Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zweckentfremdung, Wiederzuführung zu Wohnzwecken, Fälligkeit Zwangsgeld, Erneute Androhung eines Zwangsgelds

Aktenzeichen  M 9 K 20.2291

Datum:
19.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15758
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 31 Abs. 3 S. 3
VwZVG Art. 36 Abs. 6 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Im vorliegenden Verfahren konnte gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden mit jeweils per Empfangsbekenntnis zugestelltem richterlichem Schreiben vom 28. Januar 2021 zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört, § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Die Klage, die sich gegen die Mitteilung der Fälligkeit des Zwangsgelds i.H.v. 16.000,00 Euro (1.) sowie gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgelds i.H.
V. 32.000,00 Euro richtet (2.) ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Die Klage gegen die Mitteilung der Fälligkeit des Zwangsgelds i.H. V. 16.000,00 Euro hat keinen Erfolg.
Im Hinblick auf den Wortlaut des Antrags des anwaltlichen Vertreters des Klägers auf Aufhebung des Bescheids vom 17. April 2020 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO verstanden, ist die Klage bereits unzulässig. Bei der Mitteilung über die Fälligkeit eines Zwangsgeldes handelt es sich nämlich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 S. 1 BayVwVfG. Ihr fehlt die erforderliche Regelungswirkung, da die Behörde durch die Mitteilung gerade keine neue Rechtsfolge setzt, sondern lediglich auf eine von Gesetzes wegen eingetretene Rechtsfolge (Art. 31 Abs. 3 S. 3 VwZVG) hinweist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.1.2011 – 2 ZB10.2365 – juris Rn. 3).
Es ist umstritten, inwieweit ein von einem anwaltlichen Vertreter ausdrücklich gestellter Antrag einer Auslegung gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO zugänglich ist, was im Hinblick darauf, dass es sich beim Vertreter der Antragstellerin um einen Rechtsanwalt handelt, durchaus zweifelhaft ist (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO § 88 Rn. 9). Die Auslegungsfähigkeit von Anträgen, die durch Rechtsanwälte gestellt werden, ist tendenziell streng zu sehen. Schließlich bleibt weiterhin unklar, was das Rechtsschutzziel des Klägers ist, wenn dessen Vertreter im Schriftsatz vom 24. Februar 2021 ausführt, der Kläger wende sich „gegen die Berechtigung“ der im Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2021 genannten Zwangsgelder.
Der Streit kann im vorliegenden Fall im Ergebnis jedoch offen bleiben. Denn selbst als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der Fälligkeitserklärung bzgl. des Zwangsgelds i.H.v. 16.000,00 Euro verstanden, hat die Klage keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Das Zwangsgeld i.H.v. 16.000,00 Euro ist – kraft Gesetzes – fällig geworden, Art. 31 Abs. 3 Satz 3, 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG.
Grundlage bildet die bestandskräftige, gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung vom 7. Februar 2020. Der Kläger hat die dort bezeichnete Pflicht, die Wohnung W. …str., *. OG links, unverzüglich Wohnzwecken wieder zuzuführen (s. hierzu den bestandskräftigen Grundbescheid der Beklagten vom 23. August 2019) nicht innerhalb der im Bescheid vom 7. Februar 2020 gesetzten Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides erfüllt. Er hat die streitgegenständliche Wohnung lt. seiner telefonischen Auskunft vom 14. April 2020 bzw. bis zum heutigen Tage nicht einer Wohnnutzung zugeführt, wie sein Vertreter zuletzt im Schriftsatz vom 24. Februar 2021 selbst eingeräumt hat.
Er hat auch bis heute keinen ausreichenden Nachweis erbracht, dass er sich um eine Vermietung geeignet bemüht hätte, s. § 4 Abs. 2 Nr.1 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS). Auch ein nachweislicher zügiger Umbau, Instandsetzung oder Modernisierung liegt nicht vor, s. § 4 Abs. 2 Nr. 2 ZeS.
