Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Kein Anspruch auf Überlassung und Übereignung einer Dachgeschosswohnung in Österreich

Aktenzeichen  14 O 5472/15

Datum:
2.7.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56685
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 17 a.F., § 27 a.F., § 31, § 32 a.F.
EuGVVO Art. 4 Abs. 1, Art. 24
ZPO § 12, § 13
EGBGB Art. 28 Abs. 1, Abs. 2
BGB § 134, § 138, § 313 S. 1 u. 2 a.F., § 667

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht München ist international nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO (da keine Geltendmachung eines dinglichen Rechts i.S.d. Art. 24 Nr. EuGVVO) und örtlich gemäß §§ 12, 13 ZPO zuständig.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Es findet deutsches Recht Anwendung, Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte keiner der haupt- und hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus einer Treuhandvereinbarung bzw. aus § 667 BGB in Verbindung mit einer deratigen Vereinbarung zu.
1. Zwar ist das Gericht nach dem Gutachten der Sachverständigen F2. nebst ergänzender Stellungnahme derselben und ihrer mündlichen Anhörung im Termin vom 09.02.2017 von der Unterschriftsurheberschaft der Beklagten und damit von ihrem Abschluss dieser Vereinbarung Anlage K2 mit dem Kläger trotz der zweiten eidesstattlichen Versicherung in Anlage B 6 überzeugt.
Jedoch beinhaltet die zeitlich nach dem Kaufvertrag Anlage B 5 geschlossene Treuhandvereinbarung Anlage K 2 die Regelung, die Beklagte kaufe [sic!] die Wohnung und werde auf Veräußerungswunsch des Klägers die nötige Beurkundung vornehmen und stimme der Veräußerung ausdrücklich zu. Sie beinhaltet damit eine Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung der Wohnung (und, insoweit unbeachtlich, da durch den vorherigen Kaufvertrag obsolet, auch eine Verpflichtung zum vorherigen Erwerb).
Die Treuhandvereinbarung vom 06.11.2006 (Anlage K2) ist damit formunwirksam nichtig. Sie verstößt gegen § 313 S. 1 BGB a.F. § 313 BGB in der zum Vertragsschluss gültigen Fassung lautet: Satz 1: Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Satz 2: Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.
Eine Heilung gemäß § 313 S. 2 BGB a.F. scheitert bereits daran, dass die Auflassung bereits im Kaufvertrag Anlage B 5 und damit vor der Formunwirksamkeit erfolgt ist.
2. Eine – vorherige – mündliche Treuhandvereinbarung vor dem Kauf zwischen Kläger und Beklagter, deren Formunwirksamkeit etwa durch den nachfolgenden Kaufvertrag gehilt worden sein könnte, ist nicht erfolgt.
Darlegungs- und beweisbelastet für die mündliche Vereinbarung ist der Kläger. Dieser Beweis ist durch die Beweisaufnahme nicht erbracht.
Die von dem Kläger angebotenen und uneidlich vernommenen Zeugen haben dessen Behauptung im Ergebnis nicht bestätigt bzw. sogar widerlegt:
Der Zeuge G. gab an, die Parteien seien als normales Paar aufgetreten, wobei die Beklagte gekauft und der Kläger finanziert habe. Von einer Strohmanneigenschaft und einer beabsichtigten Gesetzesumgehung bei dem Kauf wisse er nichts. Zu einer vom Kläger als Anlage K 20 vorgelegten „Bestätigung“ des Zeugen G. vom 22.02.2018 erklärte der Zeuge, die Erklärung habe der Kläger formuliert, insbesondere die Formulierungen „stellvertretende Grundbucheintragung seiner Lebensgefährtin Frau S1.“ und der Kläger als „wirtschaftlicher Eigentümer“ habe er unterzeichnet, wobei er unter stellvertretender Grundbucheintragung verstanden habe, es gehe um den [Kauf-]Vorvertrag und mit „wirtschaftlicher Eigentümer“ sei gemeint gewesen, dass der Kläger „die Zahlungen übernahm“.
Die Zeugin R2. W2., die Schwester des Klägers, gab an, der Kläger habe ihr erzählt, es sei ein [Treuhand-]Vertrag unterschrieben, „es sei jetzt alles gelaufen“.
Den Vertrag habe sie im letzten halben Jahr während des Rechtsstreits gesehen.
