16 WEG hinsichtlich des Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft …straße 2-12 in 81925 München vom 16.03.2015 zu TOP 2 ch) wird die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen.
Der Kläger beantragt,
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Kläger ist in seiner Berufungserwiderung vom 14.03.2017 (Bl. 131/153 d.A.) der Ansicht, dass das Amtsgericht zutreffend angenommen habe, dass über die streitgegenständlichen Sanierungs- und Finanzierungsbeschlüsse nur die Mitglieder der „Abrechnungsgemeinschaft“ Hochhaus …straße 2 hätten abstimmen dürfen. Die Beschlusskompetenz richte sich danach, ob die jeweiligen Beschlussgegenstände wirtschaftlich ausschließlich die Gesamtgemeinschaft oder nur die Abrechnungsgemeinschaft Hochhaus …straße 2 betreffen. Letzteres sei hier anzunehmen, da nur das Hochhausgebäude saniert werde und die hierfür anfallenden Kosten nach den Finanzierungsbeschlüssen auch ausschließlich von den Wohnungseigentümern des Hochhauses zu tragen seien. Bei der Auslegung von Ziffer XVIII, der Gemeinschaftsordnung müsse die Frage nach der Außenhaftung außer Betracht bleiben. Die Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung regelten alleine das Innenverhältnis, so dass nach dem natürlichen Wortsinn insoweit nur die ausschließliche wirtschaftliche Betroffenheit im Innenverhältnis gemeint sein könne. Andernfalls liefe die Regelung in Ziffer XVIII. Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung leer. Sinn und Zweck der Regelungen der Gemeinschaftsordnung sei zudem, einen Gleichlauf von Kostentragung und Beschlusskompetenz herzustellen. Der Einwand der Beklagten, eine Beschlusskompetenz sämtlicher Wohnungseigentümer hätte auch deswegen bestanden, weil von den Sanierungsmaßnahmen auch das optische Erscheinungsbild der Gesamtanlage sowie brandschutzrelevante Fragen betroffen seien, verfange nicht. Nach dem Wortlaut der Gemeinschaftsordnung sei insoweit gerade nicht die rechtliche, sondern die wirtschaftliche Betroffenheit der Wohnungseigentümer maßgeblich. Die fehlende Beschlusskompetenz stelle einen materiellen Beschlussfehler dar, so dass es auf die Frage der Kausalität für das Abstimmungsergebnis nicht ankomme. Zudem werde bei formellen Fehlern die Kausalität vermutet. Die Berufung auf die erreichte Abstimmungsmehrheit reiche zur Widerlegung der Kausalitätsverrnutung nicht aus. Darüber hinaus seien die streitgegenständlichen Beschlüsse bereits wegen der weiteren gerügten formellen und materiellen Fehler für ungültig zu erklären.
Die Kammer hat am 05.10.2017 sowie am 27.09.2018 mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen R.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 sowie vom 27.09.2018 (Bl. 133/140 d.A. sowie Bl. 248/265 d.A.).
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufung des Beklagten zu 5), war, soweit mit ihr die Aufrechterhaltung des Endurteils hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 2 ch) begehrt wurde, mangels Beschwer bereits unzulässig; im Übrigen in der Sache ohne Erfolg.
Die Berufungen der Beklagten zu 3) und 4) wurden, soweit sie sich gegen die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 2 ch) über die Errichtung einer Befahranlage richtete, zurückgenommen. Insoweit war nur noch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
1. Die Berufung des Beklagten zu 5), war, soweit mit ihr die Aufrechterhaltung des Endurteils hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 2 ch) begehrt wurde, mangels Beschwer bereits unzulässig.
Insoweit fehlt es an der erforderlichen materiellen Beschwer des Beklagten. Sie liegt vor, wenn „die ergangene Entscheidung ihrem Inhalt nach dem Beteiligten nachteilig ist, d.h. wenn für ihn die Möglichkeit besteht, im höheren Rechtszug eine abweichende Entscheidung zu seinen Gunsten zu erlangen.“ (BGH, NJW 1992, 1513; BGHZ 80, 389).
Durch den Antrag auf Aufrechterhaltung des amtsgerichtlichen Urteils hat der Beklagten in Bezug auf die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 2 ch) jedoch zum Ausdruck gebracht, dass er in der Sache durch das amtsgerichtliche Urteil nicht beschwert ist und insoweit keine abweichende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts herbeiführen will. Eine Berufungsrücknahme wurde insoweit trotz entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts nicht erklärt.
