Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zahlungsansprüche des Notarztes gegen den Patienten nach Notarzteinsatz

Aktenzeichen  AN 14 K 18.01463

Datum:
14.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 39527
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 247 Abs. 2, § 280, § 286, § 288 Abs. 1, § 611
BayRDG Art. 32 S. 1
GVG § 17a Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Es liegt nahe, dass der bayerische Gesetzgeber die Abrechnung der einheitlich zu vereinbarenden Benutzungsentgelte für den Rettungsdienst insgesamt dem Zivilrecht zuordnen wollte (Anschluss an HessVGH BeckRS 2012, 49678; entgegen BGH BeckRS 2010, 862; jew. z. hess. Recht). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 700,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. hieraus ab dem 22. Februar 2018 sowie bereits ausgerechnete Zinsen für den Zeitraum vom 27. April 2017 bis 21. Februar 2018 in Höhe von 23,64 EUR nebst 20,00 EUR vorgerichtlichen Mahnkosten nebst 37,00 EUR Auskunftskosten nebst 124,00 EUR an vorgerichtlich entstandener anwaltlicher Geschäftsgebühr zu zahlen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Einzelrichter entscheidet über die Streitsache aufgrund Übertragungsbeschlusses der Kammer vom 23. August 2019 (§ 6 Abs. 1 VwGO).
Die Klage ist zulässig und begründet.
Das erkennende Gericht ist an die Verweisung durch das Amtsgericht … gemäß Art. 17a Abs. 2 Satz 3 GVG gebunden, weil diese nicht willkürlich, d.h. offensichtlich gesetzeswidrig, ist (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung 36. EL Februar 2019, GVG § 17a Rn. 15; BVerwG, B.v. 17.1.2013 – 3 AV 2/12 -, juris). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat die öffentlich-rechtliche Organisation des Rettungsdienstwesens in Hessen (und wohl auch in Bayern) zur Folge, dass die Wahrnehmung der Aufgaben der Notfallversorgung – auch durch juristische Personen des Privatrechts – sowohl im Ganzen als auch im Einzelfall der hoheitlichen Betätigung zuzurechnen ist. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien seien damit insgesamt und insbesondere auch hinsichtlich der Zahlungsansprüche öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, B.v. 17.12.2009 – III ZB 47/09 -, NVwZ-RR 2010, 502 – Rn. 9). Dem widerspricht allerdings die konkrete Ausgestaltung der Regelungen zum Bayerischen Rettungsdienst (zum hessischen Recht HessVGH, U.v. 22.3.2012 – 8 A 2255/10 -, juris Rn. 29 ff. in Reaktion auf BGH, B.v. 17.12.2009 – III ZB 47/09). Für rettungsdienstliche Leistungen einschließlich der Mitwirkung von Ärzten werden gemäß Art. 32 Satz 1 BayRDG Benutzungsentgelte erhoben, die zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Durchführenden des Rettungsdienstes vereinbart werden (Art. 34 Abs. 2 Satz 1 BayRDG). Die Benutzungsentgelte werden über die Klägerin – die Zentrale Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst Bayern -, die als privatrechtliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert ist, geltend gemacht und eingezogen (Art. 34 Abs. 8 BayRDG). Für eine Zuordnung zum Zivilrecht spricht insbesondere, dass Art. 36 Abs. 3 BayRDG für die nicht sozialversicherungsrechtlich relevante Berg- und Höhlenrettung sowie die Wasserrettung für die Erhebung und die Höhe des Benutzungsentgeltes ausdrücklich auf die Vorschriften des Zivilrechts verweist. Es liegt damit nahe, dass der Gesetzgeber die Abrechnung der einheitlich zu vereinbarenden Benutzungsentgelte insgesamt dem Zivilrecht zuordnen wollte (vgl. dazu auch Bayerischer Landtag Drucksache 15/10391 vom 8. April 2008, S. 47), zumal er es unterlassen hat, die Abrechnung der Benutzungsentgelte in der für das öffentliche Recht üblichen Form durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) – wie etwa hinsichtlich des Kostenersatzes bei Feuerwehreinsätzen ausdrücklich in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG vorgesehen – anzuordnen. An anderer Stelle im BayRDG hat er überdies bestimmt, dass Entscheidungen der Schiedsstellen, die in bestimmten Fällen angerufen werden können, in öffentlich-rechtlicher Form auszugestalten sind und Rechtsschutz hiergegen vor den Verwaltungsgerichten zu suchen ist (Art. 48 Abs. 8 Satz 1 BayRDG). Entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofs zum hessischen Recht, dürfte es sich hierbei um eine aufdrängende Sonderzuweisung handeln, die überflüssig wäre, wenn bereits die gesamte Entgeltabrechnung dem öffentlichen Recht zuzuordnen wäre (so auch zum hessischen Recht HessVGH, U.v. 22.3.2012 – 8 A 2255/10 -, juris Rn. 30; a.A. BGH, B.v. 17.12.2009 – III ZB 47/09 -, NVwZ-RR 2010, 502 – Rn. 18).
Über die zivilrechtliche Forderung der Klägerin entscheidet das erkennende Gericht gemäß § 17 Abs. 2 GVG. Demnach entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des einschlägigen Benutzungsentgelts, das vorliegend in einer Pauschale von 700,00 EUR besteht, ergibt sich aus einem Dienstleistungsvertrag (§ 611 BGB). Bei Bewusstlosigkeit der Beklagten – die hier nicht vorgetragen ist – wäre auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag abzustellen (§§ 683, 670 BGB). In diesem Fall entspräche die notärztliche Behandlung ihrem mutmaßlichem Willen (vgl. hierzu HessVGH, U.v. 22.3.2012 – 8 A 2255/10 -, juris Rn. 32).
Nachdem sich die Beklagte nach Mahnung des fälligen Rechnungsbetrages seit 27. April 2017 in Verzug befand, hat die Klägerin auch Ansprüche auf Verzugsschadenersatz (§§ 280, 286 BGB) und Verzugszinsen (§§ 288 Abs. 1, 247 Abs. 2 BGB). Für den Zeitraum vom 27. April 2017 bis zum 21. Februar 2018 ermittelte die Klägerin richtigerweise Verzugszinsen von 23,64 EUR (vgl. Forderungsaufstellung vom 21. Februar 2018). Auch ab dem 22. Februar 2018 steht ihr ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus einem Betrag von 700,00 EUR zu. Die außergerichtliche Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin kann als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass diese hier nicht erforderlich und unzweckmäßig gewesen ist. Die Klägerin macht eine 1,3 Geschäftsgebühr nach RVG-VV 2300 (104,00 EUR) zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR nach RVG-VV 7002 daher zu Recht geltend (vgl. auch BGH, U.v. 17.9.2015 – IX ZR 280/14 -, juris). Auch die vorgerichtlichen Mahnkosten (20,00 EUR), die nicht die Kosten für die verzugsbegründende erste Mahnung sind, und Kosten für die Adressermittlungen (37,00 EUR) waren im vorliegenden Fall erforderlich und sind vom Anspruch auf Verzugsschadenersatz umfasst.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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