Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Keine Vergütung für Beiratsmitglieder

Aktenzeichen  481 C 15463/16 WEG

Datum:
1.2.2017
Fundstelle:
GE – 2017, 1231
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 29 Abs. 2
BGB BGB § 662, § 670

 

Leitsatz

Die Gewährung einer Vergütung für den Zeitaufwand eines Beiratsmitglieds entspricht grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung; das Beiratsmitglied hat nur Anspruch auf Ersatz seiner (konkreten oder angemessen pauschalierten) Aufwendungen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft B.-straße …, …, …, R.-straße …, …, …, M. vom 23.06.2016 zu dem Tagesordnungspunkt 6 (Aufwandsentschädigung für den Beirat) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt. Auf die Klage gegen den zu TOP 6 gefassten Beschluss entfällt ein Teilstreitwert von 1.500,00 €, auf die Klage gegen den zu TOP 14 gefassten Beschluss entfällt ein Teilstreitwert von 500,00 € und auf die Klage gegen den zu TOP 19 gefassten Beschluss entfällt ein Teilstreitwert von 1.000,00 €.

Gründe

Die Klage ist zulässig und, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, begründet.
I.
Das Amtsgericht München ist gemäß § 23 Nr. 2 c GVG und § 43 Nr. 4 WEG örtlich und sachlich ausschließlich zuständig.
II.
Die Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, begründet. Die Gewährung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 500,– € an jedes Beiratsmitglied entspricht nicht dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung.
Gemäß § 29 Abs. 2 WEG unterstützt ein Beirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei jedem Beiratsmitglied um einen Beauftragten im Sinne von §§ 662 ff. BGB. Gemäß § 662 BGB wird der Beauftragte grundsätzlich unentgeltlich tätig; er kann lediglich seine Aufwendungen ersetzt verlangen, § 670 BGB (vgl. Chr. Spielbauer, in: Spielbauer/Then, 3. Auflage 2017, § 29, Rn. 7). Es gilt mithin der Grundsatz, dass Verwaltungsbeiratsmitglieder unentgeltlich tätig werden und nur einen dem tatsächlichen Aufwand entsprechenden oder pauschalierten Aufwendungsersatz erhalten. Letzterer beträgt üblicherweise ca. 100 EUR. Weshalb hier entgegen der Ankündigung in der Tagesordnung eine fünffach höhere „Aufwandsentschädigung“ gewährt wird, wurde nicht mit konkretem finanziellen Aufwand begründet. Vielmehr wurde es in der mündlichen Verhandlung deutlich, dass der Betrag von 500,00 EUR mit einem besonders hohen zeitlichen Aufwand begründet wurde, den die Beiratsmitglieder hier erbracht haben sollen. Gerade dies verkennt aber den Grundsatz aus §§ 662, 670 BGB, wonach die Tätigkeit eines Beiratsmitglieds – egal, wie viel Zeit damit verbunden ist – unentgeltlich ausgeübt wird und lediglich konkrete – oder angemessen pauschalierte – finanzielle Aufwendungen erstattet werden. Auch ein hoher Zeitaufwand bei der Unterstützung der Verwaltung rechtfertigt eine Verfünffachung des üblichen und bisher vorgesehenen Betrages der Aufwandsentschädigung daher nicht. Selbst wenn in einem konkreten Jahr ein besonders hoher finanzieller Aufwand durch die Beiratstätigkeit entstanden (und belegt) sein sollte, so könnte nach Auffassung des Gerichts zwar in diesem Falle eine entsprechend höhere einmalige Aufwandsentschädigung für das entsprechende Jahr beschlossen werden, keinesfalls aber pauschaliert für die Zukunft. Mit der Höhe der hiär gewährten Aufwandsentschädigung wird die – in rechtlicher Hinsicht klare – Grenze zwischen Aufwendungsersatz und einer Vergütung verwischt. Das Gericht weist hierzu insbesondere auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin zu einer – auch als solches bezeichneten – „Vergütung“ in gleicher Höhe hin. Darin hat das Kammergericht Berlin ausgeführt: „Eine jährliche Vergütung von 500 € für die Vorsitzende des Beirats ist dagegen üblicherweise nicht mehr angemessen und widerspricht im Regelfall ordnungsmäßiger Verwaltung. Selbst der Umstand, dass eine besonders zerstrittene und schwierige WEG vorliegt, rechtfertigt eine solche Vergütung nicht (KG Berlin, Urteil vom 29.03.2004 – 24 W 194/02, ZMR 2004, 775).
