Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Formelle Unwirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung mit Heizkostenabrechnung

Aktenzeichen  7 S 1846/16

Datum:
25.10.2016
Fundstelle:
WuM – 2016, 739
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 305c Abs. 2, § 556 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Bestehen unterschiedliche Mietvertragsformulare bezüglich der umlagefähigen Betriebskosten, so ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB das für den Mieter günstigste Mietvertragsformular maßgebend. Der Vermieter trägt die Beweislast für eine anderslautende vertragliche Vereinbarung. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist in der Betriebskostenabrechnung auch die Heizkostenabrechnung enthalten, so genügt es nicht, in der Abrechnung lediglich das Ergebnis der Heizkostenabrechnung anzugeben. Diese Abrechnung ist formell unwirksam, da bezüglich der Heizkosten das Ergebnis rechnerisch nicht nachvollzogen werden kann. (Rn. 13 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Sind die Heizkosten der überwiegende Anteil der Abrechnung, und erreichen die anderen Betriebskostenpositionen nicht die Höhe der Vorauszahlungen, so ist dadurch die gesamte Betriebskostenabrechnung formell unwirksam. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 C 1395/15 2016-02-18 Endurteil AGSCHWABACH AG Schwabach

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 18.02.2016, Az. 5 C 1395/15, abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.495,97 €.

Gründe

II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Die Berufung ist auch in vollem Umfang begründet.
1.
Die Kammer teilt die rechtliche Auffassung des Amtsgerichts, dass im konkreten Fall zu Lasten des Verwenders (des Vermieters) davon auszugehen ist, dass diejenige mietvertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Voreigentümer der Klagepartei geschlossen wurde, die für die Beklagte günstiger ist, da Unklarheiten bei der Verwendung von Formularverträgen zu Lasten des Verwenders gehen. Die Beweislast für eine anderslautende Vereinbarung läge beim Vermieter; diesen Nachweis konnte er nicht führen. Daher hat im streitgegenständlichen Fall dasjenige Formular Anwendung zu finden, das eine Umlage der Betriebskosten lediglich für die Bereiche Wasserverbrauch, zentrale Wärmeversorgung und Warmwasserversorgung vorsieht.
Das amtsgerichtliche Urteil sieht das ausweislich der Urteilsgründe genauso, setzt sich dann aber mit der eigenen Begründung in Widerspruch, indem es lediglich die Kosten für die Außenanlagen herausrechnet.
2.
Im Ergebnis kann jedoch vorliegend dahinstehen, welche mietvertragliche Vereinbarung im Hinblick auf die Umlage von Nebenkosten in dem streitgegenständlichen Mietverhältnis gelten soll und auch die Frage der Verwirkung ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da jedenfalls die zur Prüfung stehende Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2014 aus formellen Gründen unwirksam ist. Unstreitig lag der Nebenkostenabrechnung lediglich die Abrechnung der Firma Dettling vom 01.04.2015 (Bl. 18 d.A.) und gerade nicht die Heizkostenabrechnung der ista bei. Aus dieser Nebenkostenabrechnung vom 08.05.2015 ergibt sich für die Position Heizkosten aber nicht der Umlageschlüssel. Angegeben ist unter der Rubrik „Verteilerschlüssel“ lediglich das Wort Heizkosten und sodann die Gesamtkosten und der Anteil, der auf die Beklagte entfällt.
Dies entspricht aber nicht einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung. Denn formal ordnungsgemäß ist eine Abrechnung dann, wenn sie fünf Voraussetzungen erfüllt. Sie muss enthalten:
-die Zusammenstellung der Gesamtkosten,
-die Angabe und ggf. Erläuterung der zugrundegelegten Umlageschlüssel,
-die Berechnung des Anteils des Mieters,
-den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters,
-die gedanklich und rechnerische Verständlichkeit
(siehe hierzu Langenberg in Schmidt/Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 BGB, Rd-Nr. 333 bis 344; Langenberg/Zehelein in Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Auflage 2016, § 556 BGB, Rd-Nr. 125 bis 131).
Auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.02.2012, VIII ZR 207/11, führt dieser aus, dass regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen sind: „Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit zum Verständnis erforderlich – die Erläuterung der zugrundegelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der Vorauszahlungen des Mieters“ (BGH VIII ZR 207/11 vom 14.02.2012 m.w.N.).
Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.01.2016, VIII ZR 93/15, folgt nichts anderes. Dort hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich aufgeführt, dass die regelmäßig aufzunehmenden Mindestangaben diejenigen sind, die bereits in der Entscheidung vom 14.02.2012 aufgezählt wurden. Lediglich zu den bereinigten Gesamtkosten führt der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung aus, dass es nicht zu den Voraussetzungen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung gehört, diejenigen Zwischenschritte offenzulegen, mit denen der Vermieter aus kalenderjahresübergreifenden Abrechnungen eines Versorgers, die auf das abzurechnende Kalenderjahr entfallenden Betriebskosten ermittelt. Bei sogenannten bereinigten Kosten bedürfe es für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Nebenkostenabrechnung keiner zusätzlichen Angaben zu den Betriebskosten der gesamten Wohnanlage oder zu den Gesamtkosten einschließlich nicht umlagefähiger Kostenanteile und der Erläuterung insoweit angewendeter Rechenschritte. Dies trifft aber den vorliegenden Fall nicht, sondern dort geht es vielmehr darum, dass es neben der Nennung der Gesamtkosten und des auf den Mieter entfallenden Anteils an der Benennung eines Umlageschlüssels, mit dem der Anteil des Mieters errechnet wurde, fehlt. Es ist für den Mieter daher nicht rechnerisch nachvollziehbar, ob sein Anteil richtig berechnet wurde.
Aus diesen Gründen ist die streitgegenständliche Nebenkostenabrechnung im Hinblick auf die Position Heizkosten formell unwirksam.
Da die Heizkosten vorliegend den weit überwiegenden Anteil der Nebenkostenabrechnung ausmachen und die übrigen geltend gemachten Nebenkosten nicht den Betrag der Vorauszahlungen erreichen, handelt es sich auch nicht um den Fall einer teilweisen formellen Unwirksamkeit, sondern die Betriebskostenabrechnung ist insgesamt davon betroffen.
Aus diesem Grunde können die weiteren rechtlichen Streitpunkte der Parteien, die Frage der Umlage von Nebenkosten und die Frage der Verwirkung, dahinstehen.
Der Kläger kann aus der formell unwirksamen Betriebskostenabrechnung 2014 keine Zahlungen der Beklagten fordern.
Das amtsgerichtliche Urteil war daher auf die Berufung der Beklagten hin aufzuheben und die Klage war abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO.
Der Kläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern, § 543 ZPO.


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