2. Im Übrigen waren die Berufungen der Beklagten zu 1) sowie des Beklagten zu 5) zulässig.
Die Berufung wurde frist- und formgerecht gemäß §§ 517, 519 ZPO und unter Beachtung der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eingelegt.
Sie waren jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Im Einzelnen ist hierzu folgende Begründung seitens des Berufungsgerichts gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO veranlasst:
a) Die streitgegenständlichen Beschlüsse waren wegen des fristgerecht gerügten Einladungsmangels für ungültig zu erklären, da nicht feststeht, dass diese bei rechtzeitiger Einberufung ebenso gefasst worden wären.
aa) Die Einberufungsfrist ist vorliegend nicht gewahrt.
Für die Fristberechnung gelten §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. 1). Fristbeginn ist der Tag, an dem das Einberufungsschreiben dem letzten der Einzuberufenden zugeht, hier am Donnerstag den 03.03.2016.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger die Ladung zur Eigentümerversammlung vom 14.03.2016 erst am 03.03.2016 per E-Mail gemäß Anlage K 4 erhalten hat.
Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen eines formellen Beschlussmangels ist nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger (vgl. BGH NJW 2013, 1439; Suilmann in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 145; Then in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., vor § 43 Rn. 15 f), da dieser Umstand für ihn günstig ist.
Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend nachgekommen, vermag nicht zu überzeugen. Hier muss berücksichtigt werden, dass sich die Versendung der Einladungsschreiben außerhalb der Wahrnehmungssphäre der Klagepartei abgespielt, so dass Ihr ein Vortrag hierzu nur begrenzt möglich ist.
Der Kläger hat vorgetragen die Ladung erst auf telefonische Nachfrage bei der Hausverwaltung hin am 03.03.2016 per E-Mail und am 07.03.2016 postalisch erhalten zu haben. Der Kläger hat darüber hinaus dargetan, dass die Mitarbeiterin der Verwaltung bestätigt habe, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe dergestalt, dass die Einheiten des Klägers in der EDV der Hausverwaltung einem anderen Namen zugeordnet waren, so dass ein Ladungsschreiben nicht in Auslauf geraten konnte, Der zu beweisende Vortrag der beweispflichtigen Klagepartei lieferte damit auch unter Berücksichtigung des als Anlage K 4 vorgelegten e-Mail der Mitarbeiterin der Hausverwaltung greifbare Anhaltspunkte für Ihre Behauptung im Sinne einer gewissen Wahrscheinlichkeit.
Dieser klägerische Vortrag löst, unabhängig von der Frage, ob man insoweit von einer Abstufung der Darlegungs- und Beweislast auszugehen hat (vgl. dazu LG Hamburg, Beschluss vom 16.11.2016, Az. 318 S 54/16 zitiert nach juris; Zöller, ZPO, 32. Auflage, vor § 284, Rn. 34), schon nach § 138 Abs. 2 ZPO die Pflicht der Beklagen zum substanziierten Bestreiten aus, so dass diese sich nicht mehr auf eine bloße Erklärung mit Nichtwissen beschränken können, sondern sich zu den vom Kläger behaupteten Tatsachen zu erklären und zu erläutern haben, von welchem Sachverhalt sie insoweit ausgehen (BGH NJW 2010, 1357 Rn. 16). Soweit die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten, dass der Kläger das Einladungsschreiben vom 11.02.2016 auf postalischem Weg nicht erhalten hat, genügt dies nach den dargelegten Grundsätzen ebensowenig wie der schlichte Vortrag, das Einladungsschreiben sei mit einfacher Post versandt worden.
Darüber hinaus ist die Kammer auf Grund der durchgeführten Anhörung des Klägers von der Richtigkeit des klägerischen Vortrags überzeugt. Bei der Parteianhörung gem. § 141 ZPO handelt es sich zwar nicht um ein förmliches Beweismittel. Die Kammer hat die Angaben des Klägers im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses gem. § 286 ZPO vorliegend insbesondere deshalb zu würdigen, weil dem Kläger ein anderes Beweismittel für die Tatsache des Nichtzugangs des Einladungsschreibens vom 11.02.2016 nicht zur Verfügung steht. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann der Tatrichter kann im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht beweisen kann (vgl. BGH NJW-RR 2006, 672; BGH, NJW-RR 1992, 920).
