Aktenzeichen M 17 K 17.2247
BUKG § 2, § 7
Leitsatz
Der Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld beinhaltet nicht die Erstattung der Aufwendungen, die durch eine Wohnungsbesichtigungsreise entstanden sind. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 10. Juli 2017 bzw. 20. Juli 2017 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 23. März 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 21. April 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der für die Wohnungsbesichtigungsreise entstandenen Aufwendungen (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstrittig, dass der Kläger gemäß § 3 TGV dem Grunde nach einen Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld hat. Als Soldat nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 TGV gehört er zum Kreis der grundsätzlich trennungsgeldberechtigten Personen. Er wurde auch gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 TGV aus dienstlichen Gründen nach München versetzt, wobei ihm keine Umzugskostenvergütung zugesagt wurde, so dass sich seine Ansprüche nicht nach § 2 TGV richten. Er führt einen doppelten Haushalt, weil er seine Wohnung am bisherigen Wohnort beibehalten hat (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 TGV). Da eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nicht stattfindet und im Hinblick auf die Entfernung auch nicht zumutbar ist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 TGV), besteht dem Grunde nach ein Rechtsanspruch auf Trennungsgeld, der das Trennungstagegeld und das Trennungsübernachtungsgeld umfasst.
2. Nach Auffassung des Gerichts beinhaltet der Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld aber nicht die Erstattung der Aufwendungen, die – wie hier – durch eine sogenannte Wohnungsbesichtigungsreise entstanden sind.
2.1 Der Kläger kann die streitgegenständlichen Kosten nicht gemäß § 7 Abs. 2 BUKG beanspruchen. Zwar ist in dieser Vorschrift die Gewährung von Reisekosten zum Suchen oder Besichtigen einer Wohnung ausdrücklich vorgesehen, diese Vorschrift findet im vorliegenden Fall jedoch keine Anwendung, da dem Kläger keine Umzugskostenvergütung zugesagt wurde (§ 2 Abs. 1 BUKG).
2.2 Ein Anspruch auf Erstattung der Wohnungsbesichtigungskosten ergibt sich aber auch nicht aus § 3 Abs. 4 TGV.
a) Danach werden als Trennungsübernachtungsgeld die nachgewiesenen notwendigen, aufgrund eines Mietvertrages oder einer ähnlichen Nutzungsvereinbarung zu zahlenden Kosten für eine wegen einer Maßnahme nach § 1 Abs. 2 TGV bezogenen angemessenen Unterkunft erstattet (Satz 1). Zu den Unterkunftskosten gehören dabei auch die unmittelbar mit der Nutzung der Unterkunft zusammenhängenden Nebenkosten (Satz 2).
b) Die Erstattung der Kosten für eine Wohnungsbesichtigungsreise ist nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ausgeschlossen. Denn insoweit handelt es sich nicht um Kosten, die „aufgrund eines Mietvertrages oder einer ähnlichen Nutzungsvereinbarung zu zahlen“ sind, da sie vor Abschluss eines derartigen Vertrags anfallen. Ebenso wenig stehen diese Kosten „in unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung der Unterkunft“, wie es zum Beispiel bei Strom- oder Wasserkosten der Fall ist. Eine Wohnungsbesichtigung erfolgt vielmehr im Vorfeld der Nutzung. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht einmal gesichert, ob die besichtigte Wohnung später tatsächlich angemietet wird. Hätte der Gesetzgeber auch derartige Aufwendungen im Sinn gehabt, hätte er nicht auf die Nutzung der Unterkunft als solche, sondern z.B. auf die Begründung und Führung eines zweiten Haushalts abgestellt. § 3 Abs. 4 Satz 2 TGV ist damit auch nicht obsolet, da zu den unmittelbar mit der Nutzung zusammenhängenden Nebenkosten nicht nur solche zählen, die in der Nutzungsvereinbarung explizit genannt sind und damit bereits von § 3 Abs. 4 Satz 1 TGV umfasst sind (a.A. VG Karlsruhe, U.v. 17.2.2014 – 4 K 3375/11 – juris Rn. 19). So zählen zu den erstattungsfähigen Nebenkosten nicht nur Wasserkosten, Stromkosten und Heizkostenzuschlag, sondern z.B. auch Rundfunkbeiträge, Grundsteuer, Zweitwohnungssteuer, Kurtaxe und Fehlbelegungsabgabe (Mayer/Fricke, Umzugskosten im öffentlichen Recht, Stand Juni 2017, § 3 TGV Rn. 178).
c) Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Gesetzessystematik. Der Umstand, dass in § 7 Abs. 2 BUKG und § 11 AUV die Kosten anlässlich einer Wohnungsbesichtigungsreise explizit für erstattungsfähig erklärt werden, zeigt, dass in Fällen, in denen – wie hier – eine Umzugskostenvergütung nicht zugesagt wurde und auch kein Auslandsumzug im Raum steht, eine Erstattung dieser Aufwendungen vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist.