Vor Kaufvertragsabschluss sei zwischen den Parteien geredet worden, dass der sie einen Vertrag zur Absicherung des Klägers machen wollten. Eine Besprechung von Einzelheiten dieser Absicherung habe sie nie mitbekommen, nur, dass man noch [sic] einen Vertrag machen wolle, der das klar regeln solle. Auf suggestive Frage des Klagevertreters, ob sich die Parteien einig gewesen seien, dass die Wohnung dem Kläger die Wohnung gehören solle, bejahte sie diese zwar wortwörtlich, schränkte dies auf Nachfragen aber wieder ein. Die Absicherung habe über einen Vertrag erfolgen sollen. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass sie einen Vertrag machen, dass dem Kläger die Wohnung gehöre und die Beklagte nur die Unterschrift leiste. Auf Frage, ob bei dem Treffen auf einer Berghütte bereits festgelegt gewesen sei, dass der Kläger Eigentümer sein solle oder ob noch ein Vertrag gemacht werden solle gab sie an, es sollte noch ein Vertrag gemacht werden.
Sie gab weiter an, es sei nie die Rede von der Wohnung als Geschenk gewesen. Ihr Bruder habe den ganzen Kaufpreis zahlen sollen.
Die Zeugin bestätigte auch die vom Kläger bestrittene Abtreibung der Beklagten und die Kenntnis ihres Bruders hiervon.
Der Zeuge R3. W2., der Schwager des Klägers, gab an, ihm und der Zeugin W2. sei nicht klar gewesen, ob die Parteien die Wohnung zusammen kaufen wollten. Die Parteien hätten dann aber gesagt, dass der Kläger für sich allein kaufe. Die Parteien würden Verträge aufsetzen, wo alles klar geregelt sei, dass der Kläger der Besitzer sei. Der Zeuge erinnere nicht, dass Details zu den Verträgen besprochen worden seien; es sei allgemein um die vertragliche Trennung gegangen, dass nicht die Beklagte Eigentümerin sei, sondern der Kläger.
Auf suggestive Frage des Klägervertreters, ob der Zeuge es so verstanden habe, dass nur noch schriftliche Verträge aufgesetzt werden sollten und das Besprochene in schriftliche Verträge aufgenommen werden sollte, gab der Zeuge an „Das wollten eigentlich [sic] beide so.“
Sodann stellte der Zeuge zunächst in Abrede, dass der Kläger etwas mit der Firma des Zeugen zu tun gehabt habe, mußte dann aber auf Vorhalt einräume, dass der Kläger 30-40 % des Auftragsvolumens der Firma des Zeugen ausmache.
Der Zeuge räumte ein, in letzter Zeit mit dem Kläger und der Zeugin W2. über das gesprochen zu haben, worum es in seiner Aussage gehe.
Der Zeuge legte sich auch auf Mitte März 1992 für das Berghüttengespräch in Anwesenheit der Beklagten fest.
Letzteres ist aber nachweislich falsch, wie sich aus den Ein- und Ausreisestempeln aus dem Reisepass der Beklagten ergab, die vom 06.03. Bis 25.03.1992 in Namibia war.
In der Beweiswürdigung zeigt sich ein teils merklicher Eifer der beiden Zeugen W2., für den Kläger vermeintlich günstig auszusagen, v.a. auf entsprechend suggestive Vorlage des Klägervertreters, wobei diese „abnickenden“ Aussageteile teils in Widerspruch zu sonstigen Aussagen standen. Bei dem Zeugen W2. fiel auf, dass er das Gericht bei der Frage der Firmenbeziehungen und der Frage des Datums des Berghüttengesprächs auch mit der Unwahrheit bediente. Beide Zeugen hatten darüber hinaus im Vorfeld der Beweisaufnahme mit dem Kläger über den Aussagegegenstand gesprochen und zumindest die Zeugin auch den Vertrag Anlage K 2 im letzten halben Jahr gelesen, was zu – auch unbewussten – Veränderungen der tatsächlichen Erinnerungen in der Reproduktionsleistung während der Aussage vor Gericht aufgrund von Überlagerung durch Gesprächsinhalte, insbesondere auch Äußerungen des Klägers bei dem Vorgespräch, führen kann. Eine gewisse manipulative Qualität des Klägers zeigt sich auch in der Vorlage der Anlage K 20 als angebliche Erklärung des Zeugen G., von der sich aufgrund der Vernehmung des Zeugen G. ergab, dass der Kläger diesem ihm günstige Äußerungen „untergeschoben“ hatte, ohne dass dieser um deren Bedeutung gewußt hatte.