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2018 glaubhaft geschildert, die die Ladung zur Eigentümerversammlung vom 14.03.2016 erst am 03.03.2016 per E-Mail gemäß Anlage K 4 erhalten zu haben. Der Kläger hat auch nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargetan, dass es zur Übermittlung der Einladung auf diesem Weg dadurch gekommen sei, dass er von einer Wohnungseigentümerin von der bevorstehenden Eigentümerversammlung erfahren und sich daraufhin an die Hausverwaltung gewandt habe.
Zutreffend weisen die Beklagten weiter darauf hin, dass eine Vernehmung der klägerisch angebotenen Zeugin L. hier auch deswegen nicht geboten war, da diese zum Zugang des Schreibens beim Kläger selbst keine Wahrnehmungen gemacht hat. Im Übrigen fehlte es wie bereits ausgeführt bereits an einem hinreichenden Bestreiten der Beklagtenpartei.
Die Frist begann mithin am 03.03.2016 durch Zugang der Ladung beim Kläger zu laufen. Damit hätte die Versammlung, um die Mindestfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG zu wahren, frühestens am Freitag der übernächsten Woche, mithin am 18.03.2016 stattfinden dürfen. Tatsächlich fand die Eigentümerversammlung jedoch bereits am 14.03.2016 statt.
bb) Nachdem vorliegend bereits die gesetzliche Mindestfrist nicht eingehalten worden ist, kann dahinstehen, ob die Einberufungsfrist angesichts der erheblichen Bedeutung der Beschlussgegenstände für die Gemeinschaft, des Umfangs und der Komplexität der anstehenden Beschlussfassungen nicht sogar länger als zwei Wochen hätte sein müssen.
Dies folgt zwar nicht allein aus den Regelungen in Abschnitt IX Absatz 3 der Gemeinschaftsordnung, welche eine Frist von mindestens 4 Wochen vorsehen, da Abschnitt IX Ziffer 5 GO weiter bestimmt, dass die Nichtbeachtung der in Absatz 3 festgelegten Formalitäten soweit gesetzlich zulässig keinen Einfluss auf die Gültigkeit von Beschlüssen haben sollen, wenn – wie vorliegend – die Beschlüsse mit einer Mehrheit von mehr als der Hälfte aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer gefasst werden.
Unabhängig hiervon muss jedoch die Einberufungsfrist hinsichtlich des Beschlussgegenstandes und der sonstigen Umstände objektiv angemessen sein (vgl. Grziwotz in Ehrmann, BGB, § 24 WEG, Rn. 4). Damit kann im Einzelfall sogar eine längere als die in § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG vorgesehene Mindestfrist von zwei Wochen erforderlich sein, damit die Einberufung des Wohnungseigentümers ihren Zweck erfüllt, den Wohnungseigentümern die Wahrnehmung ihrer Kernrechte in der Eigentümerversammlung zu ermöglichen.
Nach ganz h.M. sind etwa bei besonders bedeutsamen oder komplexen Beschlussgegenständen den Wohnungseigentümern mit der Einladung zugleich entsprechende Unterlagen wie etwa der Entwurf der Jahresabrechnung zur Verfügung zu stellen. Die Rechtsprechung trägt hiermit dem Umstand Rechnung, dass sich der Wohnungseigentümer auf bestimmte Tagesordnungspunkte nicht ohne weitere Unterlagen hinreichend vorbereiten kann. Dies gilt insbesondere auch für umfangreiche Sanierungsbeschlüssse, wo eine sachgerechte Diskussion und Beschlussfassung zumindest eine Kenntnis der etwa der vorliegenden Angebotsunterlagen erfordert (vgl. hierzu Schmidt-Räntsch, ZWE 2012, 445, 451). Die sachgerechte Wahrnehmung der Eigentümerrechte ist jedoch in solchen Fällen nur dann sichergestellt, wenn der Wohnungseigentümer neben der Übersendung der erforderlichen Unterlagen auch genügend Zeit erhält, diese zur Kenntnis zu nehmen und – ggfs. mit fachkundiger Hilfe – insoweit zu vorzubereiten und zu prüfen, dass er in sachgerechter Weise auf die Willensbildung in der Wohnungseigentümerversammlung Einfluss nehmen kann.
