Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Schadensersatzanspruch, Mieter, Betriebskostenabrechnung, Sonderzahlung, Wohnung, Mietvertrag, Miete, Genehmigung, Anspruch, betrug, Erteilung, Zahlung, Verfahren, Staffelmiete, berechtigtes Interesse, vereinbarte Miete, schriftliche Vereinbarung

Aktenzeichen  425 C 3385/21

Datum:
17.6.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51675
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm inne gehaltene Wohnung …, bestehend aus zweieinhalb Zimmern, Küche, Bad/WC, Gäste WC, Diele, Loggia, sowie einem Kellerabteil mit einer Größe von 78,73 m² zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
2. Der Beklagte wird gesamtschuldnerisch mit dem Zeugen … verurteilt, an die Klägerin 17.173,67 €, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.09.2020 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9 % und der Beklagte 91 % zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger hinsichtlich Ziffer 2 und 4 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin hinsichtlich Ziffer 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Der Streitwert wird auf 33.387,07 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht München ist sachlich gemäß § 23 Nr. 2 a GVG und örtlich nach § 29 a Abs. 1 ZPO ausschließlich zuständig.
Die Klage ist weitgehend begründet.
I.
1. Mietrückstände
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der tenorierten Mietrückstände aufgrund des zwischen den Parteien unstrittig geschlossenen Mietvertrag, § 535 II BGB. Danach wurde eine Grundmiete in Höhe von 970,00 € vereinbart. Die Betriebs-und Heizkostenvorschüsse betrugen unstrittig 395,00 €. Die Sondervereinbarung (Staffelmiete) ist unwirksam, da die Jahresfrist des § 557 a II 1 BGB nicht eingehalten wurde. Somit betrug die streitgegenständlich zuletzt geschuldete Miete 1.365,00 €. Im streitgegenständlichen Zeitraum Juni 2018 bis August 2020 hat der Beklagte unstrittig 16.082,00 € Miete gezahlt zuzüglich einer Sonderzahlung in Höhe von 2.387,00 € bei einer Mietschuld von insgesamt 36.855,00 €. Des Weiteren bestand für 2017 ein Guthaben in Höhe 839,20 € und für 2018 373,13 €. Unter Berücksichtigung der Zahlungen und Guthaben ergibt sich ein Saldo von 17.173,67 €, das der Klägerseite zuzusprechen war. Soweit darüber hinaus die Differenz zur Staffelmiete geltend gemacht wurde, war der Klageanspruch mangels wirksamer Vereinbarung als unbegründet zurückzuweisen.
2. Keine Aufrechnungslage
Der Beklagte hat keinen Schadensersatzanspruch wegen einer nicht erteilten Untermieterlaubnis gemäß § 280 BGB.
Die Voraussetzungen für eine Untermieterlaubnis und damit einer Verpflichtung des Vermieters, diese zu erteilen, liegen nicht vor.
Der Mieter muss ein berechtigtes Interesse an der Gebrauchsüberlassung an den Dritten haben. Dafür genügt es nach der Rechtsprechung des BGH, wenn dem Mieter vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen. Geschützt ist jedes rechtliche, persönliche, wirtschaftliche oder familiäre Interesse des Mieters von einigem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht. (Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Auflage 2021, § 553 BGB, Rn. 4)
Ein berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Räumlichkeiten kann der Mieter insbesondere daraus herleiten, dass er hierauf wegen einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse angewiesen ist. Vorliegend liegt jedoch entgegen den Ausführungen des Beklagten keine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor.
Der Mietvertrag wurde unstrittig mit dem Beklagten und dem Zeugen … geschlossen. Sie sind Mitmieter und damit Gesamtschuldner der Mietzinsforderung. Der Beklagte hat im Innenverhältnis ein Befriedigungsrecht gemäß § 426 BGB.
