Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Verpflichtung zum Rückbau eines Zufahrtstores

Aktenzeichen  23 O 867/15

Datum:
27.7.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 242, § 1004, § 1023

 

Leitsatz

Die Norm des § 1023 BGB kann nicht analog auf den Fall angewendet werden, dass der Erbbauberechtigte des herrschenden Grundstücks die Verlegung der Ausübung der Grunddienstbarkeit von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks fordert.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Gebäudezufahrt, die sich in der nordseitigen, zur Parkfläche auf dem Grundstück der Klägerin Fl.Nr. a) der Gemarkung T. angrenzenden, Außenwand des auf dem Grundstück der Fl.Nr. b) der Gemarkung T. stehenden Gebäudes befindet, zurückzubauen.
2. Die Beklagten zu 1) – 3) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die auf dem Grundstück der Klägerin Fl.Nr. a) der Gemarkung T. abgestellten 3 Restmülltonnen und 3 Biomülltonnen zu beseitigen.
3. Die Beklagten zu 1) – 3) werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bei 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, auf dem Grundstück Fl.Nr. a) der Gemarkung T. Abfälle und Abfallbehältnisse jeglicher Art abzustellen.
4. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 9%, die Beklagten zu 1) – 3) als Gesamtschuldner zu 26% und die Beklagten zu 1) – 4) als Gesamtschuldner zu 65%. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen zu 9% diese selbst, zu 26% die Beklagten zu 1) – 3) als Gesamtschuldner und zu 65% die Beklagten zu 1) – 4) als Gesamtschuldner. Die Beklagten zu 1) – 3) tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) tragen zu 65% diese selbst und zu 35% die Klägerin.
7. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR. Für die Beklagte zu 4) ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
8. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung der Störungen aus § 1004 Abs. 1 BGB.
I. Mülltonnen
1. Die Mülltonnen werden in einer Ecke auf dem Grundstück der Klägerin Fl.Nr. a) abgestellt. Diese stammen von Mietern der Beklagten zu 1) – 3). Durch das Abstellen der Mülltonnen wird das Eigentum der Klägerin in nicht zu duldender Weise beeinträchtigt.
2. Eine Pflicht zur Duldung dieser Besitzbeeinträchtigung besteht nicht. Es besteht weder eine dingliche noch eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Duldung des Abstellens der Mülltonnen auf dem eigenen Grundstück.
a) Ein dingliches Recht ergibt sich insbesondere nicht aus der Dienstbarkeit. In dem Erbbaurechtsvertrag (B1) ist XIV. lediglich geregelt, dass „(…) die Beseitigung von Abfällen bzw. die Beseitigung von Unrat jeglicher Art nicht als „Unterhaltskosten“ im Sinne der Vereinbarung unter diesem Urkundenabschnitt gelten. Für diese „Beseitigungskosten“ habe jede Partei in dem Maße aufzukommen wie sie durch den jeweiligen Geschäftsbetrieb auf der Erbbaufläche bzw. dem vom Erbbaurecht nicht betroffenen Grundbesitz veranlaßt sind.“ Im Messungsnachtrag (B2) ist in Ziff. VII.1) geregelt, „(…) dass Unrat und Abfälle nach dem Verursacherprinzip zu beseitigen sind.“ Eine Regelung über die Lagerung des Mülls ist damit nicht getroffen worden. Es geht ersichtlich nur um eine Regelung zur Sauberhaltung und zur Kostentragung in Bezug auf die eingeräumte Grunddienstbarkeit am Grundstück Fl.Nr. a) für das spätere Grundstück Fl.Nr. b). Eine Dienstbarkeit hinsichtlich der Mülllagerung wurde auch nicht später eingetragen, als die frühere Eigentümerin des Grundstücks A.R. der Errichtung eines Müllhauses auf ihrem Grundstück zustimmte.