Die Verlängerung der gesetzlichen Mindestfrist von § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG von früher einer Woche auf nunmehr zwei Wochen steht dem nicht grundsätzlich entgegen, mag sie auch dazu geführt haben, dass in der großen Mehrzahl der Fälle eine weitere Verlängerung der Einberufungsfrist über das Mindestmaß hinaus etwa wegen der Schulferien oder allein wegen des Umstands, dass einzelne Eigentümer im Ausland wohnen, nicht mehr veranlasst erscheint (hierzu eingehend Staudinger/Häublein (2018) WEG § 24 Rn. 78 ff). Dies schließt jedoch nicht aus, dass im Einzelfall eine gesetzliche oder vereinbarte Mindestfrist im Interesse einer effektiven Stimmrechtsausübung auch unter Berücksichtigung eines gewissen Beurteilungsspielraums des Einladenden nicht ausreichend erscheint.
cc) Umstände, welche eine Verkürzung der Einberufungsfrist wegen besonderer Dringlichkeit der Beschlussfassungen rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Damit leiden sämtliche Beschlüsse unter einem formellen Mangel.
b) Die streitgegenständlichen Beschlussfassungen beruhen auch auf der Nichteinhaltung der Einberufungsfrist, so dass sie für ungültig zu erklären waren.
Zwar handelt es sich bei § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nur um eine Sollvorschrift. Sinn und Zweck der Einberufungsvorschriften ist es jedoch unter anderem, den Wohnungseigentümern zu ermöglichen, sich auf die Beratung und Beschlussfassung angemessen vorzubereiten. Aus diesem Grund führt ein Verstoß gegen § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG zur Ungültigerklärung der gefassten Beschlüsse, wenn diese auf dem formellen Mangel beruhen.
Die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse sind im Falle der Anfechtung für ungültig zu erklären, sofern der Ladungsfehler für die spätere Beteiligung/Nichtbeteiligung der Wohnungseigentümer an der Versammlung kausal war. Es wird nach der Rechtsprechung regelmäßig vermutet, dass der angefochtene Beschluss im Sinne einer Kausalitätserwägung auf dem Mangel beruht (BayOLGZ 1992, 79, 82; OLG Köln WE 1996, 311 ff). Die Kausalitätsvermutung kann durch den Nachweis widerlegt werden, dass der Beschluss mit Sicherheit – nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit – auch ohne den Verstoß inhaltsgleich gefasst worden wäre (BGH NJW 2002, 1647 ff.; Staudinger/Bub, WEG, 2005, § 24 Rn 146 m.w.N.),
An den Nachweis der fehlenden Ursächlichkeit des Mangels sind strenge Anforderungen zu stellen, so dass es nicht allein auf die Auswirkung das Abstimmungsverhaltens auf das Abstimmungsergebnis, sondern auch auf die Möglichkeit, in einer der Abstimmung vorausgehenden Aussprache durch überzeugende Argumente das Abstimmungsverhalten der anderen Stimmberechtigten zu beeinflussen, ankommt. Kausal ist ein Ladungsmangel, wenn er die Teilnahme an der Aussprache und an der Abstimmung konkret beeinträchtigt und hierdurch das Beschlussergebnis beeinflusst worden sein kann, das heißt es muss feststehen, dass bei vernünftiger Betrachtungsweise nicht ernsthaft mit der Möglichkeit zu rechnen war, dass die Wohnungseigentümer bei Mitwirkung des betreffenden Wohnungseigentümers anders abgestimmt hätten. Verfahrensrechtlich tragen die Beklagten die materielle Feststellungslast für die Tatsachen, durch die die Kausalitätsvermutung widerlegt werden soll (zu allem OLG Hamburg, ZMR 2006, 704 ff.).
Bleibt ein Eigentümer wegen des gegebenen Ladungsmangels der Versammlung fern, kann daher in der Regel nicht ausgeschlossen werden, dass dieser in der Eigentümerversammlung Argumente bzw. Aspekte vorgebracht hätte, welche die Meinungsbildung der übrigen beeinflussen hätte können und damit potentiell zu einem anderen Abstimmungsergebnis geführt hätten, Gleiches muss gelten, wenn der Anfechtende dartut, dass er sich auf Grund der Nichteinhaltung der Ladungsfrist nicht hinreichend auf die Eigentümerversammlung vorbereiten konnte und es ihm aus diesem Grund nicht möglich war (weitere) Argumente dort vorzutragen (vgl. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 24 Rn. 21).
Die Kausalität des Ladungsmangels ist vorliegend nicht bereits deshalb zu verneinen, weil sich der Kläger auf der Versammlung durch einen Bevollmächtigten hat vertreten lassen. Der Mangel der fehlenden Gelegenheit zur Vorbereitung der Versammlung wird durch die bloße Teilnahme hieran allenfalls dann geheilt, wenn die Beschlussgegenstände derart überschaubar sind, dass Inhalt und Reichweite der zu beschließenden Regelungen durch die dort gegebenen Informationen hinreichend klar werden.