Die Gesamtschuld des Zeugen … betreffend den Mietzins ist nicht dadurch entfallen, dass er tatsächlich aus dem Wohnobjekt ausgezogen ist.
Eine Entlassungsvereinbarung zwischen dem Vermieter (Eigentümergemeinschaft) und dem Beklagten und dem Zeugen … wurde nicht schlüssig vorgetragen. Eine Beweiserhebung war nicht erforderlich.
Unstrittig existiert keine schriftliche Vereinbarung.
Für eine entsprechende mündliche Vereinbarung fehlt es neben einer konkreten Darlegung des Gesprächsinhaltes an einem schlüssigen Vortrag. Bereits nach dem (als richtig unterstellten) Vortrag des Beklagten fehlt es an entsprechenden übereinstimmenden Willenserklärungen. Mit dem damaligen Hausverwalter wurde nach Angaben des Beklagten über den Ablauf einer möglichen Entlassung gesprochen. Es wurde insbesondere besprochen, dass eine etwaige Erklärung von der Hausverwaltung gegengezeichnet wird, was nicht erfolgt ist. Dies kann verschiedene Gründe haben, ggfs auch den, dass es an einer Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft (Bevollmächtigung zur Entlassung) fehlte. Der so vorgetragene Gesprächsablauf kann nicht wie die Beklagtenseite behauptet, so ausgelegt werden, dass der Hausverwalter unabhängig von eine Gegenzeichnung die Entlassung bereits mündlich genehmigt hat. Der Beklagte muss sich auch vorwerfen lassen, dass er sich um eine klärende Vereinbarung hätte kümmern müssen. Jeden Laien ist klar, dass man sich nicht einseitig einer vertraglichen Verpflichtung entziehen kann. Im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.05.2021 wurde der Gesprächsinhalt nicht weiter konkretisiert. In die behauptete Vorab-Genehmigung der Untervermietung durch den Hausverwalter für den Fall des Auszugs kann ebenfalls keine Entlassungsvereinbarung hineininterpretiert werden.
3. Kündigung
Die Klagepartei hat einen Räumungs- und Herausgabeanspruch aus §§ 546 I, II, 985 BGB gegen die Beklagtenpartei.
Zwischen den Parteien bestand unstrittig ein Mietverhältnis betreffend der streitgegenständlichen Wohnung. Das Mietverhältnis wurde durch die fristlose Kündigung vom 18.05.2020 wirksam beendet. Sie ist unstrittig zugegangen und formell wirksam, weil das Kündigungsschreiben der Klägerseite den Anforderungen der §§ 543, 569 IV BGB genügt. Diese setzen voraus, dass die Gründe für die Kündigung in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.
Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Dies ist vorliegend erfolgt. Soweit die unwirksame Staffelmiete mitberücksichtigt wurde, ändert dies an der formellen Wirksamkeit der Kündigung nichts.
Eine Zurückweisung der Kündigung mangels Vollmachtvorlage ist gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Nach dem vorgelegten Kündigungsschreiben lag die Bevollmächtigung der Verwaltung als Beschlussprotokoll vom 24.04.2019 (Anlage K 15) bei. Sollte – so der Vortrag der Beklagtenseite – ein anderes Protokoll beigefügt gewesen sein, so ist dies unerheblich, da bereits mit Email vom 22.7.2019 (K16) die Bevollmächtigung unstrittig mitgeteilt wurde (K16).
Die Willensbildung zur Kündigung wurde mit Vorlage des Beschlusses (Anlage K 15) nachgewiesen.
Gemäß § 543 II Nr. 3 b BGB befand sich der Beklagte mit einem erheblichem, zwei Monatsmieten weit übersteigenden Betrag, wie oben dargelegt, in Zahlungsverzug. Eine Aufrechnungslage bestand nicht.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
Im Hinblick auf die erheblichen Mietrückstände war keine Räumungsfrist zu gewähren.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 ZPO und die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7, Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Der Streitwert richtet sich nach der Jahresnettomiete zuzüglich der Leistungsklage, § 3 ZPO, 41 II GKG.


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