Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Untersagung einer wohnähnlichen Nutzung

Aktenzeichen  15 CS 17.1415

Datum:
8.11.2017
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
BayBO BayBO Art. 76 Satz 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 5 S 17.456 2017-06-26 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 80 Abs. 5 VwGO) gegen eine von der Antragsgegnerin mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene baurechtliche Nutzungsuntersagung (Bescheid vom 1.3.2017).
Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg hat mit Beschluss vom 26. Juni 2017 den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen den genannten Bescheid erhobenen Klage abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Die in Bezug auf zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens ausgesprochene Nutzungsuntersagung (nördliche Wohnung in Bezug auf die „gewerbliche Nutzung der Prostitution“; südliche Wohnung in Bezug auf eine „wohnähnliche Nutzung, die nicht der genehmigten Nutzung für einen Betriebsinhaber, Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftsperson, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet ist“) sei rechtswidrig, weil die jeweils untersagte Nutzung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts baurechtlich genehmigt sei. Dies ergebe sich aus der ursprünglichen Baugenehmigung vom 13. März 1980 und der Nutzungsänderungsgenehmigung vom 17. Januar 1983 sowie den Bauplänen. Zeugenbeweis werde angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 4. August 2017 verwiesen.
Die Antragsgegnerin widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 146 Abs. 4 Satz 6, § 80 Abs. 5 VwGO) rechtfertigt keine vom angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts abweichende Entscheidung. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen jenes Beschlusses (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend zu bemerken:
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in Bezug auf das streitgegenständliche Anwesen durch die frühere Baugenehmigung vom 13. März 1980 die Neuerstellung eines Büro- und Lagergebäudes mit zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss unter der Auflage genehmigt worden ist, dass die beiden Wohnungen nur durch den Betriebsinhaber oder Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftspersonen zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, dass durch die zwischenzeitlich erfolgte Änderung des für das Baugebiet maßgeblichen Bebauungsplans, welcher nunmehr Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution ausschließt, eine Nutzung der Wohnungen für Zwecke der (gewerblichen) Prostitution nicht mehr genehmigungsfähig wäre.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die in Bezug auf die nördliche Wohnung im ersten Obergeschoss ausgesprochene Nutzungsuntersagung (für „gewerbliche Nutzung der Prostitution“) nicht deshalb rechtswidrig, weil diese Nutzung durch die Nutzungsänderungsgenehmigung vom 17. Januar 1983 bereits genehmigt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass Inhalt und Umfang der Nutzungsänderungsgenehmigung im Wege der Auslegung zu ermitteln sind und sich danach die im Bescheid vom 17. Januar 1983 genehmigte Nutzungsänderung ausschließlich auf die Büroräume im Erdgeschoss des Gebäudes beschränkt. Der Bescheid vom 17. Januar 1983, welcher die Nutzungsänderung für einen „Privat-Club“ (zur Ausübung der Prostitution) genehmigt, stellt ausdrücklich fest, dass die „ursprünglich als Büroräume vorgesehenen Räumlichkeiten“ nun zu Clubräumen „umfunktioniert“ werden. Der mit dem Bauantrag seinerzeit vorgelegte Bauplan war mit „Plan zur Erstellung eines Clubs mit Wohnung“ überschrieben und stellte lediglich das Erdgeschoss des Gebäudes (Büroräume) dar. Das Obergeschoss des Gebäudes mit den beiden Wohnungen war damit nicht Gegenstand der beantragten Nutzungsänderung. Der Umstand, dass im Bauplan des Erdgeschosses eine Wendeltreppe (als Bestand) eingezeichnet war und der „Begriff der „Wohnung“ nur im Singular verwandt wurde, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Im Gegenteil deutet der – im Zusammenhang mit der Nutzungsänderung – weiterhin verwandte Begriff der „Wohnung“ darauf hin, dass sich an der Nutzung des Obergeschosses (zu Wohnzwecken) nichts ändern sollte. Für die an objektivierten Maßstäben orientierte Auslegung von Inhalt und Umfang der Nutzungsänderungsgenehmigung ist es im Ergebnis auch unerheblich, welche Angaben namentlich benannte Zeugen über die in den Folgejahren tatsächlich erfolgte Nutzung der Wohnungen des ersten Obergeschosses machen können oder welche Ansichten einzelne am Baugenehmigungsverfahren beteiligte Personen über den mutmaßlichen Sinn und Zweck der seinerzeit beantragten Nutzungsänderung äußern.
Die in Bezug auf die südliche Wohnung im ersten Obergeschoss ausgesprochene Nutzungsuntersagung (eine „wohnähnliche Nutzung, die nicht der genehmigten Nutzung für einen Betriebsinhaber, Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftsperson, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet ist“) geht von der nach einer örtlichen Überprüfung getroffenen Feststellung der Kriminalpolizeiinspektion Augsburg (vom 22.2.2017) aus, dass diese Wohnung von jeweils in kurzen Zeiträumen wechselnden Prostituierten zu Wohnzwecken genutzt wird. Eine solche Nutzung wäre – wie das Verwaltungsgericht zu Recht annimmt – mit der unstreitig genehmigten Nutzung zu Wohnzwecken (lediglich) durch den Betriebsinhaber oder Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftspersonen unvereinbar. Ob die Wohnung jedoch tatsächlich – was die Antragstellerin bestreitet – von jeweils wechselnden Prostituierten oder von einer dem Gewerbebetrieb zugeordneten Aufsichts- oder Bereitschaftsperson genutzt wird, ist eine Frage, die nicht die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung berührt, sondern lediglich deren Vollzug betrifft, falls gegen die Nutzungsuntersagung tatsächlich verstoßen wird. Der Vollzug der Nutzungsuntersagung, etwa durch Festsetzung des angedrohten Zwangsgelds, ist hingegen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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