Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zur Abgrenzung zwischen Voll- und Teilmöblierung bei der Berechnung des Wohngeldanspruchs

Aktenzeichen  B 4 K 15.824

Datum:
26.10.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WoGG WoGG § 4, § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5
WoGV WoGV § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a, Nr. 1 lit. b

 

Leitsatz

1 Von einer Vollmöblierung ist auszugehen, wenn der vermietete Wohnraum die Möbel enthält, die für ein dauerhaftes Wohnen der zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder erforderlich sind. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter das Mobiliar mit einzelnen Möbelstücken vervollständigt. Dagegen liegt eine Teilmöblierung vor, wenn zwar Möbelstücke vorhanden sind, die wesentlichen (zB Betten oder Kleiderschränke) jedoch fehlen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der zwingende Pauschalabzug von 20 Prozent der für den vollmöblierten Wohnraum zu leistenden Miete (§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 lit. b WoGV) hält sich im Rahmen der gesetzlichen Verordnungsermächtigung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Bewilligung von Wohngeld in Höhe von (nur) 122,00 Euro monatlich anstelle der begehrten 146,00 Euro monatlich ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil im Bewilligungszeitraum kein Anspruch auf Bewilligung von Wohngeld in Höhe von 146,00 Euro monatlich besteht.
Der Entscheidung zugrunde zu legen sind das Wohngeldgesetz (WoGG) in der Fassung vom 24.09.2008 (BGBl I S. 1856), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 5 des Gesetzes vom 03.04.2013 (BGBl I S. 612), und die Wohngeldverordnung (WoGV) vom 19.10.2001 (BGBl I S. 2722), zuletzt geändert durch die Elfte Verordnung zur Änderung der WoGV vom 11.12.2012 (BGBl I S. 2654).
Gemäß § 4 WoGG richtet sich das Wohngeld nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, der zu berücksichtigenden Miete und dem Gesamteinkommen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ein um 24,00 Euro monatlich höheres Wohngeld nicht aus dem Umstand, dass für die Möblierung des Wohnraums von der monatlichen Bruttomiete abzüglich Heizungs-, Warmwasser- und Stromkosten nur ein Betrag von 20,00 Euro abgesetzt werden dürfte. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht pauschal 20% abgesetzt.
Miete ist das vereinbarte Entgelt für die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum aufgrund von Mietverträgen einschließlich Umlagen, Zuschlägen und Vergütungen (§ 9 Abs. 1 WoGG). Von der Miete sind u. a. Vergütungen für die Überlassung von Möbeln mit Ausnahme von üblichen Einbauküchen abzuziehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 WoGG). In den Fällen, in denen die Vergütung in der Miete enthalten ist, ohne dass ein besonderer Betrag hierfür angegeben ist, sind bei Teilmöblierung 10% der auf den teilmöbliert gemieteten Wohnraum entfallenden Miete (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a WoGV) und bei Vollmöblierung 20% der auf den vollmöbliert gemieteten Wohnraum entfallenden Miete (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b WoGV) abzusetzen.
Ein Wohnraum ist als unmöbliert vermietet zu behandeln, wenn der Vermieter zwar das eine oder andere (überflüssige) Möbelstück stellt, der Mieter die zum Wohnen notwendigen Möbel aber selbst beschafft hat (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Stand April 2016, § 9 Rn. 89). Teilmöblierung liegt vor, wenn zwar Möbelstücke vorhanden sind, jedoch wesentliche Möbelstücke (z. B. Betten oder Kleiderschränke) fehlen (Glätzer in Buchsbaum/Hartmann, Wohngeldrecht, 2. Aufl. Stand Dezember 2015, § 9 Rn. 49). Von einer Vollmöblierung ist auszugehen, wenn der vermietete Wohnraum die Möbel enthält, die für ein dauerhaftes Wohnen der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder erforderlich sind (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, a. a. O.) Dies gilt auch dann, wenn der Mieter das Mobiliar mit einzelnen Möbelstücken vervollständigt (Buchsbaum/Hartmann, a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen musste die Beklagte bei dem vollmöblierten Appartement einen Pauschalabzug von 20% vornehmen.
In der Mietbescheinigung der Klinikum … GmbH vom 30.10.2014 ist ausdrücklich angegeben, dass in der Gesamtmiete eine Vergütung für Vollmöblierung enthalten ist. Ihr Anteil an der Gesamtmiete wurde aber weder in der Bescheinigung noch in den Mietverträgen beziffert noch ist er sonst der Beklagten bekannt.
Das vermietete Appartement war vollmöbliert. Der Umfang des vorhandenen Inventars ergibt sich aus der Auflistung in § 5 Abs. 2 der Mietverträge vom 07.02.2014 und 02.07.2014, die das vorhandene Mobiliar nach Streichung der im vorgedruckten Mietvertrag noch angegebenen Matratze, des Hockers und des zweiten Polstersessels nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten richtig wiedergibt. Auch wenn die Schreibtischoberfläche defekt und die Tischplatte verkratzt waren, hat die Vermieterin damit alle Einrichtungsgegenstände zur Verfügung gestellt, die erforderlich waren, damit der Kläger als einziges Haushaltsmitglied in der Kleinwohnung auf Dauer wohnen konnte und allenfalls, wenn überhaupt, gezwungen war, die Einrichtung um einzelne Möbelstücke zur Erhöhung des Wohnkomforts zu ergänzen.
Bei Vollmöblierung sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b WoGV 20% abzusetzen.
Dieser zwingende Pauschalabzug hält sich im Rahmen der gesetzlichen Verordnungsermächtigung, weil § 38 Nr. 1 a WoGG ausdrücklich vorsieht, dass beim Erlass näherer Vorschriften zur Ermittlung der zu berücksichtigenden Miete pauschalierende Regelungen getroffen werden dürfen, sofern die Ermittlung im Einzelnen nicht oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten möglich ist.
Damit kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, statt des pauschalen Abzugs, der hier zu einer Reduzierung der anrechenbaren Miete um 51,33 Euro führt, seien insbesondere im Hinblick auf den Wert, die Abnutzungsdauer und den Zustand des Mobiliars bei der Berechnung der anrechenbaren Monatsmiete nur 20,00 Euro abzuziehen.
Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der, wenn überhaupt anfallenden, dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.


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