Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Unzulässigkeit der Berufung wegen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist

Aktenzeichen  42 S 2362/19

Datum:
18.2.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3676
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Ist nur die Klägerin durch das Ersturteil beschwert, kommt die Möglichkeit einer Anschlussberufung und die Umdeutung der unzulässigen Berufung in eine solche nicht in Betracht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung kommt es auf die innerhalb der Berufungsfrist angekündigten Berufungsanträge und der innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist hierzu unternommenen Berufungsbegründung an (ebenso BGH BeckRS 2008, 00173), wie dies spiegelbildlich auch für den Fall gilt, dass für die Beurteilung des Erreichens der notwendigen Beschwer nur eine Begründung für einen – abtrennbaren – Teil der zur Stellung angekündigten Berufungsanträge vorliegt, der seinerseits die – notwendige – Beschwerdesumme nicht erreicht (ebenso BGH BeckRS 2014, 09307). (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

42 S 2362/19 2020-02-05 Hinweisbeschluss LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 04.12.2019, Aktenzeichen 32 C 290/19, wird verworfen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.885,64 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 04.12.2019, mit welchem die Klage der Klägerin bis auf die Teilstattgabe durch Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 112,37 € im Übrigen vollumfänglich abgewiesen worden ist (vgl. Bl. 158 ff.), Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Ersturteil ist der Klägerin am 04.12.2019 zugestellt worden (vgl. Bl. 169 sowie Berufungsschriftsatz vom 20.12.2019 ).
Im Berufungsverfahren wurde mit der einzig fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung vom 29.01.2020 (vgl. 200 ff.) beantragt,
1.Das Urteil des Amtsgerichts Würzburg, Az. 32 C 290/19, verkündet am 04.12.2019, wird insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen wurde.
2.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin über den erstinstanzlich zugesprochenen Gesamtbetrag hinaus weitere 2.885,64 € (somit insgesamt 2.998,01 €) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2019 zu bezahlen.
3.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtlichen Anwaltshonorar in Höhe von weiteren 236,69 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 08.09.2016 zu bezahlen.
Mit Hinweisbeschluss vom 05.02.2020 wies die Kammer die Klägerin und Berufungsklägerin gem. § 522 Abs. 1 i. V. m. § 139 Abs. 1 i. V. m. § 525 ZPO daraufhin, dass die Berufung mangels hinreichender Berufungsbegründung, welche innerhalb der am 03.02.2020 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist hätte eingehen müssen, als unzulässig zu verwerfen sein wird (vgl. Bl. 211 ff.), weil die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht gewahrt wurden.
Die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 17.02.2020 (Bl. 218 f.) geben zu einer Änderung keinen Anlass.
Die Gegenerklärung gesteht selbst die Unzulässigkeit der Berufung wegen unzureichend begründeter Berufung zu (vgl. Bl. 219). Die Klägerin und Berufungsklägerin verkennt sodann allerdings, dass es mit Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu keiner nachträglichen „Heilung“ einer bis Fristablauf nicht ordnungsgemäß begründeten Berufung mehr kommen kann. Auch die – nach Fristablauf – erklärte Reduzierung des ursprünglichen Berufungsantrags vermag der insgesamt unzulässigen Berufung nicht „rückwirkend“ dadurch zur – nachträglichen Zulässigkeit – zu verhelfen, dass die fristgerecht eingereichte Berufungsbegründung das nachträglich und nachfristlich herabgesetzte Berufungsbegehren nunmehr ordnungsgemäß begründen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2015 – VI ZB 40/14 -, juris, Rn. 15; OLG Brandenburg, Urt. v. 04.09.2019 – 4 U 128/17 -, juris, Rn. 22; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.11.2010 – 4 U 141/10 Lw -, juris, Rn. 23).
Im vorliegenden Fall kommt, nachdem – nur – die Klägerin durch das Ersturteil beschwert ist, die Möglichkeit einer Anschlussberufung und die Umdeutung der unzulässigen Berufung in eine solche ebenfalls nicht in Betracht (vgl. insoweit auch Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 522 Rn. 8; Rimmelspacher, in: MK-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 520 Rn. 74; Wulf, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK-ZPO, 35. Edition, § 520 Rn. 30 ; ders., in: Vorwerk/Wolf, BeckOK-ZPO, 35. Edition, § 522 Rn. 4 ).
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und Berufungsklägerin kommt es bei der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung auf die innerhalb der Berufungsfrist angekündigten Berufungsanträge und der innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist hierzu unternommenen Berufungsbegründung an (vgl. BGH, Beschluss vom 16.10.2007 – VIII ZB 26/07 -, juris, Rn. 7), wie dies spiegelbildlich auch für den Fall gilt, dass für die Beurteilung des Erreichens der notwendigen Beschwer (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nur eine Begründung für einen – abtrennbaren – Teil der zur Stellung angekündigten Berufungsanträge vorliegt, der seinerseits die – notwendige – Beschwerdesumme nicht erreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 08.04.2014 – XI ZR 317/12 -, juris; BGH, Beschluss vom 27.03.2012 – VI ZB 74/11 -, juris, Rn. 8; BGH, Beschluss vom 16.10.2007 – VIII ZB 26/07 -, juris, Rn. 7 ff.; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 520 Rn. 24; Beck, in: Kern/Diehm, ZPO, 2017, § 520 Rn. 20).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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