b) Auch ein schuldrechtliches Nutzungsrecht am klägerischen Grundstück können die Beklagten hier nicht für sich geltend machen. Die frühere Eigentümerin A.R. hat zwar glaubhaft bekundet, die Mülllagerung selbst dahingehend gestattet zu haben, dass sie der Errichtung eines Müllhauses in der Ecke des Grundstücks zugestimmt hat. Diese schuldrechtliche Vereinbarung bindet die Rechtsnachfolger aber nicht. Selbst wenn die Einwilligung der früheren Eigentümerin R. zunächst fortwirken sollte, konnte die Vereinbarung von der Klägerin gekündigt werden. Die Klägerin hat bereits mit ihrer Klage beim Amtsgericht Erding, Az. 3 C-415/11 auf Beseitigung des Müllhauses deutlich gemacht, dass sie eine Mülllagerung auf ihrem Grundstück nicht dulden möchte. Zwar schloss die Klägerin im Anschluss an das zusprechende Urteil des Amtsgerichts Erding eine eigene schuldrechtliche Vereinbarung (B4) mit der Gemeinschaft T., die eine Weiternutzung des Müllhauses auf dem Grundstück der Klägerin zur Mülllagerung gegen ein Entgelt regelte. Diese wurde dann aber zum 31.12.2014 gekündigt, so dass auch daraus kein Nutzungsrecht mehr abgeleitet werden kann.
c) Soweit ein Nutzungsrecht aus einer Nachbarunterschrift unter einen Bauantrag gefolgert werden soll, so stellt eine Nachbarunterschrift unter einen Bauantrag grundsätzlich zunächst nur eine öffentlichrechtliche Erklärung gegenüber der Baubehörde, nicht aber eine zivilrechtliche Willenserklärung im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander dar (BayObLG, NJW-RR 1994, 82; BayOLG, NJW 1991, 19). Entsprechende Anhaltspunkte, dass im vorliegenden Fall eine Ausnahme davon vorliegt, sind nicht ausreichend vorgetragen. Die Zeugin R., die hier die Nachbarunterschrift als vormalige Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. a) geleistet haben soll, gab in ihrer Einvernahme an, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, ob sie hier mitunterzeichnet hat. Sie habe jedenfalls nichts dazu in ihren Unterlagen. Selbst wenn man eine solche Unterschrift der Voreigentümerin hier aber annehmen würde, sind keine weiteren Aspekte vorgetragen, die hier eine auch zivilrechtliche Willenserklärung belegen würden. Es ist nichts zur weiteren Kommunikation zwischen der früheren Eigentümerin und dem Erbbauberechtigten zur Mülllagerung bekannt. Soweit man dieser Unterschrift hier doch zivilrechtliche Wirkung zusprechen möchte, ist aber auch nicht ersichtlich, dass damit eine Bindung der Eigentumsnachfolgerin verbunden ist.
d) Soweit vorgetragen ist, es gebe keine andere Möglichkeit zum Abstellen des Mülls, kann dies einen Duldungsanspruch ebenfalls nicht begründen. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beklagte zu 4) zwischenzeitlich einer anderweitigen Lösung für die Mülllagerung bedient. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb der Beklagten zu 4) ist damit durch die vorliegende Thematik der Mülllagerung nicht tangiert. Über die gesetzlich normierten Regelungen hinaus, kann das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis als Ausprägung von § 242 BGB eine Duldungspflicht für den Bereich des notwendigen Zusammenlebens von Grundstücksnachbarn aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme (Palandt, § 903, Rn. 13). Das Abstellen von Müllsäcken und Mülltonnen stellt aber eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin dar, der sogar schon zu Beschwerden der Nachbarn geführt hat. Dies wurde vom Nachbarn B. hier auch glaubhaft geschildert. Ein solche Beeinträchtigung die für den Eigentümer zu Konflikten mit anderen Nachbarn führt, widerspricht aber wiederum der Rücksichtnahmepflicht des Nachbarn, der hier störend eingreift. Eine Duldungspflicht hinsichtlich eines solchen Eingriffs kann daher nicht aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis gefolgert werden. Eine Pflicht nach Treu und Glauben dieses Abstellen zu Dulden ergibt sich vorliegend nicht.
e) Es ist auch von keiner Verwirkung des Beseitigungsanspruchs auszugehen. Mit der Klage beim Amtsgericht Erding hat die Klägerin deutlich gemacht, dass von ihrer Seite keine Einwilligung zu dem Müllhäuschen besteht und damit inzident auch keine Einwilligung zur Mülllagerung im Übrigen. Die dann folgende schuldrechtliche Vereinbarung hat die Beeinträchtigung i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB zunächst aufgehoben. Erst mit der Kündigung der Vereinbarung ist in der Lagerung des Mülls wieder eine Beeinträchtigung i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB zu sehen. Der Beseitigungsanspruch besteht daher frühestens ab dem 01.01.2015 wieder. Entsprechend ist hier weder ein Zeitnoch ein Umstandsmoment zu sehen, das für eine Verwirkung erforderlich wäre.