Nachweise über geeignete Bemühungen um eine Vermietung hat der Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt (Verstreichen der zwei Monats-Frist der Zwangsgeldandrohung) nicht vorgelegt.
Wie die Beklagte anlässlich der Ortseinsicht am 22. Januar 2019 festgestellt hat, befand sich die Wohnung in einem bewohnbaren Zustand. Geplant waren nach Aussage des Klägers lediglich kleinere Renovierungsarbeiten. Soweit der in der Antrags- und Klagebegründung vom 25. Mai 2020 erstmals auf die Erforderlichkeit einer umfangreichen Sanierung berufen hat, ist dies nicht geeignet, die Fälligkeit zum Zeitpunkt des Verstreichens der zwei Monats-Frist in Frage zu stellen. Im Übrigen scheitert es schon an dem Merkmal der nachweislichen Zügigkeit der Maßnahmen. Das Vorbringen des Klägers zur angespannten Lage am Handwerkermarkt kann seitens der Kammer zwar generell bestätigt werden, allerdings ist in keinster Weise mehr nachvollziehbar, weshalb es dem Kläger – trotz seines Alters – bzw. seiner Hausverwaltung nicht gelungen sein soll, in der seit Beginn des Leerstands Mitte 2018 bzw. seit Erlass des Grundbescheides im August 2019 verstrichenen Zeit entsprechende Auftragnehmer zu finden und die Arbeiten durchführen zu lassen. Schließlich zeigt der vom Klägervertreter im Schriftsatz vom 24. Februar 2021 dargestellte Sachverhalt zum Verlauf von Vorbereitungsarbeiten zur Übergabe der Wohnung an den – mittlerweile schon wieder vom Vertrag zurück getretenen – Mieter, dass entsprechende Fachfirmen schnell beauftragt un die Arbeiten letztlich innerhalb kurzer Zeit erledigt werden konnten (Dezember 2020: Asbestfund; Materialprobenanalye 11.12.2020, Ende der Arbeiten Mitte Februar 2021). Auch der Verweis auf die Corona-Pandemie lässt diesen Mangel an Zügigkeit nicht entfallen. Bei den entsprechenden Ausführungen des Antragstellers, handelt es sich nach Ansicht der Kammer offensichtlich um Schutzbehauptungen.
2. Die Anfechtungsklage gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes i.H.v. 32.000,00 Euro im Bescheid vom 17. April 2020 ist zulässig, aber unbegründet, da die Androhung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 18 ff. VwZVG liegen vor.
Gleiches gilt für die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (Art. 31, 36 VwZVG).
Insbesondere durfte eine erneute Androhung nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG erfolgen, da die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben ist. Dabei bedeutet erfolglos, dass die Behörde abzuwarten hat, bis das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist und die Androhung auch weiterhin ohne Erfolg geblieben ist (VG München, B.v. 9.5.2019 – M 9 S 18.5843 – juris m. w. N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der erneuten Zwangsgeldandrohung dabei der Zeitpunkt des Bescheiderlasses (BayVGH, B.v. 2.12.2019 – 9 ZB 19.999 – juris Rn. 8). Bei Erlass der Zwangsgeldandrohung am 17. April 2020 durfte die Beklagte weiterhin davon ausgehen, dass die Wohnung nicht wieder Wohnzwecken zugeführt worden war die vorangegangenen Zwangsgeldandrohungen damit erfolglos waren. Substantiierte Darlegungen des Klägers zur Beendigung der Zweckentfremdung in Form des Leerstands erfolgten auch nicht bis zum Bescheiderlass. Eine Änderung war auch aus anderen Gründen nicht offensichtlich.
Ermessensfehler bei der Androhung des Zwangsgelds sind nicht ersichtlich oder vorgetragen. Die Höhe des Zwangsgelds orientiert sich am wirtschaftlichen Interesse der Klägerin (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG) und ist angemessen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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