Der Zeuge G. selbst sagte offen und detalliert sowie schlüssig aus. Er gab sich sichtlich Mühe zu differenzieren und die Grenzen seiner Erinnerung einzuräumen. Er wirkte insgesamt auf das Gericht glaubhaft und konnte außer einer Außenfinanzierung, also Zahlung durch den Kläger, nur das gemeinsame Auftreten als Paar mit der Beklagten als Käuferin und dem Kläger als Finanzier bestätigen, ohne dass eine Strohfraueigenschaft ersichtlich gewesen wäre.
Die Zeugin W2. erklärte im Ergebnis, dass erst noch ein Vertrag zur Regelung der Treuhandschaft hätte aufgesetzt werden sollen. Eine verbindliche mündliche Regelung wie in Anlage K 2 bestätigte sie bei grundsätzlich bestehender Einigkeit über ein Eigentum des Klägers nicht. Die Aussage der Zeugin ist zwar teils tendenziös, aber insgesamt noch glaubhaft.
Der Zeuge W2. erinnerte sich auch nicht, dass Details besprochen worden seien, dann aber andererseits das Besprochene in schriftliche Verträge aufgenommen werden sollte. Die Aussage des Zeugen W2. ist nur gering glaubhaft, zum einen wegen obiger Auffälligkeiten und Falschheiten, zum anderen aber, weil er einerseits keine Detailregelungen kennen will, aber dass genau diese schriftlich aufgenommen werden sollten.
In der Vortragsgenese des Klägers fällt auf, dass der Kläger erstmals und noch unsubstantiiert mit Schriftsatz vom 31.07.2017 (s. 5 oben) überhaupt mündliche verbindliche Vereinbarungen behauptete, obwohl zu derartigem bereits nach Vorlage der eidesstattlichen Versicherung Anlage B 6 mit Beklagtenschriftsatz vom 20.12.2016 Anlass bestanden hätte.
Auch der schriftliche Vertrag Anlage K 2 enthält keine Bezugnahme auf eine angeblich zuvor bereits verbindlich geschlossene mündliche Regelung, was zumindest nicht fern gelegen hätte, zumal der Kläger im Schriftsatz vom 31.07.2017 (s. 5 oben) selbst vorträgt, es seien „informell getroffene Vereinbarungen über den treuhänderischen Erwerb abgeschlossen [worden], so [sic!] wie sie dann in dem Treuhandvertrag schriftlich formuliert worden“ seien. Ein derartige Regelungstiefe wäre zudem für eine bloß mündliche Vereinbarung ungewöhnlich. In diesem Zusammenhang fällt auch besonders die Aussage des Zeugen W2. auf, das „Besprochene“ habe schriftlich fixiert werden sollen, der aber nichts Besprochenes detaillieren konnte, wenngleich sich genau dies mit der Beweisbehauptung des Klägers auffällig deckte.
Im Ergebnis kann sich das Gericht jedenfalls keinesfalls davon überzeugen, dass die Parteien bereits vor dem Kaufvertragsabschluss eine verbindliche mündliche Treuhandabrede mit hinreichend bestimmtem Inhalt der Rechte und Pflichten und sicher auch nicht, wie auch behauptet, gerade des Inhalts der Anlage K 2 abgeschlossen hätten, mag auch die beiderseitige Absicht der schriftlichen Vereinbarung einer inhaltlich noch näher zu bestimmenden Treuhandabrede damals bestanden haben.
Auf die Frage, wer wieviel zum Kaufpreis direkt oder indirekt beigetragen hat, kommt es damit allenfalls für Schlüsse auf die Motivationslage für den Abschluss einer Treuhandregelung an. Eine verbindliche Regelung hat aber vor dem Kaufvertragsabschluss gerade nicht stattgefunden.
Auf die Frage eines Umgehungsgeschäfts zur Umgehung eines damaligen Immobilienerwerbsverbotes in Österreich für den Kläger deutscher Staatsangehörigkeit und eine daraus folgende mögliche Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 134 BGB oder § 138 BGB kommt es nicht an.
Die Nichtigkeit bzw. Nichtexistenz der Treuhandvereinbarungen führt zur Unbegründetheit der Haupt- und der Hilfsanträge, da weder ein Verkauf noch eine direkte Übereignung wirksam geschuldet ist.
Entsprechende Ansprüche ergeben sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt von – ohnehin nicht ausdrücklich geltend gemachten – Schadensersatzsprüchen wegen etwaigen culpa in contrahendo im Rahmen der mündlichen Vorgespräche, da diese gerade nicht die strengen Formvorschriften aushebeln dürften und es Sache des Klägers gewesen wäre, eine verbindliche und bestimmte, möglichst zudem formwirksame, Regelung herbeizuführen.
Ein Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen Kosten besteht mangels berechtigtem Hauptsacheanspruch auch nicht.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO

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