An der Kausalität der Unterschreitung der Einberufungsfrist für das Abstimmungsergebnis fehlt es auch nicht deshalb, weil sich die Gemeinschaft wie die Beklagten vortragen, bereits seit 10 Jahren mit den streitgegenständlichen Sanierungsmaßnahmen befasse. Es ist zwar davon auszugehen, dass der Informationsbedarf des einzelnen Eigentümers intensiver ist, je größer seine Bedeutung der Beschlussgegenstände und je geringer der Wissensstand des einzelnen Eigentümers ist. Allein der Umstand, dass die Sanierungsmaßnahmen immer wieder die Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigten, reicht jedoch nicht aus, um darzutun, dass der Kläger hier über Wissensstand verfügte, welcher die Kausalität des Ladungsmangels vorliegend entfallen ließe. Die vorgelegten Protokolle belegen keinen Kenntnisstand des Klägers, welcher als Laie eine Vorbereitung in lediglich 11 Tagen als zumutbar erscheinen ließe. So dokumentieren etwa die Protokolle der Eigentümerversammlung vom 20.06.2012 (Anlage B 5) bzw. vom 24.04.2013 (Anlage B 6) lediglich, es sei über die Ortstermine mit Ingenieur- und Architekturbüros für die Sanierungen bzw, über die „Vorbereitung von Sanierungsmaßnahmen“ berichtet worden. Selbst einem vollständig informierten Wohnungseigentümer muss die Gelegenheit gegeben werden, die nunmehr vorliegenden Angebotsunterlagen mit dem gegenwärtigen Planungsstand und den Erkenntnissen aus der Bestandsaufnahme abzugleichen und diese selbst auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
Der Zeuge R. hat darüber hinaus angegeben, in seiner beruflichen Eigenschaft als Bauingenieur vom Kläger mit der Überprüfung der zur Sanierung übersandten Unterlagen beauftragt worden zu sein und anschaulich geschildert, allein für eine rein formelle Sichtprüfung dieser Unterlagen 1 bis 1 1/2 Tage gebraucht zu haben. Für eine tiefergehende Prüfung hätte er nach seinen glaubhaften Angaben diese Unterlagen mit den Grundlagenermittlungen abgleichen müssen. Es handele sich um eine komplexe Sanierung mit besonderen Brandschutzthematiken.
Nach alledem ist auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass die angefochtenen Beschlüsse auch ohne den Mangel gefasst worden wären. Die Kammer ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass durch die Nichteinhaltung der Ladungsfrist die Vorbereitung der Teilnahme an der Eigentümerversammlung durch den Kläger und damit in der Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte auch durch Einflussnahme auf die Willensbildung in der Eigentümerversammlung unzumutbar erschwert wurde.
cc) Die Nichteinhaltung der Ladungsfrist war vorliegend auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Vertreter des Klägers den formellen Fehler nicht im Rahmen der Eigentümerversammlung gerügt hat. In der Tat wurden in der Rechtsprechung vereinzelt Ausnahmen von den vorstehenden Grundsätzen anerkannt für Fälle, in denen der anfechtende Eigentümer trotz eines formellen Mangels an zur Eigentümerversammlung erschienen ist und rügelos an dieser teilgenommen hat (so etwa BayObLG, NZM 1999, 130; LG Hamburg, ZWE 2017, 323).
Die dort entschiedenen Fälle sind jedoch mit der hiesigen Sachverhaltskonstellation nicht vergleichbar.
So nimmt die herrschende Meinung etwa einen stillschweigenden Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung an, wenn von den in der Versammlung anwesenden Eigentümern keine Rüge hinsichtlich der Anwesenheit einer an sich nicht teilnahmeberechtigten erhoben wird (vgl. etwa OLG Hamburg, BeckRS 2007, 11791; OLGR Frankfurt 2005, 736 ff, zitiert nach juris).