3. Die Beklagte zu 4) hat die Nutzung des Grundstücks zum Abstellen seiner Müll- und Papiercontainer bereits eingestellt. Diese hat die Müllentsorgung zwischenzeitlich anderweitig geregelt. Dies bestätigte der Zeuge S., der technische Leiter der Beklagte zu 4) hier glaubhaft. Auch sämtliche vorgelegten aktuellen Lichtbilder zeigen keine Müllcontainer, sondern nur noch Tonnen. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 4) auf Beseitigung besteht daher nicht mehr.
Die Klägerin hat hingegen gegen die Beklagten zu 1) – 3) als mittelbare Störer durch das Abstellen der Tonnen im Innenhof einen Anspruch auf Beseitigung der Störung. Gegen diese besteht auch ein Unterlassungsanspruch. Es besteht die objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen. Die bisherigen rechtswidrigen Beeinträchtigung begründet hier die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr (BGH, NJW 2004, 1035). Zur Widerlegung dieser Vermutung ist von den Beklagten nichts vorgetragen.
II. Zufahrtstor
1. Das Vorliegend geschaffene Zufahrtstor am Gebäude der Beklagten zu 1) – 3) stellt eine Beeinträchtigung auch des Grundstücks der Klägerin dar. Durch die Schaffung eines Zufahrtstores an der vorliegenden Stelle wird den davor, auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen Parkplätzen ihre Funktion als Parkplatz entzogen. Die Schaffung eines Zufahrtstors führt automatisch dazu, dass die davor gelegenen Plätze nicht mehr als Parkplätze genutzt werden, da damit eine Blockade der Zufahrt einhergeht. Autofahrer nutzen solche Parkplätze regelmäßig schon nicht mehr, wenn nur das Zufahrtstor vorhanden ist. Durch das Anbringen eines Parkverbotsschilds wird diese Wirkung auch noch zusätzlich verstärkt.
2. Die Klägerin muss auch diese Einwirkung nicht dulden.
a) Eine Pflicht zur Duldung folgt nicht aus der Grunddienstbarkeit. Im Erbbaurechtsvertrag ist dazu unter Ziff. XIV folgende Regelung getroffen:
„Über die Erbbaurechtsfläche hinaus wird die im Lageplan gelb schraffierte Teilfläche (Zufahrt ist im Plan blau gekennzeichnet) dem Erbbauberechtigten als Parkfläche zur Verfügugn gestellt. (…) Nutzungsberechtigt sind neben dem Erbbauberechtigten der jeweilige Eigentümer der Fl.Nr. a) und c), Gemarkung T. bzw. die Pächter oder Mieter dieser Grundstücke. (…) Zur Sicherung des eingeräumten Nutzungs- und Zufahrtsrechtes wird hiermit an der restlichen Fl.Nr. a) eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Erbbauberechtigten bestellt und zur Eintragung in das Grundbuch bewilligt. Der Eintragungsantrag wird im Messungsnachtrag gestellt.“
Im Messungsnachtrag ist in Ziff. VII.1) in Bezug auf die Parkplätze noch Folgendes geregelt:
„Die in dem dieser heutigen Urkunde beigehefteten Lageplan 2 gelb schraffierte Fläche wird in der Natur als Geh- und Fahrtrechtsfläche und als Parkfläche ausgebaut. Die betroffene Fläche, bei der es sich um einen Teil der Fl.Nr. a) und um den größten Teil der Fl.Nr. c) Gemarkung T. handelt, ist mit Betonsteinverbundpflaster zu befestigen. Dabei sind die aus dem Lageplan 2 ersichtlichen Stellplätze durch schwarze Betonverbundsteine zu markieren. (…) Dem jeweiligen Erbbauberechtigten an der Fl.Nr. b) wird außerdem hiermit das Recht eingeräumt, die betroffene gelb schraffierte Fläche zu begehen und zu befahren sowie zum Parken von Fahrzeugen zu benützen, und zwar in Gemeinschaft mit dem Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes. (…) Die Ausübung dieser Rechte ist auch durch solche Personen möglich, an die der Erbbauberechtigte sein Erbbaurechtsgebäude vermietet, verpachtet oder sonstwie zur Nutzung überlässt. (…) Zur Sicherung der eingeräumten Rechte und der damit verbundenen Duldungsverpflichtungen wird hiermit an den Fl.Nrn. a) und c) (beschränkt auf die gelb gekennzeichnete Fläche) eine Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Erbbauberechtigten an der Fl.Nr. b) bestellt und zur Eintragung in das Grundbuch bewilligt und beantragt (…).“
Auf dem Grundstück der Klägerin besteht damit eine Grunddienstbarkeit zugunsten des Grundstücks Fl.Nr. b) dahingehend, dass die Beklagten berechtigt sind das Grundstück zum Parken zu verwenden. Insbesondere aus dem Messungsnachtrag wird aber deutlich, dass die Lage der Parkplätze entsprechend dem Lageplan 2 festgelegt war. Diesem ist zu entnehmen, dass letztlich keine Parkplätze an der Stelle vorhanden sind, an der sich die beiden Türen befinden, im Übrigen aber an der Wand des Erbbaugebäudes entlang Parkplätze angeordnet sind. Der Lageplan 2 als Anhang des Messungsnachtrags ist auch Grundlage der Eintragung der Grunddienstbarkeit in das Grundbuch. Mit der Grunddienstbarkeit ist damit die Nutzung als Parkfläche auf den genauer bezeichneten Parkflächen eingeräumt. Hingegen geht damit kein Recht einher Parkplätze in Wegfall zu bringen oder aber deren Position zu verlegen.