Der angefochtene Beschluss ist daher im Ergebnis für ungültig zu erklären. Auf die Frage, ob ein Ladungsmangel vorliegt, da in der Beschlussfassung ausdrücklich von einer vorgesehenen Aufwandsentschädigung von 100,– € die Rede war, kommt es deshalb vorliegend nicht an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, sind die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Soweit der Kläger obsiegt, sind die Kosten gem. § 92 Abs. 1 ZPO anteilsmäßig den Beklagten aufzuerlegen. Die Kostenaufhebung beruht auf der Höhe der jeweiligen Teilstreitwerte im Verhältnis zum gesamten Streitwert.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gem. § 709 ZPO.
V.
Der Streitwert wurde gem. § 49 a GKG festgesetzt. Gemäß § 49 a Abs. 1 S. 1 GKG ist der Streitwert auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Gemäß § 49 a Abs. 1 S. 2 GKG darf aber der so ermittelte Streitwert das Interesse des Klägers und der auf seiner Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesse nicht überschreiten.
Danach gilt hier:
Das Interesse aller Parteien an der Entscheidung zu TOP 6 entspricht wegen der Rückwirkung der Erhöhung der Aufwandsentschädigung auf das Vorjahr 3.000,– € (500 € pro Beiratsmitglied jeweils für die vom Beschluss unmittelbar betroffenen Jahre 2015 und 2016). 50 % hiervon sind 1.500,00 €. Ein Fünf-Jahres-Ausblick bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Höhe der Aufwandsentschädigung der Beiratsmitglieder ist entgegen dem klägerischen Vortrag beim Amtsgericht München nicht üblich. Anders liegt der Fall, wenn etwa der Beschluss über die Bestellung eines Verwalters angefochten wird und der Bestellungszeitraum fünf Jahre beträgt, da in diesem Falle die Höhe der Vergütung für den Bestellungszeitraum maßgebend ist (vgl. Beispiele aus der Rechtsprechung bei Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, § 49 a GKG, Rn. 34). Diese Rechtsprechung lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, da ein bestimmter Bestellungszeitraum eines Beiratsmitglieds nicht vorgegeben ist und ein Beschluss über eine Abänderung der Höhe der Aufwandsentschädigung für die Beiratsmitglieder, anders als im Falle eines bestimmten Bestellungszeitraums eines Verwalters, ohne Weiteres möglich ist. Die Höhe des klägerischen Interesses im Sinne von § 49 a Abs. 1 S. 2 GKG konnte nicht ermittelt werden, da keine Angaben dazu gemacht wurden, welcher Anteil hiervon auf seine Sondereigentumseinheit entfällt.
Das Interesse aller Parteien an der Entscheidung zu TOP 19 kann gem. § 3 ZPO nur geschätzt werden. Das Gericht schätzt das Interesse aller Parteien an der Klärung der Frage, inwieweit die Haustierhaltung entsprechend dem angefochtenen Beschluss eingeschränkt werden kann, auf 2.000,00 €. 50 % hiervon sind 1.000,00 €
Da zu TOP 14 tatsächlich kein Beschluss gefasst wurde, kann auch hier das Interesse aller Parteien an dem Rechtsstreit nur geschätzt werden, § 3 ZPO. In Ermangelung eines Beschlusses wird das Interesse der Parteien hier auf 1.000,00 € geschätzt. Hiervon 50 % sind 500,00 €.


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