Schließlich kann im Einzelfall eine Beschlussanfechtung unter Berufung auf einen Einberufungsmangel gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen mit der Folge, dass sich der anfechtende Wohnungseigentümer auf diesen nicht berufen kann (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 1993, 468). Das Oberlandesgericht Hamm führt dazu aus: „Dafür reicht es zwar allein nicht aus, dass der betreffende Wohnungseigentümer an der Beschlussfassung mitgewirkt und – wie hier – für den Beschlussantrag gestimmt hat. Der Arglisteinwand ist jedoch dann begründet, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer sich in Kenntnis des Einberufungsmangels ausdrücklich mit der Beschlussfassung einverstanden erklärt hat. In diesem Fall schafft er für die übrigen Wohnungseigentümer einen Vertrauenstatbestand, der es ihm später verwehrt, sich auf den Einberufungsmangel zu berufen, um auf diese Weise die von ihm nicht gewünschte Beschlussfassung zu Fall zu bringen (vgl. Senat, Beschl. v. 8.10.1991 – 15 W 50/91; vgl. ferner BayObLG, NJW-RR 1988, 1168).“
Es bleibt jedoch festzuhalten, dass das Wohnungseigentumsgesetz keine Rügepflicht für formelle Beschlussmängel vorsieht und auch die Rechtsprechung lediglich in besonderen Fallkonstellationen annimmt, eine rügelose Teilnahme an der Eigentümerversammlung hindere ein späteres Geltendmachen eines formellen Beschlussfehlers. Vielmehr kann der Gedanke der „rügelosen Versammlungsteilnahme“ nur dann Platz greifen, wenn in Ausnahmefällen das Verhalten der Wohnungseigentümer einem Verzicht auf den formellen Einwand gleichkommt, die Ursächlichkeit des Mangels für das Beschlussergebnis entfallen lässt oder sich die Berufung auf den formellen Mangel im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich erweist.
Die bloße rügelose Duldung der Durchführung der Eigentümerversammlung trotz Unterschreitung der Einberufungsfrist (durch den Vertreter) des Klägers lässt sich jedoch nicht unter die dargestellten Fallgruppen subsumieren.
Der Umstand, dass der Kläger einen Vertreter in die Eigentümerversammlung entsendet, welcher den verspäteten Zugang der Ladung nicht in der Eigentümerversammlung rügte, kann nicht als Verzicht auf die individuellen Teilhaberechte des Klägers gesehen werden. Der Kläger hatte zwar Kenntnis von dem Ladungsmangel, jedoch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger hier einen Vertrauenstatbestand bei den Beklagten geschaffen hat, er werde einen Ladungsmangel nicht geltend machen. Hier ist nach Auffassung des Berufungsgerichts auch Zurückhaltung geboten, da es dem betroffenen Wohnungseigentümer unbenommen sein muss, seine Teilnahmerechte so weit als möglich wahrzunehmen, ohne sich seiner Rechte zu begeben. Auch ein Einwand aus § 242 BGB ist bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht gerechtfertigt, da der Kläger sich bereits vor der Versammlung an die Hausverwaltung gewandt und auf den nicht rechtzeitigen Zugang der Ladung hingewiesen hat.
Schließlich wird man davon ausgehen müssen, dass sich die Vollmacht des Vertreters nicht auf einen Verzicht auf die Geltendmachung von formellen Fehlern erstreckt (vgl. Rüscher in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 17, Rn. 123).
dd) Weiter rechtfertigt das Vorliegen eines formellen Mangels nach der Rechtsprechung dann unter Umständen nicht die Ungültigerklärung der hierauf beruhenden Beschlüsse, wenn der Anfechtende die Beschlüsse mit der Anfechtungsklage in der Sache nicht angreift (OLG Hamm, ZMR 2001, 1004 ff.). Auch so liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Kläger hat innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist zahlreiche Inhaltliche Rügen betreffend die Ordnungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse erhoben betreffend die Sanierungsmaßnahmen einschließlich deren Finanzierung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der beklagtenseits zitierten Entscheidung des LG Hamburg vom 16.11.2016 (LG Hamburg, Beschluss vom 16. November 2016, Az: 318 S 54/16, zitiert nach juris). Dort kommt das Landgericht Hamburg zu dem Ergebnis, dass eine Kausalität des verspäteten Zugangs der Ladung unter Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses nicht anzunehmen sei, da nicht ersichtlich sei, mit welchen sachlichen Argumenten der Kläger hinsichtlich der in Rede stehenden Beschlüsse ein anderes Beschlussergebnis hätte erreichen können (LG Hamburg, a.a.O., Rz. 5).
Soweit die Beklagten argumentieren, der Kläger müsse innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist nicht nur die Nichteinhaltung der Ladungsfrist vortragen sowie sachlich den Beschluss angreifen, sondern auch explizit vortragen, mit welchen Argumenten er die Eigentümerversammlung hätte überzeugen wollen, so vermag dies nicht zu überzeugen. Zur Darlegung des formellen Beschlussmangels genügt es vielmehr die tatsächlichen Umstände der Nichteinhaltung der Ladungsfrist sowie die hieraus resultierende nicht ausreichende Vorbereitungsmöglichkeit darzutun.