Dies wird auch dadurch deutlich, dass im Messungsnachtrag Ziff. VII.3) explizit eine Regelung für die Verlagerung der Parkplätze durch den Eigentümer für den Fall des Baus einer Tiefgarage geregelt wurde, hingegen keine Regelung zugunsten einer Verlegung durch den Erbbauberechtigten.
b) Ein Anspruch auf Verlegung ergibt sich auch nicht aus § 1023 BGB analog. § 1023 BGB regelt die Verlegung der Ausübung der Grunddienstbarkeit. Die Norm räumt dabei dem Eigentümer des Grundstücks das Recht ein, eine Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle, verlangen zu können, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist. Vorliegend begehrt aber nicht der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Verlegung der Dienstbarkeit, sondern der Erbbauberechtigte des herrschenden Grundstücks. Eine direkte Anwendung scheidet daher aus. Für eine analoge Anwendung fehlt es bereits an der planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass dem Berechtigten, der einem Anspruch des Verpflichteten auf Verlegung eines vereinbarten Ausübungsorts augesetzt ist, eine Dienstbarkeit anderen Inhalts „aufgedrängt“ wird, und hat den Vorgang als „zivilrechtliche Zwangsenteignung“ bezeichnet. Dies lässt den Ausnahmecharakter der Vorschrift erkennen und damit den Schluss zu, dass der Verlegungsanspruch bewusst nur für den Eigentümer geschaffen worden ist (BGH, NJW 2015, 1750). Darüberhinaus fehlt es, wenn eine bestimmte Ausübungsstelle Inhalt der Dienstbarkeit geworden ist, an hinreichenden sachlichen Gründen für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift. Das Interesse des Berechtigten an einer Ausübung der Dienstbarkeit ohne Beschwernisse rechtfertigt es nicht, deren Inhalt zu verändern. Ist ein bestimmter Ausübungsort Inhalt der Dienstbarkeit geworden, kann und muss er sich darauf einrichten, dass ein weitergehendes Recht zur Nutzung des dienenden Grundstücks als aus dem Grundbuch ersichtlich nicht besteht (BGH, NJW 2015, 1750). Auch das Vertrauen des Rechtsnachfolgers des Eigentümers darauf, dass die Ausübungsstelle der Dienstbarkeit wie festgelegt besteht, ist schutzwürdig.
Auch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme vermag eine Inhaltsänderung der Dienstbarkeit gegen den Willen des Dienstbarkeitsverpflichteten nicht zu rechtfertigen (BGH, NJW 2015, 1750).
