Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Aktenzeichen  1 C 784/19

Datum:
20.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48631
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die im Erdgeschoss gelegene Wohnung im Anwesen …, bestehend aus 3 Zimmern, einer Küche, einem Korridor, einem Bad, einer Toilette zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 450,00 € seit 05.06.2019, aus weiteren 450,00 € seit dem 04.07.2019, aus weiteren 450,00 € seit dem 05.08.2019 sowie aus weiteren 450,00 € seit dem 05.09.2019 sowie weitere 473,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.11.2019 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. 2 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
5. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.03.2020 gewährt.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.400,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Die Beklagte ist gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB verpflichtet, die streitgegenständliche Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde durch die fristlose Kündigung mit Schreiben vom 30.07.2019, die der Beklagten am 02.08.2019 zugegangen ist, beendet.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin ist im Wege der Erbfolge zunächst Alleineigentümer des Anwesens … geworden. Mit seinem Tod ist die Klägerin als Alleinerbin ihres Ehemanns alleinige Eigentümerin des Anwesens geworden.
Von dem mittlerweile verstorbenen Ehemann der Klägerin, …, und der Beklagten wurde am 17.06.2015 der als Anlage K1 vorgelegte schriftliche Mietvertrag unterzeichnet. In dem schriftlichen Mietvertrag ist der verstorbene … als Vermieter und die Beklagte als Mieterin benannt und die Mieträume und der monatliche Mietzins genau bezeichnet. Nach allgemeinen Regeln kann von einem wirksamen Vertragsschluss ausgegangen werden.
Nach dem Vortrag der Beklagten wurde der schriftliche Mietvertrag nur „pro forma“ abgeschlossen, sodass ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB vorliegen könnte. Seitens der Klägerin wurde aber bestritten, dass der Mietvertrag nur „pro forma“ geschlossen wurde, und vorgetragen, dass es sich um einen voll wirksamen Mietvertrag handelt. Die Beklagte hat für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Scheingeschäfts, für dessen Voraussetzungen sie beweispflichtig wäre, keinerlei Beweis angeboten, weshalb das Gericht von einem wirksamen Mietvertragsschluss zwischen … und der Beklagten ausgeht.
Mit dem Tod des … ist die Klägerin als seine Alleinerbin auf Vermieterseite in den Mietvertrag eingetreten.
Nach § 7 Abs. 1 des Mietvertrags ist die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats zu zahlen. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung hatte die Beklagte für die Monate Juni 2019 und Juli 2019 keinerlei Mietzahlungen geleistet. Da die Fälligkeit kalendermäßig bestimmt ist, bedurfte es keiner Mahnung (§ 286 Abs. 2 Nummer 1 BGB), um Verzug auszulösen. Mithin lagen zum Zeitpunkt der Erklärung und des Zugangs der Kündigung die Voraussetzungen der §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a, 569 Abs. 3 Nummer 1 BGB vor.
Die Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB) ist eingehalten. Der Zahlungsrückstand als Kündigungsgrund wurde konkret bezeichnet, die Kündigung ist damit auch ausreichend begründet (§ 569 Abs. 4 BGB). Einer Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 545 BGB wurde widersprochen.
Das Mietverhältnis wurde damit wirksam gekündigt.
Die Beklagte ist auch nicht aufgrund eines vereinbarten Wohnrechts berechtigt, die Räumung und Herausgabe der Wohnung zu verweigern. Auch für das behauptete mündlich vereinbarte Wohnrecht ist die Beklagte beweispflichtig. Insoweit hat die Beklagte als alleiniges Beweismittel ihre eigene Parteivernehmung angeboten. Für eine Parteivernehmung der Beklagten nach § 447 ZPO fehlt es jedoch am Einverständnis der Klägerin. Für eine Parteivernehmung der Beklagten von Amts wegen nach § 448 BGB wäre indes eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung erforderlich (Zöller, ZPO, § 448 ZPO Rn. 4). Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass dauerhafte Wohnrechte üblicherweise notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden, kann hiervon nicht ausgegangen werden.
Der Herausgabeanspruch der Klägerin ergibt sich damit aus § 546 BGB, im Übrigen auch aus § 985 BGB.
Da davon ausgegangen werden muss, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Mietvertrag besteht, nämlich derjenige, der am 17.06.2015 unterzeichnet wurde, ist die Beklagte auch zur Bezahlung der sich aus dem Mietvertrag ergebenden Miete verpflichtet, mithin zur Bezahlung von 300,00 € Nettomiete zzgl. 150,00 € Betriebskostenvorauszahlung und damit insgesamt zu einer Bezahlung von 450,00 € monatlich. Unstreitig hat die Beklagte für die Monate Juni 2019 bis September 2019 keine Mietzahlungen erbracht, sodass sie auch zur Bezahlung der insoweit rückständigen Mieten in Höhe von insgesamt 1.800,00 € zu verurteilen war.
Die geltend gemachten Zinsansprüche ergeben sich aus den §§ 280, 286 Abs. 2 Nummer 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten zu erstatten. Ausgehend von einem berechtigten Gegenstandswert von 4.500,00 €, einer 1,3 Geschäftsgebühr Nummer 2300 VV RVG, einer Pauschale für Post und Telekommunikation Nummer 7002 VV RVG und der Mehrwertsteuer ergeben sich berechtigte außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 €. Geltend gemacht werden als Nebenforderungen 473,62 €. Diese sind als Verzugsschaden zu erstatten.
Der Zinsanspruch ergibt sich insoweit aus § 291 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 7, 709 ZPO.
Der Beklagten wurde von Amts wegen eine Räumungsfrist eingeräumt (§ 721 ZPO).


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