Nach alledem ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der Kläger in der verbleibenden Zeit nicht mehr angemessen auf die Eigentümerversammlung vorbereiten konnte, so dass der Zweck der Einberufung, die sachgerechte Teilnahme aller Eigentümer an der Versammlung zu ermöglichen, nicht erreicht worden ist.
cc) Soweit die Beklagten der Auffassung sind, aus der Regelung Ziffer IX. 5. GO folge, dass die Unterschreitung der Ladungsfrist auf die Gültigkeit von Beschlüssen keinen Einfluss hat, so vermag sich das Berufungsgericht der Auffassung nicht anzuschließen. Diese Einschränkung bezieht sich allenfalls auf den vereinbarten Regelfall einer Einladungsfrist von vier Wochen gemäß Ziffer IX.3. der Gemeinschaftsordnung.
b) Das Berufungsgericht hat Bedenken, ob die streitgegenständlichen Beschlüsse bereits wegen fehlender Beschlusskompetenz als nichtig anzusehen sind. Zum einen stellt sich die Frage, ob die von der Klagepartei in Bezug genommenen Regelungen über die Bildung von „Abrechnungsgemeinschaften“ eine eigenständige Beschlusskompetenz einer Untergemeinschaft …straße 2 (sog. Hochhaus) im Hinblick auf die vorliegenden Beschlussgegenstände begründen. Zum anderen erscheint die gegenständliche Reichweite der vereinbarten Entscheidungskompetenzen problematisch.
Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass im Vereinbarungewege eine von § 21 Abs. 1, Abs. 3 WEG abweichende eigenständige Beschlusskompetenz einer Untergemeinschaft im Hinblick auf die Verwaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums, insbesondere bezogen auf einen von mehreren Baukörpern geschaffen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2012, Az. V ZR 231/11, zitiert nach juris).
Die Klagepartei bezieht sich auf die Regelungen über die Bildung „getrennter Abrechnungsgemeinschaften“ gemäß Abschnitt XVIII der Gemeinschaftsordnung. Es erscheint jedoch durchaus problematisch, inwieweit hier eine die Zuständigkeit der Gesamtgemeinschaft verdrängende Zuweisung spezifischer Rechte und Pflichten an die jeweiligen Abrechnungsgemeinschaften vorgenommen werden sollte.
Zunächst wird in Ziffer 1 geregelt was bereits die Bezeichnung „Abrechnungsgemeinschaft“ nahelegt; nämlich, dass die Abrechnung von Kosten und Lasten für jede Abrechnungsgemeinschaft getrennt erfolgten soll, soweit eine getrennte Erfassung möglich ist.
Darüber hinaus wird geregelt, dass bei Abstimmungen, die wirtschaftlich ausschließlich Belange einer Abrechnungsgemeinschaft betreffen (z.B. zu Bewirtschaftungskosten oder allgemeinen Ausgaben), nur diejenigen Mitglieder dieser Abrechnungsgemeinschaft „stimmberechtigt“ sein sollen, soweit dies gesetzlich zulässig ist.
aa) Zunächst wäre im Wege der Auslegung zu klären, ob die Gemeinschaftsordnung hier eine umfassende Regelungszuständigkeit der jeweiligen Abrechnungsgemeinschaft in allen sie allein betreffenden Verwaltungsangelegenheiten vorsieht, oder ob sich die Kompetenzzuweisung auf Beschlussfassungen im Zusammenhang mit der Durchführung der für jede Abrechnungsgemeinschaft getrennten Abrechnung von Kosten und Lasten beschränken soll.
Für eine einschränkende Auslegung spräche hier neben dem Begriff „Abrechnungsgemeinschaften“, die systematische Stellung der Ziffer 2. Zudem fehlen ausdrückliche Regelungen über eine weitgehend eigenständige Verwaltung, wie sie etwa dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.11.2017, Az. V ZR 184/16 zu Grunde lagen. In diese Richtung weist zudem der erläuternde Klammerzusatz, welcher nur „Bewirtschaftskosten“ und „allgemeinen Ausgaben“ nennt.