c) Es besteht auch kein Verlegungsanspruch aus § 242 BGB. Ein solcher kommt nur in Betracht, wenn die Ausübung der Dienstbarkeit an der bisher vorgesehenen Stelle auf Grund nachträgliche eingetretener, nicht auf einer willkürlichen Benutzungsänderung beruhender Umstände für den Dienstbarkeitsberechtigten mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist (BGH, NJW 2015, 1750). Ein solcher Verlegungsanspruch kommt damit nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, die vorliegend nicht gegeben sind. Zu Berücksichtigen ist hier stets, dass eine Änderung der Dienstbarkeit regelmäßig einen Eingriff in das Eigentum des dienenden Grundstücks bedeutet. Durch die Schaffung der neuen Zufahrt sind die Parkplätze nachträglich an der bisherigen Stelle entfallen. Die Zufahrt kann auch nur benutzt werden, wenn die Parkplätze unmittelbar vor der Zufahrt nicht mehr als solche genutzt werden. Es wäre für die Beklagten zwar von erheblichem Nachteil, wenn die Zufahrt nicht genutzt werden kann. Die Zufahrt ist insbesondere für die Anlieferung von Öfen erforderlich, da diese durch die bisher bestehenden Türen nicht in das Gebäude verbracht werden können. Es handelt sich nach den überzeugenden Angaben des Zeugen S., um betriebsnotwendige Änderung für die Beklagte zu 3). Allerdings liegt hier eine willkürliche Benutzungsänderung vor. Die Beklagten zu 4) haben das Tor erst selbst geschaffen. Dies erfolgte auch ohne die erforderliche Baugenehmigung. Zu berücksichtigten ist vorliegend auch, dass das Gebäude von der Beklagten zu 4) eben ohne dieses Zufahrtstor angemietet wurde. Diese konnte damit vor der Aufnahme der eigenen Geschäfte in dem Gebäude die Tauglichkeit des Gebäudes für die eigenen Geschäfte prüfen. Es kann damit nicht als treuwidrig eingestuft werden, wenn sich die Klägerin gegen die Änderung wendet. Das Gebäude war für den Gewerbebetrieb der Beklagten zu 4) in der vorliegenden Form nicht geeignet. Der Gewerbebetrieb wurde damit an der vorliegenden Stelle unter den vorgefundenen Bedingungen eingerichtet. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist daher durch den Beseitigungsanspruch nicht zu erkennen, wenn eine bereits bei Einrichtung des Gewerbebetriebs erkennbare Problematik erst im Nachhinein durch den Betreiber des Gewerbebetriebs unter Beeinträchtigung des nachbarlichen Grundstücks behoben wird.
Die Beklagten zu 1) – 3) bewegen sich mit der Neuvermietung zwar auch weiterhin in der vorgesehenden Verwendung als Gewerbebetrieb im weitesten Sinne (Erbbaurechtsvertrag Ziff. II § 3 Nr. 1). Die Erforderlichkeit der neuen Zufahrt steht aber in direktem Zusammenhang mit der Art des Gewerbebetriebs. Die Änderung war dabei einzig in der Hand der Beklagten. Auch die Wahl des Ortes des neuen Zufahrtstors wurde in Kenntnis der Positionen der Parkplätze getroffen. Diese stellt sich als willkürlich dar.
e) Die Klägerin ist auch nicht zur Duldung dieser Nutzung verpflichtet, weil der Umbau die Nutzung des Grundstücks der Klägerin als Unterkunft für Asylbewerber nicht beeinträchtigt. Die Nutzung als Unterkunft für minderjährige Asylbewerber führt zwar dazu, dass nur die Betreuer die Parkplätze tatsächlich nutzen. Dies ändert aber nichts daran, dass die oben genannten Voraussetzungen einer Verlegung der Dienstbarkeit eben nicht erfüllt sind. Auch muss hier berücksichtigte werden, dass die Nutzung des Gebäudes der Klägerin nicht dauerhaft festgeschrieben ist, sondern sich vielmehr wieder ändern kann. Letztlich ist die Klägerin zur Disposition über ihr Grundstück berechtigt. Diese Dispositionsfreiheit ist geschützt und eine Berufung hierauf nicht treuwidrig.
f) Ein Anspruch auf Beseitigung besteht aber nur, wenn die Gegenseite keinen Anspruch auf eine Änderung des Erbbaurechts hat, das dazu führen würde, dass die Ausübung der Dienstbarkeit sich wieder im Rahmen des vertraglich Vereinbarten bewegen würde. Dann wäre die Geltendmachung der Beseitigung treuwidrig. In Ziff. XVI des Erbbaurechtsvertrags ist dazu folgendes geregelt:
„Falls die Errichtung eines Lebensmittelmarktes zwar möglich, jedoch zum heutigen Vertrag die Teilungsgenehmigung nach dem BBauG nicht erteilt wird, so verpflichten sich die Parteien den heutigen Vertrag in der Weise abzuändern, dass das Erbbaurecht am ganzen Grundstück bestellt wird, jedoch in der Ausübung beschränkt auf die heute vertragsgegenständliche Teilfläche. (…)“
Die Teilungsgenehmigung wurde zunächst erteilt. Allerdings bestehen zwischenzeitlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Teilungsgenehmigung. Dies wurde auch vom Zeugen M. vom Landratsamt E. bestätigt, der mitteilte, dass Überlegungen von Seiten des Landratsamts bestehen die Teilungsgenehmigung aufzuheben.