d) Das Gericht teilt auch nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (U.v. 17.2.2014 – 4 K 3375/11 – juris Rn. 17 f.), wonach sich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Wohnungsbesichtigungsfahrt aus Sinn und Zweck des § 3 Abs. 4 TGV ergibt. Der gesetzliche Zweck des Trennungsgeldes besteht darin, den dienstlich veranlassten Mehraufwand zu erstatten. Hierbei handelt es sich um die Gesamtheit der Aufwendungen, die notwendig sind, um am neuen Dienstort (vorübergehend) einen zweiten Haushalt zu führen (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. z.B. U.v. 6.11.2012 – 5 A 2.12 – juris Rn. 10). Notwendig sind die Kosten, die dem Trennungsgeldberechtigten zwangsläufig durch die Übernachtung am neuen Dienstort entstehen (vgl. Dienstvorschrift A-2212/I BMVg IUD II2, Az. 21-05-00, Stand Dezember 2015, Nr. 413, abgedruckt in …, Reisekosten, Umzugskosten, Trennungsgeld, Beihilfen, Stand April 2017, IIA1).
Ein zweiter Haushalt wird aber erst geführt, wenn die Wohnung am Dienstort angemietet ist – also nach der Besichtigung – und die Besichtigungskosten entstehen auch nicht durch die Übernachtung am neuen Dienstort. Im Übrigen dient eine Wohnungsbesichtigungsreise auch primär dem persönlichen Interesse des Leistungsberechtigten, dem Fotos und ggf. ein Exposé nicht genügen. Aus diesem Grund ist auch die Notwendigkeit der Aufwendungen und der unmittelbare Zusammenhang mit der dienstlichen Maßnahme nicht gegeben.
Hinzu kommt, dass gemäß § 3 Abs. 1 TGV dem Berechtigten in den ersten 14 Tagen Trennungsreisegeld gewährt wird. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Berechtigte am neuen Dienstort regelmäßig höhere Aufwendungen als an den Folgetagen hat. Er muss sich nach Ankunft erst orientieren (Suche einer geeigneten preiswerten Unterkunft und Möglichkeiten zur Verpflegung). Erfahrungsgemäß sinken nach der Übergangszeit von 14 Tagen die Mehraufwendungen, so dass dann ein niedrigeres Trennungsgeld gerechtfertigt ist (Kopicki/Irlenbusch, Umzugskostenrecht des Bundes, Stand November 2016, § 3 TGV Rn. 8). Der Kläger hätte sich somit in München zuerst ein (Hotel-) Zimmer mieten und von dort aus eine geeignete Wohnung suchen und besichtigen können.
2.3 Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung berufen, weil die Beklagte den Leistungsberechtigten insoweit entgegenkommt, als nach Nr. 3 des Merkblatts des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen zu Trennungsgeld gemäß TGV vom Januar 2016 (abgedruckt in Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Stand November 2016, Nr. 53b) auch Maklerkosten erstattet werden, sofern diese am neuen Dienstort aufgrund der dortigen Wohnungssituation notwendig sind.
a) Der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung resultiert aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und hat zum Inhalt, dass eine Behörde vergleichbare Sachverhalte gleich behandeln muss, weil sonst ihre Entscheidung alleine wegen der Ungleichbehandlung rechtswidrig wäre, selbst wenn sie, isoliert betrachtet, rechtmäßig wäre. Der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung bewirkt also im Ergebnis eine Einengung der Bandbreite, die die Verwaltungsbehörde bei der Ermessensbetätigung hat (BayVGH, U.v. 7.8.2013 – 10 B 13.1234 – juris Rn. 44; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 27).
b) Notwendige Maklerkosten sind aber mit den hier streitgegenständlichen Aufwendungen nicht vergleichbar. Während erstere aufgrund der Wohnungslage am Dienstort zwingend anfallen, um überhaupt eine Wohnung anmieten zu können, also den zweiten Haushalt zu begründen, dient eine Wohnungsbesichtigungsreise – unabhängig davon, ob bereits Einrichtungsgegenstände oder Kleidungsstücke mitgenommen werden – schon nach der Begrifflichkeit primär dem Zweck, eine (oder mehrere) in Frage kommende Wohnung(en) in Augenschein zu nehmen, weil dem Leistungsberechtigten Fotos, Exposés o.ä. nicht ausreichen. Eine derartige Reise vorab ist nicht zwingend erforderlich, um für den Leistungsberechtigten eine angemessene Unterkunft sicherzustellen, zumal eine Wohnungsbesichtigung auch in den ersten 14 Tagen vom Dienstort aus erfolgen kann (s.o. 2.2 d). Die Wohnungsbesichtigungsreise vom bisherigen Wohnort aus dient somit primär den Interessen des Berechtigten selbst und steht allenfalls im mittelbaren Zusammenhang mit der dienstlichen Maßnahme (vgl. a. Mayer/Fricke, Umzugskosten im öffentlichen Recht, Stand Juni 2017, § 3 TGV Rn. 175; a.A. VG Karlsruhe, U.v. 17.2.2014 – 4 K 3375/11 – juris Rn. 20).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.