Insbesondere die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums ist dort nicht genannt. Nach Abschnitt VI obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums vielmehr den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich, ohne dass Insoweit nach Abrechnungsgemeinschaften oder Baukörpern differenziert wird. Ausgenommen wird insoweit allein die gesonderte Kostentragung durch Sondernutzungsberechtigte, Weiterhin ist die Bildung gesonderter Instandhaltungsrücklagen jedenfalls nicht ausdrücklich vorgesehen.
bb) Es stellt sich weiter die Frage, ob mit der Regelung in Ziffer XVIII Ziffer 2 der Gemeinschaftsordnung einem Teil der Wohnungseigentümer eine eigenständige Beschlusskompetenz übertragen werden sollte, oder ob es sich insoweit – was der Wortlaut der Regelung nahelegt – um einen Fall eines vereinbarten Stimmrechtsausschlusses handelt. Bedeutung erlangt diese Unterscheidung vor allem für die Frage, wie sich eins fehlerhafte Zuordnung eines Beschlussgegenstands zu den Zuständigkeitsbereichen der Gesamtgemeinschaft bzw. der Inhaber des Blockstimmrechts auswirkt.
Ein Verstoß gegen die Beschlusskompetenz als wesentlicher Grundsatz des Wohnungseigentumsrechts führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des Beschlusses (vgl. Niedenführ/Vandenhouten, 12. Aufl. 2017, WEG, § 23 Rn. 11, 12; Spielhauer/Then, 3. Aufl. 2017, WEG, § 23 Rn. 29); so dass bei fehlerhafter Abstimmung der Gesamtgemeinschaft anstelle der insoweit zur Entscheidung befugten „Abrechnungsgemeinschaft“ der Beschluss nur noch unter dem Gesichtspunkt der Umdeutung (§ 140 BGB) Bestand haben könnte.
Bei Annahme eines vereinbarten Stimmrechtsausschlusses dürften sich die Rechtsfolgen wohl aus einer entsprechenden Anwendung von § 25 Abs. 5 WEG ergeben. Soweit man davon ausgeht, dass lediglich die Eigentümer der im Hochhaus …straße 2 belegenen Einheiten als stimmberechtigt anzusehen waren, könnte bei Annnahme einer bloßen Stimmrechtsregelung im Sinne eines beschränkten Stimmrechts an der Kausalität des formellen Mangels fehlen, da auch bei „richtiger“ Abstimmung nur der wirtschaftlich betroffenen Einheiten unstreitig die erforderliche Mehrheit erreicht war. Ein potentieller Einfluss der übrigen Eigentümer auf das Abstimmungsverhalten wäre dann unerheblich, soweit man weiter von einem weiter bestehenden Rede- und Teilnahmerecht ausgeht, da die Gemeinschaftsordnung vorliegend eine Beschlussfassung in Teilversammlungen nicht vorsieht.
Die Frage, ob eine Stimmrechtsregelung dergestalt, dass nur die Eigentümer etwa der Einheiten eines Hauses in einer Mehrhausregelung zur Entscheidung über bestimmte Beschlussgegenstände berufen sind, stets zur Begründung einer – alleinigen – Beschlusskompetenz der betroffenen Gruppe von Wohnungseigentümern führt oder ob es sich insoweit um einen von ersterer Variante abzugrenzenden Fall eines vereinbarten Stimmrechtsausschlusses handelt, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet (einen vereinbarten Stimmrechtsausschluss (Blockstimmrecht) halten etwa Abramenko in ZWE 2011, 159; Rüscher, ZWE 2011, 308; Häubleln in Staudinger, WEG, 2018, § 25 Rn. 234 a und 250 für zulässig; nach anderer Ansicht ist die Vereinbarung eines gegenständlich beschränkten Stimmrechts gleichbedeutend mit der Schaffung einer (alleinigen) Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft: vgl. Ott, ZWE 2016, 193; Engelhardt in MüKo, WEG, § 25 Rn, 10 ff; Merle in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 25 Rn. 105 ff.).
Nachdem vorliegend die streitgegenständlichen Beschlüsse bereits auf Grund formeller Mängel für ungültig zu erklären waren, war über diese Fragen letztlich nicht zu entscheiden.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 971, 516 Abs. 3 ZPO.
Die Berufungen der Beklagten zu 3) und 4) wurden, soweit sie sich gegen die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 2 ch) über die Errichtung einer Befahranlage richtete, zurückgenommen. Insoweit beruht die Kostenentscheidung auf § 516 Abs. 3 ZPO.
2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit unterbleibt auch dann nicht, wenn die Revision nicht zugelassen ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 708 Rn. 11).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49a GKG und entspricht der zutreffenden, unbeanstandet gebliebenen amtsgerichtlichen Wertfestsetzung, welche sich am fünffachen Klägerinteresse orientiert.
Verkündet am 27.09.2018


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