In Ziff. IX des Erbbaurechtsvertrags ist geregelt, dass „Die Vertragsteile [sich] verpflichten […], die Verpflichtungen aus diesem Vertrag, soweit sie nicht zum Inhalt des Erbbaurechts gehörend dingliche Wirkung haben, auf ihre Rechtsnachfolger zu übertragen und diese entsprechend zu verpflichten.“
Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks durch die Klägerin war aber eine Teilungsgenehmigung erteilt. Der Erwerb erfolgte mit den im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten. Nachdem die Teilung zum Zeitpunkt des Erwerbs erfolgt war, ist ein Anspruch gegen die Klägerin nicht zu erkennen. Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, dass der baurechtswidrige Zustand auf die Positionierung der Parkplätze ohne Einfluss ist. Entsprechend ist der Beseitigungsanspruch der Klägerin auch nicht treuwidrig.
g) Soweit seitens der Beklagten nun geltend gemacht wird, dass auch bauliche Maßnahmen am klägerischen Grundstück die Dienstbarkeit der Beklagten beeinträchtigen würden, führt dies ebenfalls nicht zur Treuwidrigkeit der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs. Den Beklagten steht es offen hier selbst einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Allerdings führt dies nicht dazu, dass die Klägerin die Beeinträchtigungen ihres Eigentums nun uneingeschränkt hinnehmen muss und insofern rechtlos bleibt.
3. Bereits die Verlegung der Parkplätze stellt eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin dar. Es kann daher dahinstehen, ob der erhöhte Lieferverkehr auf dem Parkplatz von der Dienstbarkeit umfasst ist. Auch kann dahinstehen ob auch die Lücke in der Brandschutzwand eine Eigentumsbeeinträchtigung der Klägerin darstellt.
4. Der Beseitigungsanspruch lässt sich letztlich nur durch einen Rückbau des Zufahrtstores effektiv durchsetzen. Zwar ist grundsätzlich nicht anzugeben, welche Maßnahmen zur Beseitigung der Beeinträchtigung zu treffen sind (Palandt, § 1004, Rn. 51), allerdings kann vorliegend die Beseitigung nur gewährleistet werden, wenn die Zufahrt nicht mehr als solche vorhanden ist, da nur auf diesem Weg sichergestellt werden kann, dass das Grundstück an dieser Stelle wieder als Parkplatz genutzt wird. Eine Nutzungsuntersagung des Tores die Nutzung als Parkfläche nicht gewährleisten, da das bloße Vorhandensein eines Tores Autofahrer vom Parken an dieser Stelle abhält. Eine weitergehende Anordnung von konkreten Maßnahmen erscheint dagegen nicht erforderlich, um die rechtswidrige Beeinträchtigung zu beseitigen.
Aus der Aussage der Zeugin R. ergibt sich, dass der Rückbau des Zufahrtstors ohne Genehmigung möglich ist. Die Einholung einer Genehmigung ist daher entbehrlich, so dass die Verurteilung entsprechend dem Hilfsantrag erfolgt.
III.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind der Höhe nach unstreitig. Der Zeuge S. erläuterte auch, dass die Beklagte zu 4) ursprünglich schon Müllcontainer im Hof abgestellt hatte, diese aber letztlich auf das Aufforderungsschreiben hin entfernt hat. Die Aufforderung zum Entfernen der Mülltonnen war damit ursprünglich auch der Beklagten zu 4) gegenüber berechtigt.
IV.
Die Androhung von Zwangsgeld bzw. -haft beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO und hat auf Antrag des Gläubigers bereits im Urteil zu erfolgen (vgl. dazu BGH, NJW 1992, 749; OLG München, Urt. v. 30.11.2016 – 3 U 2300/16).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 92 ZPO. Der Hilfsantrag in Ziff. 1 ist auf den selben Erfolg gerichtet wie die Klageanträge Ziff. 1 und 2.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Die Sicherheitsleistung war hier so zu bemessen, dass sie die Kosten und den mögliche Vollstreckungsschaden abdecken (Zöller, § 709, Rn. 5).
V.
Der Streitwert wird für die Anträge betreffend die Beseitigung der Störung durch das Zufahrtstor auf 6.500 EUR und bezüglich des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs betreffend die Mülllagerung auf 3.500 EUR festgesetzt.


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